In dem Fall hatte eine im Jahr 2021 verstorbene kinderlose und verwitwete Erblasserin ein handschriftliches Testament errichtet und dort verfügt: „Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist dies: Frau xx.xx.“ Die Frage, die sich dem Oberlandesgericht München (OLG) nun stellte, war, ob eine solche beispielhafte Benennung für die Erteilung eines Erbscheins an „Frau xx.xx.“ ausreicht.
Sicherlich kann in einem Jahr betrieblich viel passieren – auch wenn sich Angestellte in Elternzeit befinden. Den Anspruch auf begehrte Teilzeitarbeit von Arbeitnehmern in Elternzeit abzuwehren, ist jedoch nicht ganz so einfach. Und dass Arbeitnehmer diesen Anspruch auch gerichtlich durchsetzen können, zeigt im Folgenden ein Fall, der kürzlich vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG) landete.
Eine Arbeitnehmerin hatte nach der Geburt ihres Kindes für etwa zwei Jahre Elternzeit beantragt. Nach einem Jahr beantragte sie fristgerecht eine Teilzeitbeschäftigung in Elternzeit im Umfang von 30 Wochenstunden. Die Arbeitgeberin lehnte den Beschäftigungsantrag jedoch mit der Begründung ab, dass sie keine Beschäftigungsmöglichkeit habe.
Das LAG sah das anders, und als Ergebnis muss die Arbeitnehmerin nun auch in Teilzeit beschäftigt werden. Es bestand in den Augen des Gerichts nämlich ein sogenannter Verfügungsanspruch, weil die Arbeitnehmerin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit glaubhaft gemacht hatte. Zwar kann die Arbeitgeberin grundsätzlich dringende betriebliche Gründe entgegenhalten. Hierzu genügt allerdings nicht die bloße Behauptung, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit. Die Arbeitgeberin hätte die genauen Tatsachen bezeichnen müssen – ähnlich wie beim Wegfall von Arbeitsplätzen bei einer Kündigungsschutzklage. Der Verfügungsgrund bestand zudem darin, dass eine umfassende Interessenabwägung ergab, dass die Arbeitnehmerin ohne die Teilzeit beruflich auf das Abstellgleis geraten könne.
Hinweis: Der Anspruch auf eine Teilzeit während der Elternzeit muss genauso wie ein allgemeiner Teilzeitanspruch schriftlich gestellt werden. Äußert sich der Arbeitgeber dazu dann nicht binnen einer bestimmten Frist, gilt der Antrag als genehmigt.
Die Coronapandemie wirft zwar eine Unmenge neuer Fragen auf – vor allem auch angesichts neuer rechtlicher Regelungen. Dennoch darf bereits geltendes Recht genauso wenig übergangen werden, wie Hilfemaßnahmen generell von allen in Anspruch genommen werden können. Im Folgenden war es am Landgericht München (LG), diese beiden Gesichtspunkte auf die Klage einer Hotelbetreiberin herunterzubrechen, deren Vermieterin auf die vereinbarten Mietzahlungen bestand.
Die Beklagte betrieb in einem Mietobjekt ein Hotel. Der Mietvertrag bestand bereits seit dem Jahr 2001. Die monatliche Miete betrug knapp 50.000 EUR. Ab März 2020 konnte sie die Miete aufgrund der Coronapandemie nicht mehr zahlen – und wurde daraufhin von ihrer Vermieterin auf Zahlung verklagt.
Die Vermieterin hatte laut LG in der Tat einen Anspruch auf Zahlung der vollen Mieten für die Monate April, Mai und Juni 2020. Diese waren auch nicht zu mindern, weil die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch vorlag, da kein Mangel vorlag. Auch die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie hatten keine Auswirkungen auf das Mietobjekt.
Allerdings hätte die Mieterin grundsätzlich ein Recht auf Vertragsanpassung und damit ein Recht auf Reduzierung der Miete gehabt. In dem hier vorliegenden Einzelfall lagen die Voraussetzungen dafür allerdings nicht vor, denn die Mieterin hatte in Eigeninitiative Zahlen zum Umsatz und zu weiteren Aspekten der wirtschaftlichen Lage vorgetragen. Und genau aus diesen Zahlen ließ sich eine Unzumutbarkeit der vollen Mietzahlungspflicht für die Richter nicht ableiten – offensichtlich hatte die Mieterin keine ernsten finanziellen Probleme.
Hinweis: Das Urteil deutet darauf hin, dass bei entsprechenden wirtschaftlichen Problemen aufgrund der Pandemie eine Herabsetzung der Miete für das Hotel möglich gewesen wäre.
Quelle: LG München, Urt. v. 25.01.2021 – 31 O 7743/20
Kaum sind sie da, sollen sie schon wieder weg, die sogenannten Pop-up-Radwege Berlins. Schließlich war dem Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der Radfahrstreifen erstinstanzlich stattgegeben worden, weil die Senatsverwaltung der Stadt Berlin nach Auffassung des Berliner Verwaltungsgerichts (VG) die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen nicht hinreichend dargelegt hatte. Es dürften Radwege nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Doch nach all der Aufregung hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) etwas mehr Ruhe in dieses Hin und Her gebracht.
Das OVG hat die Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung nämlich vorläufig gestoppt. Die Entscheidung des VG sei unter Berücksichtigung dieser Unterlagen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft. Jedenfalls würden die öffentlichen Belange die privaten Interessen des Antragstellers überwiegen. Die Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr erfolge angesichts der dargelegten konkreten Gefahrenlagen im öffentlichen Sicherheitsinteresse der Verkehrsteilnehmer. Der Antragsteller habe demgegenüber lediglich pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht in gewohnter Weise durch das Stadtgebiet bewegen zu können. Selbst wenn die Beschwerde letztlich ohne Erfolg bleiben sollte, sei diese nicht näher belegte Einschränkung für den Antragsteller nicht schwerwiegend. Die Fahrtzeiten verlängerten sich nur minimal.
Hinweis: Die Senatsverwaltung hat im Beschwerdeverfahren erstmals die für die Gefahrenprognose erforderlichen Tatsachen durch Nachreichung von Verkehrszählungen, Unfallstatistiken und Ähnliches belegt. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Quelle: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 06.10.2020 – 1 S 116.20
Eine schlechte Bewertung bei Google ist für Unternehmen alles andere als förderlich. Und das gilt natürlich auch für eine Bewertung auf Google Maps. Wann und wie schlechten Bewertungen beizukommen ist, stellte das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) im Folgenden klar.
Zahnärzte hatten bei Google Maps eine negative Bewertung mit lediglich einem von fünf möglichen Sternen und der Bemerkung „Oje. Naja.“ erhalten. Kurz darauf war das Profil des Nutzers nicht mehr vorhanden. Deshalb forderten die Zahnärzte Google Maps auf, die Bewertung zu löschen und Auskunft über die sogenannten Bestandsdaten des Nutzers zu geben. Aber: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde zurückgewiesen.
Die angegriffene Bewertung war laut OLG letztlich als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Eine solche Meinungsäußerung ist – solange keine Schmähkritik vorliegt – grundsätzlich zulässig. Auch wird die Bewertung nicht dadurch unzulässig, dass der Bewertung keine Begründung für die geäußerte Meinung folgte. Darüber hinaus lagen hier die Voraussetzungen für die datenschutzrechtliche Erlaubnis für die Auskunftserteilung über die Nutzerdaten auch deshalb nicht vor, weil der Bewertung keine rechtswidrigen Inhalte zu entnehmen waren. Der Diensteanbieter darf nämlich Auskunft nur dann erteilen, wenn diese zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte erforderlich ist. Und das war hier nicht gegeben, weshalb die Zahnärzte den Rechtsstreit verloren. Oje, naja.
Hinweis: Das Auskunftsrecht über Daten setzt also auch voraus, dass eine solche Auskunft zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte erforderlich ist. Es muss sich zudem um eine schwerwiegende Verletzung handeln, die auf strafbaren Inhalten beruht.
Quelle: OLG Nürnberg, Urt. v. 17.07.2019 – 3 W 1470/19
Stirbt ein Ehegatte, wird der andere allein oder gemeinsam mit anderen zum Erbe, sofern kein anderslautendes Testament vorliegt. Ist die Ehe zum Zeitpunkt des Todes geschieden, erlischt das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten. Was aber ist, wenn zum Zeitpunkt des Todes die Ehegatten getrennt leben und ein Scheidungsverfahren bei Gericht anhängig ist, die Scheidung aber noch nicht ausgesprochen wurde?
Mit der Klärung dieser Frage wurde das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) beauftragt. Im Jahr 2000 war im betreffenden Fall die Eheschließung erfolgt; im Juli 2007 kam es zur Trennung. Ende August 2008 stellte die Frau den Scheidungsantrag, Ende September 2008 der Mann. Die finanzielle Auseinandersetzung gestaltete sich im Verlauf schließlich schwierig und im Mai 2009 machte die Frau im Scheidungsverfahren ergänzend Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung geltend. Dann beantragten beide Ehegatten das Ruhen des Verfahrens, um die finanziellen Folgen der Scheidung außergerichtlich klären zu können. Die Verhandlungen hatten noch kein konkretes Ergebnis gebracht, als der Mann im November 2015 starb.
Das OLG befand, dass die Ehegatten in dieser Situation erbrechtlich wie geschieden zu behandeln waren. Das Gesetz bestimmt, dass Ehegatten mit Blick auf die erbrechtlichen Folgen wie geschieden gelten, sobald zwischen ihnen die Voraussetzungen der Scheidung vorliegen und der verstorbene Gatte die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte. Das war hier der Fall. Die Verzögerung von sechseinhalb Jahren, in der es seit Antragstellung noch nicht zur Scheidung gekommen war, behandelte das Gericht als nicht beachtlich, um an diesem Ergebnis zu rütteln. Schließlich waren Verhandlungen um die Folgen der Scheidung der Grund der Verzögerung – nicht etwa Versöhnungsversuche oder sonstige Bemühungen, die Ehe zu retten.
Da damit der Frau keine erbrechtlichen Ansprüche nach Ableben des Mannes zustanden, konnte sie vom Erben des Mannes stattdessen Zugewinnausgleich verlangen.
Hinweis: Die Konsequenzen im Fall des Todes eines Ehegatten während des Scheidungsverfahrens sind unterschiedlich. Fachkundiger Rat ist in solch einer Situation ratsam.
Quelle: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.09.2017 – II-6 UF 30/17
Bis Anfang 2017 galt das Wechselmodell als Ausnahme, das gerichtlich nicht eingefordert werden konnte. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dann klargestellt, dass sehr wohl Gerichte einen paritätischen Umgang der Eltern mit den Kindern anordnen können – dass also jeder Elternteil die Hälfte der Zeit mit seinen Kindern verbringt. Seither herrscht Unsicherheit, welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen.
Zwei Komponenten sind von entscheidender Bedeutung. Ein gegen den Willen der Eltern bzw. – richtigerweise gesagt – gegen den Willen eines Elternteils angeordnetes Wechselmodell muss auf den Einzelfall bezogen geprüft werden, dabei vor allem dem Kindeswohl dienlich sein und setzt eine ausreichende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus.
Was dem Kindeswohl dienlich oder abträglich ist, ist oft schwer zu fassen. In jedem Fall schlecht für Kinder ist es, wenn sich ihre Eltern allzu oft und heftig streiten. Nicht allein deshalb ist der Schwerpunkt der Prüfung auf die Frage der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit zu richten. Es geht, wie der BGH in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt hat, um die entsprechende Fähigkeit – der Wille allein reicht nicht. Aber auch hier sind die faktischen Grenzen fließend.
Das Oberlandesgericht Brandenburg bekam nun die Frage vorgelegt, ob die erforderliche Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit dann als gegeben anzusehen sei, wenn sich die Eltern seit längerem in einem sogenannten Mediationsverfahren befinden. Hierbei argumentierte die Mutter, deren Kinder beim Vater lebten, dass ohne die besagte Fähigkeit diese fortdauernde Mediation schließlich nicht möglich sei. Das Gericht schloss sich der Frau jedoch nicht an. Es reicht nicht aus, dass versucht wird, Probleme im Rahmen einer Mediation statt einer streitigen Auseinandersetzung zu lösen. Der Versuch, Probleme gemeinsam zu lösen, kann nicht dahingehend gewertet werden, dass die Fähigkeit besteht, diesen Versuch gelingen zu lassen.
Hinweis: Die zwangsweise gerichtliche Anordnung eines Wechselmodells ist möglich, wird aber – wie die Rechtsprechung auch nie in Zweifel gezogen hat – die Ausnahme bleiben.
Nun ist es leider amtlich: Bausparkassen können alte Bausparverträge unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Bausparer können daher nicht mehr darauf zählen, weiterhin die vereinbarten Zinsen zu erhalten.
In dem ersten der beiden just entschiedenen Verfahren schloss eine Frau 1978 mit einer Bausparkasse einen Bausparvertrag. Bereits seit 1993 war dieser zuteilungsreif. Anfang 2015 erhielt die Frau dann die Kündigung des Bausparvertrags unter Berufung auf § 489 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Danach gilt Folgendes: „Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen … in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten …“ Nun stellte sich für das Gericht die Frage, wer hier Darlehensnehmer und wer der Darlehensgeber sei.
In dem zweiten Fall wurde im Jahr 1999 ein Bausparvertrag über eine Bausparsumme von rund 80.000 EUR und ein weiterer Bausparvertrag um eine Bausparsumme von rund 20.000 EUR abgeschlossen. Auch diese Verträge wurden Anfang 2015 durch die Bausparkasse gekündigt, nachdem sie mehr als zehn Jahre zuteilungsreif waren. In beiden Fällen waren die Bausparer der Auffassung, dass der Bausparkasse kein Kündigungsrecht zugestanden habe.
Der Bundesgerichtshof stellte sich in den Verfahren auf die Seite der Bausparkassen und urteilte, dass die Kündigungen wirksam waren. Während der Ansparphase ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens kommt es zu einem Wechsel. Die Kündigungsvorschrift des BGB muss auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar sein.
Hinweis: Eine Bausparkasse kann Bausparverträge also kündigen. Sie müssen für eine solche Kündigung allerdings seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sein. Und das gilt sogar dann, wenn sie noch nicht voll angespart sind.
Quelle: BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16 Thema: Sonstiges
Unter welchen Voraussetzungen einzelne Arbeitnehmer von einer Betriebsrente ausgeschlossen werden können, zeigt dieser Fall.
Ein Arbeitnehmer hatte mit seinem neuen Arbeitgeber vereinbart, dass er einen monatlichen Beitragszuschuss für seine bereits seit langem bestehende Altersversorgung erhalten sollte. Zudem bestand die Vereinbarung, dass er deshalb von den Regelungen der betrieblichen Altersversorgung ausgenommen wird. Jahre später klagte der Arbeitnehmer dann darauf, dass ihm ab Rentenbeginn ein Anspruch aus der betrieblichen Altersversorgung zustehe. Denn seine einzelvertragliche Regelung sollte aus seiner Sicht unwirksam sein, da er nicht auf in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Ansprüche verzichten konnte.
Das sah das Bundesarbeitsgericht allerdings etwas anders. Nach Ansicht der Richter können Arbeitnehmer, denen bereits einzelvertraglich eine betriebliche Altersversorgung zugesagt wurde, vollständig von einem Versorgungssystem des Arbeitgebers ausgenommen werden, das auf einer Betriebsvereinbarung beruht. Das gilt aber nur dann, wenn die Betriebsparteien innerhalb des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums davon ausgehen können, dass diese Arbeitnehmer im Versorgungsfall typischerweise eine zumindest annähernd gleichwertige Versorgung erhalten.
Hinweis: Einzelne Arbeitnehmer können also von einem Betriebsrentensystem ausgeschlossen werden, wenn es für sie eine vergleichbare vertragliche Regelung gibt.