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Schlagwort: Landesarbeitsgericht

Verklagter Ex-Geschäftsführer: Gerichtliche Zuständigkeiten sollten vor der Klageerhebung sorgfältig geprüft werden

Wer von einem ehemaligen Geschäftsführer satte 191 Mio. EUR Schadensersatz verlangt, der muss auch den ordentlichen Rechtsweg einhalten.

Das Bundeskartellamt ordnete gegen ein Unternehmen Geldbußen über 191 Mio. EUR wegen wettbewerbswidriger Kartellabsprachen beim Vertrieb von Schienen und anderen Oberbaumaterialien an. Daraufhin wollte das Unternehmen seinerseits von seinem Ex-Geschäftsführer Schadensersatz in Höhe der gezahlten Geldbußen erhalten. Das damit betraute Landesarbeitsgericht war jedoch nach § 87 Satz 2 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gar nicht für die Entscheidung in der Sache zuständig, sondern die ordentlichen Gerichte. Die ausschließliche Zuständigkeit lag bei deren Kartellspruchkörpern. Es hätte eine Verweisung an die Zivilgerichtsbarkeit erfolgen müssen.

Hinweis: Stellen sich in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht zu entscheidende kartellrechtliche Vorfragen, ist das Arbeitsgericht für diese Entscheidung also nicht zuständig. Es bleibt spannend, wie sich dieser Fall weiterentwickelt.

Quelle: BAG, Urt. v. 29.06.2017 – 8 AZR 198/15

Thema: Sonstiges

Eingeklagte Überstunden: Arbeitgeber muss die pflichtgemäßen Darlegungen des Arbeitnehmers einzeln widerlegen können

Die Klage auf eine Vergütung von Überstunden ist alles andere als einfach zu führen. Das zeigt auch wieder einmal dieser Fall.

Ein Berufskraftfahrer verlangte die Vergütung für knapp 370 Überstunden aus den letzten drei Jahren. Dabei reichte er in der ersten Instanz eine Auswertung seiner Fahrerkarte ein und trug dann gerade noch rechtzeitig in der zweiten Instanz durch seine Rechtsanwälte in einem Schriftsatz detailliert vor, an welchen Tagen er gearbeitet hatte. Die Arbeitgeberin bestritt die Überstunden und machte geltend, die angegebenen Arbeitszeiten seien nicht nachvollziehbar.

Das sah das Bundesarbeitsgericht allerdings anders und verwies die Angelegenheit an das Landesarbeitsgericht zurück. Ein Arbeitnehmer muss auf der ersten Stufe darlegen, von wann bis wann er gearbeitet hat. Das hat der Arbeitnehmer hier durch den Schriftsatz in der zweiten Instanz getan, indem er die einzelnen Arbeitszeiten anlässlich der einzelnen Touren dargelegt hatte. Ebenso hatte er dabei vorgetragen, dass zur Arbeitszeit nicht nur die Lenkzeiten, sondern auch Arbeitsvorbereitungszeiten sowie Be- und Entladezeiten zählten. Damit hatte er zunächst sämtliche ihm zukommenden prozessualen Darlegungslasten erfüllt. Nun ist es an der Arbeitgeberin, die behaupteten Arbeitszeiten im Einzelnen zu widerlegen.

Hinweis: Arbeitnehmer haben also jede einzelne Überstunde genau darzulegen. Ist das nicht mehr möglich, sind die Erfolgsaussichten für eine Klage eher gering.

Quelle: BAG, Urt. v. 21.12.2016 – 5 AZR 362/16
Thema: Arbeitsrecht

Sittenwidrige Löhne: Hungerlöhne zahlende Firmen müssen Jobcenter fürchten

Die größte Gefahr droht Hungerlöhne zahlenden Arbeitgebern durch das Jobcenter.

Eine Pizzeria beschäftigte in den Jahren 2011 bis 2014 eine Auslieferungsfahrerin, die bei einer Arbeitszeit von 35 bis 40 Stunden pro Monat pauschal 136 EUR erhielt. Daneben bekam sie Leistungen zur Grundsicherung vom Jobcenter. Das Jobcenter rechnete nun aus, dass der Stundenlohn bei etwa 3,40 EUR lag. Damit war der Lohn sittenwidrig niedrig, zudem wären bei Zahlung einer angemessenen Vergütung geringere Beträge an Grundsicherung angefallen. Da das Jobcenter also weniger hätte zahlen müssen, wollte es nun die Differenz vom Arbeitgeber erstattet bekommen.

Das Landesarbeitsgericht gab der Klage in Höhe von 5.744,18 EUR statt, da es sich tatsächlich um einen Hungerlohn gehandelt hatte. Die Vereinbarung war unwirksam, es hätte die übliche Vergütung gezahlt werden müssen.

Hinweis: Wird ein solcher Hungerlohn gezahlt und erhält der Arbeitnehmer zusätzlich Aufstockungsleistungen durch das Jobcenter, kann dieses Zahlungen vom Arbeitgeber verlangen. Seit 2015 gibt es den gesetzlichen Mindestlohn, um derartige Hungerlöhne zu vermeiden.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20.04.2016 – 15 Sa 2258/15
Thema: Arbeitsrecht