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Schlagwort: Rechtsbeschwerde

Berufungsverfahren: Wer einen Anwalt als zusätzlichen Prozessbevollmächtigten zu spät hinzuzieht, muss ihn bezahlen

Vor dem Arbeitsgericht (ArbG) trägt jede Partei in der ersten Instanz ihre Anwaltskosten selbst. In der Berufungsinstanz muss hingegen derjenige, der verliert, auch die Anwaltskosten der Gegenseite zahlen. Wie sich diese Verteilung in einem Arbeitsrechtsprozess verhält, bei dem der Kläger erst im Berufungsverfahren einen Anwalt als zusätzlichen Prozessbevollmächtigten neben einem Gewerkschaftsvertreter hinzuzieht und gewinnt, musste im Folgenden das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) entscheiden.

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Sonderfall im Bußgeldkatalog? Fahrzeugklasse „SUV“ lässt keinen allgemeinen Rückschluss auf höhere Gefährdungslage zu

Das gute „Sport Utility Vehicle“ – kurz SUV – spaltet die Gesellschaft wie kaum eine vorige Bauklasse unter den Kraftfahrzeugen. Entsprechend groß war das Interesse an einem Fall, den auch wir in der Vorinstanz bereits in unserer Septemberausgabe 2022 behandelt hatten: Dort hatte das Amtsgericht Frankfurt am Main (AG) den Betroffenen wegen eines Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt und dabei die vom Bußgeldkatalog vorgesehene Regelbuße von 200 EUR auf 350 EUR erhöht. Nun war das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit dem Fall in zweiter Instanz befasst.

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Erblasserwille maßgebend: Verhältnis zwischen Testamentsvollstreckung und postmortaler Vollmacht

Hat ein Erblasser eine Vollmacht ausgestellt, die auch über seinen Tod hinaus Geltung hat, kann diese in Konkurrenz zu einer ebenfalls angeordneten Testamentsvollstreckung stehen. In welchem Verhältnis diese beiden Gestaltungsmöglichkeiten zueinander stehen, war Gegenstand einer Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH).

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Truckerdisco: Extreme Zusatzbeleuchtung am Lkw führt nicht automatisch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis

Für viele sind sie Hindernisse für die freie Fahrt auf Autobahnen und Straßen – und das, obwohl Lkw-Fahrer unsere Konsumgüter dorthin bringen, wo wir sie erwarten. Und weil sie einen relativ einsamen Dienst an der Gesellschaft leisten, scheint es doch recht verständlich, wenn sich Trucker ihr berufliches Dasein so „bunt“ wie möglich gestalten wollen. Wie bunt, das musste das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) in einem Fall entscheiden, bei dem der Beklagte dies in den Augen der Polizei zu wörtlich genommen haben soll.

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Absehen eines Fahrverbots: Darlegung und Begründung einer vorliegenden außergewöhnlichen Härte sind unabdingbar

Die Verhängung eines Fahrverbots von einem Monat kann für einige Arbeitnehmer schwere berufliche Folgen haben. In solchen Fällen kann daher vom Fahrverbot abgesehen werden, sofern Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Härte vorliegen. Dass hierfür aber mehr vonnöten ist als eine kritiklose Hinnahme des klägerseitigen Einwands eines drohenden Arbeitsplatzverlusts, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

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Kostenentscheidung im Erbscheinsverfahren: Oberlandesgerichte uneins, wer die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu tragen hat

Ein Gerichtsverfahren ist stets auch mit Kosten verbunden. Im Folgenden musste das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entscheiden, ob mit der kostenpflichtigen Ablehnung eines Erbscheins auch außergerichtliche Kosten berührt werden oder sich diese Kostenentscheidung lediglich auf die Gerichtskosten des Erbscheinsverfahrens bezieht.

Ein Nachlassgericht hatte im Jahr 2017 einen Erbscheinsantrag „kostenpflichtig“ zurückgewiesen. Mehrere an dem Verfahren Beteiligte haben daraufhin bei Gericht beantragt, dass die ihnen entstandenen außergerichtlichen (Rechtsanwalts-)Kosten von den Antragstellern zu erstatten seien.

Diesen Antrag hat das OLG Düsseldorf letztlich zurückgewiesen. Trifft ein Nachlassgericht die Entscheidung, dass der von den Beteiligten gestellte Erbscheinsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen wird, bezieht sich diese Kostenentscheidung in den Augen des Düsseldorfer Senats lediglich auf die Gerichtskosten. Die Entscheidung ist keine Grundlage für die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten der übrigen am Verfahren Beteiligten.

Es wird in der Rechtsprechung der OLGs zwar nicht einheitlich beantwortet, ob in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – zu denen auch das Erbscheinsverfahren gehört – mit der Kostenentscheidung auch eine Entscheidung darüber getroffen wird, wer die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu tragen hat. Das OLG geht in Düsseldorf ebenso wie die Kollegen in Köln jedoch davon aus, dass mit einer solchen Entscheidung lediglich über die Gerichtskosten entschieden wird, wobei das OLG in Hamm dies anders sieht.

Hinweis: Aufgrund der unterschiedlichen Ansichten der verschiedenen OLGs und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hat der Senat des hier urteilenden Gerichts die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.01.2021 – I-3 Wx 205/20

Thema: Erbrecht

Vollstreckungsgegenklage möglich: Miterben dürfen alleine einen Titel gegen den Schuldner zugunsten der Erbengemeinschaft erstreiten

Miterben sind gesetzlich nur dazu berechtigt, Ansprüche der Erbengemeinschaft mit Wirkung für die gesamte Erbengemeinschaft geltend zu machen. Hat ein Miterbe einen solchen Vollstreckungstitel erworben, schließt sich die Frage an, ob dieser Miterbe auch alleine dazu berechtigt ist, die Zwangsvollstreckung durchzuführen. Eine Antwort darauf zu finden, war im Folgenden Aufgabe des Bundesgerichtshofs (BGH).

Nach dem Tod des Erblassers fand eine Zwangsversteigerung eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks zur Aufhebung der Erbengemeinschaft statt. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) wurde festgestellt, dass der Erbengemeinschaft gegen einen der Söhne des Erblassers noch eine Forderung aus dem Verteilungsverfahren von ca. 150.000 EUR zusteht. Über diese Forderung der Erbengemeinschaft hat das AG dem Enkel des Erblassers, der ebenfalls zur Erbengemeinschaft gehörte, eine vollstreckbare Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses erteilt. Der Sohn des Erblassers und Schuldner der Forderung wendete sich erfolglos gegen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

Der BGH hat im Wege einer Rechtsbeschwerde entschieden, dass das AG die vollstreckbare Ausfertigung der Entscheidung zu Recht zugunsten des Miterben erteilt hat. Dies sei eine zwangsläufige Konsequenz aus der gesetzlichen Befugnis des Miterben, alleine einen Titel gegen den Schuldner zugunsten der Erbengemeinschaft zu erstreiten. Es entspreche dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, dass es jedem Miterben möglich sein soll, unabhängig von den weiteren Miterben einen zum Nachlass gehörenden Anspruch einzufordern, einzuklagen und im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Sollten mehrere Miterben jeweils gesondert für sich eine Ausfertigung des Vollstreckungstitels über die gesamte Forderung beantragen, würde der Schuldner nämlich ausreichend dadurch geschützt, dass er im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend machen kann, die Forderung bereits gegenüber einem Miterben erfüllt zu haben.

Hinweis: Mit dieser Entscheidung wird ein Streit in der Rechtsprechung darüber beendet, ob der Miterbe eine vollstreckbare Ausfertigung verlangen kann, die ausschließlich ihn als Vollstreckungsgläubiger ausweist.

Quelle: BGH, Urt. v. 04.11.2020 – VII ZB 69/18

Thema: Erbrecht

Unfall an Autobahnzufahrt: Amtsgericht muss klären, ob und wie viel Stillstand das Vorfahrtsrecht beim Einfädeln verwirken läss

Die Vorfahrtsregel, wonach der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn Vorfahrt vor Fahrzeugen hat, die auf die Fahrbahn auffahren wollen, gilt auch beim sogenannten „Stop-and-Go-Verkehr“ – also bei einem Mindestmaß an Bewegung im Verkehr.

In einem solchen Zusammenhang beabsichtigte ein Autofahrer, auf eine Autobahn aufzufahren, auf der sich der Verkehr staute. Vor dem Fahrzeugführer fuhr ein weiteres Fahrzeug, dessen Fahrer es gelang, in eine Lücke zwischen zwei Sattelzügen auf die rechte durchgehende Fahrbahn einzufahren. Der Betroffene selbst kam in Schrägstellung vor einem Sattelzug zum Stehen. Beim Anfahren übersah dann der Fahrer des Sattelzugs den Pkw, so dass es zum Unfall kam. Gegen den Autofahrer wurde eine Geldbuße wegen einer Vorfahrtsverletzung von 110 EUR verhängt. Dagegen klagte der Mann, und das Oberlandesgericht Hamm (OLG) musste seiner Rechtsbeschwerde hier recht geben.

Das Gericht hat die Sache an das erstinstanzliche Amtsgericht zurückverwiesen. In seiner Entscheidung führt es aus, dass das vorbefasste Amtsgericht zwar zutreffend davon ausgegangen sei, dass der auf eine Autobahn Auffahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs zu beachten habe – und zwar auch dann, wenn zähfließender Verkehr oder staubedingt Stop-and-Go-Verkehr herrsche. Aus dem Wort Vorfahrt ergibt sich allerdings auch, dass ein Mindestmaß an Bewegung des bevorrechtigten Verkehrs auf der durchgehenden Fahrbahn herrschen sollte, da anderenfalls nicht von einer „Fahrt“ gesprochen werden könne. Da das Amtsgericht keine konkreten Feststellungen dazu getroffen habe, wie lange der Sattelzug stand, bevor es zum Unfall kam, war die Angelegenheit zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückzuverweisen.

Hinweis: Grundsätzlich geht auch das OLG davon aus, dass bei Stop-and-Go-Verkehr die Vorfahrtsregelungen auf Autobahnen zu beachten sind, nämlich dass der Auffahrende die Vorfahrt des Fahrzeugverkehrs auf den Hauptfahrstreifen zu beachten hat. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn der Verkehr auf der durchgehenden Fahrbahn in einer Weise zum Stehen gekommen ist, dass mit einer erneuten Fahrbewegung in kürzester Frist nicht zu rechnen ist. Hätte der Sattelzug etwa drei bis vier Minuten gestanden, wäre nach Auffassung des Gerichts eine Vorfahrtsverletzung nicht gegeben. 

 Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 03.05.2018 – 4 RBs 117/18

Thema: Verkehrsrecht