Skip to main content

Schlagwort: Mietminderungsrecht

Lüftungsanlage im Passivhaus: Zugluft durch Wärmerückgewinnung kann einen berechtigten Mietmangel darstellen

Passivhäuser haben eine besondere Lüftungsanlage. Doch was ist, wenn es durch diese Lüftung zieht? Haben Mieter dann ein Mietminderungsrecht?

In einem neu gebauten Passivhaus lag unter anderem eine Drei-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung wurde von Mietern bewohnt, die meinten, dass in den Wintermonaten trotz funktionierender Fußbodenheizung die Zugluft nicht mehr erträglich gewesen sei. Für anderthalb Jahre zahlten die Mieter nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung ihre Miete. Diese Forderung machten sie nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend und forderten knapp 10.000 EUR gerichtlich zurück.

Immerhin erhielten die Kläger knapp 6.600 EUR. Denn das Gericht stellte durchaus einen Mietmangel fest, der eine Minderung der Miete um 10 % für das ganze Jahr rechtfertigte. Zugluft kann in einem Passivhaus grundsätzlich einen minderungsrelevanten Mangel darstellen. Aufgrund einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kommt es konstruktionsbedingt häufiger vor, dass in Räumen Zugluft entsteht. Wie sich aus einem eingeholten Sachverständigengutachten ergab, wurde in der Wohnung die Zugluft im Winter jedoch stets mit einer zu niedrigen Temperatur eingebracht, so dass die Wohnung nicht mehr angenehm temperiert werden konnte.

Hinweis: Zugluft in einem Passivhaus kann also einen Mietmangel darstellen, der eine Minderung rechtfertigt. Deshalb sollten Bauherren genau prüfen, ob die Heizungsanlage auch tatsächlich so funktioniert, wie sie es soll.

Quelle: AG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.08.2017 – 33 C 1251/17 (76)

Thema: Mietrecht

Elterliche Rücksichtnahmepflicht: Nachbarn müssen nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen

Nach diesem durchaus überraschenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen Mieter nicht jeglichen Kinderlärm aus der Nachbarwohnung hinnehmen.

Es ging um Lärmbeschwerden im Mietshaus. Seit dem Einzug der Obermieter kam fast täglich massiver Lärm durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern sowie durch Schreie und sonstige lautstarke familiäre Auseinandersetzungen aus der Wohnung. Diese Lärmstörungen wurden nicht nur durch die Kinder, sondern auch durch die Eltern selbst verursacht und dauerten meistens ein bis vier Stunden an. Selbst Ohrstöpsel halfen nicht. Deshalb klagten die Mieter aus der unteren Wohnung gegen ihren Vermieter auf die Feststellung eines Mietminderungsrechts von 50 %, die Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete von knapp 9.000 EUR sowie die Beseitigung der Lärmstörung.

Das Landgericht (LG) hatte die Klage abgewiesen, doch der BGH sah die Angelegenheit anders. Denn das LG hatte die wesentlichen Punkte des Vorbringens zu Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer der Lärmstörungen nicht berücksichtigt. Mieter müssen im Hinblick auf die Rücksichtnahmepflicht nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen. Es gibt Grenzen, wann das normale Maß überschritten ist. Diese sind im Einzelfall nach Art, Dauer, Intensität und Häufigkeit sowie nach Alter und Gesundheitszustand des Kindes zu ermitteln. Auch bedarf es keiner Vorlage eines Lärmprotokolls, wenn sich Art, Dauer, Zeit und Häufigkeit aus der Beschreibung der Betroffenen konkret ermitteln lassen.

Hinweis: Mitmieter müssen demnach nicht jeglichen Kinderlärm hinnehmen. Bei wiederkehrenden Lärmstörungen bedarf es nicht der Vorlage eines sogenannten detaillierten Lärmprotokolls. Empfehlenswert ist das jedoch allemal.

Quelle: BGH, Urt. v. 22.08.2017 – VIII ZR 226/16

Thema: Mietrecht

Mietminderung wegen Baulärms: Bei Vertragsabschluss vorhandene Baulücke bedingt keine grobe Fahrlässigkeit des Mieters

Eine Minderung der Miete ist immer dann möglich, wenn ein Mangel vorliegt. Gibt es aber überhaupt besonderen Baulärm in der Bundeshauptstadt, der einen solchen Mangel begründen könnte? Schließlich wird dort doch stets und ständig an jeder Ecke gebaut?

Eine Mieterin wohnte in Berlin-Mitte in direkter Nähe einer Baulücke, die mit Bäumen bewachsen war. Zwischen 2013 und 2015 wurden dann auf dem Grundstück eine Tiefgarage und ein Gebäude errichtet. Diese Bauarbeiten verursachten erheblichen Baulärm. Die Mieterin verlangte 20 % der bereits an die Vermieterin gezahlten vollen Miete für die Monate Juni 2014 bis März 2015 zurück. Schließlich landete die Sache vor Gericht und das Landgericht Berlin stellte sich auf die Seite der Mieterin.

Zwar seien in Großstädten Baumaßnahmen nicht unüblich, doch selbst in Berlin ist die überwiegende Mehrzahl der Mietwohnungen von Baulärm nicht betroffen. Die Mieterin konnte und durfte daher die Miete mindern. Insbesondere konnte ihr auch nicht vorgeworfen werden, dass sie die Möglichkeit des Baulärms grob fahrlässig übersehen haben könnte. Zwar war bei Mietvertragsschluss die Baulücke bereits vorhanden. Doch wenn die Mieterin damals an eine spätere Bebauung nicht gedacht hatte, konnte ihr dahingehend später allenfalls einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Eine solche reicht allerdings nicht für einen Gewährleistungsausschluss aus.

Hinweis: Mieter sind stets gut beraten, im Fall einer Minderung wegen Baulärms die Miete entweder sofort zu mindern oder zumindest nur unter Vorbehalt zu zahlen. Andernfalls könnte später ein Mietminderungsrecht entfallen.

Quelle: LG Berlin, Urt. v. 16.06.2016 – 67 S 76/16

Thema: Mietrecht