Schlagwort: Verkehrssicherungspflichten

Vorsicht Natur! Wer beim Waldspaziergang auf Holzstapel steigt, handelt auf eigene Gefah

Vorbei sind die Zeiten, in denen wir uns versiert durch Wald, Wiesen und Gebirge bewegten – Zivilisation sei Dank. Daher gilt auch, dass ein Waldspaziergang heutzutage weitaus gefährlicher ist als in der bisherigen Geschichte unserer Spezies. Denn wer auf die Widrigkeiten der Natur nicht achtet, kann sich verletzen. Dass trotz Verkehrssicherungspflichten der Forstbehörden nämlich nicht jeder Unfall dazu führt, dass diese dafür haften, zeigt der folgende Fall des Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG) deutlich.

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Die steinschleudernde Mähmaschine: Der Betriebsbegriff für Arbeitsmaschinen kann der Haftung nach Verletzungen entgegenstehen

So skurril der folgende (Un-)Fall anmuten mag – das vom Bundesgerichtshof (BGH) dazu getroffene Urteil macht es für den von einem Stein getroffenen Betroffenen nicht wirklich besser. Aber hier konnte der Senat einfach nicht anders, denn der Stein, der den Kläger verletzt hatte, wurde von einer Mähmaschine hochgeschleudert. Und für Arbeitsmaschinen gilt in Haftungsfragen anderes als für Kraftfahrzeuge.

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Verkehrssicherungspflicht auf Gehwegen: Durchhängende Kettenabsperrung ist auch für einen Achtjährigen nicht zu übersehen

Bei Verkehrssicherungspflichten und Klagen gegen die dafür Verantwortlichen ist es stets wichtig, die Verhältnisse zum Unfallzeitpunkt auf sogenannte hinreichend aufmerksame Verkehrsteilnehmer abzustellen. Ob auch ein achtjähriges Kind dazu zu zählen ist, musste im folgenden Fall das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) in einem Lokaltermin prüfen und abschließend bewerten.

Das achtjährige Kind war mit seinem Vater bei Dämmerung auf dem Gehweg zu Fuß unterwegs. Vor dem Straßenübergang blieb das Kind stehen, entdeckte das Fahrzeug seines Vaters, das auf einem Parkplatz unmittelbar gegenüber geparkt war, und rannte los. Hierbei übersah es jedoch eine entlang des Gehwegs gespannte Kette, die in etwa dieselbe Farbe wie der Straßenbelag hatte. Das Kind rannte dagegen, stürzte und verletzte sich schwer.

Das in der Berufungsinstanz mit der Sache befasste OLG führte einen Ortstermin durch, bei dem die gleichen Lichtverhältnisse herrschten wie zum Unfallzeitpunkt. Es stellte dabei fest, dass die Kette zwischen den Metallpfosten in einer Höhe von 76 bis 93 cm durchhängt. Die Kette dient der Absperrung des Fußwegs an einer stark befahrenen Straße und soll den Durchgang nur an besonders markierten Stellen ermöglichen. Die Richter konnten sich davon überzeugen, dass die Kette auch bei den zum Unfallzeitpunkt herrschenden Lichtverhältnissen und auch unter Berücksichtigung der Körpergröße des Kindes bei gebotener Aufmerksamkeit nicht zu übersehen sei. Damit entfalle eine Haftung der verklagten Stadt.

Hinweis: Jeder Verkehrsteilnehmer muss selbst die erforderliche Sorgfalt walten lassen, da eine Kommune nur solche Gefahren ausräumen und gegebenenfalls vor ihnen warnen muss, die für hinreichend aufmerksame Verkehrsteilnehmer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind. Im zu entscheidenden Fall war auch zu berücksichtigen, dass durch die deutlich markierten rot-weißen Metallpfosten und den an einigen Stellen abgesenkten Gehweg jedem bewusst sein musste, an welchen Stellen man die Straße überqueren soll.

Quelle: OLG Nürnberg, Urt. v. 18.11.2020 – 4 U 47/20

Thema: Verkehrsrecht

Eisglätte im März: Gewerbliche Winterdienste treffen höhere Sorgfaltspflichten als private Hauseigentümer

Wann und wie oft im Winter geräumt werden muss, ist eine Frage, die immer wieder die Gerichte beschäftigt. Das folgende Urteil des Amtsgerichts München (AG) gibt vor allem auch Aufschluss darüber, wie lange so ein Winter seine Spuren im Straßenbild hinterlassen kann – und wie darauf zu reagieren ist.

Eine Radfahrerin kam im März vor einem Supermarkt in Bayern zu Fall. Die Straßen und Wege waren im Wesentlichen zwar frei von Schnee – jedoch hatte es am Vortrag geregnet und die darauffolgende Nacht war sehr kalt gewesen. Schließlich rutschte die Radfahrerin mit dem Fahrrad auf einer vereisten Fläche des Supermarktparkplatzes weg und stürzte auf ihre Hand, wobei sie sich einen komplizierten Bruch eines Fingers zuzog. Da der Parkplatz bei Temperaturen nur knapp über den Gefrierpunkt trotz des vortäglichen Regens nicht gestreut worden war, klagte die Frau auf Schmerzensgeld. Der zuständige Winterdienst, auf den der Supermarkt mit Beauftragung auch seine Verkehrssicherungspflichten übertragen hatte, sah seinerseits jedoch keine Pflichtverletzung. Die Gemeindeverwaltung hätte ihn an diesem Tag ja schließlich auch nicht zum Einsatz gerufen -für das Unternehmen scheinbar ein Zeichen, dass die wetterbedingte Verkehrslage nicht zu beanstanden gewesen war. Das sah das AG jedoch völlig anders.

Besonders ein gewerblicher Anbieter von Räum- und Streudiensten sollte mit seinen erhöhten Sorgfaltspflichten wissen, dass ein Winter mit Schnee- und Eisglätte in München und Umgebung durchaus bis in den März hinein andauern kann. Hinsichtlich der vorherrschenden Temperaturen an diesem Tag durfte der Beklagte nicht von vornherein ausschließen, dass einzelne Stellen glatt sein könnten. Eine Kontrolle wäre hier Pflicht gewesen – auch ohne Aufforderung durch die Kommune.

Hinweis: Unterlässt ein mit Räum- und Streuarbeiten beauftragtes Unternehmen eine Kontrolle des Geländes trotz zu erwartender Glätte, haftet es im Schadensfall.
 
 

Quelle: AG München, Urt. v. 08.08.2018 – 154 C 20100/17

Thema: Mietrecht

Verkehrssicherung an Tankstellen: Bei eingeschränktem Nachtbetrieb heißt es: „Augen auf!“

Vor allem Tankstellenbetreiber haben naturgemäß umfangreiche Verkehrssicherungspflichten. Sie haften allerdings nicht für alle Unfälle, wie dieser Fall zeigt.

Im Entscheidungsfall wurde eine Tankstelle ab 22 Uhr mit einem Nachtschalter betrieben. Beim Schichtwechsel um Mitternacht wurde ein Kontrollgang über das Tankstellengelände durchgeführt, um mögliche Verunreinigungen zu beseitigen. Eine Frau tankte nur kurz darauf an dieser SB-Tankstelle. Nachdem sie ihren Tankvorgang beendet hatte, stürzte sie auf dem Weg vom Nachtschalter zu ihrem Fahrzeug und zog sich dabei eine Oberarmfraktur zu. Sie sagte, sie sei über die schwarze Plastikschlaufe eines Paketbinders gestolpert, und verlangte 35.000 EUR Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 EUR.

Das Gericht sah allerdings keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Tankstellenbetreiber. Die Kundin durfte nicht damit rechnen, dass sich durchgängig Personal auf dem Tankstellengelände aufhält. Während des eingeschränkten Nachtbetriebs war es zudem ausreichend, vor dem Schichtwechsel um Mitternacht einen Kontrollgang durchzuführen. Deshalb wurde die Klage der Frau abgewiesen.

Hinweis: An Verkehrssicherungspflichten dürfen keine zu hohen Erwartungen gestellt werden. Selbst aufmerksam zu sein und Hindernisse im Dunkeln zu erkennen, ist trotzdem ganz wichtig. Es kann nämlich nicht immer ein Dritter für Schäden haftbar gemacht werden.

Quelle: OLG Hamm, Urt. v. 23.08.2016 – 7 U 17/16
Thema: Sonstiges

Eigensorgfalt für Fußgänger: Erkennbare Unebenheiten und Höhendifferenzen auf Gehwegen sind hinzunehmen

Bei der Frage, in welchem Umfang Fußgänger Unebenheiten und Niveauunterschiede auf Straßen, Plätzen und Gehwegen hinnehmen müssen, ist immer der individuelle Einzelfall entscheidend.

Ein Fußgänger ging nach seinen Angaben in Begleitung zweier Zeugen innerorts bei völliger Dunkelheit auf einem Gehweg. Der Gruppe von Fußgängern kam ein Radfahrer entgegen. Um ihn passieren zu lassen, ging der Fußgänger zur Seite an den Bordstein und knickte aufgrund eines fehlenden Bordsteinstücks mit dem Fuß um. Von der verkehrssicherungspflichtigen Gemeinde verlangte er daher Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken konnte allerdings keinen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten feststellen und hat die Ansprüche des Fußgängers daher zurückgewiesen. Das Gericht ging davon aus, dass der Fußgänger die konkrete Schadensstelle zu der behaupteten Uhr- und Jahreszeit mit Blick auf Ausmaß und Lage im Bereich des Bordsteins bei der gebotenen Aufmerksamkeit ohne weiteres hätte erkennen können. Die Benutzung der Bordsteinkante ist mit Blick auf die zum Fahrbahnrand hin gegebene Höhendifferenz per se nicht völlig gefahrenfrei, so dass ein umso höheres Maß an Eigensorgfalt geboten ist, um Übertritte oder ein Abrutschen von der Bordsteinkante zu vermeiden.

Hinweis: Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht hängt maßgeblich von der Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrswegs und dessen Bedeutung ab. Sie umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Benutzer hinreichend sicheren Straßenzustands, wobei jedoch eine absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert werden kann. Eine solche ist auch unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht zu erreichen. Vielmehr sind die öffentlichen Verkehrswege grundsätzlich in dem Zustand hinzunehmen, in dem sie sich dem Benutzer erkennbar darbieten, wobei sich der Benutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen muss.

Quelle: OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.11.2015 – 4 U 110/14 
Thema: Verkehrsrecht

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