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Schlagwort: Unwirksamkeit

Enterbung trotz Verzeihung: Unwirksamkeit von Pflichtteilsentzug macht Enterbung nicht automatisch unwirksam

Ein Erblasser hat unter gewissen Voraussetzungen das Recht, den Berechtigten den Pflichtteil zu entziehen. Bringt der Erblasser später zum Ausdruck, dass er die Verfehlung nicht mehr als so schwerwiegend betrachtet, spricht man von einer Verzeihung, die den Pflichtteilsentzug unwirksam macht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob die Unwirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung durch Verzeihung auch gleichzeitig zur Unwirksamkeit einer Enterbung führt.

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Fehlentscheidung der Einigungsstelle: Beschluss zur Mindestbesetzung im Krankenhaus wegen Kompetenzüberschreitung aufgehoben

In vielen Fällen, in denen sich der Betriebsrat mit seinem Arbeitgeber streitet, ist die sogenannte Einigungsstelle zuständig. Um sich nicht allein auf diese Instanz stützen zu müssen, kann deren Spruch dann noch vom Arbeitsgericht überprüft werden.

 

 

Eine Arbeitgeberin – eine Klinik – und ihr Betriebsrat stritten über die Frage der Mindestbesetzung im Pflegedienst auf bestimmten Stationen. Daher wurde eine Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gebildet. Es wurden Vereinbarungen geschlossen und auch drei Gutachten zur Gefährdungssituation des Pflegepersonals eingeholt. Trotzdem konnten sich die Parteien nicht abschließend einigen, so dass die Einigungsstelle schließlich entscheiden musste. Der Spruch der Einigungsstelle sah dann eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Anzahl von Pflegekräften vor. Dagegen zog die Arbeitgeberin vor Gericht. Sie wollte die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs erreichen. Das ist dann der Fall, wenn die Einigungsstelle ihre Kompetenzen überschreitet – wie in diesem Fall.

Der Betriebsrat hat aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz. Eine Handlungspflicht des Arbeitgebers, deren Umsetzung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, besteht jedoch erst, wenn konkrete Gefährdungen festgestellt werden. Eine Einigungsstelle selbst darf aber das Bestehen einer Gefährdung nicht eigenständig feststellen. Selbst bei Annahme einer konkreten Gefährdung hatte die Einigungsstelle mit ihrem Spruch die Grenzen dessen, was erzwingbar ist, auch inhaltlich überschritten. Bei der Personalplanung kann der Betriebsrat nicht erzwingbar mitbestimmen. Der Überlastungsschutz muss durch andere Maßnahmen gewährleistet werden.

Hinweis: Eine Einigungsstelle kann also beim Gesundheitsschutz keinerlei Vorgaben an den Arbeitgeber zur personellen Mindestbesetzung beschließen. Die Arbeitgeberin hatte deshalb gewonnen, weil die Einigungsstelle ihre diesbezüglichen Kompetenzen hier überschritten hatte.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 26.04.2018 – 6 TaBV 21/17

Thema: Arbeitsrecht

Prinzipielle Klarheit zählt: Nicht jedes fehlende Detail macht einen Bußgeldbescheid gleich unwirksam

Ein Bußgeldbescheid sollte alle wichtigen Fakten aufführen, die den vorgeworfenen Sachverhalt konkret schildern. Die Frage, ob das Fehlen eines Details den Bescheid bereits prinzipiell unwirksam macht, musste das Oberlandesgericht Köln (OLG) im Fall einer Busfahrerin klären, der ein Verstoß gegen das Überholverbot vorgeworfen wurde.

Der betroffenen Omnibusfahrerin war ein fahrlässiger Verstoß gegen das Überholverbot zur Last gelegt worden. Gegen sie wurde eine Geldbuße von 70 EUR verhängt. Sie argumentierte in dem Beschwerdeverfahren vor dem OLG, dass in dem Bußgeldbescheid nicht darauf hingewiesen wurde, dass das Überholverbot mit einem Zusatzschild für Kraftomnibusse versehen war.

Das OLG hält die Verteidigung der Betroffenen für nicht beachtlich. Zur Unwirksamkeit eines Bußgeldbescheids führen nur Unzulänglichkeiten, die geeignet sind, den zugrundeliegenden Sachverhalt in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen. In dieser Hinsicht ist erforderlich, dass nach dem Inhalt des Bußgeldbescheids keine Zweifel über die Identität der Tat entstehen, dass also zweifelsfrei feststeht, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden soll. Dies war hier in der Fall, da die Betroffene gegen ein Überholverbot verstoßen hatte.

Hinweis: Ein Sachverhalt ist in einem Bußgeldbescheid als geschichtlicher Vorgang so konkret zu schildern, dass nicht unklar bleiben darf, welcher Sachverhalt dem Bußgeldbescheid zugrunde liegt und welcher Vorwurf dem Betroffenen gemacht wird. Mängel in der Bezeichnung der Tat, die deren Abgrenzung von anderen historischen Vorgängen nicht in Frage stellen, sondern nur die Vorbereitung der Verteidigung des Betroffenen erschweren, beeinträchtigen die Rechtswirksamkeit eines Bußgeldbescheids nicht. Sie können etwa durch Akteneinsicht eines Verteidigers oder durch Erläuterungen in einer Hauptverhandlung behoben werden.

Quelle: OLG Köln, Beschl. v. 16.03.2018 – III-1 RBs 84/18

Thema: Verkehrsrecht

Kurzfristige Programmänderung: Reiseänderung darf nicht auf vorhersehbaren Gründen basieren oder wesentliche Leistungen betreffen

Lesen Sie doch einmal das Kleingedruckte im Vertrag Ihrer Pauschalreise. Sie werden erstaunt sein, was Sie dort alles finden.

Auf einer China-Rundreise war unter anderem ein dreitägiger Aufenthalt in Peking vorgesehen. Eine Woche vor der Abreise wurde vom Reiseveranstalter dann aber mitgeteilt, dass aufgrund einer Militärparade die Verbotene Stadt und der Platz des himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Der Veranstalter bot ein Alternativprogramm an, hier insbesondere den Besuch eines Tempels. Zwei Personen traten daraufhin vom Reisevertrag zurück. Sie klagten die Rückzahlung des Reisepreises, den Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ein. Das Gericht hat ihnen ein Rücktrittsrecht zugestanden und damit auch das Geld.

Eine entsprechende Änderung der vertraglichen Leistungen ist im Nachhinein nur dann erlaubt, wenn sich ein solches Recht auch aus dem Reisevertrag ergibt. Im vorliegenden Fall gab es zwar eine solche Klausel; das Gericht stellte aber dessen Unwirksamkeit fest. Ein Reiseveranstalter kann sich nur solche Leistungsänderungen vorbehalten, die unter Berücksichtigung der Interessen des Reiseveranstalters für den Reisenden zumutbar sind. Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und die für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Zudem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. In dem entschiedenen Fall lag unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für eine Leistungsänderung eine erhebliche Änderung der wesentlichen Reiseleistungen vor.

Hinweis: Ein Reiseveranstalter kann also zur Erstattung des Reisepreises nach einer Änderung der Reiseleistungen verpflichtet sein. Es kommt wie so häufig aber auf den Vertrag an.

Quelle: BGH, Urt. v. 16.01.2018 – X ZR 44/17
Thema: Sonstiges

Unverbindliches Wettbewerbsverbot: Arbeitgeber dürfen den Arbeitsplatzwechsel nicht ohne stichhaltige Begründungen erschweren

Führt ein unwirksames Wettbewerbsverbot auch zur Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe? Ein spannender Fall für diese Arbeitnehmerin.

Es ging um eine seit 16 Jahren angestellte Reiseverkehrsfrau. Im Arbeitsvertrag hatten sich die Parteien auf ein Wettbewerbsverbot für die Dauer von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern bei Verstoß gegen das Verbot geeinigt. Auch eine Entschädigungszahlung durch den Arbeitgeber war für die Zeit des Verbots vereinbart worden. Als sich die Arbeitnehmerin dann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an das Wettbewerbsverbot hielt, klagte der Inhaber des Reisebüros die Vertragsstrafe ein. Er wollte drei Monatsgehälter von seiner Arbeitnehmerin erhalten – erfolglos.

Das Wettbewerbsverbot war unverbindlich, da es nicht dem Schutz der berechtigten geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers diente. Denn das Interesse, allein die Konkurrenz einzudämmen, reichte nicht aus. Der Arbeitgeber hätte darlegen müssen, dass das Wettbewerbsverbot dem Schutz von Betriebsgeheimnissen dienen sollte oder dass das Verbot den Einbruch des Kundenkreises verhindern sollte. Beides war nicht geschehen. Das Gericht nahm an, dass vieles dafür sprach, dass der Arbeitgeber nur einen Arbeitsplatzwechsel erschweren wollte. Da das Wettbewerbsverbot damit unverbindlich war, hatte dies auch Auswirkung auf die Vertragsstrafenklausel. Diese war unwirksam, denn Voraussetzung eines Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe ist, dass die Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot eigenständig wirksam ist.

Hinweis: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote zu vereinbaren, kann für Arbeitgeber sinnvoll sein, ist es in den meisten Fällen jedoch nicht. Dann hat der ehemalige Arbeitgeber nämlich eine teure Karenzentschädigung an seinen Ex-Arbeitnehmer zu zahlen. Außerdem sind entsprechende vertragliche Regelungen nicht ganz einfach zu formulieren, wie auch dieser Fall zeigt.

Quelle: ArbG Solingen, Urt. v. 20.06.2017 – 3 Ca 153/17

Thema: Arbeitsrecht

Pech für Pechstein: Schiedsgerichtliches Verfahren schließt ordentlichen Rechtsweg aus

Recht zu haben und Recht zu bekommen, sind leider auch hierzulande oft zwei verschiedene Paar Schuhe – denn nicht immer ist eine Klage vor einem deutschen Gericht möglich.

Die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wurde zu Unrecht für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt. Nun verlangte sie deswegen vom internationalen Eislaufverband Schadensersatz und zog damit vor die deutschen Gerichte.

Es gibt im Eisschnelllauf nur einen einzigen internationalen Verband, der Wettkämpfe auf internationaler Ebene veranstaltet. Vor der Weltmeisterschaft, bei der das vermeintliche Doping festgestellt wurde, hatte die Eisschnellläuferin eine Wettkampfmeldung unterschrieben. Hierin war auch die Vereinbarung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs vereinbart – und genau daran scheiterte ihre Klage vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Eisschnellläuferin hatte die Schiedsvereinbarung freiwillig unterschrieben. Selbst der Umstand, dass sie ohne die Unterschrift gar nicht erst hätte antreten können, führt nicht zur Unwirksamkeit dieser Vereinbarung. Ein Rechtsmissbrauch war für den BGH hier nicht zu erkennen. Jedoch kann sich die Eisschnellläuferin im Anschluss an das Schiedsgerichtsverfahren noch nach internationalem Recht an die zuständigen schweizerischen Gerichte wenden.

Hinweis: Schiedsvereinbarungen sind also in aller Regel wirksam. Das gilt es vor einer möglichen Unterschrift zu bedenken, wenngleich einer Verweigerung oftmals keine Alternative gegenübersteht.

Quelle: BGH, Urt. v. 07.06.2016 – KZR 6/15
Thema: Sonstiges

Schwammig definiert: Unklare Begrifflichkeiten machen Testamente schnell unwirksam

Viele Erblasser befürchten, dass sich die Umstände bis zu ihrem Tod noch ändern können, und versuchen daher, Erbeinsetzungen in der Wortwahl möglichst offen zu gestalten. Schwammige Formulierungen können jedoch schnell zu einer Unwirksamkeit des Testaments führen.

Ein unverheirateter kinderloser Mann hatte in einem notariellen Testament seine vier Nichten und Neffen zu je einem Viertel als Erben eingesetzt und seiner langjährigen Lebensgefährtin einen bestimmten Geldbetrag vermacht. Später überlegte er es sich jedoch anders und bestimmte in einem handschriftlichen Testament, dass „das Haus und meine anderen Sachen bekommen soll, wer sich bis zu meinem Tode um mich kümmert“. Nach einem Schlaganfall pflegten ihn seine Lebensgefährtin und einer der Neffen bis zu seinem Tod. Dann stellte sich die Frage, wer Erbe geworden war.

Das Gericht ging davon aus, dass die Formulierung im zweiten Testament zu unbestimmt war. Da bereits unklar war, auf welche Art von „kümmern“ sich der Erblasser bezogen hatte – also etwa ob körperliche Pflege, Hilfe bei der Hausarbeit, eine seelische Stütze, die Erledigung finanzieller Angelegenheiten oder Sonstiges gemeint waren -, konnte kein Erbe bestimmt werden. Damit war das zweite Testament nichtig und das erste, notarielle Testament gültig.

Hinweis: Erblasser dürfen die Bestimmung der Erben nicht einem anderen überlassen. Zwar muss ein Erbe im Testament nicht namentlich genannt werden, die Angaben im Testament müssen jedoch so genau sein, dass eine sachkundige Person den Bedachten bezeichnen kann, ohne das eigene Ermessen ausüben zu müssen. Hätte der Erblasser zum Beispiel „wer mich bis zu meinem Tode pflegt“ geschrieben – also den Begriff „pflegen“ statt „kümmern“ genutzt -, wäre das Testament unter Umständen ausreichend bestimmt gewesen. Zu vage Formulierungen in Testamenten sollten daher vermieden werden, da sie zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments führen können.

Quelle: OLG München, Beschl. v. 22.05.2013 – 31 Wx 55/13
Thema: Erbrecht