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Schlagwort: OLG Karlsruhe

Besonderheit bei Erbverträgen: Gericht bestätigt Anspruch auf Rückgabe eines notariellen Testaments aus der amtlichen Verwahrung

Letztwillige Verfügungen von Todes wegen können zur Sicherheit in eine besondere amtliche Verwahrung gegeben werden. Sobald diese in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird, gilt ein notarielles oder handschriftliches Testament als widerrufen. Für Erbverträge gilt die Besonderheit, dass diese nur aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung genommen und zurückgegeben werden können, wenn diese Urkunde ausschließlich Verfügungen von Todes wegen enthält.

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Onlineregistrierung: Fehlendes drittes Geschlecht stellt keine schwere Verletzung des Benachteiligungsverbots dar

So sehr das Gendern die Gemüter erhitzt, wie kaum ein anderes gesellschaftliches Thema des sozialen Miteinanders, ist die korrekte Anrede im Geschäftsverkehr schon seit längerem wichtig. Denn wer sich dabei nicht daran hält, dem könnten Entschädigungsansprüche drohen. Im folgenden Fall musste das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) herausfinden, ob auch das Fehlen einer neutralen Geschlechtsangabe mit den entsprechenden Folgen einer unkorrekten Anrede einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) darstellt.

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Audi mit Softwareupdate: Wer seinen Diesel nach Bekanntwerden des Skandals erworben hat, verliert den Schadensersatzanspruch

Dass der Absgasskandal die Gerichte noch eine lange Zeit beschäftigen wird, zeigt die große Anzahl bislang anhängiger Klagen. Im Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) ging es diesmal um die begehrte Rückabwicklung eines Autokaufs, der erst nach Bekanntwerden des Skandals erfolgt war, sowie um die Klage auf Schadensersatz.

Die Klägerin hatte im Februar 2018 einen gebrauchten Audi A5 gekauft, nachdem das vom Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) freigegebene Softwareupdate bereits aufgespielt worden war. Sie verlangte nun von der Volkswagen AG unter anderem die Rückzahlung des Kaufpreises und der Finanzierungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Sie behauptet, die Verkäuferin habe ihr versichert, dass das Fahrzeug nicht von der „Schummelsoftware“ betroffen sei. Im Übrigen führe das Update in vielen Fällen zu Schäden und enthalte wiederum illegale Abschalteinrichtungen, zum Beispiel ein sogenanntes Thermofenster.

Das OLG hat das Urteil des Landgerichts Baden-Baden, nach dem in dieser Konstellation kein Schadensersatzanspruch bestehe, bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Eine Haftung für die ursprünglich in den Fahrzeugen integrierte Prüfstandserkennung unter dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung komme bei einem Erwerb des Fahrzeugs ab Herbst 2015 nicht mehr in Betracht. Der VW-Konzern haftet aber auch nicht für etwaige nachteilige Folgen des Softwareupdates, die angeblich bei vielen Fahrzeugen auftreten, da die Klägerin nicht einmal behauptet habe, dass solche Folgen an ihrem Pkw vorgekommen seien. Schließlich hafte die Beklagte auch nicht wegen der Ausgestaltung des von dem KBA freigegebenen Updates auf Schadensersatz. Soweit die Klägerin sich auf die Installation eines ihrer Ansicht nach unzulässigen Thermofensters beruft, das dazu führt, dass die Abgasreinigung nur bei gewissen Außentemperaturen optimal erfolgt, fehlt es jedenfalls an dem erforderlichen sittenwidrigen vorsätzlichen Verhalten der Beklagten. Denn zum einen wurde dieses Thermofenster unstreitig gegenüber dem KBA offengelegt, von diesem geprüft und zugelassen – zum anderen wird es jedenfalls in Teilen der Fachkreise zum Bauteilschutz für zulässig gehalten.

Hinweis: Immer wieder müssen sich Gerichte mit den Folgen des Abgasskandals beschäftigen. Höherrangige Gerichte bieten dabei Orientierung. Diese Entscheidung entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20).

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2020 – 17 U 296/19

Thema: Verkehrsrecht

Nachscheidungsunterhalt: Wer den Nachweis ehebedingter Nachteile nicht erbringen kann, kommt um die Befristung nicht herum

Die Höhe des Nachscheidungsunterhalts zu bestimmen, ist in erster Linie Rechenarbeit. Für die Frage, wie lange Unterhalt geschuldet wird, sind aber andere Argumente relevant. Eine der in diesem Zusammenhang wichtigen Fragen ist, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Und genau hierüber musste im Folgenden das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) befinden.

Die Ehefrau in diesem Fall, eine gelernte Bürokauffrau, war zunächst als Aushilfe und Putzhilfe berufstätig. Doch sie engagierte sich beruflich in dem Maße, dass sie zuletzt als Sekretärin der Geschäftsführung bei einem Bruttoverdienst von 3.000 EUR arbeitete. Schließlich machte sie beim Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung geltend, dass ihr dieser unbefristet zu bezahlen sei. Schließlich habe sie ehebedingte Nachteile erlitten – hätte die Ehe Bestand gehabt, hätte sie nämlich Geschäftsführerin werden können.

Erleidet der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingte Nachteile, besteht dessen Anspruch auf Unterhalt in der Tat unbefristet. Da diese Tatsache ein günstiger Umstand für die betreffende Person ist, muss diese auch dartun und beweisen, dass beim anderen wiederum keine ehebedingten Nachteile bestehen. Die Anforderungen an den Nachweis negativer Umstände sind aber niedriger als an den positiven Nachweis. Im vorliegenden Fall wies der Mann darauf hin, dass die Frau mit 3.000 EUR bereits mehr als Sekretärin verdiene als der Durchschnitt. Zudem sei der Posten als Geschäftsführerin zwar möglich, aber keinesfalls sicher gewesen. Das genügte dem OLG. Es überantwortete den Nachweis ehebedingter Nachteile der Frau – und da sie diesen nicht erbringen konnte, sprach ihr das Gericht auch nur einen befristeten Unterhaltsanspruch zu.

Hinweis: In den meisten Fällen richtet sich die Dauer der Unterhaltspflicht nach der Dauer der Ehezeit.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 03.06.2020 – 20 UF 83/1

 Thema: Familienrecht

Verweigerter Tagespflegevertrag: Die Erteilung einer Entscheidungsbefugnis entscheidet bei Uneinigkeit zwischen den Eltern

Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, haben die grundlegenden Entscheidungen über ihre Kinder gemeinsam zu treffen. Doch was überhaupt von erheblicher Bedeutung ist und was gilt, wenn es an der erforderlichen Einigkeit fehlt, stellt das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) im Folgenden klar.

Die elterliche Sorge über ihr zweijähriges Kind stand den unverheirateten, getrennt lebenden Eltern hier gemeinsam zu. Das Kind lebte bei der noch studierenden Mutter. Der Vater sah das Kind donnerstags und samstags und arbeitete vollerwerbstätig im Schichtdienst. Die Mutter wollte, um ihr Studium voranbringen zu können, das Kind an drei Tagen der Woche einer Tagesmutter überlassen. Zu dem dazu zu schließenden Tagespflegevertrag sowie einem Förderantrag verweigerte der Vater jedoch die Zustimmung. Einerseits könne die Mutter einspringen, andererseits könne er seinen Arbeitsumfang reduzieren.

Das OLG hatte hier vornehmlich zu befinden, ob es sich bei der Entscheidung, das Kind in eine Einrichtung mit Tagesmutter zu geben, überhaupt um eine Regelung von erheblicher Bedeutung für das Kind handelt. Da diese Änderung zu einer Änderung des Tagesablaufs des Kindes führe und es nachhaltig präge, bejahte das Gericht diese Frage. In der Folge hatte das OLG nun einer der beiden Seiten die Befugnis zuzusprechen, in dieser grundlegenden Frage eine Entscheidung zu treffen. Und da das Kind überwiegend bei der Mutter lebe, war es naheliegend, dieser auch die Entscheidungsbefugnis zuzusprechen. Genau dies geschah. Nun kann die Kindesmutter das Kind bei der Tagesmutter anmelden und den Förderantrag stellen. Die Zustimmung des Vaters ist nicht mehr erforderlich.

Hinweis: Eine dagegen nicht wesentliche Frage ist zum Beispiel jene, wer das Kind beim Kindergarten oder einer entsprechenden Einrichtung abholt. Wenn also sich das Kind bei der Mutter aufhält und von dort zum Kindergarten gebracht sowie dort wieder abgeholt wird, kann sie ihren neuen Partner bitten, dies zu erledigen. Ist der Kindesvater dagegen, ist dies ohne Belang.
 
 
 

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 08.01.2020 – 20 UF 169/19

Thema: Familienrecht

Auskunftsanspruch durch Vorsorgevollmacht: Kein Anrecht auf Einsicht in Krankenunterlagen, wenn zu Lebzeiten widersprochen wurde

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hatte sich im Folgenden mit der Frage zu beschäftigen, ob der Mutter einer Verstorbenen ein Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen zusteht, wenn dieser Umstand Teil einer entsprechenden Vorsorgevollmacht war.

Die Tochter hatte noch zu Lebzeiten eine notarielle Vorsorgevollmacht erstellt. Darin war auch geregelt, dass der Mutter das Recht zustünde, Krankenunterlagen einzusehen. Gleichzeitig hatte die Tochter die zukünftig behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Die Vollmacht sollte auch über den Tod der Tochter hinaus gelten. Mehrere Jahre nach der Erstellung der Vollmacht verstarb die Tochter. Der behandelnde Arzt verweigerte die Herausgabe von Behandlungsunterlagen jedoch mit der Begründung, seine Patientin habe ihm untersagt, Informationen weiterzugeben, die das Verhältnis der Patientin zu ihrer Familie – insbesondere zur Mutter – betrafen. Insoweit unterliege er einer Schweigepflicht, die vor der erteilten Vorsorgevollmacht Vorrang habe.

Dieser Ansicht ist im Ergebnis auch das OLG gefolgt. Bereits das vorinstanzliche Landgericht hatte in seiner Entscheidung begründet, dass es für ein Einsichtsrecht weder auf die Erbenstellung noch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ankomme. Vielmehr komme es allein auf den gesetzlichen Wertungsmaßstab des § 630g Abs. 3 Satz 3 BGB an. Danach kann ein Auskunftsanspruch nicht gegen den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen des Verstorbenen geltend gemacht werden.

Hinweis: Grundsätzlich haben Patienten ein Recht auf Einsicht in ihre vollständige Patientenakte. Im Fall des Todes des Patienten steht dieses Recht zur Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Interessen den Erben zu.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.08.2019 – 7 U 238/18

Thema: Erbrecht

Jüdischer Kunstsammler: Ergänzende Testamentsauslegung kann Enterbung durch geschichtliche Umstände revidieren

Zwischen dem Zeitpunkt, in dem eine letzwillige Verfügung errichtet wurde, und dem Erbfall können mehrere Jahre vergehen und sich die Umstände entscheidend ändern. Daher wird durch die ergänzende Testamentsauslegung ermittelt, was nach der Willensrichtung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als von ihm gewollt anzusehen sein würde, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte. Dass dieser Umstand bei jüdischen Erblassern zur Zeit des Nationalsozialismus eine besondere Brisanz beinhaltet, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Ein jüdischer Kunstsammler errichtete im Mai 1939 ein Testament, in dem er seinen damals in Breslau wohnhaften Neffen zum Alleinerben bestimmte. Im Juli 1939 ergänzte er sein Testament um folgenden Zusatz: „Da mein Neffe nach New York ausgewandert ist, bestimme ich zu meinem Alleinerben meine Schwester. Sollte diese nicht mehr am Leben sein, so soll mein Vermögen an die J. Gemeinde übergehen zur Unterstützung hilfsbedürftiger Juden.“ Die Schwester verstarb jedoch im November 1939, der Erblasser selbst im Juli 1940. Sein von ihm bestimmter jüdischer Testamentsvollstrecker wurde festgenommen und in ein Internierungslager verschleppt. Das Nachlassgericht bestimmte daraufhin einen Nachlasspfleger, der im Mai 1941 eine Einverständniserklärung abgab, wonach die Kunstgegenstände als Stiftung in das Eigentum des Badischen Staats übergehen sollten. Die Nachkommen des zwischenzeitlich in New York verstorbenen Neffen machten 2017 im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Rückgabe der Kunstsammlung an die rechtmäßigen Erben geltend, dass der Nachtrag zum Testament nichtig sei. Denn dieser Nachtrag beruhe darauf, dass es unter den Nationalsozialisten für den Neffen von den USA aus unmöglich gewesen sei, den Besitz der Erbschaft zu erlangen. Daher seien sie als Nachkommen die rechtmäßigen Erben.

Das OLG gab den Nachkommen Recht. Es ging davon aus, dass der Neffe Erbe seines Onkels wurde, da der Nachtrag von Juli 1939 von der Vorstellung geleitet war, dass der Neffe wegen der weitgehenden rechtlichen Diskriminierung von Juden im Jahr 1939 nach seiner Emigration nicht in den Genuss der Erbschaft kommen könne. Im Wege der ergänzenden Auslegung kam das Gericht daher zu dem Schluss, dass der Erblasser den Nachtrag nicht verfasst hätte, wenn ihm klar gewesen wäre, dass diese diskriminierenden Regelungen wenige Jahre nach seinem Tod durch den Zusammenbruch des NS-Regimes hinfällig wurden. Dass die Erbeinsetzung seines Neffen für diesen Fall dem Willen des Erblassers entspricht, ergibt sich aus der Begründung des Nachtrags mit der Auswanderung seines Neffen nach New York.

Hinweis: Dieser besondere Fall zeigt, dass eine ergänzende Testamentsauslegung auch bei klaren Formulierungen im Testament zu einer Berichtigung der Erbfolge führen kann, wenn sich aus den damaligen Umständen ein gegenteiliger Erblasserwille ergibt. Für eine ergänzende Testamentsauslegung ist erforderlich, dass die letztwillige Verfügung des Erblassers eine ungewollte Regelungslücke aufweist. Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter, tatsächlich eingetretener Fall vom Erblasser nicht bedacht und deshalb nicht geregelt wurde, aber geregelt worden wäre, wenn der Erblasser ihn hätte bedenken können.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 30.09.2019 – 11 W 114/17 (Wx)

Thema: Erbrecht

Angemessener Kindesunterhalt: Internatskosten sind nur anrechenbar, wenn andere Schulmaßnahmen nicht erfolgsversprechend sind

Lebt ein minderjähriges Kind nach der Trennung der Eltern bei einem Elternteil, leistet dieser den Naturalunterhalt, während der andere den Barunterhalt zu zahlen hat. Im Regelfall stellt sich nicht die Frage, was mit Schulkosten ist, da der Besuch der staatlichen Schulen kostenfrei erfolgt. Dass dies anders aussieht, wenn ein Kind auf ein Internat geht, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG).

Nach der Trennung lebte die Tochter letztlich beim Vater, dem auch das Sorgerecht für die Bereiche Aufenthaltsbestimmungsrecht und schulische Angelegenheiten zugesprochen wurde. Das Kind leidet unter einer Lese-Rechtschreibschwäche, einer Rechenschwäche und einer kombinierten Störung seiner schulischer Fertigkeiten. Der Vater entschied sich daher, die Tochter in ein Internat zu schicken, und verlangte von der Mutter, dass diese neben dem regulären Unterhalt die Internatskosten zur Hälfte zu tragen habe. Die Mutter weigerte sich, sich an den Internatskosten zu beteiligen – und das OLG gab ihr hierbei Recht.

Zum angemessenen Unterhalt, den die Mutter zahlen muss, kann auch Schuldgeld zu zählen sein, weil zum Unterhalt auch die Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf gehören. Internatskosten sind vor diesem Hintergrund aber nur dann zu übernehmen, wenn sie als berechtigte Kosten anzuerkennen und angemessen sind. Und dies ist nur dann der Fall, wenn eine kostengünstigere Beschulung in einer staatlichen Schule nicht denselben Erfolg verspricht. Ungeachtet der besonderen Situation im vorliegenden Fall konnte dieser Umstand für die Tochter nicht nachgewiesen werden, weshalb der Vater die Kosten allein zu tragen hat.

Hinweis: Internatskosten sind also nur ganz ausnahmsweise zusätzlich zum Unterhalt zu bezahlen, wenn andere schulische Maßnahmen nicht mehr als erfolgsversprechend anzusehen sind.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.05.2019 – 20 UF 105/18

Thema: Familienrecht

Abgasskandal I: OLG Karlsruhe nimmt sittenwidrige Schädigung durch die VW AG an

Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) musste sich mit der Frage befassen, ob die VW AG durch Managemententscheidungen zur Softwaremanipulation Schadensersatz zu leisten habe.

Das behauptete zumindest eine Käuferin eines Skoda. Sie verlangte die Feststellung, dass die VW AG aufgrund der Softwaremanipulation zum Schadensersatz verpflichtet sei. Dazu hatte sie in dem gerichtlichen Verfahren vorgetragen, dass die Leitungsebene der VW AG zum Zwecke der Kostensenkung und Gewinnmaximierung die Strategieentscheidung getroffen habe, die EG-Typengenehmigung für alle mit der Motorsteuerungssoftware ausgestatteten Kfz ihrer Konzerngesellschaften von den dafür zuständigen Erteilungsbehörden zu erschleichen.

Diese Behauptung legte das OLG seiner Entscheidung zugrunde, da diese von der VW AG nur mit der Einschränkung bestritten wurde, dass nach dem aktuellen Ermittlungsstand der nicht näher erläuterten internen Ermittlungen keine Erkenntnisse über eine Beteiligung oder Kenntnis von Vorstandsmitgliedern vorlägen. Ein derart eingeschränktes Bestreiten ist prozessual nicht zulässig, nachdem seit Bekanntwerden des Abgasskandals mittlerweile mehr als dreieinhalb Jahre vergangen sind.

Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben nicht als verwerflich zu beurteilen. Zur Sittenwidrigkeit der Entscheidung der VW AG führen allerdings

  • die Tragweite der Entscheidung über den Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wird,
  • die Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in den Volkswagenkonzern und in den ordnungsgemäßen Ablauf des Genehmigungsverfahrens sowie
  • die in Kauf genommenen erheblichen Folgen für die Käufer in Form der drohenden Stilllegung der erworbenen Fahrzeuge.

Durch dieses vorsätzliche und sittenwidrige Vorgehen ist der Klägerin ein Schaden entstanden, der im Abschluss des Kaufvertrags an sich liegt.

Hinweis: Die Entscheidung des OLG kann (leider) nicht als Grundsatzentscheidung angesehen werden, da sie allein auf der nicht ausreichend belegten Behauptung der VW AG im Prozess beruht.

Quelle: OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.07.2019 – 17 U 160/18

Thema: Verkehrsrecht

Überlassene Eigentumswohnung: Kein Anspruch auf Nutzungsentgelt nach trennungsbedingtem Auszug aus der Wohnung der Schwiegereltern

Verlässt ein Ehegatte anlässlich der Trennung die Ehewohnung, kann er vom anderen für die vollständige Überlassung eine Nutzungsentschädigung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Was das praktisch bedeutet, beschäftigte im Folgenden das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).


Zunächst einmal zur Ausgangslage, wann unter Billigkeitsgesichtspunkten der Anspruch besteht: Die kinderlosen Ehegatten trennen sich, einer zieht aus der Ehewohnung aus. Die Wohnung gehört beiden je hälftig und ist schuldenfrei, beide verdienen gleich viel, weshalb kein Unterhalt zu zahlen ist. Unter diesen Gegebenheiten kann der ausgezogene Ehegatte vom verbliebenen 500 EUR pro Monat verlangen, wenn sich die Wohnung am Markt für eine Kaltmiete von 1.000 EUR vermieten ließe.

Im Fall des OLG war die Lage jedoch anders. Die Wohnung gehörte den Eltern des Mannes und war ihm und seiner Familie kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Im Zuge der Trennung zog die Frau mit der gemeinsamen Tochter aus und wollte nun eine Nutzungsentschädigung vom Mann, der weiterhin in der Wohnung lebte. Das OLG wies den Antrag jedoch zurück.

Wenn Ehegatten nicht die Eigentümer, sondern Mieter der Ehewohnung sind und der in der Wohnung verbleibende Ehegatte die gesamte Miete nebst Nebenkosten zahlt, entsteht dem ausgezogenen Ehegatten kein Schaden. Wenn die Schwiegereltern nach der Trennung dem eigenen Kind die ihnen gehörende Wohnung kostenfrei überlassen, beruht dies auf dem Verwandtschaftsverhältnis. In beiden Konstellationen sei es dem OLG zufolge unbillig, dem ausgezogenen Ehegatten einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung zuzusprechen.

Hinweis: Für Fälle, in denen die Ehegatten nicht Eigentümer der Ehewohnung sind, sondern nur ein anderweitiges Nutzungsrecht daran haben, ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung damit nicht immer automatisch ausgeschlossen. Es bedarf dann jedoch einer individuellen Prüfung der jeweiligen Konstellation, wofür stets fachkundiger Rat zu empfehlen ist.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.01.2019 – 20 UF 141/18

Thema: Familienrecht