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Schlagwort: Quelle: OLG Karlsruhe

Kaufkraftunterschied: Wohnsitz im Ausland beeinflusst die Unterhaltsberechnung

Leben die Beteiligten eines Verfahrens zur Unterhaltsfeststellung in Deutschland, macht es keinen Unterschied, welcher Nationalität sie angehören. Besonderheiten gelten dagegen, wenn einer der Beteiligten seinen Wohnsitz im Ausland hat.

Ist in diesen Fällen, in denen eine der Parteien ihren Wohnsitz im Ausland hat, der Unterhalt in Deutschland nach deutschem Recht zu bestimmen, gilt eine Besonderheit: Die unterschiedliche Kaufkraft des für die Unterhaltsbestimmung maßgeblichen Einkommens bzw. Vermögens nimmt Einfluss auf die Höhe des zu zahlenden Unterhalts. Das bedeutet, dass der Unterhalt zunächst nach den Regelungen und Prinzipien bestimmt wird, als würden alle Beteiligten in Deutschland leben. Danach ist jedoch auch der Kaufkraftunterschied zu berücksichtigen.

Lebt zum Beispiel der Unterhaltspflichtige in einem Land, in dem die Lebenshaltungskosten höher sind als in dem Land, in dem der Unterhaltsberechtigte lebt, ist dies bei der Unterhaltsbestimmung zu beachten. Dem Unterhaltspflichtigen muss dann mehr verbleiben, als würde er dasselbe Einkommen in Deutschland erzielen und dort leben.

Hinweis: Es sollte dem Fachmann überlassen bleiben, die Einzelheiten zur Berücksichtigung des Kaufkraftunterschieds zu klären. Dieser ist anhand der Daten des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) zu ermitteln.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.08.2015 – 2 UF 69/15
Thema: Familienrecht

Amtsermittlung: Strenge Pflichten des Nachlassgerichts bei unklarer Testierfähigkeit

Auch wenn der Erblasser ein Testament hinterlassen hat, kann dieses unwirksam sein – z.B. weil der Betroffene bei der Errichtung des Testaments nicht testierfähig war. Das ist vor allem dann der Fall, wenn er an Krankheiten wie Demenz oder einer Psychose litt. Diese Testierunfähigkeit ist jedoch häufig nur schwer zu beweisen.

Eine Ehefrau wollte einen Erbschein beantragen, da sie im notariellen Testament ihres Mannes als Alleinerbin eingesetzt worden war. Ihr Sohn wandte dagegen ein, dass der Verstorbene bei der Errichtung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Das zuständige Nachlassgericht holte ein Gutachten zur Testierfähigkeit des Erblassers ein, das zu dem Schluss kam, dass der Verstorbene testierunfähig gewesen sei, das Testament damit unwirksam ist und somit die gesetzliche Erbfolge gelte.

Das Gericht in der nächsten Instanz urteilte, dass das Nachlassgericht seine richterliche Aufklärungspflicht verletzt hatte. Bevor es das Gutachten in Auftrag geben durfte, hätte es weitere Tatsachen ermitteln müssen, auf die sich das Gutachten stützen konnte. So muss das Nachlassgericht in einem solchen Fall insbesondere Zeugen befragen, die im Zeitpunkt der Testamentserrichtung näheren Kontakt zu dem Erblasser hatten, es muss ferner den Notar anhören, der die Testamentsurkunde errichtet hatte, und zudem die behandelnden Ärzte konsultieren sowie die Krankenhausunterlagen sichten. Die Sache wurde daher an das Nachlassgericht zurückverwiesen, um die genannten Ermittlungen anzustellen.

Hinweis: Erbscheine werden von Nachlassgerichten ausgestellt und dienen dem Nachweis darüber, dass eine Person wirklich Erbe ist. Bevor das Nachlassgericht einen Erbschein ausstellen kann, muss es jedoch prüfen, wer die Erben sind, und somit auch, ob ein wirksames Testament vorliegt. Dieses Urteil macht deutlich, wie weitreichend dabei die Amtsermittlungspflicht des Nachlassgerichts ist.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.04.2015 – 11 Wx 82/14
Thema: Erbrecht