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Schlagwort: Verfolgungsverjährung

Falschparker unbekannt: Die Einstellung eines Bußgeldverfahrens schützt bei Parkverstößen nicht vor einem Kostenbescheid

Wer der Meinung ist, ein ihm zugegangenes Dokument beträfe ihn nicht, tut gut daran, es nicht mit Nichtbeachtung zu versehen. Dass so zum Beispiel eine verspätete Mitteilung, ein anderer sei für einen Parkverstoß verantwortlich, nicht von der Zahlung der Verfahrenskosten entbindet, zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts München (AG).

Das Fahrzeug der Klägerin war rund 20 Minuten innerorts im Bereich eines Parkscheinautomaten ohne gültigen Parkschein geparkt. Der Fahrer wurde nicht festgestellt und das am Fahrzeug hinterlassene Verwarnungsangebot nicht angenommen. Die Betroffene reagierte auch nicht auf den ihr übersandten Anhörbogen. Nach Erhalt des daraufhin erlassenen Bußgeldbescheids regte sie sich dann aber doch und legte Einspruch ein, wobei sie ihren Sohn als Fahrer benannte. Da zwischenzeitlich Verfolgungsverjährung gegen die Betroffene eingetreten war, nahm das Ordnungsamt den Bußgeldbescheid zurück, stellte das Bußgeldverfahren ein und erließ gegen die Betroffene als Fahrzeughalterin einen Kostenbescheid. Hiermit war die Betroffene nicht einverstanden – sie beantragte den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung.

Das AG wies den Antrag jedoch zurück. Nach § 25a Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz werden in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt, wenn der Führer des Kraftfahrzeugs vor Eintritt der Verfolgungsverjährung nicht ermittelt werden kann oder die Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Nach der Feststellung des Fahrzeughalters genügt die formlose Zusendung eines Anhörbogens an den Fahrzeughalter innerhalb eines Zeitraums, in dem normalerweise der Halter den Fahrer noch feststellen könne. Bei Privatpersonen, die sich nur auf ihr Gedächtnis stützen könnten, käme naturgemäß auch ein kürzerer Zeitraum in Betracht.

Hinweis: Nur bei Parkverstößen kann in Deutschland der Halter eines Fahrzeugs mit Kosten belegt werden. Die Kostenhaftung ist in diesem Fall keine Sanktion für unrechtmäßiges Verhalten, sondern die Konsequenz aus dem Veranlasserprinzip. Es wäre unbillig, die Allgemeinheit mit den Kosten von ergebnislosen Bußgeldverfahren zu belasten, und daher ist es nur angemessen, den Fahrzeughalter als Verursacher heranzuziehen.

Quelle: AG München, Beschl. v. 11.10.2018 – 953 OWi 195/18

Thema: Verkehrsrecht

Zeugnisverweigerungsrecht: Beklagter darf nicht mit Auslagen sanktioniert werden, wenn sein Schweigen das Verfahren stoppt

Um nahe Angehörige zu schützen, kann es durchaus ratsam sein, entlastende Umstände zunächst zurückzuhalten. Dass man sich dabei nicht gleich selbst belasten muss, zeigt der folgende Fall.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung wurde durch den Fahrer eines Pkw die zulässige Geschwindigkeit um 24 km/h überschritten. Die zuständige Bußgeldstelle schickte dem Halter einen Anhörungsbogen, den dieser mit dem Vermerk zurückschickte, dass er nicht Fahrzeugführer sei. Zudem teilte er mit, sich auf dem Bild nicht erkennen zu können. Dennoch erließ die Bußgeldbehörde einen Bußgeldbescheid gegen ihn. Gegen diesen legte der Mann Einspruch ein und teilte nach Ablauf der Verjährungsfrist mit, dass seine Verlobte Fahrzeugführerin gewesen sei. Daraufhin stellte die Bußgeldbehörde das Verfahren ein. Dem Mann wurde aber aufgegeben, seine Auslagen selbst zu tragen.

 

Das Amtsgericht Soltau hat daraufhin jedoch entschieden, dass der Hinweis auf den Fahrer zwar verspätet erfolgt, nach der Rechtsprechung aber der Schutz eines nahen Angehörigen vor Verfolgung als billigenswerter Grund anzusehen ist und daher entlastende Umstände zunächst durchaus zurückgehalten werden können. Da der Betroffene eidesstattlich versichert hat, dass es sich bei der Fahrerin um seine Verlobte handelte, war es daher zulässig, diese nicht schon zu einem Zeitpunkt zu benennen, in der Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten war.

Hinweis: Der Betroffene muss hier allerdings damit rechnen, dass die Führerscheinstelle ihm die Auflage erteilen wird, für sein Fahrzeug ein Fahrtenbuch zu führen. Erstaunlicherweise ist es möglich, in den Fällen eine Fahrtenbuchauflage zu erteilen, in denen der Betroffene von seinem Zeugnisverweigerungsrecht in zulässiger Weise Gebrauch macht.

Quelle: AG Soltau, Beschl. v. 06.03.2017 – 10 OWi 230/16

zum Thema: Verkehrsrecht