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Schlagwort: Schadensersatz

Fehler des Klinikpersonals: Verschluckter Speiserest führt zu schwersten Hirnschäden und 1.000.000 EUR Schmerzensgeld

Jeder macht Fehler – und in nicht wenigen Berufen hat menschliches Versagen fatale Folgen. Die Verantwortlichkeiten eines tragischen Fehlers am Arbeitsplatz wurden kürzlich vor dem Landgericht Limburg (LG) verhandelt. Und dieser Fall macht klar, dass Geld viele Dinge zwar vereinfachen, aber schwerwiegende Folgeschäden leider nicht reparieren kann.

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Verkehrszeichen 266: Gesamtlängenbeschränkung gilt nicht nur für abgebildete Lkws, sondern für sämtliche Fahrzeuge

Verkehrszeichen dienen der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer und müssen demnach schnell und vor allem einfach zu erkennen sein. So versucht man mithilfe von einfacher Bildsprache, auf alle redundanten Zusatzinformationen zu verzichten. Dass sogar erklärbare Missverständnisse nicht unbedingt vor Strafe schützen  – schließlich steht vor Erteilung einer Fahrerlaubnis auch das Erlernen von Verkehrszeichen -, musste das Oberlandesgericht München (OLG) im Folgenden anhand des Verkehrszeichens 266 darlegen.

Das runde Verkehrszeichen 266 symbolisiert durch seine rote Umrandung ein Verbot. Darin ist ein schwarzer Lkw auf weißem Grund abgebildet. An seiner Unterseite symbolisieren zwei begrenzende, nach außen gerichtete Pfeile und eine Zahl die Gesamtlänge, ab der das Befahren der Straße verboten ist. Die Halterin eines Omnibusses wollte dieses Zeichen daher auch so verstanden wissen, dass es nur den Verkehr für Lkw ab der angegebenen Fahrzeuglänge beschränke – nicht aber ihr Fahrzeug. Eben jener Bus war nämlich an einer Spitzkehre einer bayerischen Bergstraße in einen Streifzusammenstoß mit einem bergab fahrenden Pkw verwickelt. Sie klagte zunächst wegen des Zusammenstoßes gegen den Halter des Pkw und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadensersatz.

Das Landgericht Kempten (LG) nahm daraufhin eine Haftungsverteilung von 60 % zu 40 % zu Lasten der Klägerin vor. Da der Beklagte nachweislich nicht in ausreichendem Maße seinen rechten Fahrstreifen benutzte, war ihm zwar eine Mitschuld (§ 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 StVO) anzurechnen. Jedoch habe der Fahrer des Busses den Unfall überwiegend verschuldet. Denn er habe die Straße entgegen dem Zeichen 266 befahren. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein. Dass das Verkehrszeichen 266 die Straßennutzung auf Fahrzeuge mit maximal zwölf Metern Gesamtlänge beschränkt habe, wollte die Dame, deren Bus ganze 13 Meter Länge aufwies, so nicht stehen lassen. Sie bestand darauf, dass es nur für Lkws gelte.

Doch das OLG bestätigte die Entscheidung des LG. Das Zeichen 266 gelte für alle Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen, die die auf dem Zeichen angegebene tatsächliche Länge überschreiten. Aus der Verwendung des Symbols eines Lkw ergebe sich nach Ansicht des Senats nichts anderes.

Hinweis: Das Verkehrszeichen 266 limitiert alle Fahrzeugkombinationen durch deren Gesamtlänge. Es soll vermeiden, dass überlange Kraftfahrzeuge beim Befahren kritischer Bereiche ein Risiko für den entgegenkommenden Straßenverkehr darstellen. Letztlich besteht das Kollisionsrisiko hierbei allein durch die Fahrzeuglänge für Omnibusse, Lkws und sogar für Pkws, die mit einem Anhänger die maximal zulässige Fahrzeuglänge übersteigen.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 26.04.2021 – 24 U 111/21

Thema: Verkehrsrecht

Harte Landung: Ein erlittener Bandscheibenvorfall ist nicht als schadenspflichtiger Flugunfall zu werten

In den letzten Jahren sind die Fluggastrechte erfolgreich ausgebaut worden. Dass es deshalb nicht für jeden individuellen Schadensfall auch gleich Schadensersatz und Schmerzensgeld von einer Airline gibt, sorgte für die Klägerin im folgenden Fall für eine gleich doppelt harte Landung – zuerst auf der Landebahn, dann vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Eine Flugpassagierin machte geltend, dass sie wegen einer harten Landung einen Bandscheibenvorfall erlitten habe, und verlangte die Zahlung von 69.000 EUR von der Airline. Die Frau führte dabei an, dass die harte Landung einen Unfall im Sinne des Übereinkommens von Montreal darstelle. Dieses Abkommen regelt Haftungsfragen im internationalen zivilen Luftverkehr und gilt auch in der EU. Die Airline dagegen war der Auffassung, dass es sich nicht um einen Unfall handeln würde, sondern vielmehr um ein typisches Ereignis während eines Flugs.

Dieser Meinung hat sich der EuGH angeschlossen, der einen Pilotenfehler nicht erkennen konnte. Die harte Landung war auf dem Flughafen aus flugtechnischer Sicht sogar sicherer als eine zu weiche Landung. Es war einzig und allein entscheidend, ob die Landung korrekt nach den Vorschriften vorgenommen wurde – und genau das war der Fall gewesen.

Hinweis: Eine sogenannte harte Landung nach einem Flug ist also nicht immer als Unfall anzusehen, der zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verpflichtet. Der Fall zeigt aber auch, dass gerade und insbesondere im Reiserecht der Rechtsanwalt des Vertrauens konsultiert werden sollte.

Quelle: EuGH, Urt. v. 12.05.2021 – C-70/20

Thema: Sonstiges

Folgenschwere Bremsung: Verlässt der Vorausfahrende eine Autowaschstraße zu zögerlich, kann er in Mithaftung gezogen werden

Wer kennt es nicht – man sitzt in seinem Fahrzeug in einer Waschstraße und fragt sich, ob das Fahrzeug vor einem womöglich einfach so bremsen könne oder aber zu spät ausfährt? Dass dieser Gedankengang nicht ganz abwegig ist, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG).

Ein Autofahrer saß in einer Autowaschstraße, bei der die Fahrzeuge durch ein Förderband durch die Anlage gezogen werden. Am Ende der Waschstraße blieb das vor ihm gezogene Fahrzeug stehen, dessen Fahrer nach dem Ende des Waschvorgangs nicht umgehend wegfuhr. Da die Anlage nicht sofort stoppte, befürchtete der spätere Kläger eine Kollision mit dem vor ihm stehenden Auto: Er bremste. Dadurch rutschte sein Pkw aus dem Mitnehmer des Förderbands der Anlage heraus, verkantete sich in der Waschstraße wurde nicht unerheblich beschädigt. Er verlangte Schadensersatz – auch vom Halter des vor ihm befindlichen Fahrzeugs.

Die Klage hatte vor dem OLG insoweit Erfolg, als dass der Halter des nur verzögert aus der Waschstraße ausfahrenden Pkw den Schaden des Klägers zum Teil ersetzen muss – und zwar in Höhe von 30 %. Zwar trifft den Kläger ein überwiegendes Mitverschulden an der Beschädigung seines Fahrzeugs. Denn es ist allgemein bekannt, dass ein Abbremsen des vom Förderband der Anlage gezogenen Fahrzeugs tunlichst zu unterlassen ist – gerade weil dadurch das geschleppte Fahrzeug aus den Transportvorrichtungen herausspringen kann! Aber auch der Fahrer des ausfahrenden Pkw hatte sich hier fehlerhaft verhalten, indem er nicht sofort nach dem Ende des Waschvorgangs an- und weggefahren ist. Er schuf damit für den Kläger eine riskante, indes vermeidbare Situation.

Hinweis: Zwar entspricht es obergerichtlicher Rechtsprechung, dass sich ein Pkw, der mit ausgeschaltetem Motor auf dem Förderband einer automatischen Waschstraße transportiert wird, nicht in „Betrieb“ befindet. Denn in dieser Situation betreibt der Fahrer nicht das Fahrzeug und es wirken auch keine Betriebseinrichtungen des Fahrzeugs. Eine Haftung wäre daher ausgeschlossen. Der Streitfall ist mit dieser Situation aber nicht vergleichbar. Denn der Waschvorgang des vorausbefindlichen Fahrzeugs war bereits vollständig beendet. Es befand sich am Ende des Schleppbands und wurde gestartet, um mit Motorkraft in den Verkehrsraum einzufahren. Gefahren gingen von nun an nicht mehr von der Waschanlage oder vom automatisierten Transportvorgang aus, sondern nur noch vom Fahrer und dem Fahrzeug.

Quelle: OLG Zweibrücken, Urt. v. 27.01.2021 – 1 U 63/19

Thema: Verkehrsrecht

Unwirksame Mietenbegrenzungsverordnung: Keine Amtshaftungsansprüche gegen den Gesetzgeber nach Verstoß gegen die Begründungspflicht

In einigen Bundesländern sind die Mietenbegrenzungsverordnungen nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden. Für den Gesetzgeber hat dieser Lapsus keine finanziellen Auswirkungen, denn die Leidtragenden sind die Mieter. Warum, das zeigt das folgende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) auf.

Die Mietenbegrenzungsverordnungen sollen in mehreren Bundesländern helfen, Mieten auf einem bezahlbaren Level zu halten. Mehrere Bundesländer hatten solche Verordnungen erlassen, so auch das Land Hessen. Das Ärgerliche an der Sache war allerdings, dass die ursprünglichen Regelungen unwirksam waren. Den Verordnungsgebern sind nämlich handwerkliche Fehler unterlaufen. Im Beispiel Hessen war die Verordnung nicht ordnungsgemäß begründet worden. Deshalb verlangten nun Mieter, die wegen der fehlenden Begrenzung der Mieten aus ihrer Sicht zu viel Miete gezahlt hatten, vom Land Hessen die gezahlten Mietbeträge als Schadensersatz zurück. Darüber musste der BGH entscheiden.

Die Entscheidung enttäuschte die Kläger. Denn den Mietern stehen keinerlei Amtshaftungsansprüche zu, sobald eine Landesregierung eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichen und persönlichen Geltungsbereich erlässt, die jedoch wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung der Verordnung unwirksam ist. Es besteht schlicht und ergreifend keine Anspruchsgrundlage dafür.

Hinweis: Mieter haben selbstverständlich das Recht, die Höhe der von ihnen gezahlten Miete prüfen zu lassen. Vermieter sollten sich stets an das geltende Recht halten, da auch schnell Straftatbestände verwirklicht sind.

Quelle: BGH, Urt. v. 28.01.2021 – III ZR 25/20

Thema: Mietrecht

Achtlos hangaufwärts geschwungen: Ein Verstoß gegen die FIS-Regeln beim Skifahren kann teuer zu stehen kommen

Egal, auf welche Pisten sich ein Skiurlauber zu schwingen gedenkt – er sollte dabei stets die geltenden Regelungen des internationalen Skiverbands (FIS-Regeln) beachten. Denn dass eine Missachtung des anerkannten Verhaltenskodex teuer werden kann, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Frankenthal (LG).

Zwei deutsche Skifahrer hatten an einer Skireise nach Kanada teilgenommen. Bei einer gemeinsamen Abfahrt der Reisegruppe wurde der eine Wintersportler von dem anderen überholt. Hierbei kam es zu einem Zusammenstoß. Bei dem Verletzten wurde nach seiner Rückkehr nach Deutschland ein Kreuzband- und Seitenbandriss sowie eine Verletzung des Innen- und Außenmeniskus festgestellt. Der Skifahrer hatte die FIS-Regeln bei dem Überholmanöver verletzt und wurde zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 27.000 EUR verklagt – und vom LG auch entsprechend verurteilt.

Der Unfallverursacher hatte unmittelbar vor dem Unfall zum Linksschwung angesetzt und ist dann beim Ausfahren aus der Kurve leicht hangaufwärts gefahren. Hierbei gilt nach Nr. 5 der FIS-Regeln jedoch eine besondere Sorgfaltspflicht, die der Skifahrer nicht beachtet hatte. Jeder Skifahrer, der hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach unten und nach oben vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann. Und der Unfall bewies, dass dies hier nicht erfolgt war.

Hinweis: Es zeigt sich, wie wichtig eine private Haftpflichtversicherung sein kann. Diese wird wohl mit großer Wahrscheinlichkeit den Skifahrer davor schützen, selbst zahlen zu müssen.

Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 17.11.2020 – 7 O 141/19

Thema: Sonstiges

Nutzungsentschädigung: Zieht der Untermieter erst nach Räumungsurteil aus, schuldet er die gesamte rückständige Miete

Wenn ein Mieter nach einer berechtigten Kündigung nicht auszieht, muss er dem Vermieter eine entsprechende Nutzungsentschädigung zahlen. Die Frage, wie sich ein solcher Umstand bei einem auszugsunwilligen Untermieter verhält, musste einmal mehr der Bundesgerichtshof (BGH) klären.

Ein Vermieter hatte eine über 100 m2 große Wohnung an einen Hauptmieter vermietet, der eine 7 m2 große Kammer der Wohnung an einen anderen untervermietete. Das Hauptmietverhältnis endete nach dem Tod des Hauptmieters. Dann forderte der Vermieter den Untermieter erfolglos zur Herausgabe der Wohnung auf. Mitte des Jahres wurde der Untermieter zur Räumung verurteilt, und es wurde ihm eine Räumungsfrist bis zum 30.09. gewährt. Nun verlangte der Vermieter von dem Untermieter nach dessen Zwangsräumung im Oktober die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die gesamte Wohnung für die Monate März bis September. Insgesamt ging es um etwas über 2.000 EUR.

Der BGH sah die Sache so: Wird dem Untermieter, der nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht herausgibt, eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer auch den vollen Schadensersatz verlangen. Der Untermieter schuldet ihm demnach eine Nutzungsentschädigung für die gesamte Wohnung. Für den Vermieter sei es schließlich unzumutbar, wenn die dem in der Wohnung verbliebenen Untermieter gewährte Räumungsfrist dazu führe, dass er die Miete nur in Höhe des Untermietzinses erhielte.

Hinweis: Die Untervermietung hat schon zu viel Streit geführt. Genaue vertragliche Regelungen können helfen – bitten Sie also besser Ihre Rechtsberatung rechtzeitig um fachliche Mithilfe.

Quelle: BGH, Urt. v. 11.12.2020 – V ZR 26/20

Thema: Mietrecht

75%ige Haftung: Ein Halteverbot an Bushaltestellen erstreckt sich auch auf den angrenzenden Seitenstreifen

Rein menschlich kann man Falschparken bei der Kombination aus Eile und mangelndem Parkraum womöglich noch nachvollziehen. Dass man rechtlich jedoch schnell den Holzweg einschlagen kann, wenn man bei einer aufgrund eines Parkverstoßes erfolgten Beschädigung seines Fahrzeugs auch noch Schadensersatz einfordert, zeigt das folgende Urteil des Landgerichts Saarbrücken (LG).

Eine Autofahrerin parkte mit ihrem Fahrzeug auf dem Gehweg im Bereich einer mit Haltstellenzeichen ausgewiesenen Bushaltestelle. Ein Linienbus hatte an der Haltestelle angehalten und berührte den Pkw beim Versuch, aus der Haltestelle auszufahren. Die Fahrerin des geparkten Fahrzeugs forderte daraufhin Schadensersatz von der gegnerischen Haftpflichtversicherung. Sie war der Ansicht, dass der Busfahrer den Schaden allein verursacht habe, da das Fahrzeug nicht im Bereich der Haltestelle abgestellt gewesen sei, sondern auf dem Gehweg. Doch auch hier befand sich die Frau auf dem Irrweg.

Das verbotswidrig auf dem Gehweg neben der Bushaltestelle abgestellte Fahrzeug stellte nach Auffassung des LG nämlich ein Hindernis im öffentlichen Verkehrsraum dar. Die damit einhergehende Gefahr einer Kollision anderer Verkehrsteilnehmer habe sich durch den die Bushaltestelle verlassenden Linienbus verwirklicht, so dass die Haftung der Autofahrerin gegeben ist. Zudem lag ein Verstoß gegen das Parkverbot innerhalb einer Strecke von 15 Metern vor und hinter einer Bushaltestelle vor. Zwar dient das Zeichen 224 in erster Linie dem Zweck, die Fahrbahn der Haltestelle für das öffentliche Verkehrsmittel freizuhalten, um diesem ein ungehindertes An- und Abfahren zu ermöglichen. Es bezieht sich allerdings auch auf den Seitenstreifen, um das unbeeinträchtigte Ein- und Aussteigen von Fahrgästen zu gewährleisten. Zudem muss der Bereich neben den Haltebuchten auch deshalb freigehalten werden, da beispielsweise Gelenkbusse Überhänge haben, die beim Ein- und Ausfahren erfahrungsgemäß über die Bordsteinkante hinausragen können. Das LG sah daher eine Haftung von 75 % zu Lasten der Klägerin als angemessen an.

Hinweis: Der Unfall war für die Pkw-Fahrerin auch nicht unabwendbar. Denn unabwendbar ist ein Unfall nur dann, wenn es auch durch äußerste Sorgfalt – gemessen an den Anforderungen eines Idealfahrers – nicht hätte vermieden werden können. Eine Haftung von 75 % zu Lasten der Pkw-Fahrerin ist hier daher angemessen.

Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 13.11.2020 – 13 S 92/20

Thema: Verkehrsrecht

Nicht bewiesener Stillstand: Mitverschulden an Kollision beim Rückwärtsfahren aus Parkplatz

Parkplätze bergen für Verkehrsteilnehmer ganz eigene Tücken. Besonders das rückwärtige Ein- und Ausfahren aus den vorgesehenen Plätzen ist dabei nicht ohne. So musste das Landgericht Saarbrücken (LG) im Folgenden bewerten, ob und ab wann ein angeblich vorzeitiges Bremsen den einen von zwei beteiligten Autofahrern von der Haftung nach einer Kollision befreit.

Zwei Verkehrsteilnehmer wollten rückwärts aus ihren gegenüberliegenden Parklücken ausparken und in den Fließverkehr einfädeln. Dabei kam es zur Kollision. Beide Beteiligten forderten schließlich Schadensersatz von den jeweils zuständigen Haftpflichtversicherungen. Ein Beteiligter forderte den Ersatz der gesamten Schadenssumme und behauptete, zum Zeitpunkt der Kollision bereits gestanden zu haben. Daher sei ihm kein Mitverschulden an dem Unfall anzulasten. Vielmehr sei der andere aufgrund einer Unaufmerksamkeit auf sein stehendes Fahrzeug aufgefahren und hafte somit allein. Doch dessen Versicherung wollte lediglich 50 % des Schadens übernehmen.

In den Augen des LG konnte jedoch der bei einer Kollision beim Rückwärtsfahren geltende Anscheinsbeweis nicht erschüttert werden, dass die Kollision aufgrund einer beiderseitigen Unaufmerksamkeit entstanden sei. Selbst wenn man unterstelle, dass das eine Fahrzeug gestanden habe, sei es nicht mehr aufklärbar gewesen, wann der Stillstand erfolgt sei. Um den Anscheinsbeweis zu erschüttern, müsse feststehen, dass das Abbremsen so rechtzeitig erfolgt sei, dass der andere Verkehrsteilnehmer dies hätte erkennen können, um auf die neue Situation zu reagieren. Ein sehr enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Stillstand und Kollision lege es jedoch nahe, dass das Abbremsen so kurz vor dem Unfall erfolgte, dass der andere Beteiligte nicht mehr reagieren konnte. Die Haftungsteilung sei in einem solchen Fall daher angemessen.

Hinweis: In der Rechtsprechung ist folgender Grundsatz anerkannt: Kollidieren zwei jeweils rückwärts ausparkende Fahrzeuge auf einem Parkplatz, berechtigt allein der Umstand, dass einer der beiden Pkw in einem nicht näher einzugrenzenden Zeitpunkt vor dem Zusammenstoß zum Stehen gekommen war, nicht zur Annahme eines unabwendbaren Ereignisses. Somit tritt die Betriebsgefahr dieses Pkw im Einzelfall nicht schon allein wegen des vorkollisionären Stillstands zurück.
 
 

Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 13.11.2020 – 13 S 27/20

Thema: Verkehrsrecht

Niederlage im Urheberrechtsstreit: Erschaffer von „The Real Badman & Robben“ darf auf Schadensersatz vom FC Bayern München hoffen

Manche deutsche Unternehmen scheinen unangreifbar – und das auch deshalb, weil man hinter ihnen eine versierte Rechtsabteilung vermutet. Dass dem nicht so ist, zeigt hier etwa nicht ein Autohersteller mit Weltruf, sondern ein Fußballverein der internationalen Königsklasse. Und so muss auch der FC Bayern München gelegentlich eine Niederlage einstecken, wie im folgenden Fall des Landgerichts München I (LG), der sich mit der Verletzung von Urheberrechten befasste.

Die Karikaturen eines Künstlers zeigten die ehemaligen FC Bayern-Spieler Arjen Robben und Franck Ribery. Ribery war darauf mit einer schwarzen Batman-Maske sowie einem Cape, Robben mit grüner Maske sowie grünen Schuhen dargestellt. Darunter stand der Slogan „The Real Badman & Robben“. Dieses Werk wurde im Jahr 2015 anlässlich des Spiels FC Bayern gegen Borussia Dortmund im Halbfinale des DFB-Pokals in der Bayern-Fankurve gezeigt. Der FC Bayern verkaufte nun Fan-Artikel mit dem gleichlautenden Slogan und Zeichnungen von den Spielern Franck Ribery und Arjen Robben in Batman-Kostümen. Dagegen wandte sich der Künstler.

Nach Auffassung des LG handelt es sich bei der durch den Künstler angefertigten Zeichnung der Profifußballer Ribery und Robben in Zusammenschau mit dem verwendeten Slogan „The Real Badman & Robben“ um ein schutzfähiges Gesamtkunstwerk im Sinne des Urhebergesetzes. Daher hat der Künstler nun auch einen Anspruch auf Auskunft zum erwirtschafteten Gewinn durch die Merchandisingprodukte. Nach Erteilung der Auskunft wird er sicherlich Schadensersatz fordern.

Hinweis: Wer Rechte anderer verletzt, muss häufig zahlen. Und das gilt auch dann, wenn man irrig davon ausging, gar keine Rechte zu verletzen.
 
 

Quelle: LG München I, Urt. v. 09.09.2020 – 21 O 15821/19

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