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Schlagwort: Personensorge

Totenfürsorgerecht: Allein Sorgeberechtigter besitzt Befugnis zur Entscheidung über Bestattung des Kindes

In der Schnittstelle zwischen dem Familien- und Erbrecht musste sich das Landgericht Bonn (LG) im Folgenden mit der Frage beschäftigen, welchem Elternteil das sogenannte Totenfürsorgerecht zusteht. Dieses Totenfürsorgerecht ist das Recht zu entscheiden, auf welche Art eine Bestattung stattfinden und welcher Ort als letzte Ruhestätte gewählt werden soll.

Die Eltern des verstorbenen Kindes lebten seit vielen Jahren voneinander getrennt. Dem Vater war aufgrund einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung die alleinige elterliche Sorge übertragen worden. Nach den einschlägigen Vorschriften des Bestattungsgesetzes Nordrhein-Westfalens können Kinder, wenn sie das 14. Lebensjahr vollendet haben und nicht geschäftsunfähig waren, eine eigene Entscheidung darüber treffen, auf welche Art und Weise eine Bestattung durchgeführt werden soll. Das Amtsgericht konnte in der ersten Instanz einen entsprechenden Willen des Kindes hierzu jedoch nicht feststellen. Lässt sich ein solcher Wille nicht feststellen, sind die Eltern – und zwar gleichrangig – entscheidungsbefugt.

Grundsätzlich endet zwar die elterliche Sorge mit dem Tod des Kindes, jedoch ergeben sich gewisse Nachwirkungen im Bereich der Personensorge – insbesondere bei der Frage wann, wo und wie eine Bestattung stattfinden soll. In Anbetracht des Umstands, dass der Vater zum Zeitpunkt des Todes die alleinige elterliche Sorge hatte, war er laut LG demnach auch dazu berechtigt, Entscheidungen über die Art und den Ort der Bestattung zu treffen.

Hinweis: Entgegen dem hiesigen Verfahrensgang handelt es sich in der Sache um ein familiengerichtliches Verfahren. Sofern sich sorgeberechtigte Eltern über die Frage der Bestattung nicht einigen können, ist ein Antrag an das zuständige Familiengericht zu stellen.

Quelle: LG Bonn, Beschl. v. 19.06.2020 – 5 S 63/20

Thema: Erbrecht

Elterliche Sorge unerheblich: Liegt die Einsichtsfähigkeit vor, entscheiden Minderjährige über ihren Schwangerschaftsabbruch

Minderjährige Kinder stehen unter der elterlichen Sorge, die auch die Vermögenssorge und die Personensorge umfasst. Ob diese elterliche Sorge auch so weit geht, dass die Eltern auch über die Frage eines Schwangerschaftsabbruchs das letzte Wort haben, musste das Oberlandesgericht Hamm (OLG) bewerten.

Eine 16-Jährige wurde schwanger. Ihre Eltern leben getrennt, das Mädchen bei der Mutter. Als das Mädchen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollte, mit dem sich der Vater einverstanden erklärte, stieß es auf den Widerstand der Mutter. So musste gerichtlich entschieden werden, ob die junge Frau den Schwangerschaftsabbruch vornehmen dürfe.

Anders als noch das Amtsgericht in der ersten Instanz hat das OLG entschieden, dass es allein auf den Willen des Kindes ankommt, das nun also den Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen kann. Die elterliche Sorge beziehe sich nämlich allein auf jene Bereiche, die die noch nicht vorliegende volle Geschäftsfähigkeit des Kindes betreffen. Geschäftsfähigkeit sei aber etwas, das sich allein auf rechtsgeschäftliche Handlungen beziehe. Die Vornahme oder Gestattung rein tatsächlicher Handlungen setze dagegen eine entsprechende Willensfähigkeit voraus und damit nicht statisch ein gewisses Alter, sondern eine hinreichende Einsichtsfähigkeit des Kindes. Könne diese positiv festgestellt werden, sei es am Minderjährigen selbst, die Entscheidung zu treffen. Nachdem im Rahmen der entsprechenden Beratungsgespräche bei der Arbeiterwohlfahrt die Einsichtsfähigkeit eindeutig nachgewiesen worden war, wurde deshalb die Weigerung der Mutter als unerheblich angesehen.

Hinweis: Die Entscheidung ist problematisch. Wenn sich das Mädchen nun also entschieden hat, den Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, fragt sich, wie es um den nun mit dem Arzt bzw. der Klinik abzuschließenden Behandlungsvertrag bestellt ist. Für diesen Vertrag bedarf es einer rechtsgeschäftlichen Handlung. Und wer soll die vornehmen? Muss die Mutter, die gegen den Schwangerschaftsabbruch ist, gegen ihren Willen diesen Vertrag genehmigen und eventuell selbst zahlen? Dazu sagt die Entscheidung leider nichts.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 29.11.2019 – 12 UF 236/19

Thema: Familienrecht

Elterliche Sorge

Elterliche Sorge

Die elterliche Sorge umfasst das Recht aber auch die Pflicht, für das minderjährige Kind zu sorgen. Die Personensorge und Vermögenssorge umfassen alle körperlichen, geistig-seelischen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen des Kindes.

Das Gesetz legte in der Vergangenheit als Regelfall zugrunde, dass die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind und ihnen auch gemeinsam die Sorge für ihr Kind zusteht.

Am 19.05.2013 trat das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern in Kraft. Dieses Gesetz eröffnet auch dem nicht verheirateten Vater grundsätzlich die Möglichkeit, ohne Zustimmung der Mutter das Mitsorgerecht zu erwerben.

Außerdem ist es ihm nun ermöglicht, gerichtlich prüfen zu lassen, ob ihm die elterliche Sorge teilweise oder ganz zu übertragen ist.

Nach einer Trennung obliegt es den Eltern zu regeln, von welchem Elternteil das Kind zukünftig betreut werden soll. Es kann seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil begründen. Denkbar sind jedoch auch andere Betreuungsformen. Für die Ausübung des Sorgerechts nach der Trennung ist festgelegt, dass derjenige, der das Kind jeweils betreut, die Entscheidung über die täglichen Angelegenheiten trifft. Nur Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung dürfen nicht nur von einem Elternteil entschieden werden und müssen bei Meinungsverschiedenheiten einer gerichtlichen Regelung zugeführt werden.

Das Familiengericht kann einem Elternteil das alleinige Sorgerecht übertragen. Soll die Sorgerechtsübertragung gegen den Willen eines Elternteils erfolgen, setzt dies eine eingehende Kindeswohlprüfung voraus.

Diese erfolgt nach folgenden Kriterien:

  • Bindung des Kindes an den jeweiligen Elternteil
  • Wille des Kindes als Ausdruck seiner Selbstbestimmung
  • Bestmögliche Förderung nach der Trennung bei dem jeweiligen Elternteil
  • Grundsatz des Kontinuitätsprinzips, d. h. der Grundsatz der Einheitlichkeit der Erziehung und der Betreuungssituation.

Jedenfalls ist bei jeder Sorgerechtsprüfung zunächst die Frage zu stellen, was für das Kindeswohl das Beste ist. Die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil erfolgt immer in der Form, dass grundsätzlich nur das Kindeswohl für die Entscheidung maßgeblich ist.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Familienrecht und Eherecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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