Sich um nahe Angehörige zu kümmern, sie zu pflegen und im Ernstfall Aufgaben an ihrer Stelle auszuüben, ist nicht nur eine familiäre Verantwortung, sondern kann vor allem auch im rechtlichen Sinne Folgen haben. Das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) musste im Folgenden die Frage beantworten, wann ein vorsorgebevollmächtigter Angehöriger den Erben gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet ist.
Die verstorbene Erblasserin hatte im Rahmen einer Vorsorgevollmacht ihren in ihrem Haushalt lebenden Sohn als Bevollmächtigten eingesetzt, sollte sie selbst durch Krankheit oder Behinderung nicht mehr dazu in der Lage sein, sich um ihre rechtlichen Angelegenheiten zu kümmern. Im Zuge des behandelten Rechtsstreits ging es dabei um die Frage, ob der bevollmächtigte Sohn der nach dem Tod der Mutter entstandenen Erbengemeinschaft gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet sei – ein Mittel, um das ordnungsgemäße Handeln des Auftragnehmers überprüfen zu können.
Hier musste das OLG differenzieren. Erst einmal könne eine solche Rechnungslegungspflicht nicht allein aus einer bloßen Bevollmächtigung hergeleitet werden, da diese nicht zwingend einen rechtlichen Auftrag enthalte. Ein solcher Auftrag verlange nämlich eine Einigung darüber, dass jemand für einen anderen in dessen Angelegenheiten tätig wird und pflichtgemäß vor allem auch tätig werden muss. Wenn – wie im vorliegenden Fall – eine umfassende Beauftragung des Sohns in allen Angelegenheiten (so auch für Bankgeschäfte) durch eine Vorsorgevollmacht erfolgt, kann dies ein wichtiges Indiz für eine Auftragserteilung auch im rechtlichen Sinne sein. Das OLG kam hier daher zu der Einschätzung, dass der bevollmächtigte Sohn der Erbengemeinschaft gegenüber durchaus zur Rechnungslegung verpflichtet ist.
Hinweis: Liegt ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer vor, ist in der Regel nicht von einer Rechnungslegungspflicht auszugehen. Doch Vorsicht: Dies wird unter Eheleuten angenommen, nicht aber generell bei nahen Verwandten!
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Das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) hatte sich im Folgenden mit der Frage zu beschäftigen, ob der Mutter einer Verstorbenen ein Recht auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen zusteht, wenn dieser Umstand Teil einer entsprechenden Vorsorgevollmacht war.
Die Tochter hatte noch zu Lebzeiten eine notarielle Vorsorgevollmacht erstellt. Darin war auch geregelt, dass der Mutter das Recht zustünde, Krankenunterlagen einzusehen. Gleichzeitig hatte die Tochter die zukünftig behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Die Vollmacht sollte auch über den Tod der Tochter hinaus gelten. Mehrere Jahre nach der Erstellung der Vollmacht verstarb die Tochter. Der behandelnde Arzt verweigerte die Herausgabe von Behandlungsunterlagen jedoch mit der Begründung, seine Patientin habe ihm untersagt, Informationen weiterzugeben, die das Verhältnis der Patientin zu ihrer Familie – insbesondere zur Mutter – betrafen. Insoweit unterliege er einer Schweigepflicht, die vor der erteilten Vorsorgevollmacht Vorrang habe.
Dieser Ansicht ist im Ergebnis auch das OLG gefolgt. Bereits das vorinstanzliche Landgericht hatte in seiner Entscheidung begründet, dass es für ein Einsichtsrecht weder auf die Erbenstellung noch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht ankomme. Vielmehr komme es allein auf den gesetzlichen Wertungsmaßstab des § 630g Abs. 3 Satz 3 BGB an. Danach kann ein Auskunftsanspruch nicht gegen den mutmaßlichen oder tatsächlichen Willen des Verstorbenen geltend gemacht werden.
Hinweis: Grundsätzlich haben Patienten ein Recht auf Einsicht in ihre vollständige Patientenakte. Im Fall des Todes des Patienten steht dieses Recht zur Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Interessen den Erben zu.
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In einer Erbengemeinschaft entscheiden die Miterben grundsätzlich gemeinsam. Wichtige Entscheidungen – wie etwa die Veräußerung eines Grundstücks – müssen einstimmig getroffen werden. Für die anderen Entscheidungen reicht hingegen die Stimmenmehrheit. Was bei der Stimmengewichtung jedoch genau zu beachten ist, zeigt die folgende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Ein Mann wurde von seiner Frau und seinem Enkel zu je 40 % sowie einer Tochter zu 20 % beerbt. Die Erbengemeinschaft fasste gegen den Willen der Tochter mehrere Beschlüsse, wobei der Enkel teilweise sowohl im eigenen Namen als auch durch eine Vorsorgevollmacht im Namen der Witwe allein handelte. Bei einigen dieser Beschlüsse war die Witwe wegen eines Interessenkonflikts mit ihrem Stimmrecht ausgeschlossen. Die Tochter hielt diese Beschlüsse für unwirksam. Sie trug vor, dass die Witwe geschäftsunfähig war und daher keine wirksame Vorsorgevollmacht erteilen konnte. Damit hatte der Enkel ihrer Ansicht nach nicht die erforderliche Stimmenmehrheit.
Das BVerfG weist zunächst auf den Grundsatz hin, nach dem es für minderjährige, abwesende und betreute Miterben der Bestellung eines Vormunds, Pflegers oder Betreuers nicht bedarf, sobald auch ohne diesen Miterben eine beschlussfähige Mehrheit vorhanden ist. Wenn die Mehrheit also einen Beschluss fasst, kommt es auf den Geschäftsunfähigen im Ergebnis nicht an, so dass die Bestellung eines Betreuers für diesen Zweck als überflüssige Förmelei erscheint. Dabei ist die Quote dieses Miterben jedoch durchaus zu berücksichtigen. Ist ein Miterbe von der Abstimmung hingegen wegen Interessenkollision ausgeschlossen, hat dies zur Folge, dass allein die Mehrheit der verbleibenden Stimmen – also gegebenenfalls eine Minderheit – entscheiden kann.
In den Fällen, in denen die Witwe aufgrund des Interessenskonflikts ausgeschlossen war, betrug der Stimmenanteil somit nur 60 %, so dass der Enkel mit seinem Anteil von 40 % durchaus alleine entscheiden konnte. In den anderen Fällen betrug der Stimmanteil hingegen 100 % – unabhängig davon, ob die Witwe geschäftsfähig war oder nicht. Sofern der Enkel also keine wirksame Vorsorgevollmacht hatte, konnte er nicht alleine entscheiden, da er mit 40 % keine Mehrheit hatte.
Hinweis: Die Stimmenmehrheit berechnet sich nach der Größe der Erbteile. Es ist dabei unerheblich, ob einzelne Miterben abwesend, minderjährig oder betreut sind. Das BVerfG stellte hier klar, dass der Stimmenanteil sich nur reduziert, sofern ein Miterbe wegen eines Interessenskonflikts von der Abstimmung ausgeschlossen ist. Damit können die Stimmanteile fürsorgebedürftiger Miterben nicht einfach übergangen werden, indem sie vorab herausgerechnet werden.
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Wird im Rahmen von Erbrechtsstreitigkeiten die Testierunfähigkeit festgestellt, kann das weitreichende Folgen haben – so im folgenden Fall auch für die Bevollmächtigten in einer Erbsache, über die das Landgericht München II (LG) zu befinden hatte.
Eine Frau errichtete am selben Tag ein Testament und eine Vorsorgevollmacht, mit der die Bevollmächtigten schließlich ein Grundstück verkauften. Nach dem Tod der Frau stellte das Gericht fest, dass die Frau testierunfähig und daher das Testament unwirksam war. Die gesetzlichen Erben wandten sich nun auch gegen den Grundstücksverkauf, da auch die Vollmacht nichtig gewesen sei.
Das LG stellte zunächst klar, dass durch das Urteil über das Testament auch die Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin hinsichtlich der Vollmacht glaubhaft gemacht wurde. Es führte weiter aus, dass durch Geschäftsunfähige erteilte Vollmachten in jedem Fall nichtig sind und Dritte sich nicht auf den Rechtsschein oder ihren guten Glauben verlassen können. Der Kaufvertrag über das Grundstück war somit unwirksam.
Hinweis: Grundsätzlich werden nach dem Gesetz Dritte geschützt, die nicht wissen können, dass eine Vollmacht nicht (mehr) besteht. Sie sollen sich hier auf den Rechtsschein verlassen können. Dies gilt jedoch nur, wenn der Vertretene bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig war, denn der Schutz Geschäftsunfähiger ist gegenüber dem Schutzbedürfnis des Verkehrs vorrangig.
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Psychische Erkrankungen sowie körperliche, geistige oder seelische Behinderungen können dazu führen, dass die Bestellung eines Betreuers erforderlich wird. Steht eine solche Betreuerbestellung erst einmal im Raum, sieht sich der Betroffene womöglich nur unzureichend dazu in der Lage, seine Situation darzustellen und seine Recht zu wahren. Wer Menschen in solchen Situationen hilfreich zur Seite stehen kann, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im folgenden Fall zu klären.
Eine 37-Jährige litt unter einer schweren paranoid-halluzinatorischen Psychose und war nicht in der Lage, komplexe Sachverhalte zu überblicken und zu regeln. Daher sollte für sie eine Betreuung eingerichtet werden. Anwaltlichen Rat holte sich die Frau jedoch nicht ein. Die Frage, ob nun aufgrund des Gesundheitsbefunds gegen den Willen der Frau eine Betreuung eingerichtet und ein Betreuer bestellt werden durfte, verneinte der BGH jedoch ausdrücklich.
Betroffenen ist vor der Entscheidung über deren Betreuung ein Verfahrenspfleger zu bestellen und an die Seite zu geben, der ihre Interessen vertritt. Dies sieht das Gesetz so vor. Wenn diese notwendige Bestellung eines Verfahrenspflegers unterbleibt, liegt ein Verfahrensfehler vor – eine womöglich bereits erfolgte Betreuerbestellung ist dann aufzuheben. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Betreuung für alle wesentlichen Lebensbereiche geprüft wird und im Einzelfall möglich ist. Dabei ist nicht etwa ausschlaggebend, dass die infrage stehende Betreuung den Betroffenen weitestmöglich betrifft. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Betreuung dem Betroffenen in seiner konkreten Lebensgestaltung keinen nennenswerten eigenen Handlungsspielraum mehr belässt.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass der Gesetzgeber wie auch der BGH den Schutz von psychisch, geistig, körperlich oder seelisch Kranken sehr ernst nimmt. Dennoch sollte sich jeder, der dazu in der Lage ist, rechtzeitig überlegen, ob er nicht eine Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung erstellt, in der er selber bestimmt, wer für ihn handelt, sobald er selber dazu plötzlich nicht mehr in der Lage ist.
Thema: | Familienrecht |
Krankheit, ein Unfall oder fortgeschrittenes Alter können dazu führen, dass Sie wichtige Angelegenheiten Ihres Lebens nicht mehr selbständig regeln können. Tritt dieser Zustand ein, sollten Sie vorher bestimmt haben, wer Ihre Angelegenheiten regeln darf. Dies können Sie im Rahmen einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung.
Durch die Vorsorgevollmacht wird eine vertraute Person bevollmächtigt, bei fehlender Handlungs- oder Entscheidungsfähigkeit den Vollmachtgeber zu vertreten. Die Vollmacht kann sich sowohl auf finanzielle als auch auf persönliche Angelegenheiten, etwa die medizinische Behandlung oder die Aufenthaltsbestimmung, erstrecken.
Der Entwurf einer solchen Vorsorgevollmacht bedarf der Berücksichtigung Ihrer individuellen Interessen und Bedürfnisse.
Durch eine Patientenverfügung geben Sie Ärzten, Pflegepersonal und den Bevollmächtigten rechtzeitig verbindliche Anweisungen für einen Krisenfall. Sie gilt für den Fall, dass Sie als Patient Ihren Willen nicht mehr selbst äußern können, und bezieht sich auf medizinische Maßnahmen und Eingriffe sowie auf Fragen der Pflege.
Bei der Abfassung ist zu beachten, dass die Verfügung schriftlich getroffen sowie eigenhändig unterschrieben und eindeutig formuliert sein muss.
Darüber hinaus müssen die getroffenen Regelungen der aktuellen Lebens- und Behandlungssituation entsprechen und zum Ausdruck bringen, dass sich der Verfasser ernsthaft und intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat.
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