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Schlagwort: Verfehlungen

Entlassung des Testamentsvollstreckers: Pflichtverletzungen müssen schuldhaft begangen und von erheblichem Gewicht sein

Ein Testamentsvollstrecker kann aus seinem Amt nur entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund hierfür vorliegt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat sich in einer Entscheidung aus Oktober 2021 nochmals mit den Voraussetzungen auseinandergesetzt, unter denen ein Testamentsvollstrecker wegen Pflichtverletzung aus seinem Amt entlassen werden kann.

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Menschenverachtende Äußerungen: Sozial gerechtfertigte Kündigung eines Schwerbehinderten nach schweren rassistischen Beleidigungen

Schwerbehinderte genießen im Arbeitsrecht zu Recht einige Privilegien. Dass diese Tatsache aber bei Weitem nicht als Freibrief für rassistische Äußerungen dient, zeigt der folgende Fall, bei dem sich ein gekündigter Arbeitnehmer gegen seine Kündigung zu wehren versuchte. Doch nach dessen schweren Verfehlungen konnte ihm auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) nicht mehr helfen.

Ein seit 1981 als Facharbeiter beschäftigter 55-jähriger verheirateter Familienvater erhielt trotz Schwerbehinderung von seinem Arbeitgeber die Kündigung – ordnungsgemäß nach Zustimmung des Integrationsamts und ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats sowie der Schwerbehindertenvertretung. Der Mann hatte unter anderem türkischstämmige Fremdfirmenmitarbeiter beleidigt. Der Arbeitnehmer soll sich auf die Frage eines Kollegen, was er zu Weihnachten bekommen habe, in der Werkstattküche wie folgt geäußert hat: „Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken soll man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen.“ Bereits zuvor hatte er Fremdmitarbeiter als „Ölaugen“, „Ni**er“ und „meine Untertanen“ beschimpft. Die Geschädigten hatten sich nur deshalb nicht bereits beschwert, weil der Arbeitnehmer sich als unantastbar geriert hatte – als jemand, dem man „nichts könne“, weil er einen Behindertenausweis habe und unkündbar sei. Mit entsprechend uneinsichtiger Haltung klagte der Mann auch gegen seine Kündigung.

Doch auch das LAG befand: Die Kündigung war aufgrund der Äußerungen sozial gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis beendet. Sowohl die Bezeichnung als „Ölaugen“ als auch die Bezeichnung als „Ni**er“ oder „Untertanen“ sind nicht hinnehmbare beleidigende Äußerungen. Dies gipfelte dann in einer nationalsozialistisch menschenverachtenden Äußerung. Die Bemerkung über die türkischen Arbeitskollegen reduzierten diese auf lebensunwerte Wesen und stellte einen unmittelbaren Bezug zu den nationalsozialistischen Gräueltaten her. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens war der Arbeitgeberin eine vorherige Abmahnung unzumutbar. Die Interessenabwägung fiel trotz des hohen sozialen Besitzstands und den eher schlechten Chancen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt zu dessen Lasten aus.

Hinweis: Schwere rassistische Beleidigungen können also zu einer sozial gerechtfertigten Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten dafür sorgen, dass es gar nicht zu solchen Stimmungen im Betrieb kommt.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.2020 – 5 Sa 231/20

Thema: Arbeitsrecht

Pflichtverletzung, Missbrauch, Unfähigkeit: Erben können nur beim Vorliegen schwerwiegender Gründe den Testamentsvollstrecker entlassen

Die Bestellung eines Testamentsvollstreckers kann insbesondere bei größeren Nachlässen von Vorteil sein. Jedoch kommt es dabei entscheidend darauf an, dass der Testamentsvollstrecker neutral und im Interesse aller Erben die Wünsche des Erblassers umsetzt.

Eine Frau hinterließ ein notarielles Testament, in dem sie ihre Großnichten zu Erbinnen einsetzte. Zudem bestimmte sie einen befreundeten Rechtsanwalt und dessen Tochter – ebenfalls Rechtsanwältin – zu Testaments- bzw. Ersatztestamentsvollstreckern. Dem Rechtsanwalt und seiner Familie vermachte sie zudem ein Grundstück, Möbel, Hausrat und einen größeren Geldbetrag. Der Rechtsanwalt sorgte auch dafür, dass die Frau kurz vor ihrem Tod für geschäftsunfähig erklärt wurde. Nach dem Tod der Frau verlangten ihre Erbinnen von dem Rechtsanwalt unter anderem Auskunft über einen Grundstücksverkauf der Erblasserin an die Familie des Rechtsanwalts, für den als Gegenleistung langjährige monatliche Rentenzahlungen vorgesehen waren. Das verweigerte der Rechtsanwalt jedoch.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) entschied, dass ein wichtiger Grund zur Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegen kann, wenn dieser durch sein Verhalten den Eindruck hervorruft, er setze sich grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben hinweg. Wenn der Missbrauch des vom Erblasser in den Testamentsvollstrecker gesetzten Vertrauens durch schwere Verfehlungen im Raume steht, kann dies die Fortsetzung der Zusammenarbeit für die Beteiligten ebenso unzumutbar machen. Dies ist der Fall, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Testamentsvollstrecker seine Rechtsstellung dazu benutzt, sich aus der ihm anvertrauten Vermögensmasse ungerechtfertigt zu bereichern. Unter diesen Voraussetzungen kann zudem auch ein vom Erblasser benannter Ersatztestamentsvollstrecker schon vor Aufnahme seiner Amtsgeschäfte entlassen werden. Da diese Voraussetzungen hier letztendlich vorlagen, wies das OLG das Nachlassgericht an, beide Testamentsvollstrecker zu entlassen und einen neuen Testamentsvollstrecker einzusetzen.

Hinweis: Das Nachlassgericht kann einen Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Erben entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Daneben kommen als wichtige Entlassungsgründe Verstöße des Testamentsvollstreckers gegen Anordnungen des Erblassers, grobe Verstöße gegen seine Pflicht zur Rechnungslegung, Auskunftserteilung und zur ordnungsgemäßen Unterrichtung der Erben in Betracht. Schließlich kann auch ein erheblicher Interessengegensatz zwischen Testamentsvollstrecker und (einzelnen) Erben ein wichtiger Grund zur Entlassung sein, wobei in diesem Fall ein strenger Maßstab anzulegen ist, damit es Erben nicht einfach ermöglicht wird, einen unliebsamen Testamentsvollstrecker loszuwerden.

Quelle: OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.08.2018 – 5 W 2/18

Thema: Erbrecht

Begründete Pflichtteilsunwürdigkeit: Die Umgehung der unverzichtbaren Formvorschrift verhindert die Verwirkung des Pflichtteilsanspruchs

Nicht nur Kinder beerben ihre Eltern; auch die Eltern gelten als gesetzliche Erben, die zum Zuge kommen, wenn der Erblasser selbst keine Kinder hatte. Als gesetzliche Erben haben Eltern folglich auch einen Pflichtteilsanspruch, sofern sie im Testament nicht bedacht werden.

Ein Mann verstarb kinderlos und setzte seine Ehefrau in einem Testament als Alleinerbin ein. Sein Vater verlangte nach dem Tod seines Sohns jedoch seinen Pflichtteil. Dies lehnte die Witwe ab, da sie der Meinung war, dass der Vater den Pflichtteilsanspruch verwirkt hatte. Sie trug vor, dass er seinem Sohn als Kind keinen gehörigen Unterhalt geleistet und ihn fortwährend gedemütigt, beleidigt, misshandelt, geschlagen und mit 14 Jahren sogar aus dem Haus getrieben sowie körperlich angegriffen habe.

Das Gericht wies darauf hin, dass der Pflichtteil nicht wirksam entzogen wurde, weil die Entziehung zwingend im Testament erwähnt und begründet werden muss. Die Pflichtteilsunwürdigkeit kann zwar von der Witwe als Erbin vorgetragen werden, jedoch lagen in diesem Fall keine der im Gesetz genannten schweren Verfehlungen vor – wie zum Beispiel die versuchte Tötung des Erblassers. Das Gericht stellte zudem klar, dass nur diese beiden im Gesetz vorgesehenen Fallgruppen für eine Verwirkung des Pflichtteils in Frage kommen und die Regelungen nicht umgangen werden dürfen. Dem Vater stand somit ein Pflichtteil von 1/8 zu.

Hinweis: Die Gründe für eine Pflichtteilsentziehung und die Pflichtteilsunwürdigkeit sind im Gesetz abschließend geregelt. Die Rechtsprechung hat mehrfach betont, dass diese Vorschriften eng auszulegen sind und andere Gründe nicht herangezogen werden dürfen. Die Gründe decken sich jedoch nicht. Es kann also vorkommen, dass ein Verhalten des Pflichtteilsberechtigten einen Pflichtteilsentziehungsgrund, aber keinen Unwürdigkeitsgrund darstellt – etwa, wenn der Erbe seine Unterhaltspflicht verletzt hat. Wurde dieser Grund jedoch nicht im Testament ausdrücklich erwähnt, können die Erben ihn nicht im Nachhinein anführen, da dies zu einer Umgehung der Formvorschrift führen würde.

Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 04.01.2018 – 12 U 1668/17

zum Thema: Erbrecht