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Schlagwort: Nachlassgerichts

Grundbuchänderung mit Eröffnungsprotokoll: Zweifel allein genügen nicht, um einen Erbschein wegen einer Scheidungsklausel einzufordern

Ausschlag für das Verfahren, das das Berliner Kammergericht (KG) hier zu bewerten hatte, gab ein Antrag auf Grundbuchänderung. Unrichtige Grundbucheintragungen können berichtigt werden, sobald durch eine öffentliche Urkunde die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Ob eine solche öffentliche Urkunde nach Versterben eines Berechtigten ein Erbschein sein muss oder auch ein Eröffnungsprotokoll ausreicht, war hier die Frage.

Im Urteilsfall hatten zwei Eheleute ein notarielles Testament errichtet, in dem eine sogenannte Scheidungsklausel besagte, dass die testamentarischen Verfügungen ihrem ganzen Inhalt nach unwirksam seien, sobald einer der Eheleute zu Lebzeiten eine Klage auf Aufhebung oder die Scheidung der Ehe beantragen würde. Nach dem Tod der Frau hatte der überlebende Ehemann eine Berichtigung des Grundbuchs beantragt und zu diesem Zweck das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts vorgelegt. Das Grundbuchamt hingegen verlangte die Vorlage eines Erbscheins. Zur Begründung führte es an, dass sich die Tatsache, dass die Ehe weder aufgelöst noch ein Scheidungsantrag eingereicht wurde, sich mit grundbuchtauglichen Mitteln nicht nachweisen ließe. Womöglich war das Testament ja doch unwirksam geworden?

Dem KG war dieser Einwand zu theoretisch. Es ist entgegen der Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte (OLG) der Ansicht, dass ein Erbschein nur verlangt werden könne, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Scheidungsantrag tatsächlich gestellt worden sei. Die allein abstrakte Möglichkeit unter Berufung auf statistische Erhebungen zu Scheidungsquoten reichen dem KG dabei nicht aus, um den Wert eines notariellen Testaments zu schmälern. Der Witwer konnte die Grundbuchänderung also mithilfe des Eröffnungsprotokolls beantragen, ohne einen gesonderten Erbschein vorlegen zu müssen.

Hinweis: Trotz Abweichung von Entscheidungen der OLG-Kollegen in München und Naumburg wurde die Rechtsbeschwerde mangels Beschwer des Beteiligten, dessen Rechtsmittel Erfolg hatte, vom KG nicht zugelassen.


Quelle: KG, Beschl. v. 29.10.2020 – 1 W 1463/20

 Thema: Erbrecht

Entlassung des Testamentsvollstreckers: Antragstellung eines Miterben ist berechtigt, auch wenn sein Erbanteil nicht direkt betroffen ist

Grundsätzlich kann ein Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt. Ein solcher wichtiger Grund kann in einer groben Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers liegen, aber auch in der Unfähigkeit zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Im folgenden Fall hat das Oberlandesgericht München (OLG) eine Kehrtwende zu seiner bisherigen Rechtsprechung eingelegt, was die Frage betrifft, wann welche Erben einen Antrag auf die Entlassung eines Testamentsvollstreckers stellen dürfen.

Zu einer solchen Antragstellung sind all diejenigen Personen berechtigt, deren Rechte und Pflichten durch die Testamentsvollstreckung unmittelbar betroffen sein können. In einer ungeteilten Erbengemeinschaft sind dabei grundsätzlich alle Erben. Somit können auch jene Erben, deren Erbteile nicht von der Testamentsvollstreckung beschränkt, aber trotzdem von dieser betroffen sind, einen Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers stellen. Insoweit erstreckt sich das Antragsrecht eines Miterben, dessen Erbanteil einer Testamentsvollstreckung unterliegt, auch auf die Entlassung des Testamentsvollstreckers in Bezug auf einen anderen Erbteil, der ebenfalls von der Testamentsvollstreckung betroffen ist.

Die jüngste Entscheidung des OLG ist insoweit bemerkenswert, weil es seine bisherige gegenteilige Rechtsprechung in dieser Frage ausdrücklich aufgibt. Im Übrigen teilte das OLG dabei auch die Ansicht des Nachlassgerichts, dass der Testamentsvollstrecker dieses Falls aus seinem Amt zu entlassen war, weil ein wichtiger Grund hierfür vorlag. Hierfür reichte dem Gericht im Ergebnis bereits aus, dass der Testamentsvollstrecker hier das Vermögen der Erblasserin mit seinem eigenen Vermögen vermischt hatte – eine eindeutig grobe Pflichtverletzung.

Hinweis: Ein Miterbe kann einen Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers nicht nur bezüglich seines eigenen Erbanteils, sondern auch bezüglich eines weiteren, ebenfalls von der Testamentsvollstreckung betroffenen Erbanteils einlegen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 09.07.2020 – 31 Wx 455/19

 Thema: Erbrecht

Annahme- und Ausschlagungsrecht: Ausschlagung des Zweitnachlasses führt gleichsam zum Wegfall der Erbenstellung beim Erstnachlass

Im Fall einer Erbschaft müssen sich die Erben mit der Frage auseinandersetzen, ob sie die Erbschaft antreten oder von der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, die Erbschaft innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen auszuschlagen. Letzteres erfolgt häufig in den Fällen, in denen die Erben davon ausgehen, dass sie Schulden vererbt bekommen. Mit der Frage, welche darüber hinausgehenden Konsequenzen sich aus einer Ausschlagung ergeben, hatte sich das Oberlandesgericht München (OLG) zu beschäftigen.

Der Entscheidung des Gerichts lag im Grunde ein zunächst alltäglicher Sachverhalt zugrunde. Der Verstorbene war verheiratet, gemeinsame Kinder existierten nicht. Die Eltern des Erblassers waren ebenfalls bereits vorverstorben. Zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers lebte noch dessen Schwester, die als weitere (gesetzliche) Erbin in Betracht kam und die grundsätzlich zur Ausschlagung der Erbschaft berechtigt war. Besonders wurde der Fall, weil die Schwester innerhalb der Ausschlagungsfrist selbst verstarb. Ihr eigener Sohn war bereits vor mehreren Jahren verstorben, so dass das Recht zur Ausschlagung kraft Gesetzes auf den Enkel übergegangen war. Dieser hatte selbst form- und fristgerecht die Erbschaft nach der Großmutter, der Schwester des Erblassers, ausgeschlagen. Nun beantragte die Ehefrau des Erblassers einen alleinigen Erbschein, den ihr das Nachlassgericht verweigerte. Es war der Ansicht, dass auch der Enkel der verstorbenen Schwester gesetzlicher Erbe geworden sei, obwohl er die Erbschaft nach seiner Großmutter ausgeschlagen habe. Sein eigenes unmittelbares gesetzliches Erbrecht nach dem Großonkel habe er durch die Ausschlagung der Erbschaft der Großmutter nicht verloren.

Dieser Ansicht des Nachlassgerichts erteilte das OLG jedoch eine Absage. Die Ausschlagung des Erbes in Bezug auf seine Großmutter führte auch zum Wegfall seiner Erbenstellung in Bezug auf den Erblasser – seinen Großonkel. Den Erstnachlass, so das OLG, erhält der sogenannte Erbeserbe nur als Bestandteil des Zweitnachlasses, so dass er mit der Ausschlagung des zweiten Nachlasses auch das Annahme- und Ausschlagungsrecht hinsichtlich des Erstnachlasses verliert.

Hinweis: Jedes Rechtsgebiet ist komplex. Doch in Sachen Erbrecht ist es auch aufgrund emotionaler und vielschichtiger Familienbündnisse stets zu empfehlen, vor entscheidenden Schritten eine geeignete Rechtsberatung einzuholen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 11.03.2020 – 31 Wx 74/20

Thema: Erbrecht

Ungewollte Erbschaft: Was bei der Ausschlagung einer Erbschaft zu beachten ist

Eine Erbschaft ist nicht zwangsläufig mit einem Geldsegen verbunden, sondern kann auch viele Verpflichtungen mit sich bringen.

Daher kann es unter Umständen sinnvoller sein, eine Erbschaft auszuschlagen – etwa wenn der Nachlass überschuldet ist oder der Erbe selbst Schulden hat. Ein weiterer Grund für die Ausschlagung kann es sein, dass der Erbe nicht mehr an ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag gebunden sein möchte und die Ausschlagung dazu nutzt, die Verfügungsgewalt über das eigene Vermögen wiederzuerlangen. Ist die Verfügung über das Erbe durch eine Nacherbschaft oder eine Testamentsvollstreckung eingeschränkt, kann auch eine Ausschlagung mit gleichzeitiger Geltendmachung des Pflichtteils vorteilhaft sein.

Der Ausschlagende kann jedoch nicht darüber bestimmen, wer das Erbe an seiner Stelle erhalten soll. Existiert ein Testament, kommt ein darin genannter Ersatzerbe zum Zug. Gibt es keine solche Regelung im Testament oder überhaupt gar kein Testament, geht das Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge an die Erben des Ausschlagenden.

Die Ausschlagung muss entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts erfolgen oder notariell beglaubigt werden. Es reicht also nicht, dies dem Gericht telefonisch oder in einem Brief mitzuteilen. Zuständig ist dafür wahlweise das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz hatte, oder jenes, in dessen Bezirk der Ausschlagende seinen Wohnsitz hat.

Wichtig ist dabei insbesondere, dass die Ausschlagung nur innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls erfolgen kann. Zu beachten ist zudem, dass durch die Beantragung eines Erbscheins das Erbe als angetreten gilt. Eine Ausschlagung ist dann nur noch möglich, wenn ein Irrtum vorlag oder der Erbe getäuscht oder bedroht wurde. Unter den gleichen Umständen kann auch eine bereits erfolgte Ausschlagung angefochten werden.

  Erbrecht