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Schlagwort: LG Coburg

45-jährige Immobilie: Ohne Nachweis der Arglist müssen Käufer mit typischen Alterserscheinungen eines Hauses leben

Dass es beim Immobilienkauf viele Stolperfallen geben kann, ist hinlänglich bekannt. Es ist jedoch nicht jedem Käufer geläufig, dass nicht jeder Mangel am Objekt ein Grund sein kann, den Verkäufer in Regress zu nehmen. Das mussten auch Erwerber eines Hauses vor dem Landgericht Coburg (LG) lernen.

Dabei ging es um ein älteres Haus aus den früher 70er Jahren, dass unter Ausschluss der Gewährleistung verkauft wurde. Die Käufer mussten nach Entfernen von Wandverkleidungen und Tapeten feststellen, dass etliche Risse in den Wänden vorhanden waren. Zudem befand sich im Dachgeschoss ein Schimmelfleck an der Wand, der durch ein unfachmännisch repariertes Loch im Dach entstanden war. Die neuen Eigentümer wollten daraufhin die Kosten für die Beseitigung der Risse und die Reparatur des Dachs vom Verkäufer erhalten. Schließlich zogen sie vor Gericht.

Erfolg hatten sie jedoch keinen, da die Risse in den Wänden nach Ansicht des LG keinen Mangel darstellten. Risse in geputzten Wänden bei einem 45 Jahre alten Haus sind vollkommen üblich und in einem Ausmaß bis zu 5 mm auch nicht außergewöhnlich. Die Lebensdauer des Innenwandputzes ist dann nämlich längst erreicht. Das undichte Dach stellte zwar einen Mangel dar, es gab jedoch den Mängelgewährleistungsausschluss im Kaufvertrag. Die Käufer hätten beweisen müssen, dass der Verkäufer die mangelhafte Dichtigkeit des Dachs kannte und deshalb den Mangel arglistig verschwiegen hat. Das gelang den Klägern jedoch nicht.

Hinweis: Risse im Putz eines 45 Jahre alten Hauses sind also im Rechtssinn keine Mängel. Gut zu wissen!

Quelle: LG Coburg, Urt. v. 27.08.2019 – 14 O 271/17

Thema: Mietrecht

Tankstellenhaftung: Kein Schadensersatz bei durch Scheibenabzieher selbst zerkratzter Motorhaube

Tankstellenbetreiber müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Serviceangebote keinerlei Schäden verursachen. Was in der Theorie so logisch klingt, birgt in der Praxis einige Tücken, wie im folgenden Fall des Landgerichts Coburg (LG), bei dem ein Autofahrer eine zerkratzte Motorhaube zu beklagen hatte.

Ein Mann wollte sein Auto in der Waschanlage einer Tankstelle reinigen lassen. Zuvor wollte er seinen Wagen noch von Vogelkot befreien und behalf sich dabei eines Scheibenabziehers, den der Tankstellenbetreiber für die Reinigung von Scheiben zur Verfügung stellte. Es kam, wie es kommen musste: Der Scheibenabzieher zog nicht nur den Vogelkot, sondern auch Lack von der Motorhaube. Ein 1.000 EUR teurer Umstand, den der Mann nicht zu akzeptieren bereit war, ebenso wenig wie das Urteil der Erstinstanz, keinen Anspruch auf Schadensersatz zu haben.

Doch wie bereits die Vorinstanz wies auch das LG die Klage ab. Danach trifft den Geschädigten ein so großes Mitverschulden, dass er im Ergebnis keinen Schadensersatz verlangen kann. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Schwamm offensichtlich schon deutlich erkennbar aus der Metallschiene gelöst hatte, bevor der Geschädigte ihn benutzte. Der vom Gericht bestellte Sachverständige bestätigte zudem, dass der Geschädigte den Wischer in einem völlig unüblichen Winkel von 45° mit einigem Druck immer wieder über die Motorhaube gezogen haben muss. Wenn er den Schwamm – wie vorgesehen – flach über die Motorhaube geführt hätte, wäre es zu den Kratzern gar nicht erst gekommen. Auch die Behauptung des Geschädigten, der Schwamm sei anfangs noch intakt gewesen und habe sich erst beim Wischen völlig überraschend von der Metallschiene gelöst, überzeugte das LG nicht. Wenn schon nach seinem eigenen Vortrag der Wischer zunächst in einem optisch einwandfreien Zustand war und sich erst während der Benutzung durch den Kläger von der Metallschiene gelöst hatte, scheidet eine Pflichtverletzung des beklagten Tankstellenbetreibers erst recht aus.

Hinweis: Eine Haftung des Tankstellenbetreibers konnte sich nur aus einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht ergeben. Im Rahmen dieser war der Betreiber aber nur verpflichtet, den Wischer regelmäßig zu kontrollieren, zu mehr als einer Sichtprüfung jedoch nicht.

Quelle: LG Coburg, Urt. v. 15.03.2019 – 33 S 70/18

Thema: Verkehrsrecht

Vorsicht beim Erbverzicht: Verzicht bleibt wirksam, auch wenn der Erblasser später noch zusätzliches Vermögen erwirbt

Um erbrechtliche Angelegenheiten noch zu Lebzeiten zu regeln, schließen Kinder mit ihren Eltern häufig einen Erbverzichtsvertrag ab und erhalten im Gegenzug eine Abfindung. Wird ein solcher Verzicht jedoch unüberlegt erklärt, kann es dazu kommen, dass der Verzichtende ihn im Nachhinein bereut und gerne rückgängig machen möchte.

Im Jahre 1972 übertrug eine 53-jährige Frau ihrer Tochter ein Hausgrundstück, die Tochter erklärte im Gegenzug einen notariellen Erbverzicht. Bis zu ihrem Tod im Jahre 2008 erhielt die Erblasserin jedoch noch weitere Grundstücke im Wert von über 150.000 EUR. Diese erbte allein der Sohn, der keinen Verzicht erklärt hatte. Die Tochter war nun der Meinung, dass der Erbverzicht nicht für das nachträglich erworbene Vermögen gelte und ihr insofern ein Pflichtteil zustünde.

 

Das Gericht sah den Erbverzicht aber als uneingeschränkt wirksam an und konnte auch keine Grundlage für eine Irrtumsanfechtung erkennen. Es führte weiter aus, dass beim Erbverzicht gegen Abfindung zwar eine Störung der Geschäftsgrundlage dazu führen kann, dass der Abgefundene eine Nachabfindung verlangen kann. In diesem Fall lag aber keine solche Störung der Geschäftsgrundlage vor, da es angesichts des Alters der Mutter weder ungewöhnlich noch unvorhersehbar war, dass sie bis zu ihrem Tod noch weiteres Vermögen erwirbt. Es ist vielmehr ein sogenanntes inhärentes Risiko des Erbverzichts gegen Abfindung, wie sich das Vermögen des Erblassers bis zum Erbfall entwickelt.

Hinweis: Durch einen Erbverzicht verliert der Erbe sein künftiges Erb- und Pflichtteilsrecht. Auch seine Kinder sind grundsätzlich von der Erbfolge ausgeschlossen. In einem (notariellen) Erbverzichtsvertrag können allerdings auch davon abweichende Regelungen getroffen werden. Ein solcher Vertrag kann dann einseitig nur noch rückgängig gemacht werden, wenn der Verzichtende getäuscht oder bedroht wurde oder er sich in einem Irrtum befand. Ein Erbverzicht sollte also gut überlegt werden. Unter Umständen ist es empfehlenswert, nur einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren.

Quelle: LG Coburg, Urt. v. 03.09.2008 – 21 O 295/08

  Erbrecht