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Schlagwort: Reparaturmöglichkeit

Fiktive Abrechnung: Verweis auf Vertragswerkstatt bei einem noch nicht drei Jahre alten Fahrzeug zulässig

Fiktive Abrechnungen sind nach Unfallschäden immer wieder Fälle für die Gerichte. Auch in diesem Fall musste sich das Landgericht Magdeburg (LG) mit der Frage befassen, wann sich Geschädigte auf eine Reparaturmöglichkeit in einer Vertragswerkstatt des Herstellers in der Nähe seines Wohnorts verweisen lassen müssen.

Nach einem unverschuldeten Unfall ließ der Geschädigte ein Sachverständigengutachten zur Höhe der Reparaturkosten erstellen. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verwies ihn allerdings auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer in seiner Nähe befindlichen Vertragswerkstatt. Der Geschädigte ließ das Fahrzeug dennoch in einer freien Werkstatt reparieren und legte eine Reparaturkostenrechnung nicht vor. Die Haftpflichtversicherung zahlte den sich aus dem Prüfbericht ergebenden Nettoreparaturkostenbetrag. Der Geschädigte klagte die Differenz zu den sich aus dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten resultierenden Nettoreparaturkosten ein.

Das LG hat die Klage abgewiesen, da der fiktiv abrechnende Geschädigte mit der Zahlung der Reparaturkosten laut Prüfbericht bereits vollständig entschädigt wurde. Da der Geschädigte auf eine Vertragswerkstatt verwiesen wurde, liegt auch eine technische Gleichwertigkeit bezüglich der im von ihm eingeholten Gutachten ermittelten Reparaturkosten vor. Der von der Versicherung vorgenommenen Schadenabrechnung wurden die konkreten Lohnkosten und Stundenverrechnungssätze zugrunde gelegt. Die Versicherung musste ihm auch nicht ein konkret annahmefähiges Angebot zur Reparatur seines Fahrzeugs vorlegen. Die Vorlage eines Prüfberichts reiche völlig aus.

Hinweis: Grundsätzlich ist es so, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Geschädigter eines zum Unfallzeitpunkt nicht mehr als drei Jahre alten Fahrzeugs sich nicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Werkstatt verweisen lassen muss. Die Besonderheit in diesem Fall liegt jedoch darin, dass der Verweis auf eine vom Wohnort des Geschädigten 18 km entfernte Vertragswerkstatt erfolgte. Ob allerdings die vom LG vertretene Rechtsansicht vor der obergerichtlichen Rechtsprechung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.

Quelle: LG Magdeburg, Urt. v. 19.03.2021 – 1 S 213/20

Thema: Verkehrsrecht

Fiktive Schadensabrechnung: Der Hinweis auf eine gleichwertige, aber günstigere Werkstatt muss akzeptiert werden

Bei der sogenannten fiktiven Schadensabrechnung ist ein Verweis auf eine günstigere Referenzwerkstatt auch dann möglich, wenn im Gutachten des Geschädigten die Reparaturkosten auf der Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze kalkuliert wurden.

Nach einem unverschuldeten Unfall brachte der Geschädigte sein Fahrzeug zu einem Kfz-Sachverständigen, um die erforderlichen Reparaturkosten schätzen zu lassen. Bei der Erstellung des Gutachtens kalkulierte der Sachverständige die Reparaturkosten auf Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze. Der Geschädigte verlangte daraufhin die Erstattung der Reparaturkosten auf Basis dieses Gutachtens. Die gegnerische Haftpflichtversicherung verwies den Mann allerdings auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer nahe gelegenen Werkstatt.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Würzburg (AG) war der Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nicht zu beanstanden. Auch wenn der Geschädigte nicht zur Marktforschung verpflichtet ist, muss er sich im Rahmen fiktiver Abrechnung doch mit einem  Hinweis auf eine günstigere, gleichwertige Reparaturwerkstatt auseinandersetzen – und sich bei Gleichwertigkeit mit dem niedrigeren Betrag zufrieden geben. Das Gericht hatte durch einen Sachverständigen klären lassen, ob die von der gegnerischen Versicherung genannte Referenzwerkstatt die Leistungen gleichwertig und entsprechend den Vorgaben im Gutachten hätte durchführen können. Und genau dies wurde bestätigt.

Hinweis: Es ist immer wieder zu beobachten, dass Sachverständige bei der Kalkulation der Reparaturkosten nicht die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt, sondern mittlere ortsübliche Stundenverrechnungssätze zugrunde legen. Das Oberlandesgericht München hatte in einem Fall aus dem Jahr 2013 noch entschieden, dass dort ein Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nicht akzeptiert werden musste. Die Entscheidung des AG liegt allerdings auf der Linie des Bundesgerichtshofs. Kann die Schädigerseite die zumutbare Möglichkeit der Inanspruchnahme einer preiswerteren Werkstatt ausreichend darlegen und notfalls beweisen, ist auf Grundlage der preiswerteren Reparaturmöglichkeit abzurechnen.

Quelle: AG Würzburg, Urt. v. 10.04.2017 – 30 C 1735/16

Thema: Verkehrsrecht