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Schlagwort: OLG Koblenz

Haftungsdetail nach Kollision: Das Förderband einer automatisierten Waschstraße setzt ein Auto „außer Betrieb“

Der Waschstraßenunfall – ein Klassiker, der immer wieder neue Fragen aufwirft, so zum Beispiel, ob sich ein Kraftfahrzeug, das ohne eigene Motorkraft auf einem Förderband durch eine automatische Waschanlage gezogen wird, im Rechtssinn „in Betrieb“ befindet oder nicht. Der Umstand, ob bei diesem Vorgang die Fortbewegungs- und die Transportfunktionen des Fahrzeugs gefragt sind, gab den Ausschlag für das folgende Urteil zur Haftungsfrage durch das Oberlandesgericht Koblenz (OLG).

Im konkreten Fall befand sich das Fahrzeug des Geschädigten auf dem Förderband einer automatisierten Waschstraße hinter dem Fahrzeug der vermeintlich Unfallverursachenden, die auch selbst am Steuer saß. Auf einem solchen Förderband werden die Fahrzeuge bei ausgeschaltetem Motor mithilfe von Rollen durch die Waschstraße gezogen. Eine der Rollen zog hier kurz vor dem Ende der Waschstraße unter dem Hinterrad des ihm vorausliegenden Fahrzeugs durch, woraufhin das Fahrzeug nicht mehr vorwärts gezogen wurde. Daraufhin bremste der Geschädigte sein Fahrzeug, das zu diesem Zeitpunkt unter der Gebläsetrocknung stand, bis zum Stillstand ab – er habe durch das Bremsen eine Kollision vermeiden wollen. Allerdings habe sich infolge des Bremsvorgangs die Gebläsetrocknung der Waschstraße auf das Heck seines Fahrzeugs gedrückt und dieses beschädigt.

Das OLG hat einen Schadensersatzanspruch des Geschädigten verneint. Der Senat stellte dabei klar, dass die Beklagte – die Voraus“fahrende“ – nicht nach § 7 StVG haftet. Diese Vorschrift verpflichtet den Halter des Fahrzeugs, den Schaden zu ersetzen, der beim Betrieb des Kraftfahrzeugs entsteht. Ein Kraftfahrzeug sei jedoch nicht „in Betrieb“, wenn es ohne eigene Motorkraft auf dem Förderband durch eine automatische Waschanlage gezogen werde. Weder die Fortbewegungs- noch die Transportfunktion des Fahrzeugs kämen bei diesem Vorgang zum Tragen. Die besonderen Gefahren, die mit dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs verbunden sind (z.B. Geschwindigkeit und Gewicht), seien in diesem Moment ohne Relevanz. Das Fahrzeug sei vielmehr vollständig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße abhängig. Da dem Kläger auch nicht der Nachweis gelungen war, dass die Beklagte die Störung im Transportvorgang selbst verschuldete – beispielsweise durch ein Abbremsen ihres Autos -, scheide auch insoweit deren Haftung aus.

Hinweis: Bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ist ein Schaden entstanden, wenn die Fahrweise oder eine von dem Betrieb dieses Fahrzeugs typischerweise ausgehende Gefahr zu dem Entstehen des Unfalls ursächlich beigetragen hat. Dies war hier nicht gegeben, wie das OLG zutreffend feststellte.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 05.08.2019 – 12 U 57/19

Thema: Verkehrsrecht

Definitionsfrage: Wird ein Mietwagen als deklarierter Werkswagen verkauft, darf vom Kaufvertrag zurückgetreten werden

Unter den Begriff „Werkswagen“ fallen nur Fahrzeuge, die vom Hersteller zu betrieblichen Zwecken genutzt oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft und dann wiederverkauft werden – nicht aber Fahrzeuge, die als Mietwagen genutzt wurden. Was passiert, wenn der Käufer über die Mietwageneigenschaft nicht aufgeklärt wurde, zeigt das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG).


Ein Autohaus kaufte unter anderem Gebrauchtwagen, die zuvor von einer internationalen Autovermietung als Mietwagen genutzt wurden. Ein solches Auto erwarben die Käufer, wobei das Fahrzeug im Kaufvertrag ausdrücklich als „Werkswagen“ der betreffenden Fahrzeugherstellerin bezeichnet wurde. Nach der Unterzeichnung des Kaufvertrags erhielten die Käufer die Fahrzeugpapiere, in denen ein international tätiges Mietwagenunternehmen als vorherige Halterin ausgewiesen war. Hierauf ließen die Käufer den Wagen vor Ort stehen und nahmen das Autohaus auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch. Sie waren der Auffassung, das Fahrzeug sei mangelhaft, weil es sich nicht um einen „Werkswagen“ handele.

Während das erstinstanzliche Landgericht die Klage abgewiesen hatte, verurteilte das OLG  das Autohaus zur Rückabwicklung des Kaufvertrags. Der Senat sah es als maßgeblich an, dass beim Autokauf der Begriff „Werkswagen“ allgemein so zu verstehen ist, dass das Fahrzeug entweder im Werk zu betrieblichen Zwecken genutzt wurde oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft, eine gewisse Zeit genutzt und dann auf dem freien Markt wiederverkauft wird. Eine Nutzung als Mietwagen werde hingegen üblicherweise nicht mit dem Begriff „Werkswagen“ verbunden. Dass die betreffende Fahrzeugherstellerin und das Autohaus den Begriff „Werkswagen“ intern möglicherweise weiter fassen, sei dabei unerheblich.

Hinweis: Für die Auslegung des Vertragsinhalts kommt es grundsätzlich darauf an, wie der Vertragspartner – hier die Käufer – diesen nach dem üblichen Sprachgebrauch im Automobilhandel verstehen durfte. Den Beweis dafür, dass die Käufer über die vorherige Nutzung als Mietwagen aufgeklärt wurden und sie daher ausnahmsweise den Begriff „Werkswagen“ ebenso weit gefasst verstanden hätten wie das Autohaus, konnte vom Autohaus nicht erbracht werden.

Quelle: OLG Koblenz, Urt. v. 25.07.2019 – 6 U 80/19

Thema: Verkehrsrecht

Unwirksame Reiseempfehlung: Trinkgeldklauseln bedürfen einer gesonderten, ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers

Dass „Wer schreibt, der bleibt“ besonders in Rechtssachen ein oft zweischneidiges Schwert ist, musste ein Reiseveranstalter lernen. Denn nach einer Verbraucherschutzorganisation las dessen Prospekt auch das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) und kam für das Unternehmen zu keinem positiven Urteil.

Bei dem Reiseunternehmer einer Kreuzfahrt stand Folgendes im Reiseprospekt: „Trinkgeldempfehlung: Sie sind sicher gerne bereit, die Leistung der Servicecrew durch Trinkgeld zu honorieren. Hierfür wird auf Ihrem Bordkonto ein Betrag i.H.v. 10,- pro Person/Nacht an Bord gebucht, die Sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen können.“ Eine Verbraucherschutzorganisation klagte erfolgreich gegen diese Praxis.

Laut OLG hat es der Reiseveranstalter zu unterlassen, die Klausel bei der Abwicklung von Reiseverträgen mit Verbrauchern zu verwenden, soweit die Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung vom Verbraucher nicht gesondert bestätigt worden ist. Die Klausel war somit unwirksam, da die Buchung eines Trinkgeldes auf dem Bordkonto des Kunden ohne eine ausdrückliche Vereinbarung unzulässig ist. Es bedarf hierzu einer ausdrücklichen Zustimmung durch den Verbraucher.

Hinweis: Ein Blick in das Kleingedruckte eines Reisevertrags ist stets sinnvoll. Vielleicht finden sich dort noch andere Überraschungen, mit denen Reisende nicht einverstanden sind. An was Reisende stets denken sollten: Mängel müssen vor Ort unverzüglich gerügt werden!

Quelle: OLG Koblenz, Urt. v. 14.06.2019 – 2 U 1260/17

Thema: Sonstiges

Öffentliche Gefahrenabwehrordnung: Spaziergänger, die sich bei der Abwehr eines unangeleinten Hunds verletzen, erhalten Schadensersatz

Ob selbst Hundebesitzer oder nicht: Wenn ein (großer) Hund auf eine Person zustürmt, haben die Betroffenen meist ein mulmiges Gefühl im Magen. Was will der Hund? In aller Regel wird nichts passieren, aber wenn doch? Diese Frage hat das Oberlandesgerichts Koblenz (OLG) nun geklärt.

Ein Mann joggte mit seiner angeleinten Hündin im Wald. Dann traf er auf ein Ehepaar, das ebenfalls mit ihrem Hund spazieren ging. Deren Hund war aber nicht angeleint, obwohl nach einer öffentlichen Gefahrenabwehrordnung eine Anleinpflicht bestand. Der Jogger versuchte, den Hund des Ehepaars mit einem Ast von sich fernzuhalten, rutschte dabei aus und zog sich den Riss einer Beinsehne zu, woraufhin er operiert werden musste. Dafür wollte er dann auch Schadensersatz erhalten. Doch die Beklagten wandten ein, ihr Hund hatte lediglich mit dem vom Jogger mitgeführten Hund spielen wollen. Daher träfe den Kläger durch seine unangemessene Gegenwehr eine Mitschuld an seinen Verletzungen.

Doch die Richter OLG stellten sich – wie bereits die Vorinstanz – auf die Seite des Verletzten. Angesichts der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens muss der Abwehrende zuvor nicht analysieren und bewerten, ob das Verhalten des Tiers auf eine konkrete Gefahr schließen lässt. Daher müssen Hundehalter, die gegen die örtliche Gefahrenabwehrverordnung verstoßen, auch für sämtliche Folgeschäden ihres Fehlverhaltens haften.

Hinweis: Nähert sich also ein nicht angeleinter Hund, den der Hundehalter nicht (mehr) unter Kontrolle zu haben scheint, dürfen entsprechende Abwehrmaßnahmen ergriffen werden.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 18.10.2018 – 1 U 599/18

Thema: Sonstiges

Berücksichtigung von Sachunterhalt: Eine mietfreie Wohnungsgewährung wird als bereits geleisteter Unterhalt vom Barunterhalt abgezogen

Üblicherweise wird Unterhalt nur in Form von Geld geleistet – durch den sogenannten Barunterhalt. Jedoch gibt es auch die Möglichkeit des Naturalunterhalts. Wie eine solche Sachleistung dann auf den gesamten Unterhalt angerechnet wird, war eine Frage, die das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu beantworten hatte.

Auch hier fing alles an wie immer, wenn es um Unterhalt geht: Zwei Ehegatten trennten sich. Nicht wie üblich war die Konstellation, wer wem Unterhalt schuldete. Denn hier war es die Frau, die mehr verdiente. Der Mann bezog nämlich nur 1.000 EUR  vom Arbeitsamt und wohnte in einer Wohnung, deren Alleineigentümerin wiederum seine Frau war (Wohnwert 400 EUR). Diese verdiente 2.000 EUR. Das Gericht wurde nun mit der Aufgabe befasst, ob und wie viel die Frau ihrem Mann überhaupt noch an Unterhalt schuldete.

Das OLG ging einen auf den ersten Blick komplizierten, dafür aber gerechten Weg. Basis dafür bildet die Tatsache, dass sich beide Beteiligten darauf geeinigt hatten, dass der Mann in der Wohnung verbleiben dürfe. Diese Wohnung könnte die Frau für 400 EUR vermieten. Und das Gericht behandelte sie dann auch so, als würde sie dies tun. Mit ihren Einkünften und der Mieteinnahme verfügte die Frau nunmehr (hypothetisch) über 2.400 EUR. Und nun muss gerechnet werden: Nach geltenden Halbteilungsgrundsatz zieht das Gericht hier davon die 1.000 EUR des Mannes ab (= 1.400 EUR) und legt die Hälfte (= 700 EUR) als geltenden Unterhalt fest. Aber: Da die 400 EUR Mieteinnahme ja aber nicht real fließen, sondern von der Frau gar nicht erst verlangt worden waren, werden diese 400 EUR schließlich als bereits geleisteter Unterhalt abgezogen. Und wer richtig mitgerechnet hat, weiß: Es verblieben nunmehr noch 300 EUR, die die Frau ihrem Mann an Unterhalt zu zahlen hat. Eigentlich doch recht einfach, oder?

Hinweis: Faktisch sind solche Situationen in der Praxis selten, denn leider zeigen sich Expartner regelmäßig alles andere als generös. Umso wichtiger ist es aber, dann den differenzierten und sauberen Lösungsweg zu kennen. Sonst ergeben sich merkwürdige Ergebnisse. Zu sehen ist auch: Wenn im hier besprochenen Fall die Frau auch die Verbrauchskosten betreffend die Wohnung zahlt, zahlt sie Kosten, die der Mann aus dem Unterhalt zu bestreiten hat. Diese sind dann von dem als Unterhalt geschuldeten Betrag, also hier 300 EUR, in Abzug zu bringen. Zahlt die Frau also zum Beispiel noch den Ölverbrauch mit monatlich 50 EUR, hat sie demnach noch 250 EUR Restunterhalt zu zahlen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 16.05.2018 – 13 UF 99/18

Thema: Familienrecht

Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten: Der Erbe hat an der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses aktiv mitzuwirken

Zur wirksamen Durchsetzung seiner Ansprüche ist der Pflichtteilsberechtigte darauf angewiesen, den Wert des Nachlasses zu kennen. Daher stehen ihm auch Auskunftsansprüche gegen den Erben zu. Wie genau diese Ansprüche jedoch zu erfüllen sind, ist häufig ein Streitthema zwischen den Beteiligten.

 

Ein Sohn verlangte nach dem Tod seiner Mutter seinen Pflichtteil von ihrem zweiten Ehemann und Erben. Der Ehemann erteilte dem Sohn daraufhin mithilfe eines notariellen Nachlassverzeichnisses Auskunft über den Wert des Nachlasses. Dieses Verzeichnis erschien dem Sohn jedoch unvollständig, da er der Ansicht war, dass es weniger Vermögen auswies, als zu erwarten war. Er führte auch an, dass der zuständige Notar keine eigenen Nachforschungen betrieben hatte und zum Beispiel nicht die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre eingesehen und berücksichtigt hatte.

Das Gericht gab dem Sohn der Erblasserin Recht und entschied, dass das vorgelegte Nachlassverzeichnis nicht ausreichend war. Doch der Maßstab für die Beurteilung, ob die Auskunft vollständig gegeben wurde, wird nicht nur durch die Pflichten bestimmt, die den Notar bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses treffen, sondern richtet sich vor allem nach dem Kenntnisstand und den Erkenntnismöglichkeiten des Erben. Sonst wäre es dem Erben möglich, seine Auskunftspflichten gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten einzuschränken, indem er dem Notar unvollständige Auskunft gibt. Dem Ehemann ist aufgrund seiner Stellung als Erbe die eigenständige Einholung von Kontoauszügen möglich und im Rahmen der Auskunftserteilung auch zumutbar, denn er hat sich das zur Auskunftserteilung erforderliche Wissen zu verschaffen und an der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses aktiv mitzuwirken.

Hinweis: Ein notarielles Verzeichnis soll dem Pflichtteilsberechtigten einen höheren Grad an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als die Privatauskunft des Erben. Der Notar muss dabei eine eigene Bestandsaufnahme machen und nicht nur die Erklärungen des Erben aufnehmen. So haben bereits mehrere Gerichte entschieden, dass der Notar zum Beispiel die Kontoauszüge der letzten zehn Jahre auswerten oder Grundbuchauszüge einholen muss.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 30.04.2018 – 1 W 65/18

Thema: Erbrecht

Zugriff aufs Baukonto: Wechselseitige Kontovollmachten berechtigen nicht zu grenzenloser Selbstbedienung

Ehegatten räumen sich oft eine wechselseitige Kontovollmacht ein. Das ist meist sinnvoll, da im Fall einer plötzlichen Verhinderung eines Ehegatten der andere dann dennoch problemlos handeln kann. Doch auch bei sinnvollen Entscheidungen können sich bekanntermaßen Schwierigkeiten ergeben. Mit solchen hatte sich das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu befassen.


Zwei Ehegatten wollten bauen. Auf ein im Namen der Frau geführtes Konto wurden Darlehensleistungen der Bank für den Erwerb des Grundstücks und weitere damit verbundene Ausgaben überwiesen. Der Mann hatte Vollmacht für dieses „Baukonto“. 40.000 EUR überwies er von diesem Baukonto auf ein von ihm in seinem Namen geführtes Konto. Als sich später die Ehegatten trennten, verlangte die Frau die Erstattung dieses Betrags.

Nach außen – das heißt im Verhältnis zur Bank – war der Mann durchaus befugt, die Überweisung vorzunehmen. Die Frau hatte ihm schließlich die Vollmacht über ihr Konto eingeräumt. Der Bank selber war also kein Vorwurf zu machen. Im Innenverhältnis – also im Verhältnis der Ehegatten zueinander – bedeutet eine Vollmachtserteilung wie die vorliegende üblicherweise, dass der Bevollmächtigte Überweisungen tätigen darf, die sich auf die allgemeinen Lebenshaltungskosten beziehen. Dies gilt, solange die Ehegatten nicht getrennt leben. Mit der Trennung endet auch ohne ausdrückliche Erklärung die Befugnis, über das Konto des anderen Ehegatten zu verfügen. Aber auch in der Zeit des intakten Ehelebens besteht die Vollmacht nur eingeschränkt. So darf die Vollmacht bezüglich eines Baukontos auch nur für Baukosten eingesetzt werden. Sollen andere Kosten bestritten werden, ist dies vorher abzustimmen. Andernfalls ist der Betrag zu erstatten. Und genau darauf entschied das OLG in diesem Fall.

Hinweis: Vollmachten unter Ehegatten sind normal und vernünftig. Ob dies die Notwendigkeit von Kontrollen in der intakten Ehezeit entbehrlich macht, ist zweifelhaft. In jedem Fall ist es aber angebracht, nach Trennung auch ausdrücklich etwa erteilte Vollmachten zu widerrufen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 31.05.2017 – 13 WF 435/17

 Thema: Familienrecht

Die geschiedene Einbauküche: Bei Trennung entscheidet auch die Art der Küche über deren weiteren Verbleib

In den harmonischen Zeiten einer Ehe stellen sich viele Fragen nicht, die anlässlich Trennung und Scheidung plötzlich existentiell werden können. Solche Probleme sind dann Gegenstand heftiger juristischer Auseinandersetzungen. Was mit der Küche geschehen soll, ist eine der Fragen.

Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) musste in einem Streit um die Küche entscheiden. Der Mann hatte eine Einbauküche mit in die Ehe gebracht und im ihm allein gehörenden Haus eingebaut. Bei der Trennung nahm die Frau die Küche mit, verkaufte einen Teil und nutzte das Restmobiliar in der Folge selber. Dann jedoch verlangte der Mann Auskunft über den Verbleib „seiner“ Küche sowie die Herausgabe der noch bei der Frau vorhandenen Teile – und natürlich auch des Geldes, das sie durch den Verkauf der anderen Teile erlöst hatte. Das OLG gab seinen Anträgen statt.

Da der Mann die Küche vor der Ehe kaufte, war es seine Küche – es stellte sich also nicht die Frage, ob es sich um eine den Ehegatten gemeinsam gehörende Küche handelte. Zwar kann nach Trennung jeder Ehegatte aus dem gemeinsamen Haushalt die Gegenstände für sich reklamieren, die er für seinen nun abgesonderten Haushalt benötigt. Nötig ist im neuen Haushalt im Zweifel auch eine Küche – aber nicht genau die Küche, die die Ehegatten bisher gemeinsam nutzten. Deshalb stand der Frau nicht das Recht zu, die Küche mitzunehmen. Sie hatte sie deshalb dem Mann zurückzugeben bzw. den Verkaufserlös herauszugeben.

Hinweis: Eine Besonderheit ist bei Einbauküchen zu beachten. Standardeinbauküchen können einigermaßen unproblematisch bei einem Umzug mitgenommen werden. Um eine solche handelte es sich wohl auch im entschiedenen Fall. Ist aber eine Küche so speziell und besonders konstruiert und eingebaut, dass sie nicht mehr aus- und an einem neuen Ort eingebaut werden kann, ist sie mit dem Einbau zu einem wesentlichen Bestandteil des Hauses oder der Wohnung geworden. Damit gehört sie dem Eigentümer des Hauses bzw. der Wohnung. Das gilt dann unabhängig davon, wann sie von welchem Ehegatten gekauft wurde.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 18.01.2017 – 13 UF 477/16

Thema: Familienrecht

Erwachsenwerden mit Umwegen: Schwangerschaft und Studiengangwechsel lassen Elternunterhalt nicht automatisch entfallen

Eltern wünschen sind gesunde Kinder, die „glatt“ durch die Schule laufen, einen Berufsweg einschlagen und diesen dann auch erfolgreich meistern. Die Realität sieht oft anders aus. Inwieweit es Eltern mitzutragen haben, dass die berufliche Laufbahn des Nachwuchses aus zahlreichen Sackgassen und Umleitungen besteht, hatte das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) zu beantworten.

Im Alter von 16,5 Jahren bekam eine junge Frau ein Kind. 18-jährig erlangte sie die dann mittlere Reife, schloss daraufhin die Fachoberschule an, blieb einmal sitzen, wechselte vom sozialen in den künstlerischen Zweig und schaffte schließlich das Fachabitur mit 21 Jahren. Dann wiederholte die junge Frau die 12. Klasse, ohne daraufhin das Abitur Ende der 13. Klasse zu schaffen. Mit ihrem Fachabitur nahm sie das Chemiestudium auf. Nach dem zweiten Fachsemester wechselte sie mit nun 23 Jahren und ohne Prüfungsergebnisse ins Studium des Modedesigns.

Ob der Vater für diese Tochter immer noch Unterhalt zu bezahlen habe, musste nun das OLG beantworten. Dass man den Fall unterschiedlich beurteilen kann, zeigen bereits Kommentare zu der Thematik aus der Fachliteratur. Das OLG befand in diesem Fall, auf eine Unterhaltspflicht des Vaters zu erkennen. Auf die beiden Punkte „Schwangerschaft“ und „Studiengangwechsel“ ging es bei seiner Entscheidung dabei besonders ein. Dass die junge Mutter vorübergehend nach der Geburt des Kindes ihre Schulausbildung unterbrochen hatte bzw. unterbrechen musste, sei ihr lediglich als leichtes Versagen zuzurechnen. Dass sie mit Verzögerungen und Fehlschlägen mühsam und erst auf den beschriebenen Umwegen in ihrem Berufswunsch und auf den Weg dahin „angekommen“ ist, habe der Vater ebenfalls hinzunehmen. Diese Verzögerungen bzw. Umwege haben den Unterhaltsanspruch nicht entfallen lassen.

Hinweis: Das Gericht betont, dass bei der Entscheidung dem Vater vorzuhalten ist, dass er das Verhalten seiner Tochter hingenommen hatte. Er hatte keine Einwände erhoben und sie nicht dazu angehalten, sich wegen der schlechten Noten um eine andere, eher praktische Berufsausbildung zu bemühen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 28.06.2017 – 13 UF 217/17

Thema: Familienrecht

Streckenlänge und Abstandsmaß: Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren ist strengen Voraussetzungen unterworfen

Eine zuverlässige Ermittlung der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs kommt in der Regel nur in Betracht, wenn der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen nicht zu groß ist – was einem Abstand des halben bis max. ganzen Tachowerts entspricht – und die Messstrecke ausreichend lang ist (worunter als Richtwert das Fünffache des Tachowerts, zumindest aber 500 m zu verstehen sind).

Einem Autofahrer wurde vorgeworfen, außerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Geschwindigkeit um 44 km/h überschritten zu haben. Hierbei berücksichtigte die Behörde schon eine Toleranz von 20 %. Die Geschwindigkeitsübertretung wurde durch ein nachfolgendes Polizeifahrzeug ermittelt. Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße von 185 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot.

Das Oberlandesgericht Koblenz hob das Urteil wieder auf und verwies die Angelegenheit an das Amtsgericht zurück. Zwar könne dem amtsgerichtlichen Urteil entnommen werden, dass eine Messstrecke von 1.500 m beachtet wurde. Es sei jedoch aus dem Urteil nicht ersichtlich, welcher Abstand zwischen dem Fahrzeug des Betroffenen und dem Polizeifahrzeug zum Zeitpunkt des Ablesens der Geschwindigkeit von 180 km/h bestand. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen zu Beginn der Nachfahrstrecke ca. 180 m betragen. Der Betroffene hat sein Fahrzeug allerdings stark beschleunigt, so dass er sich trotz maximaler Beschleunigung des Polizeifahrzeugs von diesem stetig absetzen konnte. Als der Betroffene am Ende der 1.500 m langen Strecke abgebremst hat, ist auf dem Polizeifahrzeug eine Geschwindigkeit von 180 km/h abgelesen worden. Um von der Geschwindigkeit eines Fahrzeugs auf die eines anderen schließen zu können, ist aber eine möglichst gleiche Geschwindigkeit beider Fahrzeuge erforderlich. Da sich das Polizeifahrzeug somit zum Zeitpunkt der Messung in einer Beschleunigungsphase befand, während der Wagen des Betroffenen abgebremst wurde, spricht vieles dafür, dass die gemessene Geschwindigkeit des Streifenwagens nicht derjenigen des Betroffenen entsprach.

Hinweis: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Feststellung der Geschwindigkeit eines Kraftfahrzeugs durch Vergleich mit der Geschwindigkeit eines nachfahrenden Polizeifahrzeugs grundsätzlich eine genügende Beweisgrundlage für die Annahme einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit sein kann. Wie die Entscheidung zeigt, ist dies aber nur möglich, wenn bekannt ist, welche Länge die Messstrecke aufwies, welcher Abstand eingehalten wurde und in welchem Maße sich dieser auf der Messstrecke höchstens verringert hat.

OLG Koblenz, Beschl. v. 27.01.2016 – 1 OWi 4 SsBs 1/16

zum Thema: Verkehrsrecht