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Schlagwort: OLG Düsseldorf

Sozialadäquate Beeinträchtigung: Altglas- und Altpapiercontainer müssen auch in höherpreisigen Wohngegenden hingenommen werden

Geänderte Situationen in der gewohnten bzw. bewohnten Umgebung können zu geringeren Mieten, geringeren Verkaufswerten und insgesamt zu einem geringeren Wert einer Immobilie führen. Ob aber neu aufgestellte Entsorgungsmöglichkeiten von Glas- und Papierabfällen auch gleich zu Ersatzansprüchen führen, wie es hier ein Eigentümerpaar einforderte, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) klären.

Das Ehepaar hatte eine 136 Quadratmeter große Wohnung für knapp 550.000 EUR gekauft. Auf einer Seite des Hauses befand sich eine Fläche, die in den Verkaufsprospekten der Verkäuferin als Piazza bezeichnet wurde. Auf diesem Platz wurde nun auf Anweisung der Stadt in einer Entfernung von etwas mehr als 20 Meter zum Haus eine Altglas- und Altpapierentsorgungsanlage aufgebaut – bestehend aus vier großen Niederflurcontainern. Das Ehepaar meinte nun, die Wohnung erleide dadurch einen Mangel; Wert und Brauchbarkeit der Wohnung seien erheblich beeinträchtigt. Schließlich gebe es durch die Einwurfgeräusche erhebliche Lärmbelästigungen. Es wollte deshalb Schadensersatz von 10.000 EUR und klagte seine Forderung ein.

Das OLG sah die Angelegenheit jedoch anders. Eine in der Nähe einer Eigentumswohnung auf Anweisung der Stadt errichtete Wertstoffsammelstelle stellt in den Augen der Richter keinen Mangel dar, da diese Beeinträchtigung als sozialadäquat hinzunehmen ist. Auch in Wohnvierteln mit gehobenen Quadratmeterpreisen muss die Abfallentsorgung schließlich sichergestellt werden – und irgendwo müssen sich die geeigneten Vorrichtungen nunmal befinden.

Hinweis: Altglas- und Altpapierentsorgungsanlagen müssen also grundsätzlich hingenommen werden. Beim Verkauf der Immobilie stellen sie zumindest keinen objektiven Mangel dar.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2020 – I-21 U 46/19

Thema: Mietrecht

Handschriftliches Testament: Einholung eines graphologischen Gutachtens meist nur bei gerichtlich festgestellten Auffälligkeiten

Letztwillige Verfügungen in Form von Testamenten können von den Erblassern auch durch Erstellung eines eigenhändig verfassten Dokuments abgegeben werden. Erforderlich ist hierbei, dass das gesamte Dokument handschriftlich erstellt ist und eine eigenhändige Unterschrift existiert. Was passiert, wenn die Echtheit der Unterschrift durch Hinterbliebene angezweifelt wird, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Neben der rechtlichen Frage der Bindungswirkung von erbvertraglichen Regelungen hat das OLG in seinem Beschluss nochmals klargestellt, dass ein graphologisches Gutachten zu der Frage der Echtheit der Unterschrift des Erblassers nur in Zweifelsfällen geboten ist – und zwar dann, wenn das Gericht selbst Auffälligkeiten in Bezug auf die Echtheit einer Unterschrift feststellt. In solchen Fällen gebietet ein pflichtgemäßes Ermessen die Einholung eines schriftvergleichenden Gutachtens.

Hinweis: Im Verfahren über die Erteilung eines Erbscheins muss derjenige, der ein Erbrecht für sich in Anspruch nimmt, die Feststellungslast für die sein Recht begründenden Tatsachen tragen, während denjenigen, der ihm dieses Erbrecht streitig macht, wiederum die Feststellungslast für die rechtshindernden oder rechtsvernichtenden Einwendungen trifft.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 02.06.2020 – I-3 Wx 79/20

 Thema: Erbrecht

Verräterischer WhatsApp-Chat: Aufgeflogene Schwarzgeldabrede hat Konsequenzen

Leider hat Schwarzarbeit in Deutschland nach wie vor Konjunktur. Doch wer am falschen Ende spart, sollte tunlichst unterbinden, Streitigkeiten vor die Gerichte zu bringen. Denn diese ziehen bei dem Thema immer mehr die Daumenschrauben an – so wie im folgenden Fall, der vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) landete.

Dabei ging es um umfangreiche gewerbliche Bau- und Sanierungsarbeiten. Während der Bauarbeiten zahlte die Auftraggeberin ohne Rechnung mehrere hunderttausend Euro als Abschläge an das Bauunternehmen. Bei einer weiteren Abschlagszahlung bat der Geschäftsführer des Bauunternehmens per WhatsApp, die Zahlung per Überweisung auf zwei verschieden Konten aufzuteilen, „damit nicht so viel an die Augen von F… kommt“. Nach Abschluss der Arbeiten meinte das Bauunternehmen dann, ihm stünden noch 275.000 EUR zu, und klagte diese Summe ein.

Doch man ahnt, was das OLG hierzu sagte: Der geschlossene Werkvertrag war wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in Verbindung mit § 134 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig, so dass dem Bauunternehmen kein Werklohnanspruch zustand. Das Gericht hat diese sogenannte Schwarzgeldabrede auch als bewiesen angesehen, denn die WhatsApp-Nachricht konnte in Verbindung mit der Zahlung von Geldern ohne Rechnungen nicht anders verstanden werden.

Hinweis: Wer Handwerker schwarz beschäftigt, muss sie nicht bezahlen, hat aber auch keinerlei Ansprüche auf eine Mängelbeseitigung. Dass sich dabei alle Beteiligten zudem strafbar machen, sollte auch klar sein.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2020 – I-21 U 34/19

Thema: Sonstiges

25-jähriges Vertragsverhältnis: Störung der Totenruhe führt für Friedhofsgärtnerei nicht in jedem Fall zur fristlosen Kündigung

Sicherlich gibt es Berufsfelder, bei denen Fehler mehr wiegen als bei vielen anderen. Als sicher gilt allgemeinhin, dass von Bestattern und Friedhofsgärtnern aus Pietätsgründen besondere Sorgfalt erwartet werden darf. Dass jedoch auch hier Fehler passieren können, auf die unter den jeweiligen Umständen arbeitsrechtlich korrekt reagiert werden muss, zeigt der Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

 

Ein selbständiger Friedhofsgärtner wurde mit der Vorbereitung einer Beerdigung in dem mittleren Grab einer Familiengrabstätte beauftragt. Linksseitig war sechs Jahre zuvor jemand beerdigt worden. Ein Mitarbeiter des Friedhofsgärtners verwechselte nun eben jene beiden Gräber und hob das linke statt dem mittleren Grab aus. Als er hierbei auf nicht verrottete Sargteile wie auch Leichenteile stieß, schmiss er diese in einen Müllcontainer. Und genau dort wurden sie wenige Tage später entdeckt. Darauf kündigte die Kirchengemeinde dem Friedhofsgärtner den Vertrag fristlos und hilfsweise fristgerecht. Dagegen klagte dieser und wollte weiterhin bezahlt werden.

Die Richter des OLG entschieden, dass die Kirchengemeinde dem Friedhofsgärtner nicht nach 25 Jahren fristlos kündigen durfte. Nun muss die Vorinstanz noch entscheiden, welche Vergütung dem Friedhofsgärtner der Höhe nach zusteht. Denn klar ist nichtsdestotrotz, dass durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung das Vertragsverhältnis auf jeden Fall nach sechs Monaten beendet wurde.

Hinweis: In einem solchen Fall hätte eine Abmahnung des selbständigen Friedhofsgärtners ausgereicht, der immerhin über 25 Jahre beanstandungsfrei gearbeitet hatte. Durch eine Abmahnung hätte man ihm Gelegenheit geben können, seinen Mitarbeiter von weiteren Tätigkeiten zu entbinden.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2019 – I-21 U 38/19

Thema: Sonstiges

Kindesunterhalt: Wenn Volljährige Ausbildungsunterhalt verlangen, müssen sie ihre Auskunftspflichten erfüllen

Kinder, die eine Ausbildung durchlaufen, haben auch nach Erreichen der Volljährigkeit gegen ihre Eltern einen Anspruch auf Unterhalt. Dieser steht ihnen zu, bis sie wirtschaftlich selbständig sind, das heißt, eine Ausbildung abgeschlossen haben und ihr eigenes Geld verdienen. Der Anspruch setzt voraus, dass sie einigermaßen zielstrebig ihre Ausbildung durchlaufen. Was es weiterhin zu beachten gibt, zeigt das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) im folgenden Fall.

Ein Vater hatte vor dem Jugendamt eine Urkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt für seinen minderjährigen Sohn errichten lassen. Als der Sohn volljährig geworden war, wollte der Vater, dass der Sohn auf die Rechte aus dieser Urkunde verzichtet. Der Sohn machte geltend, er studiere, und ließ dem Vater seinen Bafög-Bescheid zukommen. Das reichte dem Vater jedoch nicht – er leitete ein gerichtliches Verfahren ein, damit der Sohn ihm mitteile, wie genau es um dessen Finanzen bestellt sei. Insbesondere machte der Vater zudem geltend, der Sohn habe ihn darüber zu informieren, wie es der – vom Vater geschiedenen und wieder verheirateten – Kindesmutter wirtschaftlich gehe. Letzteres, so der Sohn, sei nicht von ihm zu erledigen; hierzu habe sich der Vater direkt an die Mutter zu wenden.

Das OLG gab jedoch dem Vater recht. Für dem Unterhaltsanspruch des volljährigen Kindes ist – anders als beim minderjährigen Kind – die wirtschaftliche Situation beider Elternteile relevant. Deshalb muss jeder Elternteil wissen, welche Einkünfte der andere Elternteil erzielt, um seinen Anteil am Bedarf des Kindes errechnen zu können. Nur: Wie kommt er an diese Information? In der Rechtsprechung ist nicht eindeutig geklärt, ob ein Elternteil vom anderen direkt diese Auskunft verlangen kann. Davon unabhängig müsse das Kind, das Unterhalt von einem Elternteil verlangt, dafür Sorge tragen, dass dieser Auskunft über das Einkommen des anderen Elternteils erhalte.

Hinweis: Kommt das Kind der Pflicht, die Auskunft über das Einkommen des anderen Elternteils zu erteilen, nicht nach, kann es dazu kommen, dass ihm der Unterhaltsanspruch versagt wird.
 
 

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.11.2019 – 3 UF 96/19

Thema: Familienrecht

Unbekannter Teilerbe: Eine bevorstehende Erbauseinandersetzung ist kein Grund für erneute Nachlasspflegschaft

Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft dient in erster Linie der Sicherung eines Nachlasses und nicht der Beseitigung von bevorstehenden Schwierigkeiten bei einer Erbauseinandersetzung. Dies musste im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) auch eine Erbengemeinschaft feststellen, bei der der Erbe an einem letzten 1/6-Anteil am Nachlass nicht festgestellt werden konnte.

Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2010 erteilte das Nachlassgericht zunächst einen Teilerbschein und ordnete eine (Teil-)Nachlasspflegschaft bezüglich eines letzten 1/6-Anteils am Nachlass an, da der Erbe nicht festgestellt werden konnte – Ermittlungen zum unbekannten Erben blieben erfolglos. Das Nachlassgericht hob die Nachlasspflegschaft im Jahr 2014 auf, da ein letztes verbliebenes Kontoguthaben hinterlegt wurde. Vier Jahre später erfuhren die Erben von der Existenz eines weiteren bislang unbekannten Kontos und beantragten erneut die Einrichtung einer (Teil-)Nachlasspflegschaft. Dies lehnte das Nachlassgericht mit der Begründung ab, dass hierfür kein Sicherungsbedürfnis bestehe, da auch dieses Guthaben hinterlegt werden könne, was auch tatsächlich erfolgt ist. Die Hinterlegungsstelle teilte den Erben mit, dass eine Auszahlung des Guthabens aber nur erfolgen könne, wenn eine Freigabeerklärung aller Erben vorläge. Da der Erbe des letzten Erbanteils aber nicht bekannt war, waren die Erben der Ansicht, dass dies faktisch einer Enteignung gleichkäme, da sie ohne Einrichtung einer Nachlasspflegschaft keinen Zugriff auf diesen Nachlass erhielten. Ohne die Nachlasspflegschaft sei es nicht möglich, die Erbengemeinschaft auseinanderzusetzen.

Dieses Argument ließ das OLG in der Beschwerde nicht gelten. Die Nachlasspflegschaft setzt einen Anspruch gegen den Nachlass selbst voraus. Die angestrebte Erbauseinandersetzung richtet sich aber gegen die übrigen Miterben und ist vom Schutzzweck einer Nachlasspflegschaft nicht umfasst. Das Gericht ordnet eine solche Pflegschaft nur an, wenn der Bestand des Nachlasses ohne gerichtliche Hilfe gefährdet ist und aufgrund einer Dringlichkeit ein konkreter Sicherungsanlass besteht.

Die Gefährdung eines Nachlasswerts liegt etwa dann vor, wenn der Wert des Nachlasses durch strafbare Handlungen oder eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung reduziert wird. Die Nachlasspflegschaft dient gerade nicht dazu, den Erben bei der Abwicklung des Nachlasses zu helfen. Zwar kann es notwendig sein, eine Nachlasspflegschaft auch zum Zweck der Erbenermittlung einzurichten. Hiervon war aber im konkreten Fall nicht auszugehen, da nach Beendigung der ersten Nachlasspflegschaft keine neuen Erkenntnisse über einen möglichen Erben vorlagen oder noch zu erwarten waren.

Hinweis: Ist und bleibt ein Erbe unbekannt, kommt zum Zweck der Erbauseinandersetzung einer Gemeinschaft unter Umständen die Einrichtung einer Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten (nach § 1913 BGB) in Betracht.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.12.2019 – I-3 Wx 106/19

Thema: Erbrecht

Aufwandsdokumentation: Der Vergütungsantrag eines berufsmäßigen Nachlasspflegers muss inhaltlich nachvollziehbar sein

Wird ein berufsmäßiger Nachlasspfleger durch das Gericht eingesetzt – beispielsweise weil ein Sicherungsbedürfnis für den Nachlass besteht oder aber Erben unbekannt sind -, entstehen hierfür Gerichts- und Anwaltskosten, die grundsätzlich aus dem Nachlass getragen werden müssen. Erben haben also ein berechtigtes Interesse daran, dass ein Vergütungsantrag des Nachlasspflegers auf seine Richtigkeit hin überprüft werden kann.

Das Nachlassgericht hat im Fall eines sogenannten vermögenden (nicht mittellosen) Nachlasses grundsätzlich einen Stundensatz zu bestimmen. Dabei sind für die Höhe des Stundensatzes die Schwierigkeit der übertragenen Aufgabe sowie die vorhandenen Fachkenntnisse des Nachlasspflegers entscheidend. Darüber hinaus ist auch der Umfang der geleisteten Tätigkeit durch den konkreten Zeitaufwand zu berücksichtigen. Der Nachlasspfleger hat hierzu eine Aufstellung über seinen Zeitaufwand vorzulegen, die vom Gericht auf ihre Plausibilität überprüft wird.

Als erforderlich und auch ausreichend wird allgemein angesehen, dass die Angaben in der Tätigkeitsaufstellung die Feststellung einer ungefähren Größenordnung des Zeitaufwands für die entfalteten Tätigkeiten ermöglichen und so zur Grundlage einer Schätzung durch das Gericht gemacht werden können. Gefordert wird, dass der Nachlasspfleger seine Tätigkeiten zumindest stichwortartig angibt und in einem Umfang konkretisiert, der eine überschlägige Prüfung des abgerechneten Zeitraums und so eine sachliche Überprüfung der Abrechnungspositionen erlaubt. Nicht erforderlich ist eine minutengenaue Abrechnung.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.11.2019 – 3 Wx 189/19

Thema: Erbrecht

Informationsanspruch: Die Rechte in der elterlichen Sorge stoßen nach strafbarem Verhalten an ihre Grenzen

Nach einer Trennung kann jeder Elternteil vom anderen Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen – soweit ein berechtigtes Interesse besteht und die Auskunft dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Und genau hier hakte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) im folgenden Fall ein und zeigte dabei die klaren Grenzen dieses Informationsrechts auf.

Der Kindesvater machte den Informationsanspruch der Mutter gegenüber geltend, bei der das gemeinsame Kind lebt. Die Mutter jedoch erteilte ihm keine Auskunft. Der Grund: Der Vater hatte dem Kind im Säuglingsalter mehrfach Mund und Nase bis zur Atemnot und sogar zum Herzstillstand zugehalten, um sich dann danach als „Retter“ aufzuspielen. Folge für ihn war eine strafrechtliche Verurteilung zu zwei Jahren und neun Monaten und zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Das OLG sprach der Mutter daher auch das Recht zu, Informationen zurückzuhalten. Zum Schutz des Kindes sei es richtig, wenn der Vater nichts erfahre. Das Kind solle weiterhin seine Therapien durchlaufen und dann eines Tages – wenn es dazu in der Lage sei – selbst entscheiden, ob und welche Informationen es dem Vater zukommen lasse.

Hinweis: Es ist nicht immer einfach, der im allgemeinen bestehenden Informationspflicht nachzukommen. Sie zu sehr einzufordern, kann auch durchaus als Schikane angesehen werden, zu wenig mitzuteilen als mangelnde Erfüllung. Das richtige Maß ist anhand der konkreten Einzelfallsituation zu finden und zu bestimmen, gegebenenfalls unter Einschaltung fachkundiger Hilfe.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.08.2019 – 8 WF 170/18

Thema: Familienrecht

Gemeinschaftlicher Erbvertrag: Wegfall der Wirkung selbst bei Stellung und späterem Widerruf eines Scheidungsantrags

Gemeinschaftliche Testamente oder Erbverträge von Eheleuten verlieren bei einer Trennung üblicherweise ihre Wirkung. Dass es dabei jedoch zu Streitigkeiten kommen kann, wenn unklar ist, welcher Zeitpunkt dafür entscheidend ist, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG).

Ein Ehepaar schloss einen Erbvertrag, in dem es sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Diese gegenseitige Erbeinsetzung sollte jedoch entfallen, „wenn unsere Ehe aufgelöst oder geschieden wird oder einer von uns den Antrag auf Scheidung stellt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der andere Ehepartner der Scheidung zustimmt oder nicht“. Der Mann stellte 2011 einen Scheidungsantrag, den er kurze Zeit später zurücknahm. Im Jahr 2013 errichtete er ein Testament, in dem er eine Bekannte und seinen Sohn aus einer früheren Ehe als Erben einsetzte. Kurz darauf verstarb er, woraufhin sich die Ehefrau als Alleinerbin sah und selbst ein Testament errichtete, das ihren Bruder zu ihrem Erben einsetzte. Wenige Monate später verstarb auch sie und der Bruder der Frau und die Bekannte des Mannes stritten um das Erbe.

Das OLG entschied, dass der Bruder keinen Anspruch auf das Erbe des verstorbenen Mannes hatte. Durch das notarielle Testament der Ehefrau, mit dem sie rein vorsorglich alle etwaigen von ihr errichteten Verfügungen von Todes wegen widerrief und ihren Bruder zu ihrem Alleinerben einsetzte, wurde dieser mit ihrem Tod zwar ihr Erbe. Da sie selbst aber nicht Erbin ihres Ehemannes geworden war, wurde ihr Bruder auch nicht zum Erben des Ehemannes. Die durch den Erbvertrag erfolgte Erbeinsetzung der Ehefrau war vielmehr dadurch entfallen, dass der Mann den Antrag auf Scheidung gestellt hatte. Für das Gericht spielte es dabei keine Rolle, dass er den Antrag später wieder zurückgenommen hatte. Es sah den Wortlaut des Erbvertrags als eindeutig dahingehend an, dass schon mit der Antragstellung die Bindungswirkung des Vertrags entfallen war – unabhängig davon, was sich später noch ereignet hatte.

Hinweis: Die Vorinstanzen hatten noch angenommen, dass die Klausel so zu verstehen sei, dass sie im Fall einer Rücknahme des Scheidungsantrags nicht eingreifen solle. Bei einer solchen Rücknahme vor dem Erbfall lägen die Voraussetzungen einer Scheidung nicht mehr vor, so dass der Ausschluss des Ehegattenerbrechts wieder entfiele. Für eine solche Auslegung sah das Instanzgericht aber aufgrund des klaren Wortlauts im Erbvertrag keinen Raum.

Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.03.2019 – 7 U 55/18

Thema: Erbrecht

Engagement mehrfach angemahnt: Erwerbsloser und untätiger Familienvater verwirkt Anspruch auf Trennungsunterhalt

Waren die ehelichen Lebensverhältnisse davon geprägt, dass nur einer der Ehegatten arbeitete, ist dem zuhause Gebliebenen bei Trennung zumindest vorübergehend Unterhalt zu zahlen. Der unterhaltsberechtigte Ehegatte muss dann nicht sofort arbeiten gehen. Aber dieser Grundsatz gilt nicht uneingeschränkt, wie das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) zeigt.


Nach der Trennung verlangte der Mann von der erwerbstätigen Frau Trennungsunterhalt. Er selbst hatte in der Ehezeit nur unregelmäßig gearbeitet, zuletzt gar nicht mehr. Allein unter diesen Umständen hätte die Frau dem Mann zweifellos Unterhalt zahlen müssen. Während des Trennungsjahres wäre der Mann auch nicht darauf verwiesen worden, sogleich eine Arbeitsstelle zu suchen und anzutreten. Die Besonderheit des Falls sah das OLG jedoch in folgender Tatsache: Die Frau hatte sich neben der Erwerbstätigkeit nämlich zusätzlich um die Erziehung der Kinder gekümmert und den Haushalt geführt. In dieser Hinsicht hatte der aus Algerien stammende Mann jede Mitwirkung verweigert.

So wurde dem Mann entsprechend auch der Unterhalt verweigert, weil die Ehefrau allein dafür sorgte, dass die Familie nicht in Schwierigkeiten geriet, während er seinerseits untätig zusah. Somit hat er in den Augen der Richter seine Pflicht, zum Familienunterhalt in welcher Form auch immer beizutragen, in der gemeinsamen Zeit gröblich vernachlässigt. Er hatte seinen Unterhaltsanspruch verwirkt.

Hinweis: Das OLG wies darauf hin, dass die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs ein Verschulden voraussetzt. Dieses wurde vorliegend nicht einfach nur darin gesehen, dass der Mann in der Ehezeit letztlich zu keinem Zeitpunkt im Rahmen einer Erwerbstätigkeit oder jedenfalls dem Bemühen darum, eine solche zu finden, zum Familienunterhalt beigetragen hatte. Es stellte vielmehr fest, dass das Verschulden deshalb gegeben sei, weil der Mann untätig war, obwohl die Frau ihn immer aufgefordert hatte, endlich arbeiten zu gehen und nicht nur zu Hause rumzusitzen. Stoisch einen unzumutbaren Zustand hinzunehmen, reicht demnach also nicht aus, um später ein mangelndes Engagement einzuklagen!

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.02.2019 – II-1 UF 12/19

Thema: Familienrecht