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Schlagwort: Schmerzensgeld

Verkehrssicherung in Kletterhallen: Betriebsführergesellschaft haftet für Gefahrenquellen im stark frequentierten Durchgang

Dass Menschen nicht nur weit, sondern auch hoch hinaus wollen, gehört wohl zu den Grundlagen unserer Entwicklung. Doch die in den letzten Jahren immer beliebter gewordenen Kletterhallen zeigen das Gefahrenpotential des Strebens nach selbst erklommener Höhe auf. Mit den nicht abreißen wollenden Unfallzahlen steigt auch die Fallzahl vor Gericht. Im Folgenden hatte das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) die Aufgabe, über einen besonders folgenreichen Vorfall zu entscheiden.

Ein 36 Jahre alter Mann betrat eine Kletterhalle und wurde von einem abstürzenden anderen Kletterer schwer verletzt. Durch mehrere Frakturen der Wirbelsäule ist er seitdem querschnittsgelähmt, und so klagte er deshalb auf Schadensersatz und Schmerzensgeld von mehr als 600.000 EUR.

Doch die Klage gegen den anderen Kletterer und dessen sichernde Helferin wurde mangels Nachweises eines Fehlers abgewiesen. Stattdessen ist laut OLG die Betriebsführergesellschaft der Kletteranlage zur Haftung verpflichtet. Diese hat ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt, indem sie zahlreiche Kletterrouten in dem engen und häufig stark frequentierten Durchgang zwischen zwei Kletterhallen angelegt hatte. Allerdings hätte auch der Verletzte, selbst ein Kletterer, die Gefahrensituation erkennen und vermeiden können. Deswegen trifft ihn ein Mitverschulden an dem Unfall von 25 %. In einem zweiten Schritt wird nun auf der Basis dieser Quote über die Höhe der Ansprüche gegen die Betriebsführergesellschaft zu entscheiden sein.

Hinweis: Wer eine Kletterhalle besucht, begibt sich selbst in Gefahr. Doch manchmal muss eben auch der Betreiber der Kletterhalle haften. Da bleibt nur zu hoffen, dass dieser eine gute Haftpflichtversicherung hat.

Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 17.03.2020 – 6 U 194/18

Thema: Sonstiges

Schadensersatzanspruch abgelehnt: Mit ausreichend erkennbaren Stolperfallen müssen Krankenhausbesucher rechnen

Wenn man schon verunfallt, scheint es zumindest Glück im Unglück zu sein, wenn das in einem Krankenhaus geschieht. Dass es jedoch auch hier nicht generell der Fall ist, am eigenen Missgeschick anderen die Schuld geben zu können, zeigt der folgende Fall des Landgerichts Köln (LG).

Eine Besucherin verletzte sich in einem Kölner Krankenhaus auf dem Weg zum Aufzug. Dabei stolperte die Frau über den Verbindungsholm einer dort aufgestellten Sitzgruppe. Nun war sie der Ansicht, das Krankenhaus hätte diese Sitzgruppe als Gefahrenquelle besser sichern müssen – sie klagte auf Schmerzensgeld, Schadensersatz, Ersatz des Haushaltsführungsschadens sowie auf Verdienstausfall.

Die Klage hatte beim zuständigen LG allerdings keinen Erfolg. Ein Besucher eines Krankenhauses muss sich auf die typischen Gegebenheiten eines Krankenhauses einstellen und auf abgestellte Betten, medizinische Geräte und auf Wartezonen mit Sitzgruppen achten. Verletzt sich ein Besucher beim Sturz über ausreichend erkennbare Teile einer Sitzgruppe, besteht daher auch kein Anspruch auf Schadensersatz.

Hinweis: Augen auf im Krankenhaus! Andere haften nicht für alle Ungeschicklichkeiten, die das Leben bietet. Selbstverantwortung gehört stets dazu.

Quelle: LG Köln, Urt. v. 23.01.2020 – 2 O 93/19

Thema: Sonstiges

Bei drohendem Haftungsausschluss: Anwaltlicher Vertretung darf beim Abfindungsvergleich ein Ermessensspielraum eingeräumt werden

Wer sich zwischen einem Verfahren und einem Abfindungsvergleich entscheiden muss, sollte wissen, dass Letzterer den Ausschluss sämtlicher weiterer Forderungen beinhaltet. Dass es dabei wichtig ist, seinem rechtlichen Beistand und dessen Fachkenntnis zu vertrauen, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG).

Eine Frau war bei einem Verkehrsunfall verletzt worden. Ein Arzt operierte sie deshalb, obwohl keine entsprechende medizinische Indikation vorlag. Deshalb ging die Frau zu ihrer Rechtsanwältin, um Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend zu machen. Die Rechtsanwältin führte mit der Haftpflichtversicherung des Arztes Gespräche, und letztendlich unterschrieb sie eine Abfindungserklärung im Namen der Geschädigten. Diese erhielt also Geld, musste dafür aber auf weitere Ansprüche verzichten. Damit wiederum war die verletzte Frau im Nachhinein nicht einverstanden. Bei einer ihrer Ansicht nach korrekten Aufklärung hätte sie dem Vergleich nicht zugestimmt – es wäre ein wesentlich höherer Anspruch möglich gewesen. Deshalb verklagte sie ihre Rechtsanwältin, allerdings ohne Erfolg.

Das OLG bestätigte zwar, dass Rechtsanwälte ihre Mandanten vor Abschluss eines Abfindungsvergleichs über dessen Bedeutung und Inhalt umfassend belehren müssen. Doch das war hier nach Ansicht der Richter geschehen: Es bestand hier nämlich durchaus die reale Gefahr, dass die Haftpflichtversicherung des in Anspruch genommenen Arztes wegen dessen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls vollständig die Regulierung hätte ablehnen können. Dieser Umstand sprach dafür, der Mandantin zum Abschluss des Vergleichs zu raten. Sonst hätte diese vielleicht gar nichts erhalten. Deshalb hatte die Rechtsanwältin keine Pflichtverletzung begangen und ihre Mandantin über die Tragweite des Abfindungsvergleichs hinreichend aufgeklärt.

Hinweis: Betroffene sollten grundsätzlich dem Rat des Anwalts ihres Vertrauens folgen. Daneben schadet es natürlich nicht, sich auch selbst Gedanken zu machen. Und zeitlich unter Druck sollten sich Mandanten niemals setzen lassen.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.12.2019 – 8 U 129/18

Thema: Sonstiges

Zusammenprall beim Handball: Fehlt der Bericht zur roten Karte, kann kein Schadensersatzanspruch begründet werden

Trotz striktem Regelwerk können Verletzungen besonders bei Mannschafts- und Kampfsportarten nicht immer vermieden werden. Wie es sich mit den Folgen eines Fouls konkret verhält und was für einen Schadensersatzanspruch nötig ist, zeigt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) im folgenden Fall auf.

Dabei ging es um ein Handballspiel von Jugendmannschaften. Im Rahmen eines sogenannten Tempogegenstoßes hatte eine junge Frau zu einem Sprungwurf angesetzt, als sie mit der Torfrau der Gegnerinnen zusammenprallte. Die Torfrau erhielt dafür eine „rote Karte ohne Bericht“ und war damit für das weitere Spiel gesperrt. Nicht ganz so glimpflich kam die Feldspielerin davon – sie erlitt einen Kreuzbandriss im linken Knie. Die verletzte Spielerin wollte daher Schmerzensgeld und Schadensersatz von der Torfrau erhalten. Mit der Klage hatte sie jedoch keinen Erfolg.

Die Torfrau hatte in Augen des OLG nicht so grob regelwidrig gehandelt, dass ein Schadensersatzanspruch in Betracht gekommen wäre. Es handelt sich beim Handball nämlich in der Tat um eine sogenannte „Mannschafts-Kampfsportart“ (wobei „Mannschaftskampf-Sportart“ wohl korrekter wäre). Gewisse Kampfhandlungen sind dabei auch von einem sorgfältigen Spieler nicht zu vermeiden. Deshalb ist auch nicht jede geringfügige Verletzung einer Regel fahrlässig und damit haftungsbegründend.

Für eine sogenannte deliktische Handlung kommt es darauf an, ob der Regelverstoß mehr als geringfügig war und einen Grenzbereich zwischen gebotener kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairness überschritten hat. Hier hatte ein Sachverständiger jedoch die Handlung der Torfrau als nicht besonders unsportlich gewertet. Außerdem hatte der Schiedsrichter nur eine rote Karte gezeigt, jedoch ohne einen entsprechenden Bericht. Dieser wäre nach den Wettkampfregeln allerdings wichtig gewesen, da ein solcher Bericht die Basis für die spielleitende Stelle darstellt, um über spätere Sanktionen zu entscheiden. Fehlt dieser Bericht, ist davon auszugehen, dass sich die Regelwidrigkeit im Rahmen des körperbetonten Spiels gehalten hatte.

Hinweis: Bei einer Verletzung im Handball kommt demnach in der Regel eine Verpflichtung zum Schadensersatz für Verletzungen nur dann in Betracht, wenn eine „rote Karte mit Bericht“ verhängt wurde. Die Möglichkeit der Revision zum Bundesgerichtshof wurde allerdings eröffnet.

Quelle: OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 14.11.2019 – 22 U 50/17

Thema: Sonstiges

Kombinierter Geh- und Radweg: Nahende Radler dürfen sich nicht ohne weiteres auf Umsicht der Fußgänger verlassen

Kombinierte Geh- und Radwege bieten von Natur aus ein erhöhtes Gefahrenpotential. Umso stärker müssen die Verkehrsteilnehmer auf gegenseitige Rücksichtnahme zählen dürfen. Wie diese Umsicht konkret auszusehen hat, klärte das Oberlandesgericht Hamburg (OLG) wie folgt.

Eine Fahrradfahrerin befuhr einen gemeinsamen Geh- und Radweg, als sie sich von hinten einer Gruppe von Fußgängern näherte. Bei der Fußgängergruppe befand sich ein nicht angeleinter Hund. Dieser bewegte sich von der rechten auf die linke Seite des Wegs und stieß mit dem Vorderrad des Fahrrads zusammen, wobei sich die Radlerin verletzte. Von der Haftpflichtversicherung des Hundes verlangte sie daher Schmerzensgeld.

Das OLG hat der Radfahrerin ihre Ansprüche zu 2/3 zuerkannt. Gleichwohl traf die Frau ein Mitverschulden von 1/3, da sie auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg mit geringem Abstand an einer Personengruppe mit Hund vorbeifuhr, ohne zuvor durch Klingelzeichen auf sich aufmerksam gemacht zu haben. Zu berücksichtigen war ebenso, dass für die Radlerin eine unklare Verkehrslage vorlag, so dass diese allenfalls mit Schrittgeschwindigkeit hätte fahren dürfen. Bei der Vorbeifahrt an der Personengruppe, in deren Mitte sich der Hund befand, musste die Radfahrerin besondere Sorgfalt beachten. Der Weg war nicht so breit, dass ein Fahrradfahrer zwei nebeneinandergehende Personen, die einen Hund zwischen sich führen, bequem hätte überholen können. Auch wenn der Platz für eine Vorbeifahrt unter der Voraussetzung ausreichend war, dass alle Beteiligten ihre Spur einhielten, bestand eine erhöhte Unfallgefahr, weil damit gerechnet werden musste, dass die Fußgänger sich nach links wenden und dann in die Bahn des überholenden Fahrrads geraten könnten.

Hinweis: Auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg haben Fahrradfahrer zwar keinen Vorrang, Fußgänger müssen diese jedoch vorbeifahren lassen. Dabei müssen Radfahrer jede Gefährdung vermeiden. Fußgänger dürfen den gemeinsamen Geh- und Radweg auf der ganzen Breite benutzen und dort auch stehenbleiben. Sie brauchen nicht fortwährend nach Radfahrern Ausschau zu halten, die etwa von hinten herankommen könnten. Sie dürfen darauf vertrauen, dass Radfahrer rechtzeitig durch Glockenzeichen auf sich aufmerksam machen, damit sie die Passage dann freigeben.

Quelle: OLG Hamburg, Urt. v. 08.11.2019 – 1 U 155/18

Thema: Verkehrsrecht

Augenblicksentscheidung: Wer ein rollendes Auto aufzuhalten versucht, haftet im Schadensfall mit

Versuch macht – manchmal nur schmerzhaft – klug. Wer sich beispielsweise in Sandalen einem bergab rollenden Fahrzeug entgegenstellt und dabei gravierende Verletzungen erleidet, muss sich womöglich auch noch von der Rechtsprechung einen Rüffel einholen, so wie der Geschädigte im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Köln (OLG).


Die Lebensgefährtin des Geschädigten parkte ihren Pkw vor dem gemeinsamen Haus. Der Mann kam hinzu und bemerkte, dass sich das Fahrzeug in Bewegung setzte und rückwärts die abschüssige Einfahrt hinunterzurollen begann. Er lief hinter das Fahrzeug und versuchte sich mit beiden Händen dagegen zu stemmen. Hierbei wurde er von dem Fahrzeug jedoch niedergedrückt, kam rücklings zu Fall, wurde überrollt und über eine Strecke von etwa 20 Meter mitgeschleift. Er erlitt schwere Verletzungen und musste sogar reanimiert werden. Er verlangte deshalb vom Haftpflichtversicherer unter anderem Schmerzensgeld.

Das OLG hat jedoch die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, wonach den Geschädigten eine Mitverantwortung von 70 % an der Schadensentstehung trifft. Aufgrund der Masse des Pkw, der Tatsache, dass sich dieser selbständig in Bewegung gesetzt hatte, und der Kenntnis des größer werdenden Gefälles habe sich für den Geschädigten aufdrängen müssen, dass ein Aufhalten des Autos durch ein Dagegenstemmen von hinten ausgeschlossen war. Bei der Abwägung hat der Senat aber auch berücksichtigt, dass der Geschädigte sich spontan und ohne weiteres Nachdenken zum Eingreifen entschied und eine objektiv falsche Reaktion auf ein Unfallgeschehen aus verständlicher Bestürzung das Mitverschulden reduzieren oder ausschließen kann.

Hinweis: Grundsätzlich war eine Haftung der Kfz-Haftpflichtversicherung gegeben, da das Fahrzeug nicht ordnungsgemäß gesichert war. Das Mitverschulden des Geschädigten überwog aber aus den dargelegten Gründen. Nur wegen der von ihm zu treffenden Augenblicksentscheidung war der Anspruch nicht vollständig ausgeschlossen.

Quelle: OLG Köln, Urt. v. 05.07.2019 – 6 U 234/18

Thema: Verkehrsrecht

Eisglätte im März: Gewerbliche Winterdienste treffen höhere Sorgfaltspflichten als private Hauseigentümer

Wann und wie oft im Winter geräumt werden muss, ist eine Frage, die immer wieder die Gerichte beschäftigt. Das folgende Urteil des Amtsgerichts München (AG) gibt vor allem auch Aufschluss darüber, wie lange so ein Winter seine Spuren im Straßenbild hinterlassen kann – und wie darauf zu reagieren ist.

Eine Radfahrerin kam im März vor einem Supermarkt in Bayern zu Fall. Die Straßen und Wege waren im Wesentlichen zwar frei von Schnee – jedoch hatte es am Vortrag geregnet und die darauffolgende Nacht war sehr kalt gewesen. Schließlich rutschte die Radfahrerin mit dem Fahrrad auf einer vereisten Fläche des Supermarktparkplatzes weg und stürzte auf ihre Hand, wobei sie sich einen komplizierten Bruch eines Fingers zuzog. Da der Parkplatz bei Temperaturen nur knapp über den Gefrierpunkt trotz des vortäglichen Regens nicht gestreut worden war, klagte die Frau auf Schmerzensgeld. Der zuständige Winterdienst, auf den der Supermarkt mit Beauftragung auch seine Verkehrssicherungspflichten übertragen hatte, sah seinerseits jedoch keine Pflichtverletzung. Die Gemeindeverwaltung hätte ihn an diesem Tag ja schließlich auch nicht zum Einsatz gerufen -für das Unternehmen scheinbar ein Zeichen, dass die wetterbedingte Verkehrslage nicht zu beanstanden gewesen war. Das sah das AG jedoch völlig anders.

Besonders ein gewerblicher Anbieter von Räum- und Streudiensten sollte mit seinen erhöhten Sorgfaltspflichten wissen, dass ein Winter mit Schnee- und Eisglätte in München und Umgebung durchaus bis in den März hinein andauern kann. Hinsichtlich der vorherrschenden Temperaturen an diesem Tag durfte der Beklagte nicht von vornherein ausschließen, dass einzelne Stellen glatt sein könnten. Eine Kontrolle wäre hier Pflicht gewesen – auch ohne Aufforderung durch die Kommune.

Hinweis: Unterlässt ein mit Räum- und Streuarbeiten beauftragtes Unternehmen eine Kontrolle des Geländes trotz zu erwartender Glätte, haftet es im Schadensfall.
 
 

Quelle: AG München, Urt. v. 08.08.2018 – 154 C 20100/17

Thema: Mietrecht

Verkehrssicherung auf Parkplätzen: Weist eine teilweise vereiste Parkfläche sichere Zugänge zu den Fahrzeugen auf, reicht dies aus

Nutzt man bei Glätte auf einem Parkplatz einen erkennbar nicht gestreuten und geräumten Weg, hat man im Ernstfall womöglich keinen Anspruch auf Schmerzensgeld für durch einen Sturz erlittene Verletzungen. Das folgende Urteil des Amtsgerichts Augsburg (AG) zeigt, unter welchen Umständen das der Fall ist.


Eine Frau fuhr im Januar mit ihrem E-Bike auf einen Parkplatz, um Post auszuliefern. An diesem Tag herrschten winterliche Wetterverhältnisse, der Parkplatz war erkennbar glatt und nicht geräumt. Schließlich kam die Frau auf dem Parkplatz zu Fall und verletzte sich am Steißbein, am Becken und am Knie. Ihre diesbezüglich beim AG eingereichte Klage begründete sie mit der Verletzung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht. Sie warf dem Pflichtigen vor, dass er die glatten Stellen auf dem Parkplatz nicht geräumt und nicht gestreut habe. Doch so bekannt die Verkehrssicherungspflicht auch sein mag – hier reichte sie für eine Begründung des Schadensersatzanspruchs nicht aus.

Das AG kam nach der Beweisaufnahme nämlich zum Ergebnis, dass der Pflichtige seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hatte, da der Parkplatz nicht vollständig vereist war und außerdem sichere Wege zu den Fahrzeugen vorhanden waren. Eben diese Wege hätte auch die E-Bike Fahrerin nehmen müssen. Sie hätte absteigen und ihr beladenes Fahrrad an den glatten Stellen vorbeischieben müssen.

Dabei stellte das Gericht heraus, dass grundsätzlich jeder Eigentümer eines Grundstücks bei entsprechenden Witterungsverhältnissen den öffentlich zugänglichen Bereich seines Grundstücks von Eis und Schnee zu befreien und für die Begehbarkeit zu sorgen hat. Auf Gehwegen gelten aber strengere Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht als auf Parkplätzen. Auf Parkplätzen muss nicht die gesamte Fläche geräumt werden – es ist vielmehr ausreichend, für einen sicheren Zugang zu den abgestellten Fahrzeugen zu sorgen.

Hinweis: Es entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung, dass auf Parkplätzen nicht die gesamte Fläche geräumt werden muss, sofern für einen sicheren Zugang zu den abgestellten Fahrzeugen gesorgt ist. Nutzern ist im Eigeninteresse also dringend zu empfehlen, mit offenen Augen nach solchen sicheren Wegen Ausschau zu halten und diese zu nutzen.

Quelle: AG Augsburg, Urt. v. 05.09.2018 – 74 C 1611/18

Thema: Verkehrsrecht

Keine Exkulpationsmöglichkeit: Ein Kamel gilt bei Schadensfragen in Deutschland nicht als Haus- oder Nutztier

Jeder Tierbesitzer sollte wissen, dass er für Unfälle zu haften hat, die durch seine/n tierischen Gefährten verursacht werden. Welche Grundlagen für die entsprechende Tierhalterhaftung und welche Voraussetzungen für entsprechende Ausnahmen gelten, zeigt der folgende Fall.


Auf einer Kamelfarm in Deutschland verunglückte eine Frau, die auf einem der Kamele saß, die an einer Kette geführt wurden. Als sich die Tiere durch Hundegebell erschraken und eine abrupte Linksdrehung machten, stürzte sie aus einer Höhe von knapp zwei Metern zu Boden und erlitt dabei schwere Kopfverletzungen. Wegen der Schäden zog sie vor Gericht und bekam dort 70.000 EUR Schmerzensgeld sowie als Schadensersatz für den Verdienstausfall 21.000 EUR zugesprochen. Grundlage für dieses Urteil ist der Anspruch aus der sogenannten Tierhalterhaftung.

Eine Ausnahme der Tierhalterhaftung böte hier zwar die sogenannte Exkulpationsmöglichkeit, die Halter von der Ersatzpflicht befreien könnte. Voraussetzung hierfür ist aber zum einen der Umstand, dass das betreffende Tier der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient. Zum anderen muss der Tierhalter dabei auch bei der Beaufsichtigung des Tiers die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachten und im Schadensfall beweisen können, dass der Schaden auch trotz Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Und beide Grundvorausetzungen konnte der Halter hier nicht erfüllen: Denn weder ist ein Kamel nach Auffassung der Stuttgarter Richter ein in Deutschland gängiges Haus- oder Nutztier noch erfüllte die Tatsache, die Tiere nicht einzeln, sondern zu mehreren an der Kette zu führen, die genannte Sorgfaltspflicht.

Hinweis: Vorsicht also bei einem Betrieb, dessen Existenz sich auf die Haltung von in Deutschland ungewöhnlichen Tieren stützt. Denn bei einem Kamel handelt es sich laut Rechtsmeinung schon einmal nicht um ein Haus- und Nutztier – jedenfalls nicht hierzulande. Deshalb kann sich ein Kamelführer auch nicht auf das gesetzliche Privileg des Haustierhalters berufen.

Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 07.06.2018 – 13 U 194/17

Thema: Sonstiges

Keine Exkulpationsmöglichkeit: Ein Kamel gilt bei Schadensfragen in Deutschland nicht als Haus- oder Nutztier

Jeder Tierbesitzer sollte wissen, dass er für Unfälle zu haften hat, die durch seine/n tierischen Gefährten verursacht werden. Welche Grundlagen für die entsprechende Tierhalterhaftung und welche Voraussetzungen für entsprechende Ausnahmen gelten, zeigt der folgende Fall.


Auf einer Kamelfarm in Deutschland verunglückte eine Frau, die auf einem der Kamele saß, die an einer Kette geführt wurden. Als sich die Tiere durch Hundegebell erschraken und eine abrupte Linksdrehung machten, stürzte sie aus einer Höhe von knapp zwei Metern zu Boden und erlitt dabei schwere Kopfverletzungen. Wegen der Schäden zog sie vor Gericht und bekam dort 70.000 EUR Schmerzensgeld sowie als Schadensersatz für den Verdienstausfall 21.000 EUR zugesprochen. Grundlage für dieses Urteil ist der Anspruch aus der sogenannten Tierhalterhaftung.

Eine Ausnahme der Tierhalterhaftung böte hier zwar die sogenannte Exkulpationsmöglichkeit, die Halter von der Ersatzpflicht befreien könnte. Voraussetzung hierfür ist aber zum einen der Umstand, dass das betreffende Tier der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient. Zum anderen muss der Tierhalter dabei auch bei der Beaufsichtigung des Tiers die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachten und im Schadensfall beweisen können, dass der Schaden auch trotz Anwendung dieser Sorgfalt entstanden wäre. Und beide Grundvorausetzungen konnte der Halter hier nicht erfüllen: Denn weder ist ein Kamel nach Auffassung der Stuttgarter Richter ein in Deutschland gängiges Haus- oder Nutztier noch erfüllte die Tatsache, die Tiere nicht einzeln, sondern zu mehreren an der Kette zu führen, die genannte Sorgfaltspflicht.

Hinweis: Vorsicht also bei einem Betrieb, dessen Existenz sich auf die Haltung von in Deutschland ungewöhnlichen Tieren stützt. Denn bei einem Kamel handelt es sich laut Rechtsmeinung schon einmal nicht um ein Haus- und Nutztier – jedenfalls nicht hierzulande. Deshalb kann sich ein Kamelführer auch nicht auf das gesetzliche Privileg des Haustierhalters berufen.

Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 07.06.2018 – 13 U 194/17

Thema: Sonstiges