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Schlagwort: LSG Niedersachsen-Bremen

Fehlende Rechtsbeziehung: Mietrückstände von Grundsicherungsempfängern können nicht beim Jobcenter eingeklagt werden

Häufig ist es sinnvoll, wenn Mieter ihre Mietzahlungen direkt vom Jobcenter an den Vermieter überweisen lassen. Was jedoch passiert, wenn es trotz dieser praktikablen Lösung zu Rückständen von Nebenkosten oder Miete kommt, musste im Folgenden das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) klären.

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Wohnungslos nach Haftentlassung? Landessozialgericht verurteilt Sozialamt zur Mietkostenübernahme während siebenmonatiger Haftzeit

Eine Haftstrafe sollte hierzulande immer auch dazu beitragen, nach entsprechender Verbüßung ein Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu führen. Dass ein drohender Wohnungsverlust diesem Ansinnen entgegenwirkt, scheint logisch. Dennoch kam es im Folgenden vor den Sozialgerichten zum Streit darüber, dass das Sozialamt die Mietkostenübernahme verweigerte – wegen Überschreitung einer dafür zulässigen sechsmonatigen Inhaftierung um einen Monat. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) musste daher das letzte Wort sprechen.

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Verdacht auf Scheinvertrag: Bei Indizien darf das Jobcenter vor Mietzahlung die Vorlage von Zahlungsnachweisen verlangen

Mitarbeiter eines Jobcenters genießen nicht gerade den besten Ruf. Das liegt vor allem an ihren unliebsamen Aufgaben, den Bedarf der Leistungsempfänger stets auf den Prüfstand zu stellen. Im folgenden Fall des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG) sieht man, dass diese Akribie durchaus erfolgreich sein kann – denn Versuche, unberechtigte Forderungen durchzusetzen, gibt es leider zu Genüge.

Es ging um eine Familie mit vier Kindern aus Hannover, die zum Ende des Jahres 2019 in den Landkreis Northeim gezogen war. Zuvor hatte sie beim Jobcenter ein Mietangebot über die neue Wohnung vorgelegt, das sich auf 1.070 EUR Miete pro Monat belief. Nachdem das Jobcenter mitgeteilt hatte, dass der Mietpreis für die Lage unangemessen hoch sei, änderte der in Moskau wohnhafte Vermieter das Angebot kurzfristig auf 750 EUR ab. Auch die Wohnfläche schien plötzlich um zehn Quadratmeter angewachsen zu sein. Und siehe da: Das Jobcenter stellte fest, dass der Vermieter der Vater der aus Russland stammenden Antragstellerin ist, die das Haus sogar in seinem Namen erworben hatte. Die Übernahme der Mietkosten wurde deshalb von der Vorlage von Zahlungsnachweisen abhängig gemacht. Und da diese Vorlage verweigert wurde, landete der Fall schließlich vor den Sozialgerichten.

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Die Familie muss die tatsächlichen Kosten offenlegen und kann nicht einfach so nur auf den Mietvertrag verweisen. Denn hier sprachen viele Indizien dafür, dass es sich um einen Scheinvertrag gehandelt hatte.

Hinweis: Für den Vermieter ist es häufig sehr lukrativ, die Miete direkt vom Jobcenter zu bekommen – eine sichere Einnahmequelle. Und auch finanziell schlechter gestellte Mieter haben so mehr Sicherheit, wenn sie wissen, dass die Miete in jedem Fall gezahlt wird.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 25.05.2020 – L11 AS 228/20 B ER

Thema: Mietrecht

Trotz Therapieprognosen: Kind mit fetalem Alkoholsyndrom bekommt keine Unterstützung für einen Begleithund

Nicht alles, was hilft, ist möglich – und das ist leider oft dann der Fall, wenn einem die entsprechenden Mittel fehlen. Dass das soziale Netz nicht immer Abhilfe schafft, zeigt der folgende Fall des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen (LSG), bei dem die Kläger an krankenkassenrechtlichen Hürden scheiterten.

Ein Grundschüler aus Niedersachsen wurde als viertes von sechs Kindern einer alkoholkranken Mutter geboren. In der Schwangerschaft hatte die Mutter erhebliche Mengen Alkohol getrunken, so dass nach der Geburt das Kind in Obhut genommen und in die Hände von Pflegeeltern gegeben wurde. Infolge des mütterlichen Alkoholkonsums leidet der Jungen am fetalen Alkoholsyndrom (FAS) und einer Entwicklungsverzögerung. In der Schule begleitet ihn daher eine Integrationshelferin. Die Kinderärztin verordnete dem Kind einen Behindertenbegleithund. Die Pflegeeltern kauften dem Jungen daraufhin einen Golden Retriever und wollten dessen Ausbildung zum Begleithund durchführen lassen, die sich auf bis zu 30.000 EUR belaufe. Als die Krankenkasse die Kostenübernahme für die Ausbildung des Hunds ablehnte, klagten die Pflegeeltern – doch leider vergeblich.

Zwar zweifelte das LSG die ärztliche Begründung nicht an, dass Begleithunde Kindern mit FAS helfen können, indem sie etwa bei Unruhezuständen die Pfote auflegten oder Redeflüsse unterbrächen. Auch dass ein Hund Geborgenheit gäbe oder den Kontakt zu anderen Kindern fördere, stand hierbei nicht in Abrede. Der Grund für die Ablehnung war viel profaner: Im Gegensatz zum Blindenhund ist ein Begleit- oder Assistenzhund schlicht und ergreifend kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung.

Hinweis: Eine Klage vor einem Sozialgericht verursacht keine Gerichtskosten. Das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb es so häufig angerufen wird.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 18.02.2020 – L 16 KR 253/18

Thema: Sonstiges

Berechnung des Elterngeldes: Eine Risikoschwangerschaft kann kündigungsbedingtem Einkommensverlust Grenzen setzen

Das Elterngeld berechnet sich letztendlich aus dem Geld, das vor der Elternzeit verdient wurde. Was aber passiert, wenn aufgrund einer Erkrankung nichts verdient wurde, hat nun das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) geklärt.

Einer Arbeitnehmerin wurde gekündigt. Zwar wollte sie daraufhin eine neue Arbeitsstelle finden, zu einer Einstellung kam es aber nicht, da sie schwanger wurde und ihre Frauenärztin ein Beschäftigungsverbot aussprach. Nach der Geburt von Zwillingen berechnete die Behörde das Elterngeld einschließlich des Nulleinkommens in den Monaten zwischen Jobverlust und Geburt. Die Behörde meinte, dass die Ursache des Einkommensverlusts in der Kündigung des Arbeitsverhältnisses liegen würde. Dass dadurch das resultierende rechnerische Durchschnittseinkommen rund 1.000 EUR niedriger ausfiel, wollte sich die junge Mutter nicht gefallen lassen. Sie klagte, und das LSG stellte sich auf ihre Seite.

Bei der Bemessung des Elterngeldes kommt es hier maßgeblich auf den Zusammenhang der Risikoschwangerschaft und der dadurch bewirkten Minderung des Erwerbseinkommens an. Das ist danach zu beurteilen, ob die Mutter ohne die schwangerschaftsbedingte Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen höheren Verdienst erzielt hätte. Und hier hätte die Arbeitnehmerin wahrscheinlich eine neue Arbeit gefunden, wäre sie nicht erkrankt. Auch andere gesundheitliche Einschränkungen lagen nicht vor. Ob die Frau die Beendigung des vorherigen Arbeitsverhältnisses grob verschuldet hatte, war dabei ohne Bedeutung.

Hinweis: Die Berechnung des Elterngeldes erfolgt also grundsätzlich nach dem Durchschnittseinkommen der letzten zwölf Monate vor dem Mutterschutz. Dieser Zeitraum verschiebt sich aber ausnahmsweise bei einem schwangerschaftsbedingten Einkommensverlust. Das ist gut zu wissen für junge Eltern.

Quelle: LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 22.08.2018 – L 2 EG 8 /18

Thema: Sonstiges