Schrittgeschwindigkeit: 10 km/h: Ein idealer Straßenverlauf berechtigt nicht zur Interpretation des Geschwindigkeitslimits
Ein Tempo von 15 km/h ist für den Wortsinn der Schrittgeschwindigkeit als etwas zu sportlich anzusehen. Genau deshalb gilt hier auch eine Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h.
In einer verkehrsberuhigten Straße, in der nur mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden darf, wurde ein Fahrzeugführer mit einer Geschwindigkeit von mindestens 42 km/h gemessen. Die Messung erfolgte in einer verhältnismäßig breiten und zudem kerzengeraden Straße, auf der sogar Lkw aneinander vorbeifahren konnten. Das Amtsgericht (AG) ging bei solchen Idealbedingungen deshalb davon aus, dass die Schrittgeschwindigkeit hier mit 15 km/h anzunehmen sei, so dass letztendlich „nur“ eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h vorlag. Die Folge: Eine Geldbuße von 100 EUR wurde verhängt. Gegen die Entscheidung des Gerichts legte die Staatsanwaltschaft Rechtsbeschwerde mit der Begründung ein, dass die Grenze der Schrittgeschwindigkeit bei 10 km/h liegt.
Das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) war da ganz der Meinung der Staatsanwaltschaft und verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße von 160 EUR. Zudem verhängte es ein einmonatiges Fahrverbot. Nach Auffassung des OLG ist eine Geschwindigkeit von mehr als 10 km/h nach dem Wortsinn nicht mehr als Schrittgeschwindigkeit anzusehen. Der Begriff „Schrittgeschwindigkeit“ kann auch nicht beliebig anhand örtlicher Gegebenheiten oder Grad der Gefährdung interpretiert werden.
Hinweis: Da das vom AG zugrunde gelegte Tempo von 15 km/h der Durchschnittsgeschwindigkeit eines Profimarathonläufers entspricht, ist der Entscheidung des OLG wohl zuzustimmen. Andere Gerichte haben eine Schrittgeschwindigkeit sogar auf 4-7 km/h limitiert.
Quelle: OLG Naumburg, Beschl. v. 21.03.2017 – 2 Ws 45/17
Thema: Verkehrsrecht