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Schlagwort: OLG Köln

Dieselskandal: Autohändler muss zur Nachlieferung das Nachfolgemodell zur Verfügung stellen

Viel ist über den Abgas- oder auch Dieselskandal geschrieben und geurteilt worden. Dass dennoch längst nicht alle Fragen geklärt sind, zeigt dieser Fall des Oberlandesgerichts Köln (OLG). Dieses war mit der Beurteilung beauftragt worden, was passiert, wenn ein Autohaus sich weigert, ein Modell der Nachfolgegeneration zu liefern, und stattdessen auf das Softwareupdate verweist.

 

Die Käuferin und spätere Klägerin hatte von dem beklagten Autohaus einen neuen VW Touran der ersten Generation gekauft. Seit 2015 wird nur noch die Folgegeneration des Fahrzeugs hergestellt. Das von der Klägerin erworbene Fahrzeug war mit der von VW als „Umschaltlogik“ bezeichneten Software ausgestattet, die dazu führt, dass das Fahrzeug lediglich im Testmodus die gesetzlichen Abgasvorgaben erfüllt – nicht aber im Betriebsmodus. Die Klägerin hatte das Fahrzeug daher als mangelhaft beanstandet und die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs verlangt.

Das OLG hat das Autohaus auch durchaus zur Lieferung eines konkret spezifizierten Neufahrzeugs der Nachfolgegeneration verpflichtet. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der Anspruch auf Nachlieferung in der Tat möglich ist, obwohl es kein Neufahrzeug der ersten Generation mehr gibt. Der Nachlieferungsanspruch kann durch Lieferung eines Nachfolgemodells erfüllt werden. Allerdings muss die Klägerin das alte Fahrzeug zurückgeben und Wertersatz für dessen Nutzungen zahlen.

Hinweis: Im vorliegenden Fall ging es um Nachlieferung – nicht um Nachbesserung! Dass die Nachlieferung gegenüber der Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates unverhältnismäßig sei, konnte der Senat ebenfalls nicht feststellen. Unverhältnismäßigkeit komme nur in Betracht, wenn das Softwareupdate grundsätzlich zur Mangelbeseitigung geeignet sei. Nach der Installation des Updates besteht nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht mehr die Gefahr der Versagung der Betriebserlaubnis. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Softwareupdate Folgeprobleme verbunden sind. Der Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 02.04.2020 – 18 U 60/19

 Thema: Verkehrsrecht

Schmerzhafter Flugregelverstoß: Wen es im Ausland in die Lüfte zieht, der sollte das jeweils geltende Luftrecht kennen

In Anbetracht der Tatsache, dass Zusammenstöße in der Luft meistens tödlich enden, ist im folgenden Fall wahrlich von Glück im Unglück zu reden. Da Glück aber auch stets Ansichtssache ist, musste das Oberlandesgericht Köln (OLG) hier erneut über die Frage von Schuld, Unschuld und – Sie ahnen es – von Schadensersatzansprüchen befinden.

Einer der beiden beteiligten Männer war in Norditalien mit einem Hängegleiter (Drachen) unterwegs, den anderen zog es an einem Gleitschirm in die Lüfte. Auch sonst herrschte mit mehr als zehn Gleitschirmen in der Luft ein reger Flugbetrieb, als Drachen und Gleitschirm bei schwacher Thermik in 80 Meter Höhe miteinander kollidierten. Der Drache wurde dabei auf den Rücken gedreht, der Pilot fiel von oben in das Segel und stürzte ab. Trotz der Höhe zog er sich lediglich Prellungen und eine Stauchung des linken Handgelenks zu. Der andere Pilot konnte seinen Rettungsschirm öffnen und blieb unverletzt. Nun meinte der verletzte Pilot, dass er an dem Unfall keine Schuld trage, und forderte Schmerzensgeld sowie Schadensersatz von insgesamt rund 6.500 EUR.

Doch Geld bekam er keins. Die deutschen Gerichte haben bei ihrer Entscheidung zwar Anspruchsgrundlagen des deutschen Rechts anzuwenden, hier musste das OLG aber auch die Sicherheits- und Verhaltensregeln nach italienischem Luftrecht berücksichtigen. Danach genießen jene nichtmotorisierten Fluggeräte das Vorflugrecht, die in einem thermischen Aufwind in einer kreisförmig nach oben steigenden Drehung fliegen – andere nichtmotorisierte Fluggeräte müssen ausweichen. Dabei gibt derjenige den Drehsinn vor, der sich als Erster in dem thermischen Aufwind befindet. Außerdem gilt neben der allgemeinen Sichtflugregelung, wonach fortgesetzter Blickkontakt mit möglichen anderen Formen des Luftverkehrs erforderlich ist, auch ein Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme. Und hier hatte in den Augen der OLG-Richter tatsächlich der verletzte Pilot gegen die Flugregeln verstoßen – und nicht dessen Unfallgegner.

Hinweis: Das Gericht war bei der notwendigen Einarbeitung in italienisches Recht sicherlich nicht zu beneiden. Doch das gehört für viele Familienrichter zum Berufsalltag. Denn besonders Scheidungen werden auch häufig nach ausländischem Recht beurteilt.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 27.03.2020 – 1 U 95/19

Thema: Sonstiges

Mithaftung aus der Betriebsgefahr: Autofahrer muss trotz alkoholbedingter Ausfallerscheinung eines Fußgängers zahlen

Wenn hierzulande ein Gericht über einen Verkehrsunfall mit einem betrunkenen Bären zu urteilen hat, handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um das Oberlandesgericht Köln (OLG) und das Thema Karneval. Und dass dieses versiert mit solchen Fällen umzugehen weiß, lesen Sie hier.

Der aus dem Rhein-Sieg Kreis stammende Geschädigte war in der Nacht nach Rosenmontag zu Fuß auf dem Weg nach Hause. Er trug ein in dunklem Braun gehaltenes Ganzkörperkostüm als Bär. Er ging entlang einer Bundesstraße, an deren Seite sich ein Fuß- und Radweg befindet. Auf der unbeleuchteten Strecke war eine Geschwindigkeit von 70 km/h zulässig. Wann und wie der mit rund 1,5 ‰ alkoholisierte Fußgänger auf die Fahrbahn der Bundesstraße geriet, konnte nicht geklärt werden. Fakt aber war: Als er von einem Opel Corsa erfasst wurde, befand er sich nicht am Straßenrand, sondern auf der linken Hälfte der Fahrspur.

Das OLG weist in seinem Beschluss darauf hin, dass den Autofahrer durchaus eine Mithaftung aus der Betriebsgefahr von 25 % trifft, den Hauptteil aber der „Bär“ zu tragen habe. Zur Begründung führt der Senat aus, dass dem Fußgänger ein ganz erheblicher Sorgfaltspflichtverstoß zur Last falle, da er sich nachts mitten auf der Fahrbahn befunden habe – doch sei diese enorme Sorglosigkeit als alkoholbedingte Ausfallerscheinung einzuordnen. Obwohl der Fußgänger für die Entstehung des Schadens maßgebliche Ursachen damit grob fahrlässig selbst herbeigeführt habe, habe sich auch die mit einem Kfz verbundene sogenannte „Betriebsgefahr“ in geradezu klassischer Weise verwirklicht. Auch gegenüber einem sich grob fahrlässig verhaltenden Fußgänger hafte ein Autofahrer, wenn er sich selbst nicht wie ein „Idealfahrer“ verhalte. Angesichts der Verkehrssituation, die bei Nacht und Feuchtigkeit besondere Aufmerksamkeit des Fahrers erfordert, sei eine Mithaftung in Höhe von 25 % angemessen – zumal alkoholisierte Fußgänger an Karneval nicht unwahrscheinlich sind.

Hinweis: Ein Mithaftung aus der Betriebsgefahr scheidet nur dann aus, wenn der Unfall für den Pkw-Fahrer unvermeidbar war. So ist beispielsweise das Brandenburgische Oberlandesgericht (Beschluss vom 03.01.2019 – 12 U 133/18) von einer Alleinhaftung einer 15-jährigen Fußgängerin ausgegangen, die durch die Bedienung Ihres Handys abgelenkt unvermittelt – und ohne auf den herannahenden Verkehr zu achten – auf die Straße trat und von einem herannahenden Bus erfasst wurde.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 06.03.2020 – 11 U 274/19

Thema: Verkehrsrecht

Schaden bei Hilfeleistung: Wer bei Hilfe für Dritte ein unverhältnismäßiges Risiko eingeht, kann Schadensersatzansprüche verlieren

In den Augen vieler gibt es heutzutage zu wenige Menschen, die eigeninitiativ anpacken, statt nach Verantwortlichkeiten anderer zu fragen. Dass man bei aller Tatkraft aber den eigenen Einsatz mit dem Risiko, das diesem entgegensteht, abwägen sollte, musste eine 70-Jährige vom Oberlandesgericht Köln (OLG) lernen.

Die Frau war bei ihrer Tochter zu Besuch, als hinter deren Grundstück ein Bach überzulaufen drohte, weil Reisig den Bachlauf an einer Stelle verstopft hatte. Als sie bei dem zuständigen Wasserverband niemanden erreichte, versuchte sie selbst, die Verstopfung zu beseitigen. Dabei fiel sie jedoch in den Bach, wobei sie sich Schnittwunden zuzog und ihre Brille verlor. Von dem Wasserverband verlangte die Frau nun Schmerzensgeld und Schadensersatz. Sie stützte ihre Klage dabei auf die sogenannte „Geschäftsführung ohne Auftrag“; sie habe schließlich eine Aufgabe des Wasserverbands übernommen und dabei einen Schaden erlitten.

Das sah das OLG jedoch anders. Nimmt jemand fremde Aufgaben wahr, kann er einen hieraus entstehenden Schaden zumindest in solchen Fällen nicht ersetzt verlangen, in denen das Verhältnis zwischen Anlass und Verhalten dem dabei eingegangenen Risiko unangemessen gegenübersteht.

Hinweis: Es ist also vor einer Hilfeleistung genau zu prüfen, ob diese angemessen zum Risiko steht. Nicht immer einfach, da die Zeit zu überlegen in Notfällen naturgemäß oft nicht vorhanden ist.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 11.02.2020 – 7 U 311/19Carola König

Thema: Sonstiges

Zwei identische Testamente: Zur Aufhebung eines Testaments kann es genügen, eines der Originale zu vernichten

Ein Erblasser kann sein Testament jederzeit widerrufen, beispielsweise durch die Vernichtung der Testamentsurkunde. Ob der Erblasser bei zwei existierenden Originalen beide Testamente vernichten muss, um so einen wirksamen Widerruf vorzunehmen, hatte das Oberlandesgericht Köln (OLG) im folgenden Erbscheinsverfahren zu erklären.

Die Erblasserin hatte zunächst ihren Urenkel und zu einem späteren Zeitpunkt ihre Haushälterin aufgrund eines handschriftlichen Testaments als alleinige Erben eingesetzt. Die Erblasserin verkaufte der Haushälterin zu Lebzeiten auch ihr Hausgrundstück. Als die Haushälterin auf der Grundlage von umfangreichen Vollmachten zudem einen Betrag von 50.000 EUR vom Konto der Erblasserin abhob, ließ sich die Erblasserin von einem Rechtsanwalt bezüglich der Rückabwicklung des Kaufvertrags mit der Haushälterin beraten. Im Rahmen dieses Beratungsgesprächs hat die Erblasserin vor den Augen des Rechtsanwalts ein Originaltestament zerrissen. Der Urenkel berief sich im Erbscheinsverfahren dann auch darauf, dass die Erblasserin ihre testamentarische Verfügung wirksam widerrufen habe. Vor dem Nachlassgericht konnte die Haushälterin hingegen ein Originaltestament vorlegen, das mit dem zerrissenen Testament identisch war.

Das OLG entschied letztlich, dass bei Vorhandensein von zwei Originaltestamenten die Vernichtung einer Urkunde dann ausreichend ist, wenn keine Zweifel darüber bestehen, dass der Erblasser eine Aufhebung seines letzten Willens vornehmen wollte. Und das sei hier nach Bewertung der Richter der Fall gewesen. Denn laut Aussage des beteiligten Anwalts, dem kein erkennbares persönliches Interesse am Ausgang des Streits zu unterstellen war, habe die Erblasserin zweifelsfrei bekundet, dass sie nicht an der Erbeinsetzung der Haushälterin – zu der sie keinen Kontakt mehr pflegte – festhalten wolle. Der Urenkel wurde somit wieder zum Alleinerben erklärt.

Hinweis: Hier spielte zum einen eine Rolle, dass die Erblasserin sich bezüglich der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags hat beraten lassen und in diesem Zusammenhang die Vernichtung der Urkunde erfolgt sei. Darüber hinaus sei angesichts des hohen Alters der Erblasserin von über 90 Jahren nicht auszuschließen, dass sie einfach vergessen hatte, dass noch ein zweites Original existierte.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 22.04.2020 – 2 Wx 84/20

Thema: Erbrecht

Lückenhafte Kfz-Werbung: Eine Aufforderung zum Neuwagenkauf muss die wesentlichen Motoreigenschaften aufführen

Es scheint sich um eine schier unübersichtliche Anzahl an Prämissen zu handeln, die heutzutage den Ausschlag für einen Autokauf zu geben scheinen. Autohändler sollten sich dabei jedoch nicht dazu verführen lassen, in der Aufzählung der unschlagbar scheinenden Verkaufsargumente Wichtiges außen vor zu lassen. Sonst ergeht es ihnen wie dem Autohaus im folgenden Fall, der vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG) landete.

Das betreffende Autohaus hatte in einer Printwerbung für ein Fahrzeug geworben und im Text genaue Angaben zu Ausstattung, Verbrauch, Emissionen, Energieeffizienzklasse und Preis des Modells, aber keine Angaben zur Motorisierung gemacht. Deshalb wurde es von einem Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs verklagt, nachdem dieser das Autohaus zuvor erfolglos abgemahnt hatte.

Das OLG gab dem Verein Recht und führte begründend aus, dass es sich bei der Werbung um ein qualifiziertes Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gehandelt hat – eine sogenannte „Aufforderung zum Kauf“. Der Verbraucher kann aufgrund der Angaben im Werbetext das Fahrzeug identifizieren und sich eine Meinung über die Beschaffenheit und die Merkmale des Produkts bilden. Die Werbung enthielt zudem hinreichende Informationen über die angebotene Ware, um auf dieser Grundlage eine geschäftliche Entscheidung zum Beispiel darüber treffen zu können, das Autohaus aufzusuchen. Eine „Aufforderung zum Kauf“ gem. § 5a Abs. 3 UWG müsse als wesentliche Information aber auch Angaben zur Motorisierung – nämlich zu Leistung, Hubraum und Kraftstoffart – enthalten. Bei einer so komplexen, hochwertigen, langlebigen und teuren Ware wie einem Neuwagen benötigt der Verbraucher konkrete und detaillierte Angaben zur Motorisierung insgesamt, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Ohne diese Angaben dürfe die Werbung daher nicht weiter geschaltet werden.

Hinweis: In einem anderen Punkt hatte das Autohaus dagegen Erfolg. Der Verein hatte argumentiert, dass die Werbung auch ein qualifiziertes Angebot hinsichtlich des auf dem Bild zu sehenden höherwertigen Fahrzeugmodells mit weiteren Ausstattungsmerkmalen sei. Dem folgte der Senat nicht. Die bloße Abbildung eines Fahrzeugs ohne weitere Informationen stellt kein qualifiziertes Angebot dar. Allein anhand eines Bilds kann sich der Verbraucher keine Meinung über die Beschaffenheit und die Merkmale eines Produkts bilden.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 13.03.2020 – 6 U 267/19

Thema: Verkehrsrecht

Komplexe Zahlungsabhängigkeiten: Die Länge von 83 Seiten macht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von PayPal nicht unwirksam

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind ein im Alltag oftmals nerviges und dennoch nicht unwichtiges Thema. Manche Unternehmen scheinen dabei absichtlich so stark zu übertreiben, damit der Vertragspartner den AGB ungelesen zustimmt. Ein solcher Fall landete kürzlich vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG) – leider mit einem aus Verbrauchersicht unbefriedigenden Ergebnis.

Hier ging es um die 83-seitigen AGB von PayPal, einem der bekanntesten Zahlungsdiensteanbieter Deutschlands im Internet. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen meinte nun, diese AGB seien in ihrer Gesamtheit unverständlich und insbesondere erheblich zu lang. Ein durchschnittlicher Leser wurde ca. 80 Minuten für die Lektüre benötigen. Daher sei es den Verbrauchern nicht zumutbar, sich Kenntnis über den Inhalt der Regelungen zu verschaffen. Der Verbraucherverband zog deshalb vor das Gericht.

Die Richter des OLG meinten jedoch, dass nicht allein auf die erhebliche Anzahl von 83 Seiten in ausgedruckter Form abgestellt werden könne. Vielmehr war zu berücksichtigen, dass die AGB die Abwicklung einer Zahlung zwischen fünf verschiedenen Personen ermöglicht. An einem Zahlungsvorgang sind neben dem Zahlenden, dem Zahlungsempfänger und PayPal auch Banken und Kreditkartenunternehmen beteiligt. Zudem kann der Verbraucher nicht nur in der Rolle des Zahlenden, sondern bei Rückerstattungen auch in der Position des Zahlungsempfängers stehen. Das alles sei ein komplexer Vorgang, so dass die Länge der AGB allein nicht zu deren Unwirksamkeit führt.

Hinweis: Nur weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von PayPal 83 Seiten lang sind, waren sie dadurch noch lange nicht unwirksam. Im Zweifel muss sich der Verbraucher eben alles durchlesen.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 19.02.2020 – 6 U 184/19

Thema: Sonstiges

Unfreiwillig im Bewertungsportal: Wer sich als neutraler Informationsmittler versteht, darf keine kostenpflichtigen Vorteile bieten

Das Medienrecht sichert auch nach Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung sowie Informationsfreiheit zu. Das gilt auch für Bewertungsportale – aber nur, wenn diese sich an geltende Regeln halten. Der folgende Fall des Oberlandesgerichts Köln (OLG) zeigt, wann diese überschritten wurden, so dass man sich gegen eine unfreiwillige Profilveröffentlichung erfolgreich wehren kann.

Mehrere Ärzte wurden ungefragt von einem Bewertungsportal aufgenommen und erhielten dort ein sogenanntes kostenfreies Basisprofil. Im Unterschied dazu enthalten kostenpflichtige Accounts die Möglichkeit, Bilder der Ärzte einzubinden, Werbung mit vergleichbaren Ärzten auszuschließen und auf Fachartikel des Arztes zu verweisen. Einige Ärzte wollten nun ihr jeweiliges – ohne ihr Verständnis angelegtes – Profil löschen lassen und zogen vor die Gerichte.

Laut den Richtern des OLG stand den Klägern durchaus ein Anspruch auf Löschung zu. Für den Löschungsanspruch war entscheidend, dass das Portal seine grundsätzlich geschützte Position als neutraler Informationsmittler dadurch verlassen hatte, dass zahlende Kunden verdeckte Vorteile erhielten. Somit konnte sich das Bewertungsportal nicht auf das sogenannte Medienprivileg aus Art. 85 Abs. 2 DSGVO stützen, das ihm unter anderen Umständen die Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit zusichert.

Hinweis: Die Urteilsgrundsätze werden auch für andere Bewertungsplattformen gelten. Erstellt ein Bewertungsportal Profile ohne Einverständnis der dargestellten Person, hat diese einen Anspruch auf Löschung des Profils, wenn das Portal medienrechtliche Regeln nicht einhält.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 14.11.2019 – 15 U 89/19

Thema: Sonstiges

Abrupter Reifendruckverlust: Sachverständigengutachten widerlegt Aussage des Hotelparkservices zu behaupteten Vorschäden

Eine Szene wie aus Filmen: Man fährt am Hotel vor und reicht den Autoschlüssel an einen Mitarbeiter weiter, der sich um die leidliche Parkplatzsuche kümmert. Doch im vorliegenden Fall bekam der Hotelgast sein Fahrzeug nicht in dem Zustand wieder, in dem er es abgegeben hatte – ein Fall für das Oberlandesgericht Köln (OLG).

Die Ehefrau des Geschädigten hatte den Wagen vor dem Hotel abgestellt und an der Rezeption den Schlüssel abgegeben, damit das Fahrzeug in die Tiefgarage des Hotels gefahren werde. Als die Frau nach dem Besuch des Spa-Bereichs zu dem Fahrzeug zurückkehrte, stand es nicht nicht etwa in der Tiefgarage, sondern in einer Parkbucht in Hotelnähe. Aus beiden Autoreifen der rechten Fahrzeugseite war die Luft entwichen. Das Hotel wandte ein, die Reifen seien schon vorher beschädigt gewesen.

In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) die Klage noch abgewiesen. Der mitverklagte Hotelmitarbeiter hatte geschildert, wie er unmittelbar nach dem Losfahren ein ungewöhnliches Abrollgeräusch und schließlich einen schleichenden Luftverlust an den Reifen festgestellt und daher das Fahrzeug statt in der Tiefgarage in der Parkbucht abgestellt habe. Daraufhin konnte das LG trotz der entgegenstehenden Aussage der Ehefrau nicht ausschließen, dass der Schaden schon vor der Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen habe.

Das OLG jedoch ließ die Aussage des Hotelmitarbeiters durch ein Sachverständigengutachten überprüfen. Dieses ergab, dass die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen konnten. Der Gutachter stellte nämlich fest, dass die Reifen an zwei Stellen derart große Löcher aufwiesen, dass die Luft sofort entwichen sein musste. Der Schaden könne somit keinesfalls schleichend aufgetreten sein. Der Senat zog daraus den Schluss, dass die Löcher durch einen Fahrfehler des Hotelmitarbeiters mit einer massiven Krafteinwirkung auf die Räder entstanden seien.

Hinweis: Warum das erstinstanzliche Gericht nicht wie auch das OLG ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte, ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung zeigt aber deutlich, dass sowohl zum Schadensgrund als auch zur Schadenshöhe vom Geschädigten immer der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt werden sollte.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 26.08.2019 – 22 U 134/17

Thema: Verkehrsrecht

Tempomat versagt: Autofahrer dürfen sich nicht blind auf die Assistenzsysteme ihres Fahrzeugs verlassen

Assistenzsysteme stellen lediglich Hilfsmittel dar, die den Fahrer nicht seiner persönlichen Verantwortung als Verkehrsteilnehmer entheben können. Dass dem Fahrer eine Kontroll- und Überwachungspflicht obliegt, was die Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit anbetrifft, beweist das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG).

Ein Autofahrer wurde geblitzt. Vor Gericht vertrat der Temposünder jedoch die Auffassung, man könne ihm persönlich keinen Vorwurf für die Überschreitung der Geschwindigkeit machen, da die Verkehrszeichenerkennung und die Geschwindigkeitsanpassung in seinem Fahrzeug nicht reagiert haben. Auf dieses System hätte er sich seiner Auffassung nach verlassen dürfen. Trotz Vertrauen darauf, dass seine Verkehrszeichenerkennung die Geschwindigkeit selbständig reduzieren würde, wurde er unter Abzug der Toleranz mit 92 km/h dennoch geblitzt und zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt.

Nach Ansicht des OLG Köln erfolgte dies auch durchaus zu Recht. Assistenzsysteme stellen lediglich Hilfsmittel dar, die den Fahrer nicht seiner persönlichen Verantwortung als Verkehrsteilnehmer entheben können. Dem Fahrer obliegt die Kontroll- und Überwachungspflicht, was die Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit anbetrifft. Ist – wie im vorliegenden Fall – das Geschwindigkeitsregulierungssystem an eine automatisierte Verkehrszeichenerkennung gekoppelt, gilt für die aktive Kontroll- und Eingreifpflicht des Fahrzeugführers nichts anderes. Denn auch dabei handelt es sich um ein geschwindigkeitsregulierendes Assistenzsystem, das ein assistiertes Fahren bei permanent bestehender Einflussnahmemöglichkeit des Fahrers garantiert.

Hinweis: Bereits geklärt ist in der Rechtsprechung, dass ein Fahrzeugführer trotz eingeschalteten Geschwindigkeitsregulierungssystems verpflichtet bleibt, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit zu kontrollieren und somit die Einhaltung von Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit aktiv zu gewährleisten.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 07.06.2019 – III-1 RBs 213/19

Thema: Verkehrsrecht