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Schlagwort: Straßenbahn

Trotz Grünlicht: Der Schienenverkehr hat Kraftfahrzeugen gegenüber stets Vorrang

Straßenbahnen haben auch dann Vorrang, wenn die Ampel der querenden Kfz-Fahrspur grün ist.

Ein Autofahrer wollte innerorts mit seinem Pkw mittels eines U-Turns wenden. Hierzu musste er, einer Linksabbiegerspur folgend, die für beide Fahrtrichtungen in der Straßenmitte befindlichen Straßenbahngleise überfahren. Hierbei kam es zur Kollision mit einer Straßenbahn. Der Pkw-Fahrer behauptete, schon einige Sekunden auf den Gleisen gestanden zu haben, so dass der Führer der Straßenbahn hätte rechtzeitig bremsen können.

Das Oberlandesgericht Hamm hat die auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage des Mannes abgewiesen, denn dieser ist für den Verkehrsunfall alleinverantwortlich. Rechtlich ist es durchaus zulässig, dass sowohl für Pkw-Fahrer als Linksabbieger als auch für den querenden Straßenbahnverkehr Grünlicht gilt. Bei einer derartigen Ampelphasenschaltung greift dabei aber die in der Straßenverkehrsordnung gesetzlich geregelte Vorrangregelung zugunsten des Schienenverkehrs. Und die gilt auch gegenüber einem bei Grünlicht abbiegenden Linksabbieger. Zwar ist es zwecks Vermeidung von Unfällen sicherer, wenn durch eine Ampelschaltung ein gleichzeitiges Befahren des Bahnübergangs durch den Individualverkehr ausgeschlossen ist. Auf eine solche Lösung hat aber kein Verkehrsteilnehmer einen Anspruch. Zudem hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Autofahrer sein Fahrzeug aus einer Warteposition neben den Gleisen erst zu einem Zeitpunkt auf das Gleisbett gelenkt hat, zu dem sich die von dem Straßenbahnfahrer geführte Straßenbahn schon so weit angenähert hatte, dass ein Anhalten der Bahn nicht mehr möglich war.

Hinweis: Derjenige, der wenden will, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus dem Gesetz ergibt sich bereits, dass der Schienenverkehr Vorrang hat. Verkehrsteilnehmer dürfen sich auf parallel zur Fahrbahn verlaufende Schienen nur dann einordnen, wenn kein Schienenfahrzeug sichtbar herankommt.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 13.04.2018 – 7 U 36/17

Thema: Verkehrsrecht

Eigensicherung in Straßenbahnen: Beim Sturz im fahrenden ÖPNV spricht der Anscheinsbeweis meist gegen den Fahrgast

Dem Fahrgast obliegt es, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in die Straßenbahn einen sicheren Stand oder einen Sitzplatz sowie sicheren Halt zu verschaffen.

Die 1932 geborene Frau stieg in eine Straßenbahn. Noch bevor sie einen festen Halt auf einem der Sitze gefunden hatte, fuhr die Straßenbahn an. Da sich die Passagierin zu diesem Zeitpunkt nicht festgehalten hatte, verlor sie dadurch das Gleichgewicht, schlug mit der linken Schulter gegen eine Wand, fiel zu Boden und verletzte sich an der Schulter.

 

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm steht der Geschädigten allerdings kein Schadensersatz bzw. Schmerzensgeldanspruch zu. Die alte Dame traf hier nämlich ein erhebliches Mitverschulden, da sie sich keinen sicheren Halt verschafft hatte – genau diesen hätte sie sich aber verschaffen können und müssen.

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung umfasst die Pflicht eines Fahrgasts zur Eigensicherung die Obliegenheit, sich unmittelbar nach dem Zusteigen in einen Bus oder eine Straßenbahn einen sicheren Halt und einen sicheren Stand bzw. einen Sitzplatz zu verschaffen. Kommt ein Fahrgast bei normaler Anfahrt eines Linienbusses bzw. einer Straßenbahn zu Fall, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Sturz auf die mangelnde Vorsicht des Fahrgasts zurückzuführen ist. Genau gegen diese Verpflichtung zur Eigensicherung hat die Frau hier verstoßen. Denn sie hatte sich nach dem Einsteigen keinen sicheren Halt an den vorhandenen Haltestangen verschafft, sondern war in der Straßenbahn mit ihrem Ehemann weitergegangen, um zu einem freien Sitzplatz zu kommen.

Hinweis: Nach den Beförderungsbedingungen ist der Fahrgast verpflichtet, sich festen Halt zu verschaffen. Der Fahrer einer Straßenbahn bzw. eines Linienbusses muss sich nur ausnahmsweise vergewissern, ob der Fahrgast einen Platz oder Halt im Wagen gefunden hat. Eine entsprechende Verpflichtung besteht bei erkennbarer Hilfsbedürftigkeit des Fahrgasts. Der Fahrgast ist daher grundsätzlich verpflichtet, zur Vermeidung eigener Gefährdung für seine eigene Sicherheit zu sorgen: Er muss sich unverzüglich nach dem Einsteigen Halt verschaffen bzw. einen Sitzplatz einnehmen.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 17.02.2017 – I-11 U 21/16

  Verkehrsrecht