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Schlagwort: Unfallverursacher

Strenger Beweismaßstab: Ärztliches Attest genügt nach Unfall von Arbeitnehmern nicht für Regressansprüche des Arbeitgebers

Im folgenden Fall musste der Bundesgerichtshof (BGH) darüber aufklären, dass sowohl Arbeitnehmer als auch deren Arbeitgeber, die nach einem Verkehrsunfall dessen Entgelt fortzahlen und ersetzt wissen wollen, für einen erfolgreichen Regress gegen den Unfallgegner die beweispflichtigen Umstände darlegen und beweisen müssen.

Bei einem Verkehrsunfall verletzte sich ein Arbeitnehmer, der daraufhin für eine Woche aufgrund einer bei dem Unfall erlittenen Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) krankgeschrieben wurde. Für diese Zeit zahlte sein Arbeitgeber den Lohn fort. Von dem Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherer verlangte er sodann auch die Erstattung des Lohns, was schließlich verweigert wurde. Der von ihm daraufhin erhobenen Klage wurde zunächst vom Amtsgericht stattgegeben. Nach Berufung hat das Landgericht (LG) die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen.

Der BGH sah in dem Fall keine andere Möglichkeit, als den Rechtsstreit an das LG zur weiteren Aufklärung zurückzuverweisen. Im Wesentlichen weist er hier darauf hin, dass auch der Arbeitgeber darlegen und beweisen muss, dass sich sein Arbeitnehmer verletzt hatte – sofern er Regress beim Unfallverursacher nehmen will. Dass der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall eine HWS-Verletzung erlitten habe, wurde von der Versicherung nämlich ebenso bestritten wie der Vortrag, dass der Arbeitnehmer nach dem Unfall unter Nacken- und Kopfschmerzen litt. Insofern trifft sowohl den Arbeitgeber als auch den geschädigten Arbeitnehmer ein strenger Beweismaßstab, wonach ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit bestehen muss. Ein bloßer Verletzungsverdacht genüge hierbei nicht. Das LG hat daher gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten aufzuklären, ob und in welchem Umfang sich der geschädigte Arbeitnehmer verletzt hat.

Hinweis: Für den Arbeitgeber gelten dieselben Grundsätze in einem Rechtsstreit wie für einen Arbeitnehmer, der Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld von dem Unfallverursacher verlangt. Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass er die behauptete Verletzung bei dem Unfall auch tatsächlich erlitten hat. Dabei reicht es nicht aus, dass er dies durch ein Attest seines behandelnden Arztes nachweist. Der BGH hat mehrfach darauf hingewiesen, dass der Arzt als Therapeut und nicht als Gutachter tätig war.

Quelle: BGH, Urt. v. 23.06.2020 – VI ZR 435/19

Thema: Verkehrsrecht

Verdienstausfall bei Selbständigen: BGH lockert Maßstäbe zur Darlegung der theoretischen Geschäftsentwicklung

Fällt ein Selbständiger wegen eines Unfalls aus und kann er nicht mehr arbeiten, hat er nach dem Gesetz gegenüber dem Schädiger einen Anspruch auf Ersatz des Verdienstschadens. Doch wie wird der genau berechnet? Der Selbständige hat in aller Regel kein konstantes Monatseinkommen wie ein Arbeitnehmer.

Ein selbständiger Zahnarzt hatte einen Unfall und konnte wegen einer Handgelenksverletzung nicht mehr arbeiten. Er verklagte den Unfallverursacher auf Schmerzensgeld und Verdienstausfall. Das Problem des Falls lag hierbei in der Berechnung des Verdienstausfalls. Schließlich musste dieser so lange vor Gericht ziehen, bis sein Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) landete.

Eben jener BGH urteilte nun, dass an die schwierige Darlegung der hypothetischen Geschäftsentwicklung eines Selbständigen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden dürfen. Die Klage darf nicht allein wegen Unstimmigkeiten zu Schadensentstehung und -höhe abgewiesen werden, solange weitere und vor allem greifbare Anhaltspunkte für die Schadensschätzung vorliegen. Schon auf der Basis der zugunsten des Zahnarztes prognostizierten Gewinnentwicklung hätte das vorige Gericht in der Lage sein müssen, einen Mindestschaden schätzen zu können. Somit hat der Zahnarzt gute Chancen, seine Klage final doch noch zu gewinnen: Die Angelegenheit wurde vom BGH nämlich an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Hinweis: Sobald der Verdienstausfallschaden eines Selbständigen zu berechnen ist, wird es schwierig. Das Urteil des BGH gibt nun Hoffnung für unschuldig in Not geratene Selbständige.

Quelle: BGH, Urt. v. 19.09.2017 – VI ZR 530/16

Thema: Sonstiges