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Schlagwort: Rechte

Schwerbehindertenvertretung ≠ Betriebsrat: Arbeitgeber haftet nicht für Anwaltskosten nach Streit innerhalb der Schwerbehindertenvertretung

Für die Schwerbehindertenvertretung gelten viele Regelungen des Betriebsrats. Doch nicht auf jede gesetzliche Regelung trifft das zu. So kann es zwar Vertreter der Vertrauensperson für Schwerbehinderte geben, die Klärung ihrer internen Streitigkeiten und die Haftung durch den Arbeitgeber bei eventuell damit verbundenen Kosten sind jedoch nicht mit denen von Betriebsratsmitgliedern vergleichbar. Das zeigt der folgende Fall des Arbeitsgerichts Herne (ArbG).

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Betreuungsrecht: Die persönliche Anhörung des Betroffenen bleibt auch in Coronazeiten unablässlich

Bevor jemand unter Betreuung gestellt wird oder eine sonstige maßgebliche Entscheidung über seine Betreuung gerichtlich erfolgt, hat eine persönliche Anhörung des Betroffenen zu erfolgen. Insbesondere der Bundesgerichtshof (BGH) wird immer wieder mit derart gestalteten Fragen konfrontiert und nimmt es mit dieser Anhörungspflicht daher auch sehr genau. Dass dessen Entscheidungen auch immer wieder praktische Folgen nach sich ziehen, zeigt der folgende Fall.

Generell gilt zunächst, dass für den Fall, dass ein Volljähriger wegen psychischer Erkrankung oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst besorgen kann, ihm ein Betreuer durch das Gericht bestellt wird. Dieser Betreuer handelt dann innerhalb eines vorher festgesetzten Aufgabenkreises für den Betreuten. Damit man nicht einfach so unter Betreuung gesetzt werden kann, hat zuvor eine ausführliche Prüfung über die Notwendigkeit zu erfolgen. Dazu gehört vor allem auch, dass das Gericht den Betroffenen jeweils unmittelbar und persönlich anzuhören hat.

Wie ist es um dieses Erfordernis in Coronazeiten bestellt ist, hat der BGH klar entschieden: Die Anhörungspflicht gilt unverändert – ganz so, als gäbe es die Pandemie nicht. Zwar müssen der Schutz und die Sicherheit des Gerichts bei der persönlichen Anhörung vor Ort gewährleistet sein. Dies sei aber der Fall, wenn die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Hygienemaßnahmen ergriffen werden, so dass die entsprechenden Standards gewährleistet sind. Das Gericht darf also nicht davon absehen, den Betroffenen persönlich anzuhören, bevor in die Rechte des Betroffenen (weiter) eingegriffen wird.

Hinweis: In Alten- und Pflegeheimen haben sich Besucher vor dem Betreten einem Coronaschnelltest zu unterziehen. Sie müssen auch ansonsten gewissen Besonderheiten genügen. Das gilt also auch für die Richterinnen und Richter, wenn sie eine Anhörung vorzunehmen haben. Sich den Maßnahmen zu entziehen, indem auf die Anhörung verzichtet wird, ist nicht opportun! Das verbleibende Restrisiko bewertet das Gericht geringer als die Notwendigkeit, sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 04.11.2020 – XII ZB 220/20

Thema: Familienrecht

Kein automatischer Verfall: Wer aus freien Stücken in voller Sachlagenkenntnis auf Urlaub verzichtet, verliert seine Ansprüche

Das folgende Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wirft einen langjährigen Grundsatz des deutschen Urlaubsrechts über den Haufen.

Eine Arbeitgeberin bat einen Arbeitnehmer, vor Ende des Arbeitsverhältnisses seinen Resturlaub zu nehmen. Dieser nahm jedoch nur zwei Urlaubstage in Anspruch. Nachdem er die Vergütung für nicht genommene Urlaubstage verlangt hatte, klagte er das Geld schließlich ein.

Das Bundesarbeitsgericht fragte nun beim EuGH nach, ob Urlaub verfallen könne, wenn der Arbeitnehmer ihn zuvor gar nicht beantragt habe. Einen automatischen Verlust der Ansprüche lehnte der EuGH ab, da dies mit dem Unionsrecht nicht vereinbar sei. Denn ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich die schwächere Partei innerhalb des Arbeitsverhältnisses. Er kann daher davon abgeschreckt sein, seine Rechte gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen. Die Einforderung von Rechten kann den Arbeitnehmer Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Die Ansprüche können laut EuGH allerdings dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber durch eine angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen. Es ist hierbei jedoch Aufgabe des Arbeitgebers zu beweisen, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich rechtzeitig wahrzunehmen. Ist dieser Beweis möglich, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und dem entsprechenden Verlust der finanziellen Vergütung nicht entgegen.

Hinweis: Nun sind also die Arbeitgeber gefordert. Ein Arbeitnehmer verliert seinen Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Die Ansprüche können künftig nur noch dann untergehen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen Jahresurlaub zu nehmen.

Quelle: EuGH, Urt. v. 06.11.2018 – C-684/16

Thema: Arbeitsrecht

Gutachtenüberlassung bei Betreuung: BGH bestätigt wichtigen Unterschied zwischen Verfahrenspfleger und Verfahrensbevollmächtigten

Wer welche Rechte für unter Betreuung stehende Menschen vertreten darf, hat der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Fall dargelegt.

 

Psychisch Erkrankten und Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung wird ein Betreuer bestellt, sobald sie ihre Angelegenheiten aufgrund von Beeinträchtigungen ganz oder teilweise nicht mehr besorgen können. So ist gesetzlich geregelt, wann eine Betreuung eingerichtet wird. Der Gesetzgeber achtet dabei aber sorgfältig darauf, dass ein unter Betreuung Stehender in der Folge nicht rechtlos wird. Im Gesetz ist daher unter anderem ausdrücklich geregelt, dass gegen den freien Willen eines Volljährigen kein Betreuer bestellt werden darf. Zur Folge hat dies, dass vor der Einrichtung der Betreuung und der Betreuerbestellung ein Gutachten eingeholt wird, um festzustellen, ob derjenige, bei dem die Frage nach der Betreuung geprüft wird, noch zur freien Willensbildung in der Lage ist. Dieses Gutachten muss dem Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Er muss zu den Feststellungen des Gutachters bezüglich seiner freien Einsichts- und Handlungsfähigkeit Stellung nehmen können.

In diesem Zusammenhang wurde dem BGH ein Fall vorgelegt, bei dem ein Mann wegen paranoid-halluzinatorischer Psychose unter Betreuung stand, deren Aufhebung er begehrte. Daraufhin wurde ein Gutachten zur Bewertung seines Zustands eingeholt. Der Betroffene hatte eine Verfahrensbevollmächtigte, eine Rechtsanwältin, eingeschaltet. Diese erhielt das Gutachten dann auch zur entsprechenden Stellungnahme. Der Betroffene selber erhielt es jedoch nicht unmittelbar vom Gericht, obgleich er dies ausdrücklich verlangte. Genau das beanstandete der Betroffene – laut BGH jedoch zu Unrecht. Denn die Überlassung des Gutachtens an die Bevollmächtigte sei wie die Überlassung direkt an den Betroffenen zu behandeln.

Hinweis: Ein Verfahrenspfleger ist etwas anderes als ein Verfahrensbevollmächtigter. Die Aufgaben sind andere. Der Verfahrenspfleger ist nicht der selbst gewählte Vertreter desjenigen, um dessen Betreuung es geht. Die Übermittlung an den Verfahrenspfleger ersetzt – anders als beim Verfahrensbevollmächtigten – daher nicht die Zustellung an die Person, um deren Betreuung es geht.

Quelle: BGH, Beschl. v. 28.03.2018 – XII ZB 168/17

Thema: Familienrecht

Keine Einbindung, klare Weisungsregeln: Wie Arbeitgeber mit Werkverträgen das Mitspracherecht des Betriebsrats aushebeln

Wie einfach ein Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats umgehen kann, zeigt dieser Fall.

Ein Arbeitgeber schloss mit einem portugiesischen Unternehmen einen Werkvertrag über Wochenendarbeitszeiten. Dieses ließ sodann seine portugiesischen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten. Die Arbeitnehmer produzierten bestimmte Teile auf dem Betriebsgelände der eigentlichen Arbeitgeberin außerhalb der üblichen Öffnungszeiten. Dabei wurden sie von Führungskräften des portugiesischen Werkunternehmers angeleitet.

Der Betriebsrat des deutschen Unternehmens meinte nun, dass er bei dieser Vereinbarung zu beteiligen gewesen wäre, und zog vor das Arbeitsgericht. Die Richter konnten jedoch nicht feststellen, dass die Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des deutschen Arbeitgebers eingegliedert worden waren. Auch Weisungen erhielten sie nur von ihrem portugiesischen Arbeitgeber. Zudem konnte das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür feststellen, dass die Arbeitgeberin durch die hier gewählte werkvertragliche Lösung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in unzulässiger Weise umgangen hatte. Somit waren keine Rechte des Betriebsrats verletzt worden.

Hinweis: In diesem Fall hat der Arbeitgeber – zumindest aus seiner Sicht – alles richtig gemacht. Er musste trotz der Beschäftigung neuer Arbeitskräfte seinen Betriebsrat nicht beteiligen. Ob das allerdings zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat führt, scheint fraglich.

Quelle: LAG Hamm, Beschl. v. 14.10.2016 – 13 TaBVGa 8/16
um Thema: Arbeitsrecht

Erbenhaftung

Erbenhaftung

Ein Erbe erhält durch die Erbschaft nicht nur Rechte, sondern erbt auch die Schulden des Verstorbenen. Mit dem Tod wird anstelle des Verstorbenen sein Erbe oder – wenn mehrere Erben vorhanden sind – die Erbengemeinschaft Schuldner der Verbindlichkeiten. Der Erbe oder die Erbengemeinschaft haften deshalb für die gesamten Verbindlichkeiten eines Verstorbenen.

Häufig haben die Erben nach dem Tod des Erblassers keine Kenntnis von den Nachlasswerten und somit auch keine Kenntnis darüber, ob der Nachlass überschuldet ist.

Die knapp bemessene Ausschlagungsfrist reicht in der Regel nicht aus, sich die erforderlichen Informationen zu besorgen, zumal insbesondere die Banken Auskünfte, sofern kein Erbschein vorhanden ist, zunächst nicht erteilen.

Hat man den Erbschein beantragt, liegt hierin in der Regel bereits eine Annahme der Erbschaft, so dass eine Ausschlagung grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt.

Um in dieser Situation noch eine Haftungsbegrenzung herbeizuführen, stehen verschiedene Möglichkeiten offen: die Nachlassverwaltung, die Nachlassinsolvenz sowie die Dürftigkeitseinrede.

Um hier keine Fehler zu begehen, bedarf es der Mitwirkung eines Fachanwalts für Erbrecht.

Peter Kania

Peter Kania

T. 0202-38902-20

Erbrecht

  • Rechtsanwalt Peter Kania

    Peter Kania

  • Rechtsanwalt Rainer Tschersich

    Rainer Tschersich

  • Kati-Kirschstein-Rechtsanwältin

    Kati Kirschstein

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