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Schlagwort: Umgang

Kein Zwangsgeld: Erscheint ein Kleinkind nicht vor Gericht, lässt eine Gesetzeslücke dies ungeahndet

Wenn Familiengerichte über Sorge- und Umgangsfragen zu entscheiden haben, müssen sie sich vom betroffenen Kind einen persönlichen Eindruck verschaffen. Dass dies auch bei kleinen Kindern unverzichtbar sein kann, beweist der folgende Fall des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG), bei dem die Mutter sich nicht sehr kooperativ zeigte.

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Unanfechtbarer Beweisbeschluss: Angeordnetes Gutachten kann erst mit Rechtsmitteln in Folgeinstanz angefochten werden

Um in Kindeswohlfragen entscheiden zu können, lassen Familienrichter sich häufig von einem Sachverständigengutachten leiten. Die Eltern, die Gegenstand der Begutachtung sein sollen, sind damit nicht immer einverstanden. Ob ein Elternteil zur Mitarbeit gezwungen ist oder bereits die Gutachtenerstellung verhindern kann, war im folgenden Fall vom Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) zu beantworten.

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OVG schützt Ehe und Familie: Minderjährige müssen nach Ferienumgang im Ausland nicht in Quarantäne

In der Coronapandemie können sich die Menschen nicht ohne weiteres frei bewegen. Sollten sie dennoch eine Reise antreten, müssen sie je nach Reiseziel mit der Rückkehr erst einmal in Quarantäne. Ob dies auch gilt, wenn das Reiseziel zum Zweck der Ausübung von Umgang aufgesucht wurde, musste im Folgenden vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) beantwortet werden.

Der Vater einer Siebenjährigen lebt mit dem Kind in Brandenburg, die Mutter in Italien. In einer gerichtlich geschlossenen Vereinbarung haben sich die Eltern unter anderem darauf verständigt, dass das Kind in den ungeraden Kalenderjahren die Winterferien bei der Mutter verbringt. Aufgrund Verordnung vor Ort besteht bei der Wiedereinreise nach Aufenthalt in Italien die derzeitige Verpflichtung, sich zunächst in Quarantäne zu begeben. Die Mutter hat daher beantragt, dem Kind davon eine Ausnahme zu erteilen – ihm also mit anderen Worten die Quarantäne zu ersparen, weil der Besuch bei ihr nicht im Rahmen einer allgemeinen Reise erfolge, sondern zum Zweck der Ausübung des Umgangs mit ihr, der Mutter.

Während die zuständige Behörde den Antrag abgelehnt hat, hat das OVG diese Entscheidung korrigiert und den Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung bejaht.

Die Frage, wo die Grenzen liegen, die Menschen in der Pandemie in ihren Rechten einzuschränken, wird gerade aktuell an vielen Stellen und von vielen Menschen aufgeworfen. In Bezug auf den Schutz von Ehe und Familie gehen die Gerichte dabei von Anfang an – und so auch hier wieder – einen eindeutigen Weg: Das Grundrecht des Schutzes von Ehe und Familie ist sehr hoch angesiedelt. In allen Umgangsfragen tendiert die Rechtsprechung dazu, den Umgang auch während Corona so zu gestatten wie ohne Pandemie. In diesem Sinne war die Entscheidung des Senats folgerichtig.

Hinweis: Ungeachtet dieser Besonderheiten gelten aber alle sonstigen Beschränkungen nach wie vor. Der Elternteil, bei dem das Kind ist, hat also darauf zu achten und zu gewährleisten, dass beispielsweise in der Öffentlichkeit im gebotenen Rahmen die Hygienebestimmungen eingehalten werden.

Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 02.02.2021 – 11 S 9/21

Thema: Familienrecht

Antrag auf gerichtliche Regelung: Vorige Einschaltung des Jugendamts ist bei Umgangsverfahren nicht zwingend nötig

Finden Eltern nach Trennung keine einvernehmliche Lösung über die Frage, wann wer mit den Kindern Umgang hat, können sie sich zum einen an das Jugendamt wenden, um eine Verständigung herbeizuführen. Zum anderen steht ihnen der Weg der gerichtlichen Klärung offen. Ob bei diesen beiden Optionen eine rechtlich zwingende Reihenfolge einzuhalten ist, klärte das Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) im folgenden Fall.

Hier lebten die Kinder bei der Mutter, und der Vater begehrte einen entsprechenden Umgang. Da er sich von einem Vermittlungsversuch über das Jugendamt nichts versprach, beantragte er gleich eine gerichtliche Umgangsregelung. Diesen Antrag sah die Mutter als unzulässig an – ihrer Ansicht nach fehle es an einem entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis. Und so meinte sie, dass sich der Mann zuerst an das Jugendamt hätte wenden müssen. Das Scheitern einer solchen Vermittlung sei schließlich Voraussetzung, das Gericht anzurufen. Das zuständige Amtsgericht (AG) gab der Frau in erster Instanz Recht. Doch dann wendete das OLG als zweite Instanz das Blatt.

Das OLG entschied, das nicht erst der Weg zum Jugendamt beschritten werden müsse, bevor ein gerichtliches Verfahren zur Regelung des Umgangs eingeleitet werden kann. Das Gericht hob deshalb die Entscheidung der Erstinstanz auf und verwies die Sache zurück, damit sich das AG nun mit der Sache befasst.

Hinweis: Meist ist es ratsam, bei Spannungen zunächst mit dem Jugendamt Kontakt aufzunehmen. Das ist zwar rechtlich nicht zwingend – es lässt sich so aber zügig herausfinden, wie gut die Chancen auf eine einverständliche Regelung stehen. Gerichtliche Verfahren belasten die Beteiligten meist mehr und können zudem länger dauern, obwohl es bei Umgangsfragen wichtig ist, eine zügige Regelung zu finden. Das gilt auch dann, wenn statt eines Hauptsacheverfahrens ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingeleitet wird.

Quelle: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 12.11.2020 – 2 UF 139/20

Thema: Familienrecht

Erkranktes Trennungskind: Nur ein aussagefähiges Attest kann die Umgangsregelung im Krankheitsfall einschränken

Leben die Kinder nach Trennung bzw. Scheidung bei einem Elternteil, hat der andere ein Recht auf regelmäßigen Umgang. Wurde eine entsprechende Regelung getroffen, geht der Streit meist weiter, sobald die Vereinbarung nicht eingehalten wird. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, was im Krankheitsfall des Kindes gilt – so auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Schleswig (OLG).

Die Mutter hatte dem Vater das gemeinsame Kind zu dem gerichtlich geregelten Umgangstermin nicht herausgegeben mit dem Argument, es habe eine fiebrige Erkältung. Der Vater meinte jedoch, dass die Mutter ihm das Kind dennoch hätte überlassen müssen. Hält sich ein Elternteil nämlich nicht an eine Umgangsvereinbarung, kann der andere als Sanktion die Verhängung eines Ordnungsgeldes und ersatzweise Ordnungshaft beantragen. Das tat der Vater. Die Mutter machte geltend, sie habe es nicht zu vertreten, dass das Kind krank sei und deshalb nicht zum Vater könne. Das sah das Gericht anders.

Das OLG teilte die Ansicht des Vaters, dass sich die Mutter sich nicht an die gerichtliche Regelung hielt. Sie muss nachweisen, dass sie gehindert ist, den Umgang zu ermöglichen. Und das bedeutet, dass sie ein ärztliches Attest vorlegen muss, das hierzu Auskunft in drei Punkten erteilt: Zum einen muss das Attest die Erkrankung (Diagnose), zum anderen die voraussichtliche Dauer der Erkrankung und schließlich auch die Transportunfähigkeit des Kindes ausweisen. Denn ohne den letzten Punkt kann ein Attest nicht ausschließen, dass das Kind die Krankheit nicht auch während des Umgangs beim anderen Elternteil auskurieren kann. Im zur Entscheidung anstehenden Fall fehlte es an einem solchen qualifizierten Attest. Deshalb hatte die Mutter ein Ordnungsgeld zu zahlen.

Hinweis: In der Praxis wird bei einer Umgangsregelung oftmals vergessen, auch zu bestimmen, was im Fall eines ausgefallenen Umgangs eintritt – zum Beispiel, ob dieser dann ersatzlos entfällt oder ob es zu einem Ersatztermin kommt.

Quelle: OLG Schleswig, Beschl. v. 21.08.2018 – 10 WF 122/18

Thema: Familienrecht

Psychisch kranke Mutter: Auch bei Fremdunterbringung des Kindes gelten Regeln bei der Ausgestaltung des Umgangsrechts

Das Gesetz regelt nicht, was genau einem Elternteil an Umgang mit seinem Kind zusteht, das nicht bei ihm lebt. Bei getrenntlebenden und/oder geschiedenen Eltern gibt es übliche Regelungen, die sich durch die Gerichtspraxis ergeben haben. Was aber passiert, wenn ein Kind fremd untergebracht ist – etwa in einer Pflegefamilie -, das war Thema des folgendes Falls des Oberlandesgerichts Celle (OLG).

Eine Kindesmutter war chronisch psychisch erkrankt. Sie litt an einer gemischt schizoaffektiven Störung und hatte keine genügende Einsicht in ihre Erkrankung; ihre Gedanken drehten sich um ihre eigene Situation. Ein Betreuer war bestellt, und die elterliche Sorge über ihre einjährige Tochter war ihr entzogen. Das Kind, dessen Vater unbekannt war, lebte bei einer Pflegefamilie, der Aufenthaltsort des Kindes war der Mutter nicht bekannt, doch einmal im Monat hatte sie begleiteten Umgang mit ihrem Kind. Nun verlangte die Frau mehr Umgang.

Das OLG erklärte es für völlig unangemessen, und dass es sogar verfassungsrechtlich bedenklich sei, der Mutter nur einmal im Monat Umgang mit dem Kind zu gewähren. Es sei individuell zu prüfen, wie es gerade um die Mutter gesundheitlich stehe. Solange sie stabil sei und sich nicht in einem das Kindeswohl gefährdenden Zustand befindet, muss ihr mehr Umgang eingeräumt werden. Zwar kommt in der konkreten Situation nur begleiteter Umgang in Betracht und auch keiner mit Übernachtung, aber selbst bei einer Fremdunterbringung des Kindes muss sich der Umgang im Ansatz dem Umfang nach daran messen, was sonst an Umgang zu gewähren sei – und das ist in aller Regel ein Umgang alle 14 Tage an den Wochenenden und in der Hälfte der Ferien.

Hinweis: Die elterliche Sorge und der Umgang werden von den Gerichten sehr ernst genommen. Werden sie eingeschränkt, lohnt sich oft der Gang zum Anwalt.

Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 08.10.2018 – 10 UF 91/18

Thema: Familienrecht

Verweigerter Enkel: Großeltern kann nur nach ausführlicher Prüfung ein Umgangsrecht erteilt werden

Großeltern haben einen durchaus nachvollziehbaren Wunsch, ihre Enkel zu sehen. Was können sie tun, wenn ihnen dieser Kontakt verweigert wird?

Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Großeltern ein Recht auf Umgang mit ihrem Enkel haben. Einzige Voraussetzung: Der Umgang muss dem Wohl des Kindes dienen. Natürlich werden diese behaupten, es diene dem Wohl des Kindes, wenn es Kontakt zu ihnen habe: Es lerne so seine eigene Abstammung kennen, und zudem können Opa und Oma ihm die Welt erklären. Diese allgemeinen Thesen sind allerdings laut Rechtsprechung nicht maßgeblich. Über die eigene Herkunft erfährt das Kind alles Erforderliche von den Eltern, und die Welt kann ihm auch jemand anders erklären.

Beim elterlichen Umgang wird gesetzlich vermutet, dass es dem Wohl des Kindes dient. Diese Vermutung gilt aber nicht für die Großeltern. Im Umgang mit ihnen muss vielmehr ausdrücklich geprüft und nachgewiesen werden, ob es tatsächlich dem Wohl des Kindes dient. Dabei geht es ausschließlich um den Blickwinkel des Kindes – nicht um den der Großeltern.

Es verwirrt auf den ersten Blick, dass ein Umgang mit den eigenen Großeltern dem Wohl des Kindes nicht entsprechen kann. Das kann aber durchaus der Fall sein. Befinden sich Kinder beispielsweise in der Obhut einer Pflegefamilie, da die Verhältnisse in der eigenen Familie zu kompliziert und verworren sind, kann der Kontakt zu den Großeltern das Kind durcheinanderbringen. In solchen Fällen ist entscheidend, in welchem Maß ein bisheriger Kontakt bestand. War dieser bislang regelmäßig, ist er auch in Zukunft regelmäßig aufrechtzuerhalten.

Hinweis: Das Umgangsrecht steht nur den leiblichen Großeltern zu. Angeheiratete Großeltern können es nicht für sich in Anspruch nehmen.

Quelle: OLG Koblenz, Beschl. v. 17.08.2015 – 7 WF 770/15
Thema: Familienrecht