Mal ein paar Tage hintereinander frei zu haben, klingt wie Urlaub. Jedoch ist es rechtlich gesehen noch lange kein Urlaub, wenn ein Arbeitnehmer an mehreren (Arbeits-)Tagen im Jahr frei hat. Dass der Arbeitgeber dafür also entsprechende Urlaubstage anrechnen darf, ist nicht rechtens, wie der Arbeitgeber in einem Barbershop kürzlich vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) lernen musste.
Seit der Corona-Pandemie ist das Thema Homeoffice in aller Munde. Doch was passiert, wenn das Homeoffice zu spürbarem Leistungsabfall führt, so wie es viele Arbeitgeber bereits befürchtet hatten? Im Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG) ist die Sache klar: Eine Behauptung muss nach wie vor zuerst bewiesen werden, bevor auf deren Basis Konsequenzen folgen.
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen ebenso einen besonderen Kündigungsschutz wie Mütter und Väter in Elternzeit. Wenn sich diese jedoch eines Vergehens am Arbeitsplatz schuldig gemacht haben, ist eine Kündigung zwar schwierig durchzusetzen, jedoch nicht unmöglich. Ob ein Arbeitgeber hierzu die Entscheidung seiner Klage abwarten muss oder aber nach Ablauf der Schutzfristen dennoch kündigen darf, musste im Folgenden das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) entscheiden.
Da im Leben immer wieder unerwartete Umstände der Routine in die Parade fahren, sieht das Arbeitsrecht die Möglichkeit zur Vereinbarung eines Sonderurlaubs vor. Wie das Wort aber schon andeutet, müssen einer Vereinbarung auch alle beteiligten Parteien zustimmen. Ist das nicht der Fall, müssen die Arbeitsgerichte ran – wie hier das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG).
Wer seinem Arbeitgeber droht, begibt sich stets auf sehr dünnes Eis. Das gilt auch für Fälle einer Erkrankung mit Ankündigung. Den folgenden Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG) sollte man sich daher nicht als Beispiel nehmen – denn hier ging es für die betreffende Arbeitnehmerin ausnahmsweise gut aus.
Die seit zehn Jahren beschäftigte Frau hatte ihrem Arbeitgeber mit einer Krankschreibung gedroht, nachdem sie sich mit ihm nicht über die Einteilung für die Spätschicht in einer bestimmten Woche einigen konnte. Die Einteilung zur Spätschicht war für sie wegen ihres Kindes und den Öffnungszeiten der Kita problematisch. Zudem gab es innerhalb der Kollegschaft Spannungen, von der die Filialbetreuerin der Angestellten auch wusste. Für die betreffende Woche reichte die Klägerin sodann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen einer nicht näher bezeichneten depressiven Episode ein. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber der Frau fristlos, die Angestellte reichte ihrerseits die Eigenkündigung ein. Doch gegen die fristlose Kündigung ihres Arbeitgebers klagte sie – und das mit Erfolg.
Die Drohung, sich krankschreiben zu lassen, falls die Schichteinteilung nicht wie gewünscht erfolge, stelle zwar eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar. Dennoch war in diesem Fall eine solche Pflichtverletzung nach Ansicht des LAG nicht nachzuweisen, da nicht auszuschließen war, dass die Arbeitnehmerin tatsächlich aus den in der Krankschreibung genannten gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, in der Spätschicht zu arbeiten.
Hinweis: Dieser Fall wies Eigenheiten auf, auf die man sich allgemeinhin besser nicht stützen sollte. Arbeitnehmer sollten also niemals mit einer Krankschreibung drohen, denn das hat in der Vergangenheit schon zu zahlreichen Kündigungen geführt.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 04.05.2021 – 5 Sa 319/20
Da besonders durch die Coronapandemie vermehrt nicht in der Firma, sondern zu Hause oder gar an anderer Stelle gearbeitet wird, hat das folgende Urteil, das bereits im Februar erging, an Brisanz gewonnen. Was geschehen muss, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über Regelungen zur sogenannten mobilen Arbeit nicht einigen können, hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) im Folgenden beantwortet.
Hierbei ging es um ein bundesweit tätiges Forschungszentrum mit rund 8.500 Beschäftigten an mehr als 20 Standorten im gesamten Bundesgebiet, bei dem der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst angewendet wird. Bereits seit mehr als vier Jahren strebte der von den örtlichen Betriebsräten gebildete Gesamtbetriebsrat eine Regelung zum mobilen Arbeiten an. Doch der vorgelegte Entwurf für eine Betriebsvereinbarung, der unter anderem eine Definition der mobilen Arbeit in Abgrenzung zur Telearbeit enthielt und einen grundsätzlichen Arbeitnehmeranspruch auf Teilnahme an der mobilen Arbeit vorsah, wurde seitens der Arbeitgeberin wegen dieser Regelung abgelehnt. Zudem bestritt sie Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und verwies stattdessen auf individualrechtliche Regelungen im Einzelfall. Der Gesamtbetriebsrat beschloss daher, die Einigungsstelle anzurufen – und diese gerichtlich einsetzen zu lassen.
Mit diesem Antrag hatte der Gesamtbetriebsrat Erfolg. Die Einigungsstelle kann dem LAG zufolge für den Regelungsgegenstand „mobiles Arbeiten“ zuständig sein – und das reiche für die Möglichkeit der Einsetzung der Einigungsstelle aus.
Hinweis: Die Einigungsstelle kann also für Regelungen zum mobilen Arbeiten zuständig sein. Dabei kann es um Regelungen der damit zusammenhängenden Fragen des Arbeitsschutzes, der Arbeitssicherheit, der Arbeitszeit und der Arbeitsstätte gehen.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 25.02.2020 – 5 TaBV 1/20
Der folgende Fall fand zwar seinen Anfang vor der Coronakrise, doch besonders seit Ausbruch des Virus werden viele Arbeitgeber in einseitigen Lohnkürzungen ihren Rettungsanker suchen. Und genau hierfür dient das folgende Beispiel, dessen Fallentscheidung durch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) nun passenderweise veröffentlicht wurde.
Ein Arbeitnehmer war seit vielen Jahrzehnten als Kfz-Elektriker bei seinem Arbeitgeber tätig und erhielt einen Stundenlohn von 14 EUR brutto. Darüber hinaus erhielt er von seinem Arbeitgeber Weihnachts- und Urlaubsgeld. Dann teilte der Arbeitgeber mit, dass angesichts des besorgniserregenden Krankenstands die Gratifikationen ab dem Jahr 2017 nur noch ausgezahlt würden, wenn nicht mehr als 30 krankheitsbedingte Fehltage im Jahr vorliegen würden. Der Arbeitnehmer erhielt zudem eine Änderungskündigung: Sein Stundenlohn wurde auf 13 EUR reduziert. Der Arbeitnehmer war im Jahr 2018 an 37 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt. Er klagte deshalb sein nicht bezahltes Urlaubsgeld ein und zudem gegen die Änderungskündigung zur Lohnreduzierung.
Die Richter des LAG waren dabei auch durchaus auf seiner Seite. Das Recht zur Einbehaltung der Gratifikation wegen einer bestimmten Anzahl von Arbeitsunfähigkeitstagen ergab sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus anderen Regelungen. Auch die Lohnsenkung war unwirksam. Da der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis gar nicht beenden wollte, lag auch keine Änderungskündigung vor. Die Kündigung hatte sich allein auf die Lohnhöhe bezogen – und damit handelte es sich um eine Teilkündigung. Teilkündigungen sind jedoch generell unwirksam, um einen einseitigen Eingriff durch den Arbeitgeber in das ausgehandelte Vertragsgefüge zu vermeiden.
Hinweis: Der Arbeitnehmer hat den Rechtsstreit gewonnen. Erhalten Arbeitnehmer eine Änderungskündigung, müssen sie dagegen – wie gegen jede andere Kündigung auch – binnen drei Wochen vorgehen. Wird die Frist versäumt, ist die Kündigung bestandskräftig.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29.10.2019 – 5 Sa 72/19
Wer seine Arbeitnehmerrechte gerichtlich durchsetzen möchte bzw. muss, sollte tunlichst darauf achten, sich nicht selbst unnötig ein Beinchen zu stellen. Der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG) zeigt recht anschaulich, wie man sich unnötigen finanziellen Schaden zufügen kann.
Eine Callcenteragentin beantragte Urlaub für die Zeit vom 27.07.2019 bis zum 09.08.2019. Die Arbeitgeberin gewährte jedoch lediglich den Urlaub für die erste Woche bis zum 02.08.2019 und kündigte zudem das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.07.2019. Nicht nur gegen die Kündigung klagte die Arbeitnehmerin – sie wollte zusätzlich mit einer einstweiligen Verfügung erreichen, dass die Arbeitgeberin verurteilt wird, ihr auch für den Zeitraum vom 05.08.2019 bis 09.08.2019 Urlaub zu gewähren. Im Gerichtsverfahren verglichen sich die Parteien, so dass hier nur noch offenblieb, wer die Gerichtskosten des Rechtsstreits, insbesondere in der Berufungsinstanz, zu tragen hatte.
Und in dieser Frage entschied das LAG zu Lasten der Callcenteragentin. Diese hatte die Gerichtskosten zu tragen, da sie den Rechtsstreit voraussichtlich verloren hätte. Einstweilige Verfügungen seien schließlich nur zulässig, wenn durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Für einen solchen Fall hätte der Arbeitnehmerin jedoch ein Urlaubsanspruch im August 2019 zustehen müssen. Mit der Kündigung zum Ende Juli war aber nicht nur das Arbeitsverhältnis, sondern auch der entsprechende Urlaubsanspruch nichtig. Wer sich in der rechtlichen Logik so verheddert, dass ein gerichtlicher Erfolg aussichtslos wird, muss leider auch für die entstandenen Kosten geradestehen.
Hinweis: Hat ein Arbeitnehmer also eine Klage gegen eine Kündigung erhoben, kann er in der Regel nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist einen Urlaubsanspruch durchsetzen – auch nicht, wenn er eine Kündigungsschutzklage eingereicht hat.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.09.2019 – 5 SaGa 6/19
Bestehende Rechte dürfen nicht gekürzt werden. Das gilt natürlich insbesondere für Rechte von Betriebsräten, wie der folgende Fall des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (LAG) beweist.
Ein Betriebsratsgremium verlangte die uneingeschränkte Einsicht in nicht anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten. Der Arbeitgeber sah das jedoch nicht ein und wollte die Einsichtnahme überwachen, um unerlaubte Fotokopien oder Fotoaufnahmen jener Listen durch Betriebsratsmitglieder zu verhindern. Diesen Streit musste schließlich das LAG entscheiden.
Nach dem Beschluss stand dem Betriebsratsgremium laut dem LAG durchaus ein uneingeschränktes Einsichtsrecht in nicht anonymisierte Bruttolohn- und Gehaltslisten zu. Die Einsichtnahme darf ohne Anwesenheit von Personen vorgenommen werden, die vom Arbeitgeber mit der Überwachung der Einsichtnahme beauftragt wurden. Das Einsichtsrecht bestand, weil dies zur Durchführung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich war. Ein besonderes Überwachungsbedürfnis war in diesem Zusammenhang nicht erforderlich.
Hinweis: Der Betriebsrat hat also zu jeder Zeit ein Recht auf Einsichtnahme in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter. Der Datenschutz steht dem nicht entgegen, da der Betriebsrat selbst zur Geheimhaltung verpflichtet ist.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.05.2019 – 3 TaBV 10/18
Mobbing am Arbeitsplatz ist immer wieder ein Thema für die Arbeitsgerichte – leider. Auch der folgende Fall, den das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) zu entscheiden hatte, beschäftigt sich mit den diesbezüglichen Pflichten der Arbeitgeber.
Eine Köchin benötigte für ihren Weg zu ihrer Arbeitsstelle mit dem Auto etwa 20 Minuten. Dann kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Küchenleiterin. Die Arbeitnehmerin war seit diesem Tag ununterbrochen arbeitsunfähig. Daraufhin versetzte die Arbeitgeberin sie in eine andere von ihr ebenfalls betriebene Küche in einer nahe gelegenen Stadt. Für die Fahrt dorthin benötigte die Arbeitnehmerin etwa 50 Minuten und klagte deshalb gegen die Versetzungsentscheidung der Arbeitgeberin.
Die Versetzung war in den Augen des LAG jedoch durchaus rechtmäßig gewesen. Der Arbeitgeber darf Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch
den Arbeitsvertrag,
Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung,
einen anwendbaren Tarifvertrag oder
gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
Ein Arbeitsort war hier im Arbeitsvertrag nicht festgelegt. Die Bestimmung des Leistungsorts nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Die Arbeitgeberin hat infolge der seit längerem anhaltenden Konfliktlage in der ursprünglichen Küche ein berechtigtes Interesse an der Versetzung. Sie war insbesondere nicht dazu verpflichtet, die Streitursache oder einen Verantwortlichen für den Streit zu ermitteln, soweit das überhaupt möglich war.
Hinweis: Es ist also Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er auf Konfliktlagen reagiert. Er muss nicht erst die Ursachen und Verantwortlichkeiten aufklären, bevor er tätig wird. Was viele Arbeitgeber nicht berücksichtigen: Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass ein Mobber immer wieder mobbt – bleibt der Auslöser für Streitigkeiten am Arbeitsplatz, wird es keine Ruhe geben.
Quelle: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.07.2019 – 5 Sa 233/18