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Schlagwort: Verwandtschaftsverhältnis

Übernahme durch Sozialhilfeträger: Einkommensgrenze entscheidet über die Erstattungsfähigkeit von Beerdigungskosten

Angehörige und Erben stehen nicht selten vor der Frage, ob Beerdigungskosten zur Erstattung beim Sozialhilfeträger angemeldet werden – entweder weil der Erblasser oder aber der Erbe selbst sozialhilfeberechtigt ist – so auch in einem Fall, mit dem sich das Bundessozialgericht (BSG) im Folgenden beschäftigt hat.

Ein Mann machte gegenüber dem Sozialhilfeträger Kosten für die Beerdigung seiner Mutter geltend. Aus dem Nachlass ergab sich ein positives Guthaben von etwa 360 EUR, dem Bestattungskosten von ca. 2.700 EUR gegenüberstanden. Der Sohn verfügte zusammen mit seiner Ehefrau über eigene Einkünfte, war aber der Ansicht, dass ihm die Übernahme der Kosten nicht zumutbar sei. Der Antrag auf Übernahme der Kosten durch den zuständigen Sozialhilfeträger wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, der Antragsteller sei sozialhilferechtlich nicht bedürftig.

Das BSG hat in seiner Entscheidung die Rahmenbedingungen aufgestellt, unter denen ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Träger der Sozialhilfe besteht. Maßgebliches Kriterium ist hierbei die Zumutbarkeit der Kostenübernahme durch die Erben bzw. Angehörigen. Diese ist dann nicht gegeben, wenn das monatliche Einkommen des Anspruchstellers (gegebenenfalls zusammen mit seiner Ehefrau/seinem Ehemann) eine bestimmte Einkommensgrenze nicht übersteigt. Zum Einkommen gehören demnach alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter im Gesetz abschließend aufgezählter Leistungen.

Wird die Einkommensgrenze überschritten, ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit der Einsatz des die Grenze überschreitenden Teils des Einkommens angemessen ist. So kann ein enges verwandtschaftliches Verhältnis dazu führen, dass die Übernahme von Kosten eher zumutbar ist als bei entfernten Verwandten. War hingegen das Verwandtschaftsverhältnis zerrüttet, steigen die Anforderungen an die Zumutbarkeit. Auch wirtschaftliche Gesichtspunkte – beispielsweise inwieweit es dem Verpflichteten zumutbar ist, ein Darlehen aufzunehmen, oder aber die Möglichkeit besteht, eine bereits bestehende Darlehensverpflichtung auszusetzen – müssen im Einzelfall geprüft werden.

Hinweis: Die Einkommensgrenze setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag in Höhe des zweifachen Eckregelsatzes, den angemessenen Kosten der Unterkunft und einem Familienzuschlag in Höhe von 70 % der Regelbedarfsstufe 1 für den nicht getrenntlebenden Ehegatten, § 85 Abs. 1 Sozialgesetzbuch XII.

Quelle: BSG, Urt. v. 04.04.2019 – B 8 SO 10/18 R

Thema: Erbrecht

Überlassene Eigentumswohnung: Kein Anspruch auf Nutzungsentgelt nach trennungsbedingtem Auszug aus der Wohnung der Schwiegereltern

Verlässt ein Ehegatte anlässlich der Trennung die Ehewohnung, kann er vom anderen für die vollständige Überlassung eine Nutzungsentschädigung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Was das praktisch bedeutet, beschäftigte im Folgenden das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG).


Zunächst einmal zur Ausgangslage, wann unter Billigkeitsgesichtspunkten der Anspruch besteht: Die kinderlosen Ehegatten trennen sich, einer zieht aus der Ehewohnung aus. Die Wohnung gehört beiden je hälftig und ist schuldenfrei, beide verdienen gleich viel, weshalb kein Unterhalt zu zahlen ist. Unter diesen Gegebenheiten kann der ausgezogene Ehegatte vom verbliebenen 500 EUR pro Monat verlangen, wenn sich die Wohnung am Markt für eine Kaltmiete von 1.000 EUR vermieten ließe.

Im Fall des OLG war die Lage jedoch anders. Die Wohnung gehörte den Eltern des Mannes und war ihm und seiner Familie kostenlos zur Verfügung gestellt worden. Im Zuge der Trennung zog die Frau mit der gemeinsamen Tochter aus und wollte nun eine Nutzungsentschädigung vom Mann, der weiterhin in der Wohnung lebte. Das OLG wies den Antrag jedoch zurück.

Wenn Ehegatten nicht die Eigentümer, sondern Mieter der Ehewohnung sind und der in der Wohnung verbleibende Ehegatte die gesamte Miete nebst Nebenkosten zahlt, entsteht dem ausgezogenen Ehegatten kein Schaden. Wenn die Schwiegereltern nach der Trennung dem eigenen Kind die ihnen gehörende Wohnung kostenfrei überlassen, beruht dies auf dem Verwandtschaftsverhältnis. In beiden Konstellationen sei es dem OLG zufolge unbillig, dem ausgezogenen Ehegatten einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung zuzusprechen.

Hinweis: Für Fälle, in denen die Ehegatten nicht Eigentümer der Ehewohnung sind, sondern nur ein anderweitiges Nutzungsrecht daran haben, ist der Anspruch auf Nutzungsentschädigung damit nicht immer automatisch ausgeschlossen. Es bedarf dann jedoch einer individuellen Prüfung der jeweiligen Konstellation, wofür stets fachkundiger Rat zu empfehlen ist.

Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.01.2019 – 20 UF 141/18

Thema: Familienrecht

Patchworkfamilien: Stiefeltern übernehmen stillschweigend die bestehende Aufsichtspflicht leiblicher Eltern

Ein Teil der elterlichen Sorge ist, dass Eltern in gewissen Grenzen dafür Sorge zu tragen haben, dass sich ihre minderjährigen Kinder nichts zuschulden kommen lassen. Was mit dieser Aufsichtspflicht passiert, wenn ein Elternteil mit dem Kind bei einem neuen Partner lebt, musste das Landgericht Frankfurt am Main (LG) kürzlich bewerten.


Ein 12-Jähriger lud sich mittels Filesharings illegal ein Computerspiel herunter. Sein Stiefvater, in dessen Haushalt der Junge wohnte, wurde daraufhin aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben und Schadensersatz sowie Abmahnkosten zu zahlen. Da der Stiefvater die Zahlung verweigerte, wurde er verklagt.

Da kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Stiefkind und seinem Stiefvater besteht, existiert rein gesetzlich auch keine Aufsichtspflicht, die der Stiefvater verletzt haben könnte. Wohl aber hat der Stiefvater laut Ansicht des Gerichts stillschweigend und vertraglich die bestehende Aufsichtspflicht der Mutter für diese übernommen. Eine Ausnahme läge nur vor, wenn beide Partner vereinbart hätten, dass sämtliche Ge- und Verbote dem Kind gegenüber allein vom leiblichen Elternteil ausgesprochen werden. In einem solchen Fall läge keine vertragliche Aufsichtspflicht des Stiefelternteils vor. So etwas ist aber eher ungewöhnlich und lag vor allem im zur Entscheidung anstehenden Fall nicht vor.

Dennoch haftete der Stiefvater in diesem Fall nicht. Denn im Alter von zehn oder elf Jahren war dem Kind von der Mutter und dem Stiefvater erklärt worden, dass es nichts Illegales aus dem Internet runterladen dürfe. Mehr musste nicht geschehen. Dass das Kind dennoch dem Verbot zuwider handelte, führte zu keiner Haftung des Stiefvaters.

Hinweis: Patchworkfamilien werden demnach jedenfalls teilweise wie „normale“ Familien behandelt. Wichtig ist es also, zu wissen, dass damit auch die normalen Pflichten seitens der Stiefeltern gelten und man sich nicht damit zurückziehen kann, gesetzlich nicht „normaler“ Elternteil zu sein.

Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 11.04.2019 – 2-03 S 2/18

Thema: Familienrecht

Bestattungskosten: Bestattungspflicht der Witwe besteht unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen

Der Tod eines nahen Angehörigen hinterlässt meist eine emotionale Leere. Es ist unnötig, dass auch noch zusätzlich die Kosten, die ein solcher Verlust nach sich zieht, ausufern. Was zu tun ist, wenn man trotz geringer Mittel Bestattungskosten zu übernehmen hat, zeigt der folgende Fall des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen (OVG).

Das Land Niedersachsen hatte die Bestattungskosten für einen verstorbenen Mann übernommen und verlangte danach die Erstattung von dessen Ehefrau. Diese verweigerte jedoch die Zahlung mit der Begründung, dass sie mittellos sei und zudem auch die Kinder des Verstorbenen in Anspruch genommen werden müssten.

Das OVG lehnte dies jedoch ab und stellte klar, dass nach dem Landesbestattungsgesetz die Ehefrau vorrangig in Anspruch zu nehmen ist. Es wies aber auch darauf hin, dass es der Ehefrau unbenommen ist, danach die Erstattung von einem Erben zu verlangen. Zudem ist bei einer nachgewiesenen Unzumutbarkeit der Kostentragung die Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger möglich.

Hinweis: Auch wenn diese Entscheidung speziell zum Landesbestattungsgesetz in Niedersachsen ergangen ist, gibt es ähnliche Regelungen in allen Bundesländern. Die Bestattungspflicht (und damit die Pflicht, die Kosten dafür zu tragen) besteht unabhängig davon, ob jemand Erbe ist, und sogar, ob zu dem Verstorbenen Kontakt bestand. Sie ergibt sich allein aus dem Verwandtschaftsverhältnis. Auch eine Ausschlagung der Erbschaft befreit nicht grundsätzlich von dieser Pflicht. Sofern es jedoch Erben gibt, fällt ihnen die Kostentragungspflicht zu, so dass von ihnen Ersatz verlangt werden kann, wenn ein nicht erbender Angehöriger die Kosten zunächst übernommen hat.

Quelle: OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.04.2019 – 10 PA 350/18

Thema: Erbrecht