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Schlagwort: Täuschung

Höfeordnung und Nachabfindungsansprüche: Selbst Wertunterschied in Millionenhöhe führt nicht zu Sittenwidrigkeit von Erbverzichtsvertrag

Rechtsstreitigkeiten vor dem Hintergrund der Höfeordnung spielen zumeist in ländlichen Gegenden eine Rolle. Die Höfeordnung regelt die Erbfolge bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland. Durch diese spezielle gesetzliche Regelung soll sichergestellt werden, dass landwirtschaftliche Familienbetriebe über Generationen hinweg erhalten bleiben. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) musste entscheiden, ob ein Verzicht auf den Pflichtteil und die Nachabfindung im Nachhinein für sittenwidrig erklärt werden kann.

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Abgerittener Renngaul? Dressur- und Springausbildung sind beim Kauf eines gesunden elfjährigen Pferds keine Nachteile

Käufe und Verkäufe von Tieren finden täglich tausendfach in Deutschland statt. Und selbstverständlich gibt es auch hierbei Regeln. Ob eine fehlerhafte Formulierung im Kaufvertrag über ein Pferd so regelwidrig ist, dass sie automatisch einen Rücktritt vom Kaufvertrag ermöglicht oder gar den Umstand einer Täuschung erfüllt, musste das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) entscheiden.

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Zustimmungsersetzungsverfahren: Arbeitsgericht lehnt Kündigung von Betriebsratsvorsitzender nach Versehen bei Arbeitszeitnachweis ab

Mitglieder des Betriebsrats sind vor Kündigungen besonders geschützt. Denn der Betriebsrat selbst muss einer solchen Kündigung zustimmen. Wird eine solche Zustimmung verweigert, kann sie gerichtlich ersetzt werden, was das beauftragte Arbeitsgericht Gera (ArbG) im folgenden Fall jedoch nicht für nötig erachtete.

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Sittenwidrigkeit eines Pflichtteilsverzichts: Für eine Übervorteilung bei einem Pflichtteilsverzichtsvertrag müssen gewichtige Gründe sprechen

Die Vereinbarung eines Pflichtteilsverzichts ist ein beliebtes Mittel, um Vermögenswerte zusammenzuhalten und nicht unter den Abkömmlingen zu zersplittern. Teilweise wird so ein Verzicht jedoch bewusst zum Nachteil der Abkömmlinge geschlossen, um dabei ihre emotionale und finanzielle Abhängigkeit gezielt auszunutzen.

Eine Frau vereinbarte im Alter von 20 Jahren mit ihren Eltern notariell einen Pflichtteilsverzicht. Im Gegenzug erhielt sie im Zusammenhang mit ihrer Eheschließung am selben Tag ein Hausgrundstück und eine vollständige Wohnungseinrichtung inklusive Wäscheausstattung. Sie war kurz vorher für volljährig erklärt worden, was nach damals geltendem Recht erforderlich war, um heiraten zu können. Die Mutter verstarb einige Jahre später, der Vater erst im Jahr 2016. Nach seinem Tod machte die Frau nun geltend, dass der Pflichtteilsverzicht sittenwidrig war, weil sie damals von ihren Eltern zu diesen Schritten gedrängt wurde und aufgrund ihrer Jugend und Unerfahrenheit die Bedeutung des Verzichts nicht verstanden habe.

Das Gericht wies darauf hin, dass ein Pflichtteilsverzichtsvertrag sittenwidrig sein kann, wenn das fehlende Verständnis, das mangelnde Wissen oder die Unerfahrenheit des Verzichtenden bewusst ausgenutzt werden oder sich eine objektive Unausgewogenheit aus der mit ihm zusammenhängenden Gegenleistung ergibt. In diesem Fall sah das Gericht jedoch keine Anhaltspunkte dafür. Dass die Frau auch insbesondere erstmals nach dem Tod des Vaters – und damit 46 Jahre nach dem Pflichtteilsverzicht – und nicht etwa schon nach dem Tod der Mutter Jahre zuvor die Unwirksamkeit ihres Pflichtteilsverzichts geltend gemacht hatte, sah das Gericht als ein gewichtiges Indiz dafür an, dass sie nicht in sittenwidriger Weise zu dem Verzicht verleitet worden war.

Hinweis: Ein Pflichtteilsverzichtsvertrag kann – wie andere Verträge auch – noch zu Lebzeiten aller Beteiligten wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung angefochten werden. Nach dem Tod des Erblassers kann dann nur noch vorgetragen werden, dass der Vertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. Zum Schutz vor übereilten Entscheidungen sollte ein solcher Verzichtsvertrag daher zwingend notariell beurkundet werden.

Quelle: LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 23.03.2018 – 6 O 6494/17

Thema: Erbrecht

Grundstückskauf: Beschaffenheitsvereinbarung muss im Kaufvertrag enthalten sein

Eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes vor Vertragsschluss durch den Verkäufer, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, führt in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung.

Grundstückskaufverträge werden in aller Regel mit der Klausel versehen, dass Ansprüche der Käufer wegen Mängeln ausgeschlossen sind. Gleichzeitig kann es jedoch so sein, dass der Verkäufer gewisse Zusicherungen über die Eigenschaft abgegeben hat, von denen die Käufer ihre Kaufentscheidung auch abhängig gemacht haben.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr eine Grundsatzentscheidung zu der Frage gefällt, welche Anforderungen an eine sog. Beschaffenheitsvereinbarung zu stellen sind (BGH, Urteil vom 06. November 2015 – V ZR 78/14 –).

Im Fall ging es um die Frage, ob eine bestimmte Fläche vereinbart worden war. Die Verkäufer hatten vorvertraglich Flächenangaben gemacht, die allerdings nicht in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen worden waren.

Ansprüche des Käufers wegen eines Sachmangels nach §§ 434 ff. BGB infolge einer unrichtigen Erklärung des Verkäufers über die Wohnfläche des verkauften Wohnhauses setzen voraus, dass deren Größe als Beschaffenheit der Kaufsache vertraglich vereinbart wurde (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder dass der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers eine bestimmte Größe der Wohnfläche erwarten durfte (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB).

Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung kann sich auch aus den Umständen ergeben, etwa – wie im Fall – dadurch, dass Grundrisszeichnungen übergeben werden. In dem Fall erstreckt sich der Haftungsausschluss im Kaufvertrag nicht auf diese vereinbarte Beschaffenheit.

Das Problem bestand allerdings darin, dass die Beschaffenheitsvereinbarung nicht in den notariellen Kaufvertrag aufgenommen wurde. Sie war daher nicht formgerecht.

Denn es gilt für Grundstückskaufverträge: Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB). Grundsätzlich kann zwar eine mündliche oder schlüssige Nebenvereinbarung durch Auflassung (d.h. Vertragsschluss vor dem Notar) und Grundbucheintragung „geheilt“ werden kann (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB). Der BGH nimmt jedoch für den Regelfall an, dass dies von den Parteien nicht so gewollt ist.

Die entscheidende Rechtsfrage ist, inwieweit die Beurkundungsbedürftigkeit des Vertrages der Annahme entgegensteht, Beschaffenheitsvereinbarungen könnten durch Beschreibungen bestimmter Eigenschaften der Kaufsache durch den Verkäufer im Vorfeld des Vertragsschlusses zustande kommen.

Der BGH entscheidet diese Rechtsfrage dahingehend, dass eine Beschreibung von Eigenschaften eines Grundstücks oder Gebäudes durch den Verkäufer vor Vertragsschluss, die in der notariellen Urkunde keinen Niederschlag findet, in aller Regel nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB führt. Informationen über Eigenschaften der Kaufsache seien von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden.

Die Parteien müssen, so der BGH, bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen, die Rechtswirkungen erzeugen sollen. Dazu gehören die Vereinbarungen über die Beschaffenheit. Sie konkretisieren die Verpflichtung des Verkäufers nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB, dem Käufer die Sache frei von Sachmängeln zu verschaffen, dahingehend, dass dieser – über die allgemeinen Anforderungen hinaus – dem Käufer eine der individuell vereinbarten Beschaffenheit gemäße Sache schuldet. Dass die Parteien eine solche Bindung gewollt haben – selbst wenn in der Urkunde zu der Vereinbarung einer Beschaffenheit nichts aufgenommen wurde – sei vor dem Hintergrund des ihnen bekannten Beurkundungserfordernisses in aller Regel nicht anzunehmen.

Das bedeutet: Käufer haben wegen einer Beschaffenheit der Sache, die nicht in den Notarvertrag aufgenommen ist, keine kaufrechtlichen Mängelrechte.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Käufer einen Schadensersatzanspruch aus vorvertraglichem Verschulden des Verkäufers hat (§ 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB). Nach dem BGH gilt insofern: Vorsätzliche falsche Angaben des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache, die nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung geworden sind, begründen einen Anspruch des Käufers auf Schadensersatz aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten. Eine Rechtsfolge dieses Anspruchs besteht darin, dass der Käufer als Vertrauensschaden von dem Verkäufer den Betrag verlangen kann, um den er den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat.

Auf diese Weise kann ein getäuschter Käufer doch noch zu einer Minderung des Kaufpreises kommen. Der Käufer muss allerdings beweisen, dass der Verkäufer vorsätzlich handelte, d.h. bewusst falsche Angaben zum Grundstück oder dem Gebäude vor Vertragsschluss gemacht hat. Hier liegt oft die Schwierigkeit und an diesem Nachweis scheiterte auch der Käufer in dem vom BGH entschiedenen Fall.

Es bleibt festzuhalten, dass Käufer darauf achten sollten, Beschaffenheitsvereinbarungen ausdrücklich in den Kaufvertrag aufzunehmen, um ihre Mängelrechte nicht zu verlieren. Nachträglich kann es ansonsten schwierig werden, diese gegenüber dem Verkäufer durchzusetzen. Das Urteil des BGH hat gezeigt, wie entscheidend bereits die richtige Vertragsgestaltung ist.

Es ist daher dringend zu empfehlen, dass Käufer sich zu dem vom Notar erhaltenen Vertragsentwurf vor der Unterzeichnung nochmals anwaltlich beraten lassen.

Thema: Grundstücksrecht

Autor: Rechtanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal