Skip to main content

Schlagwort: Patientenverfügung

Verfahrensfehler ohne Verfahrenspfleger: BGH stellt sich schützend vor Betroffene bei Schnellschüssen in Sachen Betreuerbestellungen

Psychische Erkrankungen sowie körperliche, geistige oder seelische Behinderungen können dazu führen, dass die Bestellung eines Betreuers erforderlich wird. Steht eine solche Betreuerbestellung erst einmal im Raum, sieht sich der Betroffene womöglich nur unzureichend dazu in der Lage, seine Situation darzustellen und seine Recht zu wahren. Wer Menschen in solchen Situationen hilfreich zur Seite stehen kann, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Fall zu klären.

Eine 37-Jährige litt unter einer schweren paranoid-halluzinatorischen Psychose und war nicht in der Lage, komplexe Sachverhalte zu überblicken und zu regeln. Daher sollte für sie eine Betreuung eingerichtet werden. Anwaltlichen Rat holte sich die Frau jedoch nicht ein. Die Frage, ob nun aufgrund des Gesundheitsbefunds gegen den Willen der Frau eine Betreuung eingerichtet und ein Betreuer bestellt werden durfte, verneinte der BGH jedoch ausdrücklich.

Betroffenen ist vor der Entscheidung über deren Betreuung ein Verfahrenspfleger zu bestellen und an die Seite zu geben, der ihre Interessen vertritt. Dies sieht das Gesetz so vor. Wenn diese notwendige Bestellung eines Verfahrenspflegers unterbleibt, liegt ein Verfahrensfehler vor – eine womöglich bereits erfolgte Betreuerbestellung ist dann aufzuheben. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Betreuung für alle wesentlichen Lebensbereiche geprüft wird und im Einzelfall möglich ist. Dabei ist nicht etwa ausschlaggebend, dass die infrage stehende Betreuung den Betroffenen weitestmöglich betrifft. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Betreuung dem Betroffenen in seiner konkreten Lebensgestaltung keinen nennenswerten eigenen Handlungsspielraum mehr belässt.

Hinweis: Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass der Gesetzgeber wie auch der BGH den Schutz von psychisch, geistig, körperlich oder seelisch Kranken sehr ernst nimmt. Dennoch sollte sich jeder, der dazu in der Lage ist, rechtzeitig überlegen, ob er nicht eine Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung erstellt, in der er selber bestimmt, wer für ihn handelt, sobald er selber dazu plötzlich nicht mehr in der Lage ist.

Quelle: BGH, Beschl. v. 25.04.2018 – XII ZB 528/17

Thema: Familienrecht

Trotz Ausnahmesituation: Auf die versuchte Tötung der todkranken Gattin kann Erbunwürdigkeit folgen

Ein durch Testament oder gesetzliche Erbfolge bestimmter Erbe kann sein Erbe aufgrund seiner Erbunwürdigkeit verlieren.

Erbunwürdig ist nach dem Gesetz zum Beispiel, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich tötet oder zu töten versucht. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Erblasser dem Erben spätestens auf dem Totenbett verzeiht. Ein solches „Verzeihen“ wird auch bei einer Tötung auf Verlangen angenommen. Eine Frau litt seit langem an Alzheimer, war nicht mehr ansprechbar und befand sich seit Jahren in einem Pflegeheim, in dem sie durch eine Magensonde künstlich ernährt wurde. Ihr Ehemann litt sehr unter der Situation, wurde depressiv und versuchte (vergeblich), sich das Leben zu nehmen. Schließlich schnitt der Ehemann den Schlauch zur Magensonde seiner Ehefrau durch, um ihr Leiden zu beenden. Das Pflegepersonal konnte den Tod der Frau zwar verhindern, sie verstarb jedoch kurze Zeit später an einer Lungenentzündung. Der Ehemann wurde schließlich wegen versuchten Totschlags zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Gleichzeitig wurde er auch Alleinerbe seiner verstorbenen Frau, da die Eheleute dies bereits vor Jahren in einem
gemeinsamen Testament niedergelegt hatten. Der Sohn der Eheleute hielt seinen Vater jedoch für erbunwürdig und erhob Klage.

Für das Gericht stellte sich die Frage, ob der Ehemann im Sinne seiner Frau gehandelt hatte und damit doch erbwürdig war. Dem stand jedoch entgegen, dass es keine Patientenverfügung der Ehefrau gab und sie ihren Wunsch, zu sterben, auch nicht mehr habe äußern können (und damit auch keine Tötung auf Verlangen vorlag). Das Gericht erkannte die schwierige persönliche Situation und die verständlichen Motive des Ehemannes an – wies jedoch darauf hin, dass selbst dann von einer Erbunwürdigkeit auszugehen sei, wenn der Ehemann aus anerkennenswerten Motiven gehandelt habe. Erbunwürdigkeit
setzt jedoch zwingend die Schuldfähigkeit des Handelnden voraus, die im Fall des Ehemannes noch gerichtlich festgestellt werden muss. Zu diesem Zweck wies der Bundesgerichtshof den Fall an das Berufungsgericht zurück.

Hinweis: Dieser tragische Fall zeigt, wie wichtig es ist, rechtzeitig eine Patientenverfügung zu verfassen. Diese dient nicht nur dazu, abzusichern, dass den eigenen Wünschen entsprochen wird; sie kann auch verhindern, dass nahe Angehörige sich strafbar machen oder das Erbe verlieren.

Quelle: BGH, Urt. v. 11.03.2015 – IV ZR 400/14

zum Thema: Erbrecht

Betreuungsrecht: Die Rechte eines Vorsorgebevollmächtigten haben Grenzen

Mit Eintritt in die Volljährigkeit nimmt man selbständig am allgemeinen Rechtsverkehr teil, unterschreibt alle Verträge selbst und ist für sich auch in rechtlicher Hinsicht in vollem Umfang verantwortlich. Lassen im Alter die körperlichen oder geistigen Kräfte nach, kann Hilfe erforderlich werden. Probleme können sich im Hinblick auf die Frage ergeben, wer die richtige Person für diese Art von Hilfestellung ist .

Hat der Hilfebedürftige keinerlei eigene Vorsorge getroffen, richtet das Gericht eine Betreuung durch einen von ihm bestimmten Betreuer ein. Der Betreuer steht unter der Kontrolle und Überwachung des Gerichts. Dennoch handelt es sich für den Betreuten um eine mitunter unangenehme Situation, weil sich nun ein Fremder um seine wirtschaftlichen und unter Umständen auch privaten Belange kümmert.

Hat der Hilfebedürftige Vertrauen zu einer bestimmten Person, kann er ihr mit einer Vorsorgevollmacht umfassende Berechtigungen einräumen. Da dann ein Bevollmächtigter vorhanden ist, entfällt die Notwendigkeit der Einrichtung einer Betreuung.

Bedauerlicherweise kann das Vertrauen in diesen Bevollmächtigten enttäuscht werden. Missbraucht der Bevollmächtigte das Vertrauen oder erweist er sich ansonsten als nicht geeignet, kann das Gericht einen Betreuer bestellen und ihm unter anderem die Befugnis erteilen, die Vorsorgevollmacht zu widerrufen, wenn der Hilfebedürftige dazu nicht mehr in der Lage ist. Der bisher Bevollmächtigte hat kein Recht, gegen diese Entscheidung des Gerichts eine Beschwerde einzulegen, und muss sie hinnehmen.

Hinweis: Es ist äußerst wichtig, sich rechtzeitig Gedanken über das Alter zu machen. Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Testament sind erforderlich, um gerüstet zu sein, wenn die eigenen geistigen und körperlichen Kräfte nachlassen. Wurden diese Maßnahmen ergriffen, so funktionieren auch die Kontrollen und kann das Gericht gegebenenfalls bei Fehlentwicklungen korrigierend eingreifen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 15.04.2015 – XII ZB 330/14
Thema: Familienrecht

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

Krankheit, ein Unfall oder fortgeschrittenes Alter können dazu führen, dass Sie wichtige Angelegenheiten Ihres Lebens nicht mehr selbständig regeln können. Tritt dieser Zustand ein, sollten Sie vorher bestimmt haben, wer Ihre Angelegenheiten regeln darf. Dies können Sie im Rahmen einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung.

Vorsorgevollmacht

Durch die Vorsorgevollmacht wird eine vertraute Person bevollmächtigt, bei fehlender Handlungs- oder Entscheidungsfähigkeit den Vollmachtgeber zu vertreten. Die Vollmacht kann sich sowohl auf finanzielle als auch auf persönliche Angelegenheiten, etwa die medizinische Behandlung oder die Aufenthaltsbestimmung, erstrecken.

Der Entwurf einer solchen Vorsorgevollmacht bedarf der Berücksichtigung Ihrer individuellen Interessen und Bedürfnisse.

Patientenverfügung

Durch eine Patientenverfügung geben Sie Ärzten, Pflegepersonal und den Bevollmächtigten rechtzeitig verbindliche Anweisungen für einen Krisenfall. Sie gilt für den Fall, dass Sie als Patient Ihren Willen nicht mehr selbst äußern können, und bezieht sich auf medizinische Maßnahmen und Eingriffe sowie auf Fragen der Pflege.

Bei der Abfassung ist zu beachten, dass die Verfügung schriftlich getroffen sowie eigenhändig unterschrieben und eindeutig formuliert sein muss.

Darüber hinaus müssen die getroffenen Regelungen der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen und zum Ausdruck bringen, dass sich der Verfasser ernsthaft und intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat.

Wir helfen Ihnen bei der rechtssicheren Abfassung einer Patientenverfügung.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Erbrecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

Weiterlesen