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Schlagwort: Schaden

Abrupter Reifendruckverlust: Sachverständigengutachten widerlegt Aussage des Hotelparkservices zu behaupteten Vorschäden

Eine Szene wie aus Filmen: Man fährt am Hotel vor und reicht den Autoschlüssel an einen Mitarbeiter weiter, der sich um die leidliche Parkplatzsuche kümmert. Doch im vorliegenden Fall bekam der Hotelgast sein Fahrzeug nicht in dem Zustand wieder, in dem er es abgegeben hatte – ein Fall für das Oberlandesgericht Köln (OLG).

Die Ehefrau des Geschädigten hatte den Wagen vor dem Hotel abgestellt und an der Rezeption den Schlüssel abgegeben, damit das Fahrzeug in die Tiefgarage des Hotels gefahren werde. Als die Frau nach dem Besuch des Spa-Bereichs zu dem Fahrzeug zurückkehrte, stand es nicht nicht etwa in der Tiefgarage, sondern in einer Parkbucht in Hotelnähe. Aus beiden Autoreifen der rechten Fahrzeugseite war die Luft entwichen. Das Hotel wandte ein, die Reifen seien schon vorher beschädigt gewesen.

In erster Instanz hatte das Landgericht (LG) die Klage noch abgewiesen. Der mitverklagte Hotelmitarbeiter hatte geschildert, wie er unmittelbar nach dem Losfahren ein ungewöhnliches Abrollgeräusch und schließlich einen schleichenden Luftverlust an den Reifen festgestellt und daher das Fahrzeug statt in der Tiefgarage in der Parkbucht abgestellt habe. Daraufhin konnte das LG trotz der entgegenstehenden Aussage der Ehefrau nicht ausschließen, dass der Schaden schon vor der Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen habe.

Das OLG jedoch ließ die Aussage des Hotelmitarbeiters durch ein Sachverständigengutachten überprüfen. Dieses ergab, dass die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen konnten. Der Gutachter stellte nämlich fest, dass die Reifen an zwei Stellen derart große Löcher aufwiesen, dass die Luft sofort entwichen sein musste. Der Schaden könne somit keinesfalls schleichend aufgetreten sein. Der Senat zog daraus den Schluss, dass die Löcher durch einen Fahrfehler des Hotelmitarbeiters mit einer massiven Krafteinwirkung auf die Räder entstanden seien.

Hinweis: Warum das erstinstanzliche Gericht nicht wie auch das OLG ein Sachverständigengutachten eingeholt hatte, ist nicht ersichtlich. Die Entscheidung zeigt aber deutlich, dass sowohl zum Schadensgrund als auch zur Schadenshöhe vom Geschädigten immer der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt werden sollte.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 26.08.2019 – 22 U 134/17

Thema: Verkehrsrecht

Fehlerhafte Zustellung: Bei einer Amtspflichtverletzung eines Gerichtsvollziehers muss der Staat haften

Irren ist bekanntlich menschlich. Wenn jedoch ein Gerichtsvollzieher irrt, stellt sich automatisch die Frage, wer in einem solchen Fall für die Folgen aufkommt. Lesen Sie hier die Antwort des Bundesgerichtshofs (BGH).


Hierbei ging es um die Zustellung einer einstweiligen Verfügung, die binnen eines Monats an den Gegner zugestellt werden musste, ohne ihre Wirkung zu verlieren. Aus diesem Grund beauftragte die Antragstellerin auch eine Obergerichtsvollzieherin. Einige Zeit später beantragte der Antragsgegner die Aufhebung der entsprechenden einstweiligen Verfügung – mit der Begründung, dass diese nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei.

Daraufhin wurde die einstweilige Verfügung in der Tat aufgehoben. Die Obergerichtsvollzieherin hatte nämlich angeblich nur eine einfache Kopie zugestellt, nicht aber das erforderliche Original. Da der Antragstellerin deshalb ein Schaden entstanden war, wollte sie diesen nun vom Staat als Dienstherrn der Obergerichtsvollzieherin ersetzt erhalten und klagte.

Der BGH verwies die Angelegenheit an die Vorinstanz zurück. Er urteilte aber deutlich, dass ein Zustellungsbeamter, der eine Zustellung falsch bewirkt, eine Amtspflicht verletzt, die ihm sowohl gegenüber dem Absender als auch gegenüber dem Empfänger obliegt. Selbst eine Heilung des Zustellungsmangels wirkt sich nicht auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung aus, sondern ist allein für den Eintritt und Umfang eines ersatzfähigen Schadens von Bedeutung.

Hinweis: Wird also ein Gerichtsvollzieher mit der Zustellung eines Dokuments betraut und begeht er dabei einen Fehler, haftet der Staat dafür.

Quelle: BGH, Urt. v. 21.02.2019 – III ZR 115/18

Thema: Sonstiges

Staat haftet nicht: Mieter haben wegen unwirksamer Mietpreisbremse in Bayern keinen Schadensersatzanspruch

Wenn einem Bürger ein Schaden aufgrund eines Gesetzes entsteht, stellt sich die Frage, ob der Staat dafür haften muss. Die Beantwortung eben jener Frage war Aufgabe des Landgerichts München (LG). In dem Fall machte ein Inkassodienstleister Ansprüche zweier Mieter gegen den Freistaat Bayern geltend.

Die Wohnung der Mieter lag in München im Geltungsbereich der sogenannten Mietpreisbremse. Diese war jedoch nach einem Urteil des LG nichtig. Die Mieterin behauptete nun, die Miete, die sie zahle, würde 42 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Da die Mietpreisbremse nicht greife, könnten die Mieter diese überhöhte Miete vom Vermieter nun nicht mehr zurückverlangen – und das liege allein an der nichtigen Verordnung. Der Freistaat Bayern hafte deshalb für den entstandenen Schaden, weil er eine nichtige Verordnung erlassen habe.

Die Klage wurde vom LG jedoch abgewiesen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Staat für den Erlass eines unwirksamen Gesetzes grundsätzlich nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Hinweis: Den Staat in Regress zu nehmen, ist nie einfach. Das gilt erst recht, wenn es um den Erlass eines fehlerhaften oder unwirksamen Gesetzes geht.

Quelle: LG München I, Urt. v. 21.11.2018 – 15 O 19893/17

Thema: Mietrecht

Wurzeln im Abwasserkanal: Eigentümer baumbestandener Grundstücke tragen Rückstauschäden nur in Ausnahmefällen

Wenn die Wurzeln eines Baums in den Abwasserkanal dringen und dadurch ein Schaden entsteht, haftet dann der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum steht?

Auf einem Gelände, das sich in städtischem Eigentum befand, stand ein Kastanienbaum. Dieser Kastanienbaum hatte Wurzeln, die in den öffentlichen Kanal hineingewachsen waren. Nach einem starken Regen kam es wegen der Wurzeln zu einem Rückstau im öffentlichen Kanalsystem und in einem Haus trat das Wasser aus dem Bodenablauf des Kellers heraus. Den Schaden von rund 30.000 EUR wollte die Eigentümerin nun von der Stadt ersetzt verlangen. Die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) entschieden, dass Eigentümer von Grundstücken mit Bäumen nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden haften, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen.

Es hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, ob und in welchem Umfang ein Grundstückseigentümer für einen auf seinem Grundstück stehenden Baum Kontroll- und Überprüfungsmaßnahmen auch in Bezug auf die mögliche Verwurzelung eines Abwasserkanals durchführen muss. Dabei muss der Eigentümer allerdings nicht den Kanal selbst überprüfen, zu dem er zumeist keinen Zugang hat.

Hier gab es allerdings eine Besonderheit, da die Stadt als Eigentümerin des Grundstücks mit der Kastanie auch die Betreiberin des öffentlichen Abwassersystems war und unmittelbaren Zugang zum Kanalsystem hatte. Deshalb hätte sie bei ohnehin gebotenen Inspektionen des Kanals die Wurzeln erkennen können und gegebenenfalls dann auch rechtzeitig beseitigen können. Ob das möglich gewesen wäre, muss nun die Vorinstanz noch aufklären, an die der Fall zurückverwiesen wurde.

Hinweis: Grundstückseigentümer haften für Rückstauschäden durch Baumwurzeln in Abwasserkanälen also in aller Regel nicht, da eine Prüfungspflicht für sie nach dem BGH nicht besteht.

Quelle: BGH, Urt. v. 24.08.2017 – III ZR 574/16

Thema: Mietrecht

Astbruch: Bei Bäumen in Privatbesitz genügt die regelmäßig gründliche Sichtprüfung

Eigentümer von Baumgrundstücken haben die Bäume zu kontrollieren. Doch wie genau hat das zu geschehen?

Eine Frau hatte ihr Auto unter einem Baum an einer Wohnanlage geparkt. Auf das Fahrzeug fiel ein Ast und es entstand ein größerer Schaden. Den Ersatz des Schadens verlangte die Frau von der Hausverwaltung, die von den Eigentümern mit der Unterhaltung der Wohnanlage beauftragt worden war. Die Frau war der Auffassung, der Baum sei nicht ausreichend untersucht und überwacht worden. Ein Sachverständigengutachten ergab, dass der Baum instabil gewesen war. Trotzdem erhielt die Frau kein Geld.

Zwar muss der Eigentümer eines Baums grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass von dem Baum keine Gefahr ausgeht, indem er die Bäume regelmäßig auf Schäden und Erkrankungen sowie auf ihre Standfestigkeit untersucht. Dabei ist eine gründliche Sichtprüfung jedoch ausreichend. Anders als Städte und Gemeinden, die verpflichtet sind, Straßenbäume regelmäßig von qualifiziertem Personal zu überprüfen, sind die Anforderungen an Privatleute deutlich geringer.

Hinweis: Privatleute müssen also nur in angemessenen zeitlichen Abständen eine gründliche äußere Sichtprüfung von Bäumen durchführen. Qualifiziertes Personal ist dafür nicht erforderlich.

Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.05.2017 – 12 U 7/17

  Mietrecht

Motorradsturz ungeklärt: Ohne Fremdberührung und klare Zeugenaussagen bleibt die Schuldfrage offen

Ein Schaden ist erst dann während des Betriebs eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn die Fahrweise oder eine vom Betrieb des Fahrzeugs ausgehende Gefahr ursächlich zur Entstehung des Unfalls beigetragen hat. Was kompliziert klingt, ist eigentlich ganz einfach – wie der folgende Fall zeigt.

Ein Motorradfahrer fuhr innerorts auf eine Kreuzung zu. Zunächst kam ihm ein Fahrschulwagen entgegen, der vor ihm nach links abbog. Um die Kollision mit einem danach folgenden Auto zu vermeiden, das ebenfalls links abbog, musste der Motorradfahrer so stark abbremsen, dass er dabei zu Fall kam. Zu einer Fremdberührung kam es dabei nicht. Jedoch verletzte er sich beim Sturz und verlangte deshalb Schmerzensgeld von der Haftpflichtversicherung des dem Fahrschulwagen folgenden Fahrzeugs. Die Versicherung behauptete allerdings, der Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs sei nach links abgebogen, ohne den Motorradfahrer zu gefährden. Der Sturz sei durch ein nachfolgendes, unbekannt gebliebenes Fahrzeug verursacht worden.

Für das Landgericht Bremen konnte nicht geklärt werden, weshalb der Motorradfahrer stürzte. Weder die Aussage der Zeugin noch die der Polizeibeamten konnte eine genaue Klärung herbeiführen. Nach Auffassung des Gerichts hätte außerdem die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens keine weitere Klärung herbeigeführt, da es hierfür an entsprechenden Anknüpfungspunkten fehlte, aus denen ein Sachverständiger Schlüsse über den Verursachungsbeitrag des Pkw hätte ziehen können – vor allem unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich Motorrad und Pkw nicht berührt hatten.

Hinweis: Für die Zurechnung eines Unfallgeschehens zum Betrieb eines Fahrzeugs und für eine sich daraus ergebende Haftung muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und dem Fahrzeugbetrieb in der Weise vorliegen, dass die Fahrweise oder eine vom Betrieb des Fahrzeugs typischerweise ausgehende Gefahr zu der Unfallentstehung beigetragen hat.

Quelle: LG Bremen, Urt. v. 09.07.2015 – 6 U 966/14
Thema: Verkehrsrecht

Regulierungsermessen des Versicherers: Ausgebliebener Eigenschaden spricht nicht gegen den Verursachungsbeitrag

Der Kfz-Haftpflichtversicherer ist grundsätzlich berechtigt, im Rahmen seines weiten Regulierungsermessens gegen den Versicherungsnehmer geltend gemachte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall zu regulieren oder auch abzuwehren.

Beim Einparken soll ein Pkw-Fahrer ein anderes Fahrzeug beschädigt haben. An seinem eigenen Fahrzeug konnte danach jedoch kein Schaden festgestellt werden. Dennoch regulierte seine Kfz-Haftpflichtversicherung den geltend gemachten Schaden und stufte den Versicherungsnehmer in der Schadenfreiheitsklasse hoch – seiner Meinung nach jedoch völlig zu Unrecht. Und daher klagte er.

Nach Auffassung des Amtsgerichts Stendal erfolgte die Regulierung des Schadens jedoch zutreffend. Die Kfz-Haftpflichtversicherung hatte zur Plausibilität des Schadens einen Sachverständigen befragt sowie eine Zeugin angehört, die den Unfallhergang beobachtet hatte. Dass an dem Fahrzeug des Versicherungsnehmers selbst kein Schaden feststellbar war, was der Kläger als Beweis für sein Nichtverschulden des gegnerischen Schadens ansah, stand der Regulierung nicht entgegen. Es kommt nach Ansicht des Gerichts vor, dass bei einem Zusammenstoß zweier Fahrzeuge bei geringer Geschwindigkeit – wie es beim Einparken in der Regel der Fall ist – nur an einem der Fahrzeuge sichtbare Schäden entstehen. Es lässt sich kein Erfahrungssatz in der Beweislehre formulieren, dass ein Kraftfahrzeug, das ein anderes beschädigt, grundsätzlich selbst auch einen Schaden aufweisen muss. Das Fehlen von Unfallspuren am eigenen Fahrzeug reicht nicht, um einen Verursachungsbeitrag auszuschließen, wenn weitere Umstände hinzutreten – wie die Tatsache, dass es eine Zeugin für den Unfall gab.

Hinweis: Ein Haftpflichtversicherer verletzt seine Pflichten gegenüber seinem Versicherungsnehmer nur dann, wenn er offensichtlich unbegründete Ansprüche reguliert, die leicht nachweisbar unbegründet sind und ohne weiteres abzuwehren wären, oder wenn er den Anspruchsteller ohne Prüfung der Sachlage „auf gut Glück“ befriedigt. Erst wenn der Versicherer eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung vornimmt, verletzt er die gegenüber seinem eigenen Versicherungsnehmer bestehende Pflicht auf Interessenwahrnehmung aus dem Versicherungsvertrag.

Quelle: AG Stendal, Urt. v. 28.10.2015 – 3 C 743/15
Thema: Verkehrsrecht