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Schlagwort: Pflichtteil

Vorsicht beim Erbverzicht: Verzicht bleibt wirksam, auch wenn der Erblasser später noch zusätzliches Vermögen erwirbt

Um erbrechtliche Angelegenheiten noch zu Lebzeiten zu regeln, schließen Kinder mit ihren Eltern häufig einen Erbverzichtsvertrag ab und erhalten im Gegenzug eine Abfindung. Wird ein solcher Verzicht jedoch unüberlegt erklärt, kann es dazu kommen, dass der Verzichtende ihn im Nachhinein bereut und gerne rückgängig machen möchte.

Im Jahre 1972 übertrug eine 53-jährige Frau ihrer Tochter ein Hausgrundstück, die Tochter erklärte im Gegenzug einen notariellen Erbverzicht. Bis zu ihrem Tod im Jahre 2008 erhielt die Erblasserin jedoch noch weitere Grundstücke im Wert von über 150.000 EUR. Diese erbte allein der Sohn, der keinen Verzicht erklärt hatte. Die Tochter war nun der Meinung, dass der Erbverzicht nicht für das nachträglich erworbene Vermögen gelte und ihr insofern ein Pflichtteil zustünde.

 

Das Gericht sah den Erbverzicht aber als uneingeschränkt wirksam an und konnte auch keine Grundlage für eine Irrtumsanfechtung erkennen. Es führte weiter aus, dass beim Erbverzicht gegen Abfindung zwar eine Störung der Geschäftsgrundlage dazu führen kann, dass der Abgefundene eine Nachabfindung verlangen kann. In diesem Fall lag aber keine solche Störung der Geschäftsgrundlage vor, da es angesichts des Alters der Mutter weder ungewöhnlich noch unvorhersehbar war, dass sie bis zu ihrem Tod noch weiteres Vermögen erwirbt. Es ist vielmehr ein sogenanntes inhärentes Risiko des Erbverzichts gegen Abfindung, wie sich das Vermögen des Erblassers bis zum Erbfall entwickelt.

Hinweis: Durch einen Erbverzicht verliert der Erbe sein künftiges Erb- und Pflichtteilsrecht. Auch seine Kinder sind grundsätzlich von der Erbfolge ausgeschlossen. In einem (notariellen) Erbverzichtsvertrag können allerdings auch davon abweichende Regelungen getroffen werden. Ein solcher Vertrag kann dann einseitig nur noch rückgängig gemacht werden, wenn der Verzichtende getäuscht oder bedroht wurde oder er sich in einem Irrtum befand. Ein Erbverzicht sollte also gut überlegt werden. Unter Umständen ist es empfehlenswert, nur einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren.

Quelle: LG Coburg, Urt. v. 03.09.2008 – 21 O 295/08

  Erbrecht

Verwirkter Pflichtteilsanspruch: Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung als Erbverzicht

Ein Erbverzicht ist ein beliebtes Mittel, um das Familienvermögen zusammenzuhalten und die Erbfolge bereits zu Lebzeiten des Erblassers zu regeln. Dabei sind jedoch einige Dinge zu beachten.

Nach dem Tod des Mannes schloss dessen Witwe mit ihrer Tochter und ihrem Sohn einen notariellen Erbauseinandersetzungsvertrag. In dem Vertrag erklärte die Tochter, dass sie mit der Zahlung eines bestimmten Geldbetrags „vom elterlichen Vermögen unter Lebenden und von Todes wegen ein für alle Male abgefunden“ sei. Nach dem Tod der Mutter machte sie dann jedoch geltend, dass sie nicht auf ihren Pflichtteil an dem Erbe der Mutter verzichtet hatte.

Das Gericht musste nun entscheiden, wie die Formulierung im Vertrag zu verstehen war. Es wies darauf hin, dass es sich um einen Erbverzicht handelt, auch wenn das Wort nicht in dem Vertrag enthalten war. Da Vertragsgegenstand das „elterliche Vermögen“ war, hatte sie auch auf ihren Erbteil am Nachlass der Mutter und nicht nur an dem des Vaters verzichtet.

Hinweis: Ein Erbverzicht kann nur durch einen notariellen Vertrag zwischen dem Erblasser und dem Verzichtenden zu Lebzeiten des Erblassers erfolgen. Verzichtet werden kann auf das gesamte Erbrecht, einen Teil dessen oder den Pflichtteil. Der Erbverzicht hat weitreichende Folgen, da er auch für die Kinder des Verzichtenden gilt. Zu beachten ist zudem, dass ein Erbverzicht nicht ausdrücklich mit diesem Wort bezeichnet werden muss, sondern sich aus den Vertragsumständen ergeben kann. Daher sollte gut überlegt werden, was genau vereinbart wird und was die Konsequenzen sind.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 22.07.2014 – 15 W 92/14
Thema: Erbrecht

Patchworkfamilien: Besonderheiten in der Erbfolge bei Familien mit Stiefkindern

Gerade bei sogenannten Patchworkfamilien stellen sich bei der Regelung der Erbfolge zahlreiche Probleme, da als Erben der aktuelle sowie der vormalige Partner und einseitige, gemeinsame sowie Stiefkinder in Frage kommen.

Zum einen stellt sich die Frage, ob das Vermögen der aktuellen Partner getrennt bleiben oder zusammenfallen soll. Dabei ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen – je nachdem, ob die Partner verheiratet sind oder nicht. Stiefkinder haben grundsätzlich keinen gesetzlichen Erbanspruch. Will man diese nach dem Tod bedenken, sollte darüber nachgedacht werden, ob sie durch ein Testament als Erben eingesetzt werden oder ob ihnen ein Vermächtnis zuteilwerden soll. Sollen hingegen jeweils nur die eigenen Kinder erben, ist darauf zu achten, dass der überlebende Ehegatte am Erbe seines Ehepartners pflichtteilsberechtigt ist und dieser Pflichtteilsanspruch – soweit er nicht verjährt ist – nach seinem Tod auf dessen leibliche Kinder übergeht. Über diesen Umweg können Stiefkinder also Erben der Stiefeltern werden, wenn die Ehegatten nicht einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren oder eine Vor- und Nacherbfolgeregelung treffen.

Hinweis: In solchen Fällen ist es zunächst sehr wichtig, rechtzeitig zu überlegen, welche Folgen genau gewollt sind. Die verschiedenen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten wie ein Pflichtteilsverzicht, ein Herausgabevermächtnis oder die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft bieten jeweils unterschiedliche Vorteile, aber auch Probleme, die man im Rahmen einer fachkundigen Beratung abwägen sollte.

zum Thema: Erbrecht

Pflichtteil und Enterbung

Pflichtteil und Enterbung

Die Abwehr und Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen ist eine der häufigsten Mandatssituationen im Erbrecht.

Wenn pflichtteilsberechtigte Personen enterbt werden, haben die Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf Zahlung von Geld, der gegenüber dem Erben geltend gemacht werden muss. Zur Durchsetzung dieses Anspruchs ist das enterbte Familienmitglied mit gesetzlichen Auskunftsansprüchen ausgestattet.

Pflichtteilsberechtigte Personen

Pflichtteilsberechtigt sind die Abkömmlinge des Erblassers, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind, die Eltern des Erblassers. Daneben ist auch der Ehegatte des Erblassers pflichtteilsberechtigt.

Die Abkömmlinge, also die Kinder des Erblassers, sind grundsätzlich uneingeschränkt pflichtteilsberechtigt. Sie schließen die Eltern des Erblassers als Pflichtteilsberechtigte aus. Sollten keine Abkömmlinge im Falle des Ablebens des Erblassers vorhanden sein, so sind die Eltern des Erblassers pflichtteilsberechtigt. Allerdings muss der gesamte Stamm des Abkömmlings verstorben sein, da ansonsten die Abkömmlinge des Abkömmlings in die Pflichtteilsposition eintreten.

Des Weiteren ist grundsätzlich der Ehegatte pflichtteilsberechtigt.

Höhe des Pflichtteilsanspruchs

Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs ermittelt sich aus dem Nettonachlass, d. h. von dem Vermögen des Verstorbenen werden die Schulden in Abzug gebracht.

Weiterhin werden auch die Kosten, die mit dem Erbfall verbunden sind, so die Beerdigungskosten, in Abzug gebracht.

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wäre also ein einziger Abkömmling Alleinerbe, würde der Pflichtteil ½ betragen.

Die Höhe der Pflichtteilsquote des Ehegatten hängt zusätzlich noch davon ab, in welchem Güterstand er mit dem Erblasser verheiratet war.

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Neben dem Pflichtteilsanspruch kann zusätzlich auch noch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen.

Schenkungen, die der Testierende innerhalb der letzten 10 Jahre vor seinem Tod vorgenommen hat, wobei bei Schenkungen an den Ehegatten die Frist nicht vor Auflösung der Ehe beginnt, haben Auswirkungen auf den Geldanspruch. Gemäß § 2325 BGB wird eine Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall im vollen Umfange, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils 1/10 weniger berücksichtigt.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist zunächst aus dem Nachlass zu leisten, solange dieser leistungsfähig ist. Sollte der Nachlass nicht oder nicht in voller Höhe ausreichen, kann sich der Pflichtteilsergänzungsberechtigte an den Beschenkten wenden.

Zu beachten ist, dass der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren verjährt. Diese Frist gilt für sämtliche Pflichtteilsansprüche, als auch für Pflichtteilsergänzungsansprüche. Der Beginn der Verjährungsfrist setzt zum einen die Kenntnis vom Tod des Erblassers sowie zusätzlich die Kenntnis von der letztwilligen, den Pflichtteilsberechtigten enterbenden Verfügung des Erblassers voraus.

Zu beachten ist weiterhin, dass die Verjährungsfrist des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen den Beschenkten ab Eintritt des Erbfalls verjährt.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Erbrecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

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  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

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