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Schlagwort: OVG Nordrhein-Westfalen

Vermietungsportal ist auskunftspflichtig: Stadt Köln kann die Steuerpflicht von Vermietern privater Unterkünfte nun besser nachhalten

Die Zurverfügungstellung privaten Wohnraums für touristische Zwecke ist besonders in Ballungsgebieten mit Wohnungsknappheit ein sehr heißes Eisen. Doch nicht nur Wohnungssuchende, sondern auch der Fiskus sieht in der Form der Vergoldung von Wohnraum noch so einigen Nachholbedarf auf Vermieterseite. Das folgende Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG) dürfte mit erheblichen Steuernachzahlungsforderungen und drohenden Strafverfahren für unangenehm frischen Wind in der Diskussion sorgen.

In dem Fall ging es um ein Onlineportal, auf dem unter anderem für das Stadtgebiet von Köln entgeltliche private Übernachtungsmöglichkeiten angeboten wurden. Die Stadt Köln erhebt auf der Grundlage einer Satzung eine sogenannte Übernachtungssteuer. Doch woher nehmen? Ganz einfach: über die Daten des Onlineportals. Genau deshalb erließ die Stadt Köln einen entsprechenden Bescheid, in dem die Internetplattform verpflichtet werden sollte, die bei ihr registrierten Beherbergungsbetriebe anzugeben – also auch die privaten Vermieter. Gegen den entsprechenden Bescheid klagte das Onlineportal.

Das OVG urteilte jedoch, dass das Onlineportal der Stadt Köln durchaus Auskunft über die bei ihm registrierten privaten Beherbergungsbetriebe erteilen müsse. Denn der Stadt ist die Identität privater Beherbergungsbetreiber in ihrem Stadtgebiet im Wesentlichen nicht bekannt, von denen vermutlich eine erhebliche Anzahl ihre Einnahmen vermutlich nicht versteuern würden. Eben dies nachzuhalten, wird mit diesem Urteil zumindest erheblich einfacher.

Hinweis: Nun müssen diejenigen privaten Vermieter zittern, die ihre Einnahmen nicht versteuert haben. Lassen Sie sich jetzt von ihrem Rechtsanwalt beraten, ob eine steuerliche Selbstanzeige noch möglich ist.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.04.2021 – 14 A 2062/17

Thema: Sonstiges

Beschäftigungsverbot nach Coronaverstößen: Leiterin von Seniorenpflegeeinrichtung verstößt trotz Covid-19-Ausbruch mehrfach gegen Anordnungen

Nicht nur Arbeitgeber haben die Möglichkeit, unliebsame Angestellte aus ihren Unternehmen unter Beachtung arbeitsrechtlicher Vorschriften zu entfernen. In Einzelfällen kann auch der Staat Grundrechte beschränken und sogar ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Welches verantwortungslose Handeln mit großem Schadensrisiko dazu führen kann, zeigt der folgende Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG).

Bei einem Ausbruch von Covid-19 in einer Seniorenresidenz kam es im Dezember 2020 zu 20 Infektionen bei Bewohnern und zehn Infektionen bei Mitarbeitern. Sieben Bewohner verstarben. Das Gesundheitsamt stellte bei mehrfachen Begehungen fest, dass die als Einrichtungsleiterin und Pflegefachkraft tätige Mitarbeiterin trotz anders lautender Anordnungen wiederholt nicht in Dienstkleidung angetroffen worden war. Die Behörde hatte außerdem eine sofort vollziehbare Anordnung zur strikten Trennung der Wohnbereiche erlassen – in solche für Covid-19-erkrankte und solche für nicht daran erkrankte Bewohner – und die strikte Zuordnung des Pflegepersonals zu jeweils einem Bereich angeordnet. Die Leiterin der Seniorenpflegeeinrichtung habe dennoch mehrfach während ihrer Schicht zwischen den beiden Bereichen gewechselt. Die Behörde untersagte der Einrichtung daraufhin im Januar 2021 die weitere Beschäftigung der betroffenen Mitarbeiterin – mit für sofort vollziehbar erklärter Ordnungsverfügung.

Das OVG stellte sich auf die Seite der Behörde: Das Beschäftigungsverbot für die Mitarbeiterin war rechtmäßig, weil diese ihre Vorbildfunktion als Leiterin der Einrichtung, der eine besondere Bedeutung zukomme, nicht wahrgenommen habe. Sie habe ihre eigenen Regeln über die Anordnungen des Gesundheitsamts gesetzt.

Hinweis: Behörden können also ganz eindeutig Beschäftigungsverbote verhängen. Ob das dann ein Kündigungsgrund für den Arbeitgeber ist, muss im Einzelfall entschieden werden.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 24.03.2021 -12 B 198/21

Thema: Arbeitsrecht

Individualsport im Teillockdown II: Durch einheitlichen Umgang mit Individualsportarten bleiben Fitnessstudios in NRW zu

Kennt man das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass die Schließung von Fitnessstudios bei gleichzeitiger Genehmigung von Individualsport gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt, fragt man sich: Was ist mit den Fitnessstudios in anderen Bundesländern? Der folgende Fall, der vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) landete, gibt hierauf eine Anwort.

Eine GmbH, die in Köln und Umgebung insgesamt elf Fitnessstudios betrieb, ging gegen die nordrhein-westfälische Coronaschutzverordnung vom November 2020 vor. Sie machte geltend, die Regelung greife in rechtswidriger Weise in ihre verfassungsrechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit ein. Insbesondere stelle die Schließung der Fitnessstudios keine notwendige Schutzmaßnahme dar, da ihre bereits etablierten Hygiene- und Rückverfolgungskonzepte eine unkontrollierte Infektionsausbreitung verhinderten.

Die Richter des OVG sahen das in diesem Fall jedoch anders. Das Verbot von Freizeit- und Amateursport in Fitnessstudios trage zur beabsichtigten Kontaktreduzierung im Freizeitbereich bei. Die bestehenden Hygienekonzepte änderten nichts daran, dass in Fitnessstudios typischerweise eine größere Anzahl wechselnder Personen in geschlossenen Räumen zusammenkäme.

Hinweis: Warum dieses Urteil sich von den bayerischen Kollegen unterscheidet? Ganz einfach: Das Land Nordrhein-Westfalen nahm in seiner Teillockdownverordnung nur individuelle Sportarten aus, die man im Freien alleine, zu zweit oder ausschließlich mit Personen des eigenen Hausstands außerhalb geschlossener Räumlichkeiten von Sportanlagen betreiben kann. Gemeinschaftsräume und bereits solche Räume von Sportanlagen, die zum Umkleiden und zum Duschen durch mehrere gleichzeitig dienen, müssen geschlossen bleiben. Somit ist diese Maßnahme als gerechtfertigt anzusehen, da sie alle betreffenden Einrichtungen gleich behandelt.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.11.2020 – 13 B 1657/20.N

 Thema: Sonstiges

Keine gesetzliche Grundlage: Tierschutzverein scheitert mit Wunsch auf Einsicht in die Verwaltungsakte

Dass es Tierschutzvereinen oftmals nicht schnell genug geht, wenn sie bestehende Missstände beseitigt sehen wollen, ist verständlich. Dass es trotz oftmals ehrenhaftem Anliegen auch für solche Organisationen rechtliche Grenzen gibt, zeigt der folgende Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG).

Eine Tierschutzvereinigung hatte beim Kreis Steinfurt eine Anzeige erstattet und mitgeteilt, dass in einem Schweinezuchtbetrieb Sauen in zu kleinen Kastenständen gehalten würden. Der Kreis Steinfurt reagierte nicht sofort, woraufhin die Tierschutzvereinigung die Einsicht in die Verwaltungsakten verlangte. Schließlich klagte sie ihr vermeintliches Recht ein – vergeblich.

Ein Recht auf Einsichtnahme hatten die Tierschutzvereine nach Ansicht des OVG nämlich nicht, weil eine gesetzliche Befugnis hierfür schlicht und ergreifend einfach nicht besteht. Ein Recht auf Beteiligung am Verwaltungsverfahren, in dem tierschutzrechtliche Maßnahmen vorgenommen werden, besteht ebenso wenig.

Hinweis: Eine Tierschutzvereinigung hat also keinen Anspruch auf Einsicht in die bei der Tierschutzbehörde geführten Akten über einen Schweinezuchtbetrieb. Die Begründung ist klar: Es gibt dafür keine gesetzliche Grundlage.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.07.2019 – 20 A 1165/16

Thema: Sonstiges

Bestattungskostenbescheid: Miterbenstellung bedingt keine Klagebefugnis gegen Bescheid, der einem Miterben zuging

Nach einem Todesfall kann es nicht nur zu zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Erben, sondern auch zu verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten mit Behörden im Zusammenhang mit dem Erbfall kommen. So musste das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) im Folgenden entscheiden, ob ein Miterbe gegen einen Leistungsbescheid klagen kann, der einem anderen Miterben zuging.

Ein Erbe wollte vor dem Verwaltungsgericht Klage gegen einen Leistungsbescheid über Bestattungskosten einreichen, der an seinen Bruder als Miterben gerichtet war. Das OVG lehnte dies jedoch ab und wies darauf hin, dass der Mann keine Klagebefugnis für eine solche Anfechtungsklage habe. Denn der Bescheid war ausschließlich gegen seinen Bruder gerichtet. Die zivilrechtliche Stellung als Miterbe begründet kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht gegenüber der Behörde, so dass der Mann nicht Klage erheben kann.

Hinweis: Für die meisten Klagearten – sowohl im Zivil- als auch im Verwaltungsrecht – ist die Klagebefugnis Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage. Klagen kann somit nur derjenige, der geltend macht, in seinen Rechten verletzt und nicht einfach nur tatsächlich betroffen zu sein. Damit soll verhindert werden, dass mit sogenannten Popularklagen die Gerichte unnötig in Anspruch genommen werden.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 18.04.2019 – 19 A 1143/19

Thema: Erbrecht

Doppelbezahlung zurückgefordert: Eine Erbschaft umfasst auch durch einen Verwaltungsakt festgesetzte Forderungen

Erben kommen nicht nur in den Genuss des Vermögens des Erblassers, sondern erben auch dessen Verbindlichkeiten. Dass diese nicht nur auf zivilrechtlichen Vereinbarungen (wie etwa Verträgen) beruhen, sondern auch aus dem Verwaltungsrecht und gegenüber Behörden oder juristischen Personen des Öffentlichen Rechts bestehen können, zeigt dieser Fall des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG).

Eine Frau hatte für ihren kurz vorher verstorbenen Mann von der Postbeamtenkrankenkasse Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen, sogenannte Beihilfe, gefordert und bekommen. Nachdem dann Jahre später auch die Frau verstorben war, stellte die Krankenkasse jedoch fest, dass eine Doppelbezahlung erfolgt war. Diesen Betrag forderte sie nun von der Tochter als Erbin zurück.

Das OVG entschied, dass die Krankenkasse sich zu Recht an die Tochter gewandt hatte. Ein Erbe tritt in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein, und damit auch in ein durch einen Verwaltungsakt begründetes Rechtsverhältnis. Der Erbe übernimmt dabei die Rechte und Pflichten des Erblassers so, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers bestanden haben. Daher ist es rechtmäßig, wenn die Beihilfe für eine ärztliche Behandlung des Vaters nach dessen Tod unmittelbar an seine Ehefrau (und zugleich Erbin) geleistet wird und nach deren Tod wiederum gegenüber ihrer Erbin zurückgenommen wird.

Hinweis: Verwaltungsakte ergehen in allen Bereichen des Öffentlichen Rechts, etwa wenn Gebühren für die Müllabfuhr festgesetzt, Steuerrückzahlungen gefordert werden oder es um die Erstattung von Sozialleistungen geht. Damit der Verwaltungsakt wirksam wird, muss er korrekt bekanntgegeben werden. Bescheide, die noch zu Lebzeiten dem Erblasser zugehen, wirken nach seinem Tod auch gegen dessen Erben. Ist der Erblasser bei Zugang des Bescheids bereits verstorben, ist dieser hingegen unwirksam und muss direkt an die Erben adressiert werden.
 
 

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.08.2018 – 1 A 2675/15

Thema: Erbrecht