Skip to main content

Schlagwort: Testierwillen

Intelligenzminderung und Schwerhörigkeit: Zweifel an Testierfähigkeit müssen durch Gutachten geklärt werden

Im Folgenden wird die wichtige Frage behandelt, wann der letzte Wille zu beachten und wann er berechtigterweise anzuzweifeln ist, wenn der Testierwille des Erblassers wegen Intelligenzminderung und hochgradiger Schwerhörigkeit infragesteht. Das erstinstanzliche Amtsgericht Neubrandenburg (AG) machte bei seiner Beurteilung einen entscheidenden Fehler, den das Oberlandesgericht Rostock (OLG) schließlich korrigierte.

Weiterlesen

Rechtskonforme Zettelwirtschaft: Sofern es formgerecht erstellt wurde, darf ein Testament auch auf einem Notizzettel stehen

 

Ein Dreh- und Angelpunkt des Erbrechts ist immer wieder die Frage, wann ein letzter Wille wie welche Formfehler aufweist und somit ungültig ist. Dass die Größe allein auch hier nicht entscheidend ist, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts München (OLG).

Während eines Krankenhausaufenthalts im Jahr 2015 errichtete der hier relevante Erblasser ein Schriftstück auf der Rückseite eines 10 cm x 7 cm „großen“ Notizzettels, der an der Oberkante einen Einriss von rund drei Zentimetern aufwies. In diesem (handschriftlich erstellten und unterschriebenen) Schriftstück setzte er alle seine Geschwister zu gleichen Teilen zu Erben ein. Die vorher als Alleinerbin bedachte Schwester vertrat nun die Ansicht, dass dieses Schriftstück ohne einen entsprechenden Testierwillen erstellt worden sei. Darüber hinaus sei es aber in jedem Fall vom Erblasser widerrufen worden, da der Einriss ein deutliches Zeichen sei, dass der Erblasser das Schriftstück habe vernichten wollen. Das Nachlassgericht hingegen hat in dem Schriftstück ein wirksames und nicht widerrufenes Testament gesehen und einen gemeinschaftlichen Erbschein erteilt.

Der Ansicht des Nachlassgerichts schloss sich nun auch das OLG an. Allein aufgrund des Umstands, dass das Testament auf einem Notizzettel von minderer Qualität errichtet wurde, lässt sich kein Rückschluss ziehen, dass es sich nicht um den letzten Willen des Erblassers gehandelt habe. Voraussetzung ist, dass der Erblasser bei der Errichtung der Verfügung von Todes wegen mit einem sogenannten Testierwillen gehandelt hat. Das Testament war auch nicht vom Erblasser widerrufen worden, nur weil sich am oberen Rand des Notizzettels ein Einriss befand.

Grundsätzlich kann eine solche Verfügung von Todes wegen durch jede körperliche Veränderung an der Urschrift wie Zerreißen, Zerschneiden, Verbrennen, Durchstreichen etc. widerrufen werden. Hierfür muss die Testamentsurkunde in der Weise zerstört werden, dass der ursprüngliche Zustand kaum oder gar nicht mehr erkennbar ist. Aufgrund des ohnehin fragilen Zustands des Notizzettels schien es dem OLG hier jedoch nicht plausibel, dass der Erblasser hier mit Absicht versucht habe, das Testament zu vernichten, da es wesentlich schwieriger sei, den Notizzettel nur einzureißen, statt ihn vollständig durchzureißen.

Hinweis: Laut Rechtsprechung besteht in der Regel kein Grund, der Frage weiter nachzugehen, ob lediglich der Entwurf eines Testaments vorliegt, wenn eine formgerecht abgefasste letztwillige Verfügung von Todes wegen vorliegt, die inhaltlich vollständig ist, und es auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Erblasser nicht seinen letzten Willen zum Ausdruck bringen wollte. Daher kann auch auf einem nur kleinen Notizzettel wirksam ein Testament errichtet werden. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass der Erblasser sich zum fraglichen Zeitpunkt im Krankenhaus befand und ihm möglicherweise kein anderes Papier zur Verfügung stand. Auch hatte er bereits in der Vergangenheit einmal ein Testament auf einem „Werbepapier“ erstellt, so dass die Verwendung von ungewöhnlichem Material aus Sicht des Erblassers nichts Außergewöhnliches darstellte.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 28.01.2020 – 31 Wx 229/19

Thema: Erbrecht

Testament im Notizbuch: Überschrift, Datum und Unterschrift machen Notiz zur wirksamen letztwilligen Verfügung

Letztwillige Verfügungen werden immer wieder in ungewöhnlicher Form verfasst. Dann stellt sich für Erben und Gerichte die Frage, ob es sich dabei um ein wirksames Testament handelt.

Ein Mann hatte in einem Notizbuch, das er sonst für kurze Aufzeichnungen und Telefoneinträge verwendete, seinen letzten Willen aufgeschrieben und darin seinen früheren Chauffeur und Privatsekretär zum Alleinerben eingesetzt.

Das Gericht bezog sich in seiner Bewertung vor allem darauf, dass in dem Text die Worte „mein Wille“ und „Alleinerbe“ verwendet wurden, dass er datiert und der Text unterschrieben war. Da einfache Notizen in der Regel nicht unterschrieben werden, ging das Gericht im vorliegenden Fall davon aus, dass ein formwirksames handschriftliches Testament vorlag.

Hinweis: Der geschilderte Fall war besonders interessant, da der Erblasser der Bruder und millionenschwere Erbe der ehemaligen persischen Kaiserin Soraya war. Unabhängig davon muss bei solchen unüblichen oder ungewöhnlichen Testamenten stets ermittelt werden, ob der Erblasser damit wirklich seinem letzten Willen Ausdruck verleihen wollte, er also mit Testierwillen gehandelt hat. Je ungewöhnlicher die verwendeten Mittel sind, desto eher wird man diesen Testierwillen anzweifeln. Es empfiehlt sich daher, übliche DIN-A4-Bögen zu verwenden und das Testament an einem sicheren Ort aufzubewahren bzw. beim Nachlassgericht zu hinterlegen.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 22.02.2016 – 2 Wx 12/16
Thema: Erbrecht

Erbnotizen: Schwer verständliche Zeichen auf einem Stück Papier sind kein wirksames Testament

Immer wieder werden Testamente hastig oder aus einer Laune heraus errichtet. Solche Testamente beachten dann häufig nicht die rechtlichen Vorgaben, sind unter Umständen unwirksam und führen zu Streitigkeiten zwischen den Erben. Dass auch das Erscheinungsbild des Testaments für dessen Wirksamkeit eine wichtige Rolle spielen kann, zeigt folgender Fall.

Eine ältere Dame hinterließ eine Tochter und mehrere Enkel, nämlich die Kinder ihres bereits verstorbenen Sohns. Die Enkel legten einen ca. 8 x 10 cm großen, per Hand ausgeschnittenen Zettel vor, der folgende Angaben enthielt vor: „Tesemt“, „Haus“, „Das für J“. Sie machten geltend, dass es sich dabei um ein wirksames Testament handelt, durch das der Sohn, also ihr verstorbener Vater, als Alleinerbe eingesetzt worden war.

Das Gericht entschied, dass im vorliegenden Fall Zweifel am ernstlichen Testierwillen der Erblasserin bestehen, da kein gewöhnliches Schreibpapier, sondern ein ausgeschnittener Zettel verwendet wurde. Darüber hinaus enthält das Schriftstück keinen einzigen vollständigen Satz, obwohl die Erblasserin der deutschen Sprache mächtig war. Das Gericht nahm an, dass es sich dabei bestenfalls um einen Entwurf für ein Testament handelt, was jedoch nicht ausreicht, um die gesetzliche Erbfolge auszuschließen. Da kein wirksames Testament vorlag, erbten die Tochter und die Enkel als Erben des Sohns jeweils die Hälfte des Vermögens.

Hinweis: Zwar gibt es keine rechtlichen Vorgaben, auf welcher Art von Papier Testamente errichtet werden müssen. Aber wenn das Testament in ungewöhnlicher Art und Weise (auf Bierdeckeln, in Reimform) verfasst wird, werden Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Testierwillens bestehen und das Schriftstück wird unter Umständen nicht als wirksames Testament anerkannt.

Quelle: OLG Hamm, Beschl. v. 27.11.2015 – 10 W 153/15
Thema: Erbrecht