Maßnahmen der Gewerbeförderung: Städtische Satzung ist wegen mangelnder Interessenabwägung unzulässig
Als ein Wohnhauseigentümer einen Bescheid erhielt, der ihn zur finanziellen Unterstützung von Gewerbetreibenden seiner Umgebung quasi verpflichtete, war die Überraschung groß. Denn das Ganze war hochoffiziell von der Stadt Köln so vorgesehen. Ob – und unter welchen Voraussetzungen – eine städtische Satzung Grundstückeigentümer zur Zahlung von Maßnahmen der Gewerbeförderung überhaupt derart heranziehen darf, musste schließlich das Verwaltungsgericht Köln (VG) überprüfen.
Nach dem nordrhein-westfälischen Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG NRW) haben Gemeinden die Möglichkeit, einer privaten Initiative durch eine Satzung Gelder zukommen zu lassen, die von Nachbarn bezahlt werden müssen. Hier wollte ein Verein von Gewerbetreibenden an der Kölner Severinstraße Marketingmaßnahmen durchführen, wie beispielsweise eine Weihnachtsbeleuchtung. Die Stadt Köln erließ auf Antrag des Vereins eine entsprechende Satzung, nach der von Anliegern der Severinstraße 300.000 EUR zur Finanzierung der Maßnahmen erhoben wurden. Der Eigentümer eines Wohnhauses erhielt einen entsprechenden Bescheid über mehrere hundert Euro und klagte dagegen – mit Erfolg.
Die Satzung genügte laut VG nicht den der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Voraussetzungen zu Sonderabgaben. Eine solche Abgabe ist ohnehin nur ausnahmsweise möglich. Diejenigen, die zahlen sollen, müssen eine homogene Gruppe mit besonderer Sachnähe zum Abgabenzweck bilden. Das war hier jedoch nicht der Fall, da die Gruppe aus Wohneigentümern und Eigentümern von Gewerbeimmobilien bestand – eben keine homogene Gruppe, sondern eher das Gegenteil. Vielmehr befindet sich diese Gruppe nämlich in einem Spannungsverhältnis, da eine Intensivierung der gewerblichen Nutzung typischerweise mit mehr Lärm, Abfall und Verkehrsbelastungen einhergeht. Diesen unterschiedlichen Interessen hat die Satzung nicht Rechnung getragen. Daher war sie rechtswidrig und nicht anzuwenden.
Hinweis: Werden Eigentümer von der Stadt zur Zahlung aufgefordert, ist stets eine genaue Prüfung sinnvoll. Viele Bescheide sind unwirksam und lösen eben keine Zahlungsverpflichtung aus.
Quelle: VG Köln, Urt. v. 20.05.2021 – 8 K 3904/18