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Schlagwort: ruhenden Verkehr

Sorgfaltspflicht im Parkhaus: Bei Fahrspuren mit Straßencharakter gilt die „Rechts-vor-links“-Regel

Dass man es oft eilig hat, ein Parkhaus zu verlassen, liegt in der Natur der Sache. Schließlich dienen sie nur dem Zweck, sein Fahrzueg für eine geraume Zeit abzustellen, und ferner können sich wohl die wenigsten Gebäude dieser Art rühmen, eine besonders angenehme Atmosphäre zu bieten. Welche Verkehrsregeln in einem Parkhaus zu beachten sind, musste das Kammergericht Berlin (KG) kürzlich klären. Denn man ahnt es – selten sind Kollisionen auch hier nicht.

Ein Autofahrer befuhr in diesem Fall eine Fahrspur, die allein der Ausfahrt aus einem Parkhaus diente. Aus seiner Sicht kam ein anderes Auto von links auf einer gleichgearteten Spur herangefahren und fuhr in sein Fahrzeug. Der Geschädigte verlangte von seinem Unfallgegner daraufhin Schadensersatz – und lag damit immerhin zu 80 % richtig.

Denn in dieser Höhe hat das KG hat dem Geschädigten seine Ansprüche zugesprochen. Eine 20%ige Mithaftung musste er allerdings aus der Betriebsgefahr annehmen. Das Gericht sah, auch wenn sich der Unfall in einem Parkhaus ereignete, die überwiegende Haftung jedoch bei dem Wartepflichtigen – in diesem Fall bei dem von links Kommenden -, da auch im Parkhaus die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ entsprechend anwendbar ist. Inwieweit diese Vorfahrtsregel in einem Parkhaus bzw. auf einem Parkplatz Anwendung findet, hängt nach Auffassung des Gerichts davon ab, ob die Fahrspuren lediglich dem ruhenden Verkehr dienen – das heißt der Suche nach einem Parkplatz -, oder ob sie darüber hinaus Straßencharakter besitzen. Hier ging das Gericht von einem Straßencharakter der beiden benutzten Fahrspuren aus: An ihnen war ein Parken nicht möglich, sie erschlossen auch keinen Bereich zum Parken, sondern führten jeweils unmittelbar zur Ausfahrt aus dem Parkhaus.

Hinweis: Das Urteil entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung. Das Gericht weist auch darauf hin, dass es sich bei der von dem Geschädigten genutzten Fahrbahn nicht deshalb um eine untergeordnete Straße handelt, weil an ihr zuvor eine Schranke angebracht war, die sich erst nach Einführen eines Parktickets öffnete. Dies mag geeignet sein, den noch vornehmlich dem Parken bestimmten Bereich von dem zum Ausfahren bestimmten abzugrenzen – es ändert allerdings nichts am eindeutigen Straßencharakter.

Quelle: KG, Beschl. v. 09.07.2018 – 25 U 159/17

Thema: Verkehrsrecht

Sichtbarkeitsgrundsatz: Nur erkennbare Halt- und Parkverbote verpflichten zur genauen Beachtung

Der sogenannte Sichtbarkeitsgrundsatz gilt uneingeschränkt auch bei Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen.

Die Stadt Berlin hatte anlässlich eines Straßenfests mobile Halteverbotsschilder aufgestellt. In diesem Bereich stand ein Fahrzeug, dessen Halter nicht ermittelt werden konnte, so dass das Fahrzeug kostenpflichtig abgeschleppt wurde. Der Halter des Fahrzeugs war allerdings der Auffassung, dass das mobile Halteverbotsschild für einen durchschnittlich aufmerksamen Fahrzeugführer nicht erkennbar war, weil es parallel zur Fahrtrichtung und zu niedrig aufgestellt worden war.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat dieser Auffassung entsprochen und entschieden, dass das Abschleppen des Fahrzeugs rechtswidrig war. Die Vorinstanzen waren zwar der Auffassung, dass der Fahrzeugführer beim Parken den Bereich um das Fahrzeug nach Park- oder Halteverbotsschildern abzusuchen habe. Demgegenüber vertritt das BVerwG jedoch die Auffassung, dass sich der Fahrzeugführer beim Abstellen des Fahrzeugs über den Bedeutungsgehalt nur dann informieren muss, wenn Halt- oder Parkverbote erkennbar sind. Es besteht keine Verpflichtung, den Bereich rund um das Fahrzeug danach abzusuchen, ob Verkehrszeichen zur Regelung des ruhenden Verkehrs vorhanden sind oder nicht.

Hinweis: Sollen künftig im Halteverbot abgestellte Fahrzeuge abgeschleppt werden, sind die Behörden verpflichtet, die vorhandenen Verkehrszeichen zu fotografieren, damit später der Einwand widerlegt werden kann, diese seien nicht erkennbar gewesen.

Quelle: BVerwG, Urt. v. 06.04.2016 – 3 C 10.15
Thema: Verkehrsrecht