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Schlagwort: Schadensersatz

Nachbarhaus beschädigt: Eigentümer haftet selbst für unvermeidliche Schäden bei fachgerechtem Hausabriss

Lässt man das eigene Haus abreißen, kann dies trotz fachgerechter Ausführung zu unvermeidlichen Schäden am Nachbargebäude führen.

Der Eigentümer eines Grundstücks hatte einen Anbau an der Wand des Nachbarhauses ohne eine eigene Grenzwand errichtet. Nach dem Abriss durch ein Fachunternehmen wies das Gebäude des Nachbarn Putz- und Mauerschäden sowie Feuchtigkeitsschäden in Teilbereichen der Außenwand auf, an die angebaut worden war. Deshalb verlangte der Geschädigte nun Schadensersatz, den er auch erhielt. Die Schäden waren im Rahmen eines Auftrags der Nachbarn verursacht worden. Zwar beruhten sie nicht auf einem Fehlverhalten des Fachunternehmens, sondern waren eine aufgrund der baulichen Verbindung der Gebäude unvermeidliche Folge des Abrisses. Es handelte sich aber um neue und eigenständige Schäden.

Hinweis: Ein Grundstückseigentümer muss an seinen Nachbarn Schadensersatz für die Beschädigung einer Grenzwand nach Abrissarbeiten zahlen.

Quelle: BGH, Urt. v. 18.12.2015 – V ZR 55/15
Thema: Mietrecht

Aufsichtspflicht: Haftung der Eltern für Internetaktivitäten ihrer Kinder via Smartphone

Während sich Kinder vor nicht allzu lange Zeit noch darum stritten, wer wie lange am PC sitzen darf, surfen diese heute mit dem eigenen Smartphone im Internet – streitlos, stressfrei und zeitlich eher ausgedehnter als zuvor. Probleme können sich dabei ergeben, wenn sich die Kinder dabei über den WLAN-Anschluss der Eltern ins Netz einloggen.

Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Kinder Musik auf ihr Smartphone laden und dazu auf illegale Tauschbörsen Zugriff nehmen. Wird nämlich über den elterlichen WLAN-Anschluss die Verbindung mit dem Internet hergestellt, wird der Zugriff auf die Tauschbörse als Zugriff seitens der Eltern behandelt. Die Inhaber der Rechte an den illegal heruntergeladenen Musikstücken können von den Eltern bzw. dem Inhaber des Internetanschlusses Schadensersatz für jedes Musikstück verlangen. Der Bundesgerichtshof erkannte zuletzt auf 200 EUR für jeden Titel zzgl. der Abmahn- und Anwaltskosten.

Um dem zu entgehen, müssen Eltern ihre Kinder nicht überwachen, die Smartphones überprüfen oder gegebenenfalls sperren. Das kann erst dann der Fall sein, wenn Anhaltspunkte für verbotenes Verhalten vorhanden sind. Die Eltern müssen ihre Kinder jedoch ausdrücklich über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihnen die Teilnahme ausdrücklich verbieten, um ihrer Aufsichtspflicht zu genügen und nicht in die Verantwortung genommen werden zu können.

Hinweis: Entfällt die Haftung der Eltern, besteht gegebenenfalls noch ein Haftungsanspruch den Kindern gegenüber. Allerdings sind diese meist vermögenslos, weshalb – jedenfalls bisher – davon abgesehen wurde, sie in Anspruch zu nehmen.

Quelle: BGH, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 7/14
Thema: Sonstiges

Eigensorgfalt für Fußgänger: Erkennbare Unebenheiten und Höhendifferenzen auf Gehwegen sind hinzunehmen

Bei der Frage, in welchem Umfang Fußgänger Unebenheiten und Niveauunterschiede auf Straßen, Plätzen und Gehwegen hinnehmen müssen, ist immer der individuelle Einzelfall entscheidend.

Ein Fußgänger ging nach seinen Angaben in Begleitung zweier Zeugen innerorts bei völliger Dunkelheit auf einem Gehweg. Der Gruppe von Fußgängern kam ein Radfahrer entgegen. Um ihn passieren zu lassen, ging der Fußgänger zur Seite an den Bordstein und knickte aufgrund eines fehlenden Bordsteinstücks mit dem Fuß um. Von der verkehrssicherungspflichtigen Gemeinde verlangte er daher Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken konnte allerdings keinen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten feststellen und hat die Ansprüche des Fußgängers daher zurückgewiesen. Das Gericht ging davon aus, dass der Fußgänger die konkrete Schadensstelle zu der behaupteten Uhr- und Jahreszeit mit Blick auf Ausmaß und Lage im Bereich des Bordsteins bei der gebotenen Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können. Die Benutzung der Bordsteinkante ist mit Blick auf die zum Fahrbahnrand hin gegebene Höhendifferenz per se nicht völlig gefahrenfrei, so dass ein umso höheres Maß an Eigensorgfalt geboten ist, um Übertritte oder ein Abrutschen von der Bordsteinkante zu vermeiden.

Hinweis: Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt maßgeblich von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrswegs und dessen Bedeutung ab. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustands, wobei jedoch eine absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden kann. Eine solche ist auch unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht zu erreichen. Vielmehr sind die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, in dem sie sich dem Benutzer erkennbar darbieten, wobei sich der Benutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss.

Quelle: OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.11.2015 – 4 U 110/14 
Thema: Verkehrsrecht

Bebilderte Schulwebsite: Bei Urheberrechtsverletzung durch verbeamtete Lehrer haftet das Land als Dienstherr

Auch ein Lehrer darf keine fremden Bilder auf die Website einer Schule einstellen, wenn er dafür nicht die Erlaubnis des Fotografen besitzt.

Ein Gymnasium warb im Internet für sein Fremdsprachenangebot. Ein Lehrer hatte die Internetseiten erstellt und dafür ein Foto genutzt, das er nicht selber gefertigt hatte. Der Fotograf verlangte nun Schadensersatz vom Arbeitgeber des Lehrers – vom Land Niedersachsen. Schließlich musste das Oberlandesgericht Celle entscheiden. Das stellte fest: Der Lehrer hat in Ausübung eines öffentlichen Amts gehandelt und mit der Verwendung des Bilds das Urheberrecht des Fotografen verletzt. Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Verantwortlichkeit dafür trifft den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.

Hinweis: Niemand sollte fremde Bilder auf seiner Website einstellen. Das gilt natürlich insbesondere auch für Angehörige des öffentlichen Diensts.

Quelle: OLG Celle, Urt. v. 09.11.2015 – 13 U 95/15
Thema: Sonstiges

Flugverspätung: Auch Arbeitgeber können Schadensersatzforderungen geltend machen

Kommt es zu einer Flugverspätung, ist häufig nicht nur der Fliegende geschädigt, sondern auch dessen Arbeitgeber.

In einem Fall ging es um einen öffentlichen Arbeitgeber aus Litauen. Zwei seiner Mitarbeiter hatten bei der Air Baltic einen Flug gebucht, der dann allerdings 14 Stunden Verspätung hatte. Dementsprechend verlängerte sich die Geschäftsreise – der Arbeitgeber musste seinen Mitarbeitern folglich zusätzliche Reisekosten und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Es ging dabei um insgesamt 338 EUR, die der Arbeitgeber von der Air Baltic zurückverlangte. Schließlich musste der Europäische Gerichtshof über die Frage entscheiden. Und dieser war der Auffassung, dass vom Schutz der Verbraucherinteressen auch der Arbeitgeber eingeschlossen ist.

Hinweis: Auch ein Arbeitgeber kann also Schadensersatz verlangen. Allerdings gilt die Haftung nicht unbegrenzt. Die Fluggesellschaften müssen maximal jenen Betrag erstatten, den der reisende Arbeitnehmer verlangen könnte, würde er selbst die Forderung erheben.

Quelle: EuGH, Urt. v. 17.02.2016 – C-429/14
Thema: Sonstiges

Rollender Einkaufswagen: Marktbetreiber trifft Verkehrssicherungspflicht nach Betriebsschluss

Für den Betreiber eines Lebensmittelmarkts besteht die Verkehrssicherungspflicht, Einkaufswagen vor einer unbefugten Benutzung durch Dritte und vor einem unbeabsichtigten Wegrollen nach Geschäftsschluss zu sichern.

Gegen ein Uhr nachts kollidierte ein Pkw bei stürmischem Wetter innerorts auf Höhe eines Lebensmittelmarkts mit einem vom Parkplatz auf die Fahrbahn rollenden Einkaufswagen.

Der Marktbetreiber ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm zum Schadensersatz verpflichtet, da er dafür zu sorgen hat, dass seine Einkaufswagen nach Geschäftsschluss sicher abgestellt sind. Zum einen um zu vermeiden, dass sie von Unbefugten benutzt werden, zum anderen, um ein Wegrollen der Einkaufswagen zu verhindern. Die von dem Lebensmittelmarkt ergriffenen Sicherungsmaßnahmen genügten diesen Anforderungen nicht – besonders auch deshalb, da der Gehsteig vor dem Ladengeschäft, an den der Abstellplatz für die Einkaufswagen angrenzt, zur Fahrbahn hin ein Gefälle aufweist. Die auf dem Abstellplatz in drei nebeneinander gelegenen Reihen stehenden Einkaufswagen wurden nach Landschluss von einer Mitarbeiterin lediglich mit einer durch die Einkaufswagen geführten Kette gesichert, die um einen am Kopfende des Abstellplatzes vorhandenen Metallpfosten geschlungen wurde, ohne jedoch durch ein Vorhängeschloss gesichert zu sein.

Hinweis: Die unbefugte Entnahme eines nicht mit einem Pfandmarkensystem ausgerüsteten Einkaufswagens durch einen Dritten war im vorliegenden Fall leicht möglich, da es nur eines leichten Anhebens des Einkaufwagens zur Überwindung der am Boden liegenden Kette bedurfte. Daher liegt eine die Verkehrssicherungspflicht auslösende abhilfebedürftige Gefahrenstelle vor. Ob das Gericht anders entschieden hätte, wenn die Einkaufswagen durch ein Pfandmarkensystem gesichert gewesen wären, wurde offengelassen.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 18.08.2015 – 9 U 169/14 
Thema: Verkehrsrecht

Radsturz wegen Hund: Anscheinsbeweis spricht bei freilaufenden Tieren für die Halterhaftung

Steht der Sturz eines Radfahrers im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Kollision mit einem freilaufenden Hund, spricht der Anscheinsbeweis für eine Haftung des Hundehalters.

Eine Radfahrerin befuhr einen asphaltierten landwirtschaftlichen Weg, der für die Benutzung durch Radfahrer und Fußgänger freigegeben war. In dieselbe Richtung spazierte ein Mann mit seinem Hund, der seinerseits dem Mann etwa 10 m vorauslief. Der Hund war nicht angeleint und lief aus Sicht der Radfahrerin am linken Wegesrand. Die Radfahrerin klingelte, als sie den Fußgänger überholen wollte. In diesem Moment pfiff der Mann nach seinem Hund, der zunächst links blieb. Als sich die Radfahrerin bis auf wenige Meter dem Hund genähert hatte, lief dieser plötzlich nach rechts und die Radfahrerin stürzte.

Der Halter des Hundes haftet hier auf vollen Schadensersatz. Der Sturz der Radfahrerin stand in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Begegnung mit dem freilaufenden Hund. Unter diesen Umständen spricht bereits ein Anscheinsbeweis für die Verursachung des Sturzes durch den Hund, weil dieser nicht mit einer Leine geführt wurde, sondern vielmehr die Leine hinter sich herzog. Ein Mitverschulden der Radfahrerin an der Entstehung des Unfalls war nicht zu erkennen. Der Radfahrerin hätte allein vorgeworfen werden können, ihr Fahrrad bei Annäherung an den Hund nicht zum Stillstand gebracht zu haben, abgestiegen zu sein und das Fahrrad vorsichtig am Hund entlanggeschoben zu haben. Eine derartige Verhaltensweise widerspricht jedoch der Teilnahme am Verkehr auf einem asphaltierten landwirtschaftlichen Verbindungsweg.

Hinweis: Befinden sich Tiere auf der Fahrbahn, ist hierauf nach Möglichkeit Rücksicht zu nehmen. Das bedeutet, dass vorsichtig an ihnen vorbeigefahren werden muss, die Geschwindigkeit der Verkehrssituation anzupassen, ein gewisser Abstand einzuhalten und die Reaktionsbereitschaft zu erhöhen ist. Nicht verlangt werden kann, dass vom Fahrrad abgestiegen wird, um das Tier gefahrlos passieren zu lassen.

Quelle: LG Tübingen, Urt. v. 12.05.2015 – 5 O 118/14
Thema: Verkehrsrecht

Einvernehmlichkeit: Keine Haftung bei Unfällen nach Motorradfahrten in Kolonne

Fahren Motorradfahrer in Kolonne ohne Sicherheitsabstand und in wechselnder Reihenfolge, führt dies bei einem Unfall zu einem Haftungsausschluss.

Eine aus vier Personen bestehende Motorradgruppe befuhr eine Landstraße. Der an erster Stelle der Kolonne fahrende Motorradfahrer kollidierte in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Der an zweiter Stelle Fahrende stürzte, der Motorradfahrer hinter ihm kam ebenfalls zu Fall und verletzte hierbei den Vorausfahrenden.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt besteht keine Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz oder Schmerzensgeld, da die Haftung wegen eines Haftungsverzichts ausgeschlossen ist. Die Motorradfahrer waren in einer Gruppe ohne feste Reihenfolge gefahren und hatten den erforderlichen Sicherheitsabstand einvernehmlich nicht eingehalten. Die Motorradfahrer sind deshalb gemeinsam ein besonderes Risiko eingegangen, um das entsprechende Gruppenfahrgefühl zu erreichen. Alle nahmen somit billigend in Kauf, dass entweder sie selbst oder die hinter ihnen Fahrenden bei einer Unfallsituation nicht ausreichend bremsen können und es zu Schädigungen anderer Teilnehmer kommen kann. Ein Anspruch auf Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn jeder Teilnehmer bei getauschten Positionen ebenso wie der geschädigte Anspruchsteller in die Lage hätte kommen können.

Hinweis: Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass bei sportlichen Wettbewerben mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei denen typischerweise auch bei regelkonformem Verhalten die Gefahr gegenseitiger Schadenszufügung besteht, die Inanspruchnahme des Schädigers für Schäden eines Mitbewerbers ausgeschlossen sind, die er ohne gewichtige Regelverletzung verursacht.

Quelle: OLG Frankfurt, Urt. v. 18.08.2015 – 22 U 39/14
Thema: Verkehrsrecht

Verkehrssicherungspflicht: Schaden bei Mäharbeiten am Straßenrand

Das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses bei einem Unfall setzt nicht automatisch eine absolute Unvermeidbarkeit voraus. Es reicht die Durchführung der erforderlichen und zumutbaren Sicherungsmaßnahmen, um den Unabwendbarkeitsnachweis zu führen.

Ein Pkw-Fahrer befuhr eine Bundesstraße. Neben der Bundesstraße wurden Mäharbeiten durch einen Traktor mit einem Mähausleger ausgeführt. Während der Vorbeifahrt flog ein Holzstück gegen das Auto und verursachte Sachschaden. Der Halter des Pkw verlangte von dem Verkehrssicherungspflichtigen Schadensersatz.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm besteht aber kein Anspruch auf Schadensersatz. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Schaden an dem Pkw durch ein hochgeschleudertes Holzstück verursacht wurde, wären Schadensersatzansprüche ausgeschlossen, weil das Schadensereignis ein für das Land unabwendbares Ereignis darstellt.

Die Unabwendbarkeit eines Unfalls setzt dabei keine absolute Unvermeidbarkeit voraus. Vielmehr ist hierfür ausreichend, dass das schadensstiftende Ereignis auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Werden Mäharbeiten durchgeführt, sind die Mitarbeiter des zuständigen Straßenbaulastträgers verpflichtet, solche Sicherungsmaßnahmen zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer zu ergreifen, die mit vertretbarem Aufwand zu erreichen sind. Umfangreiche Sicherungsmaßnahmen – wie das Aufstellen einer mitführbaren Schutzplane, der Einsatz eines weiteren Fahrzeugs sowie das vorherige Absuchen der zu schneidenden Fläche auf etwaige Steine – ist bei einer großen Rasenfläche wirtschaftlich unzumutbar und somit nicht möglich. Ausreichend war hier der am Traktor angebrachte Ausleger, der die Gefahr des Herausschleuderns eines Gegenstands aus dem Mähkopf auf ein Minimum reduziert.

Hinweis: Von dem Verkehrssicherungspflichtigen wird nach ständiger Rechtsprechung verlangt, dass er die Sicherungsmaßnahmen ergreift, die erforderlich und zumutbar sind. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, ist vom Einzelfall abhängig. So ist es durchaus möglich, dass nach Mäharbeiten mit einem motorgetriebenen Rasenmäher eine andere Beurteilung erfolgt wäre.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 03.07.2014 – 11 U 169/14 
Thema: Verkehrsrecht

Mietrecht: Haftung des Vermieters bei vorgetäuschtem Eigenbedarf

Die Eigenbedarfskündigung ist ein scharfes Schwert in der Hand des Vermieters, der sich insofern auf sein im Grundgesetz verankertes Eigentumsrecht berufen kann. Bei vernünftigem und nachvollziehbarem Nutzungswunsch hat der Mieter die Wohnung zu räumen. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Eigenbedarf auch tatsächlich besteht. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung nochmals die Voraussetzungen präzisiert, unter denen der Vermieter haftet, wenn er den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat.

In dem vom BGH entschiedenen Fall (BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 – VIII ZR 99/14 –) ging es um folgende Problematik:

Der Vermieter hatte den Mietvertrag über eine Wohnung mit der Begründung gekündigt, dass diese für den neuen Hausmeister benötigt werde. Der Mieter bestritt die Wirksamkeit der Kündigung. Der Vermieter verklagte den Mieter also auf Räumung der Wohnung.

Den Prozess drohte der Mieter zu verlieren, weil das Gericht davon ausging, dass der vom Vermieter geltend gemachte Eigenbedarf tatsächlich so bestand. Die Parteien schlossen daher einen Vergleich dahingehend, dass das Mietverhältnis als beendet galt und der Mieter eine sechsmonatige Räumungsfrist bei weiterer Mietzahlung erhielt. Zudem erklärte der Mieter einen Verzicht auf sämtliche Räumungsschutzvorschriften. Im Gegenzug erhielt der Mieter das Recht, mit zweiwöchiger Ankündigungsfrist die Wohnung auch früher zu verlassen, sobald er eine neue Wohnung gefunden haben würde.

Nach dem Auszug des Mieters zog dann allerdings nicht der angekündigte neue Hausmeister in die Wohnung ein, sondern eine Familie.

Der Mieter verlangte daher Schadensersatz vom Vermieter, nämlich den Ersatz der Umzugskosten, außerdem der Mehrkosten, die ihm durch die höhere Miete für die neue Wohnung und dadurch entstanden, dass er den Weg zur Arbeit nicht mehr wie bisher zu Fuß zurücklegen könne, sowie den Ersatz der ihm entstandenen Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits. Insgesamt verlangte der Mieter Zahlung von über 25.000 €.

Der BGH entschied, dass dem Mieter in diesem Fall grundsätzlich Schadensersatz zustehen könne.

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vortäuschung von Eigenbedarf eine Pflichtverletzung aus dem Mietvertrag, die den Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 BGB). Das gilt übrigens auch für jede andere unberechtigte Kündigung.

Das Problem bestand vorliegend darin, dass der Mieter in dem Prozessvergleich auf seine Rechte verzichtet hatte.

Dies könne, so der BGH, auch zum Verlust der Schadensersatzansprüche führen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien mit dem Vergleich auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die Eigenbedarfslage des Vermieters tatsächlich bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, wäre also ein Schadensersatzanspruch des Mieters nicht mehr gegeben.

An einen solchen Verzichtswillen sind nach dem BGH jedoch strenge Anforderungen zu stellen.

Wenn, wie hier, ein solcher Wille nicht ausdrücklich erklärt wird, müssen die Umstände zur Auslegung herangezogen werden. Derartige Umstände könnten bei einem Räumungsvergleich etwa darin liegen, dass sich der Vermieter zu einer substantiellen Gegenleistung verpflichtet. So kann im Einzelfall in der Zahlung einer namhaften Abstandszahlung oder einem Verzicht auf Schönheitsreparaturen der Wille der Parteien entnommen werden, dass damit auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgegolten sein sollen. Dies würde, so der BGH, insbesondere dann in Betracht kommen, wenn eine solche Einigung in einer Situation erheblicher Unsicherheit für beide Parteien erfolgt, also etwa in der ersten Instanz vor Durchführung einer sonst erforderlichen umfangreichen Beweisaufnahme.

Ein derart substantielles Nachgeben lag in dem vom BGH entschiedenen Fall jedoch nicht vor. Die Gewährung einer sechsmonatigen Räumungsfrist war gegenüber einer streitigen Entscheidung zuzüglich einer möglichen Räumungsfrist kein wesentlicher zeitlicher Vorteil für den Mieter. Zudem hatte der Mieter weiterhin die Miete zu zahlen sowie sämtliche Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Ergebnis hinderte der geschlossene Prozessvergleich den Mieter also nicht daran, Schadensersatz vom Vermieter zu beanspruchen. Da im Fall allerdings noch nicht alle Tatsachen aufgeklärt waren, verwies der Bundesgerichtshof zurück an das Berufungsgericht.

Es kann für Vermieter nur davor gewarnt werden, lästige Mieter mit vorgeschobenem Eigenbedarf loswerden zu wollen. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Kündigung mit Täuschungsabsicht erfolgt war, drohen erhebliche Schadensersatzpflichten!

Thema: Mietrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal