Es ist natürlich ärgerlich, wenn ein neues Fahrzeug nach nur wenigen Kilometern verunfallt. Wann aber nach einem solchen Debakel auf Neuwagenbasis mit der Versicherung abgerechnet werden darf, klärte der Bundesgerichtshof (BGH) erneut anhand des folgenden Falls deutlich.
Bei einem Verkehrsunfall wurde ein neuwertiger Pkw, der zum Unfallzeitpunkt erst drei Wochen alt war und eine Laufleistung von lediglich 571 Kilometern aufwies, erheblich beschädigt. Der Geschädigte verlangte daraufhin von der gegnerischen Haftpflichtversicherung die Abrechnung auf Neuwagenbasis und erhielt vor dem BGH schließlich seine endgültige Abfuhr – eigentlich wenig überraschend.
Denn der BGH bestätigte in seinem Urteil seine bisherige Rechtsauffassung: Nur im Ausnahmefall ist eine Abrechnung auf Neuwagenbasis möglich. Denn diese Abrechnungsart setze zum einen voraus, dass das Fahrzeug neuwertig ist (Orientierungsgrenze 1.000 km), und zum anderen, dass die Beschädigung erheblich war. Diese Voraussetzungen lagen im Fall zwar vor, jedoch konnte der Geschädigte nicht den Kauf eines Neufahrzeugs nachweisen. Da kein gleichwertiges Neufahrzeug angeschafft wurde, sind nach Auffassung des BGH die Voraussetzungen einer Abrechnung auf Neuwert- oder Neuwagenbasis nicht möglich. Der Kläger hatte somit nur Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten und der Wertminderung.
Hinweis: Nach ständiger Rechtsprechung ist eine fiktive Abrechnung auf Neuwertbasis unzulässig. Wäre eine fiktive Abrechnung für einen Neuwertersatz zugelassen, würde der Geschädigte gegen das Bereicherungsverbot verstoßen.
Thema: | Verkehrsrecht |
Der erlittene Schaden nach einem Unfall kann auch auf die eigene Haushaltsführung Einfluss nehmen. Dass dabei aber auch exakt dargelegt werden muss, welche Tätigkeiten genau nicht mehr durch eigene Leistung durchgeführt werden können, wenn man nicht mit einem Pauschalbetrag abgespeist werden möchte, zeigt das folgende Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (OLG).
Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall verletzt und machte gegenüber der gegnerischen Haftpflichtversicherung auch einen Haushaltsführungsschaden geltend, ohne dabei konkret darzulegen, welcher Schaden ihr hierbei genau entstand. Stattdessen verwies die Frau nur allgemein auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit und der Fähigkeit zur Haushaltsführung. Die gegnerische Versicherung zahlte ihr daher nur einen Pauschalbetrag, mit dem sich die Geschädigte nicht zufrieden gab und klagte.
Das OLG entschied jedoch, dass ein über den zuerkannten Betrag hinausgehender Anspruch auf Ersatz des behaupteten Haushaltsführungsschadens nicht besteht. Die Geschädigte habe nicht substantiiert dargelegt, welcher Schaden ihr durch die erlittenen Verletzungen in Bezug auf den Haushaltsführungsschaden entstanden sei. Eine pauschale Bezugnahme auf Tabellenwerke zur Darlegung des unfallbedingt entstandenen Haushaltsführungsschadens erfülle dabei nicht die Anforderungen an die Darlegung eines konkreten Schadens.
Hinweis: Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte im Einzelnen nachweisen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können. Ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht.
Thema: | Verkehrsrecht |
Manchmal ist der Arztbesuch nur während der Arbeitszeit möglich. Passiert dann etwas Unvorhergesehenes, stellt sich die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliegt.
Ein Arbeitnehmer verletzte sich nach einem knapp einstündigen Besuch bei seinem Orthopäden bei einem Verkehrsunfall auf dem Rückweg zu seiner Arbeitsstätte. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass der Weg zum Arzt und zurück eine unversicherte private Tätigkeit gewesen sei. Gegen den entsprechenden Bescheid klagte der Arbeitnehmer – vergeblich.
Das Sozialgericht Dortmund vertrat die Meinung, dass ein Arztbesuch als Maßnahme zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit dem persönlichen Lebensbereich zuzuordnen ist. Somit ist sie nicht versichert. Ohne Berücksichtigung blieb dabei die Tatsache, dass der Arztbesuch auch der Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitskraft gedient hat.
Hinweis: Hat ein Arbeitnehmer also nach einem Arztbesuch während der Arbeitszeit auf dem Rückweg zum Betrieb einen Verkehrsunfall, liegt kein Arbeitsunfall vor. Abgesehen davon müssen Arbeitnehmer grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit – nämlich in ihrer Freizeit – zum Arzt gehen. Ausnahmen: Es liegt ein dringender Fall vor oder der Arzt vergibt keinen anderen Termin.
Quelle: SG Dortmund, Urt. v. 28.02.2018 – S 36 U 131/17
Thema: | Sonstiges |
Bei fiktiver Abrechnung der Reparaturkosten sind sogenannte Beilackierungskosten nicht zu erstatten. Derartige Kosten fallen nur an, wenn sie bei der konkreten Lackierung tatsächlich notwendig sind.
Das Fahrzeug eines Unfallbeteiligten wurde bei einem Verkehrsunfall erheblich beschädigt. Er ließ die Schadenshöhe durch ein Sachverständigengutachten ermitteln. Da der Geschädigte nach Gutachten abrechnen wollte, zog die Versicherung aus den ermittelten Reparaturkosten die Kosten für eine sogenannte Beilackierung ab.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm sind solche Kosten bei einer fiktiven Schadensabrechnung nicht zu berücksichtigen. Denn Beilackierungskosten sind nur erstattungsfähig, wenn sich diese besondere Maßnahme bei der Lackierung als tatsächlich notwendig erweist. Dies war im konkreten Fall jedoch nicht feststellbar, da diese Reparatur hier gar nicht durchgeführt wurde.
Hinweis: Eine Beilackierung dient der Farbangleichung von nicht durch den Unfall selbst betroffenen angrenzenden Fahrzeugteilen. Ob diese Beilackierungskosten bei einer fiktiven Abrechnung zu erstatten sind, wird von den Gerichten unterschiedlich beurteilt. Andere Gerichte sprechen diese Kosten auch bei fiktiver Abrechnung mit der Begründung zu, dass dem Geschädigten alle erforderlichen Kosten zur Behebung seines Unfallschadens zu ersetzen sind. Stellt ein Sachverständiger fest, dass eine Beilackierung grundsätzlich erforderlich ist, sollen diese Kosten dann auch erstattet werden.
Verkehrsrecht |