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Schlagwort: Versicherung

„Lukrativer“ Streifschaden: Ungewöhnliche Anhäufung typischer Umstände ohne Zeugen spricht für Manipulation

In den seltenen Momenten, in denen einfach mal alles passt, sollte man sich im Leben glücklich schätzen. Gerichten allerdings kommen zu perfekte Umstände verdächtig vor, denn auch sie kennen das Leben und vor allem die Beweggründe, die Fremde vor eben jenen Gerichten zusammenführt, nur allzu gut. Mit einem solchen merkwürdig anmutenden Fall hatte kürzlich das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (OLG) zu tun, das einen Kraftfahrzeugschaden auf Betreiben der zuständigen Versicherung unter die Lupe nehmen musste.

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Schadengeringhaltungsverpflichtung: Das Verweisen des Versicherers auf eine Alternativwerkstatt ist nicht in jedem Fall zulässig

Ein Geschädigter muss sich nicht auf eine von der Versicherung genannte günstigere Alternativwerkstatt verweisen lassen, wenn der Reparaturkalkulation des Sachverständigen bereits durchschnittliche Stundenverrechnungssätze einer freien Fachwerkstatt am Wohnort des Geschädigten zugrunde gelegt wurden.

Auf einem Parkplatz kam es zu einer Kollision zwischen zwei ausparkenden Fahrzeugen. Der Geschädigte wandte sich an einen Sachverständigen und ließ ein Gutachten erstellen. Der Sachverständige legte bei der Reparaturkostenkalkulation Stundenverrechnungssätze eines Eurogarant-Betriebs zugrunde, wobei es sich insoweit um durchschnittliche Stundenverrechnungssätze einer freien Werkstatt handelt. Die gegnerische Unfallversicherung verwies den Geschädigten auf eine noch günstigere Alternativwerkstatt, was von diesem nicht akzeptiert wurde. Er legte seiner Berechnung die Reparaturkostenkalkulation des von ihm beauftragten Sachverständigen zugrunde.

 

Nach Auffassung des Amtsgerichts Gelsenkirchen war die Berechnung des Geschädigten zur Höhe des Schadens nicht zu beanstanden. Ein Verweis auf eine noch günstigere Alternativwerkstatt war im vorliegenden Fall nicht zulässig, da der Reparaturkalkulation des vom Geschädigten eingeschalteten Sachverständigen bereits durchschnittliche Stundenverrechnungssätze einer freien Werkstatt zugrunde lagen. Es wurden dabei keine Preise einer markengebundenen Fachwerkstatt kalkuliert. Der Geschädigte hat somit nicht gegen seine Schadengeringhaltungsverpflichtung verstoßen. Er muss sich nicht auf die günstigsten erzielbaren Preise einer Alternativfachwerkstatt verweisen lassen, wenn bereits durchschnittliche Stundenverrechnungssätze einer freien Fachwerkstatt kalkuliert wurden.

Hinweis: Nach § 249 BGB kann der Geschädigte den erforderlichen Schadenbeseitigungsaufwand vom Schädiger verlangen. Insoweit können ortsübliche und angemessene Kosten erstattet verlangt werden. Ortsüblich und angemessen sind die durchschnittlichen Stundenverrechnungssätze einer freien Fachwerkstatt durchaus. Und wenn bereits solche Kosten kalkuliert sind, sind diese dann auch zugrunde zu legen.

Quelle: AG Gelsenkirchen, Urt. v. 14.02.2017 – 201 C 177/16

Thema: Verkehrsrecht