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Schlagwort: Sachverständigengutachten

Beweislast des Klägers: Bei nicht gestelltem Beweisantrag muss kein Gericht von Amts wegen ein Gutachten veranlassen

Wenn zwei sich streiten, hilft ein oft ein neutraler Dritter, der die Lage unter professionellen Gesichtspunkten betrachten und bewerten kann. Bei Gericht nimmt eine solche Position in der Regel ein Gutachter ein. Wann aber genau ein Amtsgericht ein Sachverständigengutachten einzuholen hat, klärt dieser Fall des Bundesgerichtshofs (BGH).


Hier stritten sich die Parteien im Zuge einer Mieterhöhung um die Größe der betreffenden Wohnung. Um ihr Mieterhöhungsbegehren durchzusetzen, zog die Vermieterin vor Gericht. Das damit befasste Amtsgericht (AG) wies die Vermieterin ausdrücklich darauf hin, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sei. Der Rechtsanwalt der Vermieterin hat jedoch – ebenso ausdrücklich – keinen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Als die Klage daraufhin abgewiesen wurde, zog die Vermieterin bis vor den BGH.

Der BGH war jedoch auch der Auffassung, dass die Vorinstanz richtig entschieden hatte. Denn auch von Amts wegen war das AG nicht gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden, wenn der Richter – nachdem er zuvor auf die Erforderlichkeit eines entsprechenden Beweisantrags hingewiesen hatte – wegen des offen ausgesprochenen entgegenstehenden Willens der beweisbelasteten Partei von der Einholung eines Sachverständigengutachtens von Amts wegen absieht.

Hinweis: Ob ein Sachverständigengutachten, das häufig recht teuer ist, eingeholt werden muss, sollte bereits im Vorfeld eines Prozesses besprochen werden. Es steht im Ermessen des Gerichts, ob es ein Sachverständigengutachten von Amts wegen einholt, wenn die beweisbelastete Partei ein Sachverständigengutachten nicht eigenständig beantragt.

Quelle: BGH, Urt. v. 27.02.2019 – VIII ZR 255/17

Thema: Sonstiges

Werkstattverweise durch Versicherer: Uneinheitliche Beurteilungen machen eine abschließende BGH-Bewertung wünschenswert

Nach unverschuldeten Unfallschäden ist die Wahl der Reparaturwerkstatt zwischen Geschädigten und Versicherern ein allzu beliebtes Thema, mit denen die Gerichte betraut werden. In der Regel zieht die Versicherung des Schädigers dabei den Kürzeren, sofern ortsübliche Stundensätze nicht erheblich überschritten werden. Doch dass man sich auf diese Regelmäßigkeit nicht verlassen sollte, beweist der folgende Fall, den das Landgericht Bonn (LG) anders bewertet hat als viele Gerichte zuvor.

Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall wurde das Fahrzeug des Betroffenen beschädigt. Nach dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten rechnete der Geschädigte daraufhin fiktiv ab. Die gegnerische Haftpflichtversicherung verwies ihn jedoch auf eine günstigere Werkstatt in seiner Nähe und kürzte die von ihr zu erstattenden Reparaturkosten. Den dadurch entstandenen Differenzbetrag verlangte der Mann nun ersetzt.

Das LG hielt jedoch den Werkstattverweis der Versicherung für durchaus zulässig. Für den Geschädigten ergibt sich eine Unzumutbarkeit des Werkstattverweises nicht allein deshalb, weil das von ihm eingeholte Sachverständigengutachten nur auf den durchschnittlichen ortsüblichen Stundenverrechnungssätzen basiert. Ein Verweis ist nämlich dann zulässig, wenn der Schädiger bzw. dessen Versicherung die Gleichwertigkeit und mühelose Erreichbarkeit der Referenzwerkstatt nachweisen kann. Denn auch dann erhält der Geschädigte Kosten für eine Reparatur, die dem Standard einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Hinweis: Die vom LG zu entscheidende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt. Andere Gerichte hätten im vorliegenden Fall den Werkstattverweis nicht akzeptiert. Eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof wäre daher in absehbarer Zeit wünschenswert.

Quelle: LG Bonn, Urt. v. 11.09.2018 – 5 S 53/18

Thema: Verkehrsrecht

Lüftungsanlage im Passivhaus: Zugluft durch Wärmerückgewinnung kann einen berechtigten Mietmangel darstellen

Passivhäuser haben eine besondere Lüftungsanlage. Doch was ist, wenn es durch diese Lüftung zieht? Haben Mieter dann ein Mietminderungsrecht?

In einem neu gebauten Passivhaus lag unter anderem eine Drei-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung wurde von Mietern bewohnt, die meinten, dass in den Wintermonaten trotz funktionierender Fußbodenheizung die Zugluft nicht mehr erträglich gewesen sei. Für anderthalb Jahre zahlten die Mieter nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung ihre Miete. Diese Forderung machten sie nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend und forderten knapp 10.000 EUR gerichtlich zurück.

Immerhin erhielten die Kläger knapp 6.600 EUR. Denn das Gericht stellte durchaus einen Mietmangel fest, der eine Minderung der Miete um 10 % für das ganze Jahr rechtfertigte. Zugluft kann in einem Passivhaus grundsätzlich einen minderungsrelevanten Mangel darstellen. Aufgrund einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung kommt es konstruktionsbedingt häufiger vor, dass in Räumen Zugluft entsteht. Wie sich aus einem eingeholten Sachverständigengutachten ergab, wurde in der Wohnung die Zugluft im Winter jedoch stets mit einer zu niedrigen Temperatur eingebracht, so dass die Wohnung nicht mehr angenehm temperiert werden konnte.

Hinweis: Zugluft in einem Passivhaus kann also einen Mietmangel darstellen, der eine Minderung rechtfertigt. Deshalb sollten Bauherren genau prüfen, ob die Heizungsanlage auch tatsächlich so funktioniert, wie sie es soll.

Quelle: AG Frankfurt a.M., Urt. v. 18.08.2017 – 33 C 1251/17 (76)

Thema: Mietrecht

Undokumentiert und unrepariert: Vorschäden können nach einem erneutem Unfall zum Wegfall sämtlicher Schadensersatzansprüche führen

Bei Vorschäden kommt ein Schadensersatzanspruch aufgrund des erneuten Unfalls nur infrage, wenn dargelegt wird, welcher Art der Vorschaden war, zu welchen Beschädigungen er am Fahrzeug geführt hat und ob und inwieweit diese Vorschäden ordnungsgemäß repariert waren. Tut der Geschädigte dies nicht, kann er auch keinen Schadensersatz verlangen – selbst nicht für die eindeutig mit dem Unfallgeschehen in Verbindung stehenden Schäden.

Ein Mann befuhr mit seinem Fahrzeug einen Kreisverkehr. Dort kam es zu einer Kollision mit einem einfahrenden Fahrzeug, so dass der Wagen des Geschädigten vorn rechts beschädigt wurde. Er verlangte daraufhin Schadensersatz, den ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten errechnet hat.

Das Oberlandesgericht Celle hat dem Geschädigten jedoch keinen Schadensersatz zugesprochen, weil laut gerichtlich eingeholtem Sachverständigengutachten massive Vorschäden am Fahrzeug vorlagen, die in keiner Weise auf den Unfall zurückgeführt werden konnten. Zwar trifft es zu, dass ein durchaus abgrenzbarer Schadensbereich vorlag, der durch den behaupteten Unfall verursacht sein konnte. Nach Auffassung des Gerichts kann hierfür aber kein Schadensersatz verlangt werden. Der Sachverständige konnte nämlich nicht sicher feststellen, dass es sich bei den Vorschäden und den aktuell verhandelten Schäden um klar abgrenzbare Bereiche am Wagen handelte. Ebenso war es durchaus möglich, dass die durch den behaupteten Unfall beschädigten Teile seinerzeit bereits in Mitleidenschaft gezogen und nicht ordnungsgemäß repariert waren. Und genau hier traf es den Geschädigten – denn dieser konnte seinerseits nicht darlegen, ob und inwieweit er diese Vorschäden ordnungsgemäß hat reparieren lassen.

Hinweis: Letztendlich war das Gericht davon überzeugt, dass der Geschädigte den Unfall absichtlich herbeigeführt hat. Im Fall eines reparierten Vorschadens im Bereich des neu eingetretenen Schadens verlangt die Rechtsprechung den sogenannten konkreten Vortrag zu Art und Umfang des Vorschadens und zur fachgerechten und vollständigen Schadensbeseitung.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 19.05.2017 – 14 U 40/17

Thema: Verkehrsrecht

Umgangsrecht verwirkt: Großeltern, die ihre Enkel in Loyalitätskonflikte bringen, ziehen meist den Kürzeren

Eltern haben automatisch ein Recht auf Umgang mit ihren Kindern, ohne dass es dazu einer gerichtlichen Regelung bedarf.

Seit 1998 haben Großeltern einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf den Umgang mit ihren Enkelkindern, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Unter dieser Prämisse hatte sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage zu beschäftigen, was passiert, wenn Eltern den Großeltern den Kontakt zu den Enkelkindern untersagen.

Das Verhältnis zwischen den Eltern, die mit ihren minderjährigen Kindern zusammenleben, und den Großeltern mütterlicherseits war sehr angespannt. Es kam zu einer Vereinbarung, nach der die Großeltern den Eltern ein zinsloses Darlehen zur Verfügung stellten und im Gegenzug Umgang mit den Kindern erhielten. Zur Rückzahlung sollte das Darlehen fällig werden, sobald die Eltern den Umgang nicht mehr gewährten. Auf den im weiteren Verlauf schriftlich erfolgten Vorwurf der Großeltern an das Jugendamt mit dem Betreff: „Vorfälle von seelischer Misshandlung der Enkelkinder (…)“ folgte zuerst ein Sachverständigengutachten, das die Vorwürfe als unberechtigt einstufte, und sodann ein Kontaktverbot zwischen den Großeltern und ihren Enkeln. Das wollten die Eltern der Mutter nicht hinnehmen, so dass sie den Kontakt schließlich gerichtlich einforderten.

Der Antrag wurde abgewiesen: Ein Recht auf Umgang zwischen Großeltern und Enkeln besteht und kann gerichtlich durchgesetzt werden, sofern dieser Umgang dem Wohl des Kindes dient. Das Recht auf Aufrechterhaltung dieser Bindung setzt jedoch voraus, dass der Fortbestand des Kontakts der Entwicklung des Kindes förderlich ist. Sind Eltern und Großeltern hingegen so stark zerstritten, dass dies die Kinder bzw. Enkelkinder in Loyalitätskonflikte bringt, fehlt es genau an diesem entscheidenden Gesichtspunkt. Und da den Eltern nun einmal der Erziehungsvorrang zukommt, haben die Großeltern in solchen Fällen das Nachsehen.

Hinweis: Der dem BGH vorliegende Fall erinnert mit der skurrilen Vereinbarung „zinsloses Darlehen gegen Enkelkontakt“ eher an Serienplots als an Regelungen zwischen erwachsenen Menschen. Anschwärzende Schreiben – wie das der Großeltern an das Jugendamt – kommen hierzulande in der Realität hingegen öfter vor. Großeltern tun gut daran, solche Schreiben nicht zu verschicken, da sie damit sehr schnell den Kürzeren ziehen.

Quelle: BGH, Beschl. v. 12.07.2017 – XII ZB 350/16

Thema: Familienrecht

Der Wannenduscher: Ein Mieter haftet ohne Minderungsansprüche für selbst verursachte Schimmelbildung

Gibt es Schimmel in der Wohnung, können Mieter die Beseitigung verlangen und zudem die Miete mindern. Doch was, wenn sie den Schimmel unter Umständen selbst verursacht haben?

 

Es ging um eine Mietwohnung mit einer Badewanne im Badezimmer. Dort duschte der Mieter, obwohl nur bis zur halben Stehhöhe Fliesen angebracht waren. Im darüber liegenden Wandbereich zeigte sich alsbald ein Schimmelbefall. Der Mieter minderte die Miete und verlangte die Entfernung des Schimmels durch den Vermieter. Ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten ergab dann jedoch, dass das Duschen des Mieters im Stehen die Schimmelbildung eindeutig verursacht hatte. Zwar war der Schimmelbefall ein Mangel, diesen hatte der Mieter jedoch selbst hervorgerufen. Daher hatte er weder einen Mängelbeseitigungsanspruch noch das Recht auf eine Mietminderung.

Hinweis: Minderungsansprüche scheiden immer dann aus, wenn der Mangel selbst verschuldet wurde oder bereits bei Vertragsabschluss vorgelegen hat. Auch das sollten Mieter stets beachten! 
  
Quelle: LG Köln, Urt. v. 24.02.2017 – 1 S 32/15

Thema: Mietrecht

Beilackierungskosten: Nicht jedes Gericht stimmt bei fiktiver Schadensabrechnung dem Erstattungsanspruch zu

Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten sind sogenannte Beilackierungskosten nicht zu erstatten. Derartige Kosten fallen nur an, wenn sie bei der konkreten Lackierung tatsächlich notwendig sind.

Das Fahrzeug eines Unfallbeteiligten wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigt. Er ließ die Schadenshöhe durch ein Sachverständigengutachten ermitteln. Da der Geschädigte nach Gutachten abrechnen wollte, zog die Versicherung aus den ermittelten Reparaturkosten die Kosten für eine sogenannte Beilackierung ab.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm sind solche Kosten bei einer fiktiven Schadensabrechnung nicht zu berücksichtigen. Denn Beilackierungskosten sind nur erstattungsfähig, wenn sich diese besondere Maßnahme bei der Lackierung als tatsächlich notwendig erweist. Dies war im konkreten Fall jedoch nicht feststellbar, da diese Reparatur hier gar nicht durchgeführt wurde.

Hinweis: Eine Beilackierung dient der Farbangleichung von nicht durch den Unfall selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen. Ob diese Beilackierungskosten bei einer fiktiven Abrechnung zu erstatten sind, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Andere Gerichte sprechen diese Kosten auch bei fiktiver Abrechnung mit der Begründung zu, dass dem Geschädigten alle erforderlichen Kosten zur Behebung seines Unfallschadens zu ersetzen sind. Stellt ein Sachverständiger fest, dass eine Beilackierung grundsätzlich erforderlich ist, sollen diese Kosten dann auch erstattet werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 28.03.2017 – 26 U 72/16

  Verkehrsrecht

Astbruch: Bei Bäumen in Privatbesitz genügt die regelmäßig gründliche Sichtprüfung

Eigentümer von Baumgrundstücken haben die Bäume zu kontrollieren. Doch wie genau hat das zu geschehen?

Eine Frau hatte ihr Auto unter einem Baum an einer Wohnanlage geparkt. Auf das Fahrzeug fiel ein Ast und es entstand ein größerer Schaden. Den Ersatz des Schadens verlangte die Frau von der Hausverwaltung, die von den Eigentümern mit der Unterhaltung der Wohnanlage beauftragt worden war. Die Frau war der Auffassung, der Baum sei nicht ausreichend untersucht und überwacht worden. Ein Sachverständigengutachten ergab, dass der Baum instabil gewesen war. Trotzdem erhielt die Frau kein Geld.

Zwar muss der Eigentümer eines Baums grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgeht, indem er die Bäume regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen sowie auf ihre Standfestigkeit untersucht. Dabei ist eine gründliche Sichtprüfung jedoch ausreichend. Anders als Städte und Gemeinden, die verpflichtet sind, Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal zu überprüfen, sind die Anforderungen an Privatleute deutlich geringer.

Hinweis: Privatleute müssen also nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine gründliche äußere Sichtprüfung von Bäumen durchführen. Qualifiziertes Personal ist dafür nicht erforderlich.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.05.2017 – 12 U 7/17

  Mietrecht

Schimmel in der Mietwohnung

Feuchtigkeit und Schimmel sind ein häufig in Wohnungen auftretendes Problem. Die Ursachen können in baulichen Mängeln liegen oder im Wohnverhalten der Mieter oder auch einer Kombination aus beiden Ursachen. In einer aktuellen Entscheidung hat sich das Landgericht Aachen mit der Problematik auseinandergesetzt.

In dem entschiedenen Fall (LG Aachen, Urteil vom 02. Juli 2015 – 2 S 327/14 –) ging es um einen Schimmelschaden im Schlafzimmer der Wohnung. Der Vermieter warf den Mietern vor, hierfür durch nicht ausreichendes Heizen und Lüften verantwortlich gewesen zu sein. Er beanspruchte von den Mietern Schadensersatz wegen der entstandenen Sanierungskosten.

Das Landgericht wies die Klage des Vermieters ab.

Für einen Schadensersatzanspruch musste der Vermieter zunächst beweisen, dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen hatte. Er musste also beweisen, dass die Ursache eines Mangels nicht in seinem sog. Gefahrenbereich lag.

Es wurde vom Gericht ein Sachverständigengutachten zur Ursache des Schimmels eingeholt. Das Gutachten ergab, dass die Schimmelbildung zwar nicht auf bauseitige Mängel zurückzuführen sei. Der Schimmelpilzbefall habe auch durch ein normales Lüftungsverhalten vermieden werden können.

Jedoch schränkte der Sachverständige seine Erläuterungen insoweit ein, als die Möblierung des Schlafzimmers der Mieter als zusätzliches Problem für die ausreichenden Belüftungsmöglichkeiten hinzutrete. Die an der Außenwand befindlichen Schränke hätten danach zu einer Absenkung der Innenoberflächentemperatur geführt, was wiederum durch ein verstärktes Lüftungs- und Heizungsverhalten habe ausgeglichen werden müssen. Die Aussage, auch normales Lüftungsverhalten hätte den Schimmelpilzbefall verhindert, gelte nur, wenn man die Problematik der Möblierung nicht berücksichtige. Die Mieter hätten also mehr als nur üblich (überobligationsmäßig) lüften und heizen müssen.

Daraus zog das Landgericht den Schluss, dass die Schadensursache in einer Kombination aus normalem Lüftungsverhalten und Möblierung bzw. Möblierung und unterbliebener überobligationsmäßiger Lüftung/Heizung lag.

In dieser Situation entspricht es gängiger Rechtsprechung, dass der Mieter vom Vermieter über die besonderen Anforderungen an Heizen und Lüften ausdrücklich belehrt werden muss. Ohne einen solchen Hinweis liegt kein Verschulden des Mieters vor, wenn sich Schimmel bildet. Denn es gehört jedenfalls zum vertragsgemäßen Gebrauch, dass der Mieter seine Möbel grundsätzlich an jedem beliebigen Platz nahe der Wand aufstellen darf, wobei der ausreichende Abstand zur Vermeidung von Feuchtigkeit regelmäßig durch Scheuerleisten gewahrt wird. Ein unter Umständen erforderlicher größerer Abstand von der Wand erfordert einen entsprechenden Hinweis des Vermieters.

Das Landgericht stellte auch fest, dass es einen Mangel der Mietsache darstellt, wenn eine Wohnung täglich drei- bis viermal gelüftet werden muss.

Feuchtigkeit und Schimmel sind also grundsätzlich immer ein Mangel. Ausnahmen gelten zunächst nur dann, wenn im Mietvertrag festgehalten ist, dass die Wohnung in besonderer Weise beheizt und belüftet werden muss. Die vielfach von Vermietern pauschal geäußerte Ansicht, dass für Schimmel nur ein falsches Heizen und Lüften in Frage komme, ist falsch. Vielmehr muss der Vermieter durch ein Sachverständigengutachten den Nachweis führen, dass keine baulichen Mängel die Ursache sind. Weiter muss genau geprüft werden, ob sich die Schäden durch ein normales und zumutbares Heizen und Lüften hätten vermeiden lassen. Wenn die Anforderungen über ein dreimaliges vollständiges Stoßbelüften der Wohnung hinausgehen, ist die Grenze der Zumutbarkeit für Mieter erreicht.

Aus Erfahrung ist leider bekannt, dass die Gerichte mit diesen Feinheiten nicht durchgängig vertraut sind. So hat beispielsweise das Amtsgericht Wuppertal der Mieterin einer – trotz guter Beheizung – verschimmelten Wohnung einen täglich siebenmaligen vollständigen Luftaustausch zugemutet. Bei Wohnungen mit Schimmelproblem ist daher anwaltlicher Rat dringend angezeigt, sowohl auf Mieter- wie auch Vermieterseite.

Thema: Mietrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

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