Skip to main content

Schlagwort: Mindestunterhalt

Keine Unterhaltsvorschussleistungen: Ab 40 % Mitbetreuung durch anderen Elternteil gilt man nicht mehr als alleinerziehend

Wenn ein getrenntlebender Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt, springt die Unterhaltsvorschusskasse (UVK) beim Jugendamt ein. Allerdings gibt es diesen Vorschuss nur für Alleinerziehende – ein Zusammenleben der Eltern oder auch eine erneute Heirat schließen den Anspruch aus. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) musste kürzlich in einem Fall entscheiden, ob eine Mutter überhaupt als „alleinerziehend“ einzuordnen ist.

Weiterlesen

Existenzminimum hat Vorrang: Unterhaltspflichtiger Vater von drei Kindern darf nicht studieren

Der Mindestunterhalt für Kinder ist dem Gesetzgeber und den Gerichten heilig. Wer den nicht zahlen kann, braucht eine sehr gute Begründung. Die meinte ein Vater zu haben, denn er studierte und konnte deshalb den Mindestunterhalt für drei Kinder nicht aufbringen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste seinen Bildungshunger mit seiner Unterhaltspflicht abwägen.

Weiterlesen

Abzugspositionen beim Kindesunterhalt: Allen Kindern eines Vaters steht derselbe geringe Unterhalt zu

2012 hatte ein Vater sich durch einen gerichtlichen Vergleich verpflichtet, seinen beiden Kindern je 200 EUR Unterhalt zu zahlen. Als er ein Haus auf Kredit kaufte, ein weiteres Kind bekam und erkrankte, versuchte er mit diesen Argumenten vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) nun, den Unterhalt für die ersten beiden Kinder noch weiter reduzieren zu lassen.

Weiterlesen

Unterhalt ab 2023: Düsseldorfer Tabelle aktualisiert

Ab Januar 2023 gilt eine neue Düsseldorfer Tabelle für den Unterhalt minderjähriger Kinder. Die Zahlbeträge haben sich um monatlich 25 EUR und mehr (je nach Alter und Einkommensgruppe) erhöht, gleichzeitig hat sich auch das Kindergeld (das in dem Haushalt verbleibt, in dem das Kind wohnt) auf monatlich 250 EUR erhöht.

Weiterlesen

Lücke im Unterhaltsvorschussgesetz: Durch Leistungsfähigkeit der Eltern bekommt Kindesvater höheren Selbstbehalt zugesprochen

Wenn unterhaltspflichtige Eltern den Mindestunterhalt nicht aufbringen können, kann die Unterhaltsvorschusskasse stattdessen einspringen. Dass diese sich zwar den wirtschaftlichen Blick auf die Generation der Großeltern erlauben, aber deshalb noch lange keinerlei Regressanspruch daraus ableiten kann, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Dresden (OLG).

 

Die Unterhaltsvorschusskasse wollte einen Vater in Regress nehmen, der unter Beachtung seines angemessenen Selbstbehalts nur 100 EUR Kindesunterhalt aufbringen konnte. Mit Erfolg verwies der Kindesvater auf seine Eltern. Diese verdienten als Polizeibeamter bzw. Postzustellerin knapp 3.500 EUR und 2.300 EUR netto monatlich – ohne nennenswerte Abzugspositionen. Damit galt der Großvater auch mit einem erweiterten Selbstbehalt (wie beim Elternunterhalt 1.800 EUR) als leistungsfähig und käme aufgrund der sogenannten Ersatzhaftung zugunsten des Kindesvaters durchaus in Betracht. Das führte dazu, dass für den Kindesvater nicht die Grundsätze der gesteigerten Unterhaltspflicht griffen. Er konnte sich mit dem Hinweis auf die Leistungsfähigkeit der eigenen Eltern gegen Ansprüche der Unterhaltsvorschusskasse wehren.

Dazu musste er laut OLG auch nicht darlegen, ob auch die Großeltern mütterlicherseits leistungsfähig wären. Für den Ausschluss der erweiterten Unterhaltspflicht genügte es, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil einen(!) anderen unterhaltspflichtigen Verwandten nachweist. Doch – und nun kommt es – der Regress der Staatskasse ist gegen die Großeltern gar nicht möglich. Dass dies dem Gesetzgeber beim Erlass des Unterhaltsvorschussgesetzes möglicherweise nicht bewusst war, spielte für das OLG keine Rolle. Somit diente der Vortrag nur zur Erhöhung des Selbstbehalts des Kindesvaters selbst und nicht etwa dazu, dass die Großeltern wirklich etwas zahlen mussten.

Hinweis: Wäre der Anspruch nicht auf die Unterhaltsvorschusskasse übergegangen, hätten die Großeltern gegebenenfalls den Unterhalt zahlen müssen.

Quelle: OLG Dresden, Beschl. v. 08.02.2021 – 23 UF 474/20

Ausstehender Kindesunterhalt: Säumige Zahler sollten sich nicht einfach auf Verjährung und Verwirkung verlassen

Nach der Geburt eines Kindes, dessen Eltern nicht zusammenleben, wird oft die Unterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils  – in der Regel des Vaters – im Rahmen einer Jugendamtsurkunde festgelegt. Mancher Vater ist „klamm“ und zahlt im Laufe der Jahre nicht, nur teilweise oder unregelmäßig. Was gilt, wenn dann irgendwann die „große Rechnung“ aufgemacht wird, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) kürzlich klar.

Für das 1997 geborene Kind, für das eine Beistandschaft eingerichtet wurde, verpflichtete sich sein Vater 1998 durch Jugendamtsurkunde zur Zahlung des Mindestunterhalts. Er zahlte vorübergehend und traf Stundungsabreden mit dem Amt in der Zeit danach. Zudem wurde er erneut mehrfacher Vater. Vollstreckungsversuche gab es nicht, weil davon ausgegangen wurde, dass diese erfolglos wären. Als das Kind dann volljährig wurde, verlangte es vom Vater den rückständigen Unterhalt, der sich auf knapp 30.000 EUR summiert hatte. Der Vater machte jedoch Verjährung und Verwirkung geltend.

Doch das OLG wies die Argumente des Vaters zurück. Eine Verjährung war nicht eingetreten. Zwar gebe es eine dreijährige Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche – der Lauf dieser Frist ist aber dann gehemmt, wenn es um den Unterhaltsanspruch eines Kindes geht, das noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat. Eine Verwirkung nahm das Gericht ebenfalls nicht an. Treten Umstände ein, die beim Unterhaltspflichtigen berechtigterweise den Eindruck hervorrufen, er werde keinen Unterhalt zahlen müssen, kann dies zur Anspruchsverwirkung führen. Das sei hier aber nicht der Fall. Schließlich war nur deshalb nicht vollstreckt worden, weil beim Vater ohnehin nichts zu holen gewesen und die Vollstreckung also erfolglos gewesen wäre. Das reichte nicht, so dass der Vater der Zahlungspflicht des entstandenen hohen Rückstands nicht entkam.

Hinweis: Ist Unterhalt tituliert, das heißt, gibt es über die Unterhaltspflicht eine vollstreckbare Urkunde, tut der Pflichtige gut daran, etwas zu unternehmen – also aktiv zu werden -, bevor er davon ausgehen kann, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen.

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 04.03.2019 – 4 WF 170/18

Thema: Familienrecht

Teures Kuckuckskind: Scheinväter können rechtliche Väter zum Unterhaltsaufwand in Regress nehmen

Wird ein Kind ehelich geboren, gilt der Ehemann der Mutter von Gesetzes wegen als Vater des Kindes. Und natürlich sagt die Lebenserfahrung, dass diese rechtliche Annahme der Wirklichkeit nicht immer entspricht. Stellt sich für einen Mann irgendwann heraus, dass er nur scheinbar der Vater ist – ein sogenannter Scheinvater -, fragt er sich vielleicht, ob und wie er beim wirklichen, rechtlichen Vater Ersatz für seine Aufwendungen verlangen kann.

Das Oberlandesgericht Celle (OLG) hatte sich mit dieser Frage in einem Fall zu beschäftigen, in dem 1972 die Eheschließung erfolgte und 1975 der vermeintlich gemeinsame Sohn zur Welt kam. Die Ehe wurde 1988 geschieden und Ende 2014 tauchten schließlich Zweifel an der Vaterschaft auf. 2015 wurde dann auch gerichtlich festgestellt, dass der seinerzeit mit der Mutter verheiratete Mann nicht der Vater des Kindes ist, in einem weiteren Verfahren 2016 dann der wahre Kindesvater ermittelt. Nun wollte der Scheinvater vom rechtlichen Vater seinen Unterhaltsaufwand der vergangenen Jahrzehnte ersetzt haben.

Dass der rechtliche Vater bisher nichts davon wusste, dieses Kind zu haben, spielte für das Gericht keine Rolle. Auch ohne dieses Wissen könne die Zahlungspflicht bestehen. Verjährt war der Anspruch auch nicht. Denn eine Verjährungsfrist laufe erst ab dem Moment, da rechtskräftig über die Anfechtung der Vaterschaft entschieden sei. Zwei Punkte waren außerdem bedeutsam: Der Scheinvater muss zum einen im Einzelnen dartun und beweisen, in welcher Höhe er im maßgeblichen Zeitraum Unterhalt zu zahlen hatte. Zum anderen muss er darlegen, was er tatsächlich bezahlt hat. Auf der anderen Seite muss dann der rechtliche Vater seine Leistungsfähigkeit für den maßgeblichen Zeitraum darlegen und nachweisen – im Zweifelsfall auch, dass er nicht jedenfalls den Mindestunterhalt hätte zahlen können. Dieses Prozedere scheiterte schon an der Bereitschaft des Scheinvaters, dem all das wegen des langen Zeitraums eine zu immense Arbeit gewesen wäre. Seinen Wunsch, einfacherweise zu pauschalisieren, verweigerte das OLG. Und so verlor der Mann den Prozess.

Hinweis: Wenn sich der Scheinvater die Mühe macht und ermittelt, welcher Mindestunterhalt nach den einschlägigen Tabellen im maßgeblichen Zeitraum zu zahlen war, ist sein Verfahren im Zweifel erfolgreich.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 07.07.2017 – 21 UF 53/17

zum Thema: Familienrecht

Auffällig geschludert: Alibibewerbungen führen nicht zur Entbindung von der Mindestunterhaltspflicht

Unterhalt ist auf der Basis der erzielten Einkünfte zu zahlen. Hat jemand keine Arbeit, muss er sich eine suchen. Kein Einkommen zu erzielen und deshalb keinen Unterhalt zahlen können, kann nur jemand geltend machen, der sich nachweislich ausreichend um eine Arbeitsstelle bemüht hat und dabei erfolglos war. Doch welche Anforderungen bestehen dabei?

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) ging dieser Frage nach. Ein Vater arbeitete über eine Zeitarbeitsfirma bei niedrigem Einkommen im Schichtdienst. Er war einem minderjährigen Sohn gegenüber unterhaltspflichtig. Geltend gemacht wurde, wenn sich der Vater mehr Mühe gegeben hätte, könnte er eine besser bezahlte Arbeitsstelle haben und damit vor allem auch den Mindestunterhalt für sein Kind zahlen. Er sei deshalb so zu behandeln, als verdiene er mehr.

Das Gericht folgte dieser Argumentation: Der Vater konnte nicht im nötigen Maße ernsthafte und intensive Bemühungen um einen besseren Arbeitsplatz nachweisen. Dabei erwähnte das Gericht nur am Rande, dass es quantitativ mehr Bewerbungen erwartet hätte; vielmehr bemängelte es die Qualität der bisherigen Bewerbungen. Diese ist nämlich als unzureichend zu betrachten. Eine geltend gemachte Leseschwäche des Vaters wollte das OLG hier nicht berücksichtigen, da der Mann sich diesbezüglich hätte helfen lassen können. Ferner ließen die Bewerbungen einen individuellen Zuschnitt auf das jeweils angeschriebene Unternehmen vermissen; unter anderem waren etliche Fehler vor allem bei der Adressierung erfolgt. Solchen Bewerbungen fehlt in den Augen des Gerichts das nötige ernsthafte Interesse an einem Bewerbungserfolg. Da es sich obendrein um Blindbewerbungen gehandelt hatte und nicht um vakante Ausschreibungen in Internetportalen oder örtlichen und regionalen Zeitungen, bewertete das Gericht die Bemühungen als wertlos und sprach den Unterhalt wie verlangt zu. Denn hier nahm es an, dass der Mann bei einem zielgerichteteren Verhalten durchaus eine besser bezahlte Stelle finden könne.

Hinweis: Mitunter kann neben der normalen Erwerbstätigkeit noch eine Nebentätigkeit verlangt werden. Das entfiel vorliegend, weil der Mann im Schichtdienst arbeitete, der diese Möglichkeit ausschloss.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 21.09.2016 – 7 WF 175/16
Thema: Familienrecht

Mehr Zeit fürs Kind: Nur selten schlägt sich ein zeitlich erweiterter Umgang auf den Unterhalt nieder

Bei der Bestimmung des Kindesunterhalts wird davon ausgegangen, dass zwischen dem zur Zahlung verpflichteten Elternteil und dem Kind Umgang stattfindet. Der Umgang reduziert also nicht die Höhe des zu zahlenden Betrags. Gilt aber etwas anderes, wenn der Umgang das normale Maß übersteigt?

In der heutigen Zeit haben insbesondere die Väter glücklicherweise mehr Interesse an ihren Kindern als noch zuvor. Sie möchten sie aufwachsen sehen und sind bereit, dafür Zeit zu investieren. Das kann soweit gehen, dass sie ihre Arbeitszeit reduzieren und damit weniger Einkommen hinnehmen, um sich dem Nachwuchs widmen zu können. Das Umgangsrecht nehmen sie dann entsprechend umfassender wahr.

In dem Zusammenhang kann sich die Frage stellen: Nimmt dieser gesteigerte Umgang Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts – bzw. wenn ja: inwiefern? Was gilt, wenn der Vater für eine intensivere Kindesbetreuung seinen Arbeitsumfang zum Beispiel auf 70 % mindert?

In der Rechtsprechung ist diese Frage noch nicht in allen Einzelheiten geklärt. Klar ist aber, dass der nach der Düsseldorfer Tabelle (einer bundesweit geltenden Unterhaltsleitlinie) zu zahlende Mindestunterhalt in jedem Fall zu zahlen ist. Wer also nicht mehr zu 100 % arbeitet, um sich somit mehr um seine Kinder kümmern zu können, kann damit nicht erreichen, dass er weniger als die niedrigsten Sätze der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen hat.

Hinweis: Was unter dem normalen Umgangsrecht zu verstehen ist, regelt das Gesetz bislang nicht. In der Praxis üblich ist jedoch ein 14-tägiger Umgang an den Wochenenden (von Freitag Abend bis Sonntag Abend) sowie während der Hälfte der Schulferien. Dieses Kontingent ist erst einmal zu erreichen, bevor sich die Frage stellt, was bei einem umfangreicheren Umgangsrecht gilt. Oft zeigt sich, dass bei Licht betrachtet der Umgang dann doch nicht nennenswert umfangreicher stattfindet als das genannte übliche Prozedere. Eine Reduktion des Unterhalts wird also häufiger eingefordert, als tatsächlich eine Berechtigung dazu besteht.

Quelle: KG, Beschl. v. 11.12.2015 – 13 UF 164/15
Thema: Familienrecht