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Schlagwort: Quelle: OLG Hamm

Kindesunterhalt: Grundsicherungsanspruch eines Kindes bei dessen mangelnder Erwerbsfähigkeit

Kinder haben gegenüber ihren Eltern einen Anspruch auf Unterhalt, bis sie beruflich selbständig sind. Dabei sind Entwicklungsverzögerungen hinzunehmen. Das heißt, wenn wegen solcher Beeinträchtigungen länger Unterhalt benötigt wird, ist er auch länger zu bezahlen. Wie ist es aber, wenn ein Kind nicht nur entwicklungsverzögert, sondern für längere Zeit erwerbsunfähig ist?

Ein Unterhaltsanspruch des Kindes besteht auch dann, wenn es arbeits-, schul- und ausbildungsunfähig ist. Das ist eine Situation, die ärztlich zu attestieren ist und selten vorkommt. Sie wird immer mit einer besonderen und sehr starken Erkrankung verbunden sein, z.B. einer schweren Depression. Auch in dieser Situation tragen die Eltern in erster Linie weiterhin die unterhaltsrechtliche Verantwortung für das Kind.

Allerdings ist dann zu prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht. Denn wer dauerhaft erwerbsunfähig ist, kann Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Diese geht dem Unterhaltsanspruch vor. In dem Maß, in dem dann Sozialhilfe bezogen wird oder bezogen werden kann, besteht kein Unterhaltsanspruch mehr – es sei denn, die Eltern verdienen mehr als 100.000 EUR jährlich.

Dauerhaft erwerbsunfähig ist, wer aufgrund von Krankheit oder Behinderung für mindestens sechs Monate keine Arbeit von mehr als drei Stunden am Tag verrichten kann und bei dem auch nicht damit zu rechnen ist, dass sich dies in den nächsten drei Jahren ändert.

Hinweis: Vorstehende Grundsätze gelten ebenso beim Elternunterhalt. Werden Kinder zur Zahlung von Unterhalt für ihre Eltern in Anspruch genommen, ist ebenfalls zu prüfen, ob die Eltern gegebenenfalls einen Anspruch auf Grundsicherung haben.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 10.09.2015 – 4 UF 13/15
Thema: Familienrecht

Lockangebote: Als lieferbar beworbene Artikel müssen auch tatsächlich lieferbar sein

Wenn ein Verkäufer damit wirbt, dass er ein Produkt sofort liefern kann, muss dies auch stimmen.

In einem Onlineshop wurde ein Elektrofahrrad angeboten. Die Anzeige enthielt den Hinweis, dass „nur noch wenige Exemplare auf Lager“ seien. Außerdem stellte der Anbieter eine Lieferzeit von zwei bis vier Tagen in Aussicht. Als nun ausgerechnet ein Rechtsanwalt zu Testzwecken ein solches Elektrofahrrad mit einer bestimmten Rahmengröße bestellte, wurde ihm mitgeteilt, dass das bestellte Rad nicht auf Lager sei, aber einen Monat später ein Nachfolgemodell auf den Markt kommen würde. Das weitere Verfahren war vorgezeichnet: Der Händler erhielt eine einstweilige Verfügung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot von Lockangeboten. Dagegen ging der Händler in Berufung, verlor aber vor dem Oberlandesgericht Hamm. Das Angebot war wettbewerbswidrig, da das angebotene Rad nicht lieferbar war.

Hinweis: Derartige Lockangebote sollen Kunden dazu animieren, mit einer Kaufentscheidung nicht mehr allzu lange zu warten. Nach der Enttäuschung, dass der Artikel nicht mehr lieferbar ist, verlässt sich der Anbieter oftmals darauf, dass die unter Druck entstandene Entscheidung jedoch nicht mehr zurückgenommen und auf einen Nachfolgeartikel gewartet wird.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 11.08.2015 – 4 U 69/15
Thema: Sonstiges

Verkehrssicherungspflicht: Schaden bei Mäharbeiten am Straßenrand

Das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses bei einem Unfall setzt nicht automatisch eine absolute Unvermeidbarkeit voraus. Es reicht die Durchführung der erforderlichen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen, um den Unabwendbarkeitsnachweis zu führen.

Ein Pkw-Fahrer befuhr eine Bundesstraße. Neben der Bundesstraße wurden Mäharbeiten durch einen Traktor mit einem Mähausleger ausgeführt. Während der Vorbeifahrt flog ein Holzstück gegen das Auto und verursachte Sachschaden. Der Halter des Pkw verlangte von dem Verkehrssicherungspflichtigen Schadensersatz.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm besteht aber kein Anspruch auf Schadensersatz. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Schaden an dem Pkw durch ein hochgeschleudertes Holzstück verursacht wurde, wären Schadensersatzansprüche ausgeschlossen, weil das Schadensereignis ein für das Land unabwendbares Ereignis darstellt.

Die Unabwendbarkeit eines Unfalls setzt dabei keine absolute Unvermeidbarkeit voraus. Vielmehr ist hierfür ausreichend, dass das schadensstiftende Ereignis auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Werden Mäharbeiten durchgeführt, sind die Mitarbeiter des zuständigen Straßenbaulastträgers verpflichtet, solche Sicherungsmaßnahmen zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer zu ergreifen, die mit vertretbarem Aufwand zu erreichen sind. Umfangreiche Sicherungsmaßnahmen – wie das Aufstellen einer mitführbaren Schutzplane, der Einsatz eines weiteren Fahrzeugs sowie das vorherige Absuchen der zu schneidenden Fläche auf etwaige Steine – ist bei einer großen Rasenfläche wirtschaftlich unzumutbar und somit nicht möglich. Ausreichend war hier der am Traktor angebrachte Ausleger, der die Gefahr des Herausschleuderns eines Gegenstands aus dem Mähkopf auf ein Minimum reduziert.

Hinweis: Von dem Verkehrssicherungspflichtigen wird nach ständiger Rechtsprechung verlangt, dass er die Sicherungsmaßnahmen ergreift, die erforderlich und zumutbar sind. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist vom Einzelfall abhängig. So ist es durchaus möglich, dass nach Mäharbeiten mit einem motorgetriebenen Rasenmäher eine andere Beurteilung erfolgt wäre.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 03.07.2014 – 11 U 169/14 
Thema: Verkehrsrecht

Unterhaltsrecht: Detektivkosten sind zur Beweiserbringung von Ehebruch erstattungsfähig

Trennen sich Ehegatten, verlangt der wirtschaftlich schlechter Gestellte meist Unterhalt. Hat dieser aber gegen die sogenannte eheliche Treuepflicht verstoßen, kann aufgrund seines Verhaltens der Unterhaltsanspruch verwirkt sein – mit klaren Worten: Geht er fremd, ist unter Umständen kein Unterhalt zu erwarten. Das erste Problem besteht dabei darin, dieses eheliche Fehlverhalten nachzuweisen; das nächste, wer die Kosten zu tragen hat, die mit der Beweiserbringung verbunden sind.

Teuer kann es werden, wenn eine Detektei eingeschaltet wird, um nachzuweisen, dass der Ehegatte fremdgeht. Solche Kosten sind laut Rechtsprechung erstattungsfähig, sofern sie notwendig sind, um den Nachweis des Fremdgehens zu erbringen. Diese Notwendigkeit ist dann gegeben, wenn das Fremdgehen bestritten wird und nicht zu erwarten ist, dass von dem bzw. den Beteiligten brauchbare Aussagen erfolgen werden.

Sind diese Kosten vom fremdgehenden Ehegatten zu erstatten, geht der Anspruch jedoch nicht ins Uferlose – die Kosten müssen auch hier verhältnismäßig bleiben. So darf z.B. nicht irgendein Detektiv eingeschaltet werden, sondern nur ein ortsansässiger, um Reisekosten, Spesen und Hotelkosten einzusparen. Es sind ferner nur Abrechnungen nach Stundensätzen anzuerkennen und nicht zudem Grundhonorare oder Ermittlungspauschalen. Weiterhin sind die Kosten für Fotos oder Videos nicht zu übernehmen, da stattdessen der Detektiv als Zeuge im gerichtlichen Verfahren seine Beobachtungen darstellen kann. Und schließlich hat die Observation zu enden, sobald der Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht nachgewiesen ist.

Hinweis: Detektivkosten sind im Unterhaltsverfahren zu erstatten, wenn sie notwendigerweise anfallen, um sich gegen einen Unterhaltsanspruch zu wehren. Es ist aber kostensparend zu arbeiten.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 09.01.2015 – 6 WF 83/14
Thema: Familienrecht

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