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Schlagwort: WEG

Verwalter mit Verlustgeschäft: Unerwartet hohes Arbeitsaufkommen gehört zum unternehmerischen Risiko

Verwalter von Wohneigentum haben es alles andere als leicht, wenn sie Verluste einfahren. Wenn sich herausstellt, dass der Aufwand nicht mehr in akzeptabler Relation zur Vergütung steht, kann ein Verwalter im Nachhinein diese nicht so einfach per Beschluss erhöhen lassen. Warum nicht, das zeigt der folgende Fall des Amtsgerichts Köln (AG).

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Wohnungseigentum: Rechtzeitige Zustellung der Anfechtungsklage

Für die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Eigentümerversammlung gilt eine einmonatige Klagefrist. Grundsätzlich muss innerhalb der Monatsfrist die Klage den übrigen Eigentümern zugestellt sein. Der Bundesgerichtshof hat für die Rechtspraxis einige Feinheiten bei der Einhaltung dieser Frist klargestellt.

Die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden (§ 46 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Frist beginnt mit der Beschlussfassung, das heißt am Tag der Eigentümerversammlung selbst (und nicht etwa erst mit dem Zugang des Versammlungsprotokolls!).

Eine Klage ist „erhoben“, wenn sie dem Beklagten zugestellt ist (§ 253 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO -). Die Klage soll allerdings erst dann zugestellt werden, wenn auch der Gerichtskostenvorschuss in die Justizkasse eingezahlt wird (§ 12 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz – GKG -). Wegen der hiermit verbundenen Verzögerungen regelt § 167 ZPO, dass es genügt, wenn die Zustellung – auch nachdem die einzuhaltende Frist bereits abgelaufen ist – „demnächst“ erfolgt.

Wann eine Zustellung noch „demnächst“ ist, bedarf natürlich der Auslegung.

In einem jüngst vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 – V ZR 154/14 –) sah die zeitliche Abfolge folgendermaßen aus:

Die Wohnungseigentümerversammlung fand am 2. November statt. Gegen einige dort gefasste Beschlüsse erhob einer der Wohnungseigentümer Klage. Die Klage ging am 23. November beim zuständigen Amtsgericht ein. Es folgte dann Schriftverkehr zwischen Gericht und Kläger zur vorläufigen Streitwertfestsetzung (eine Angabe zum Streitwert wird benötigt, damit das Gericht die Gerichtsgebühren berechnen kann). Am 18. Dezember erhielt der Rechtsanwalt des Klägers die Vorschussrechnung vom Gericht. Diese wurde zunächst an die Rechtsschutzversicherung des Klägers weitergeleitet. Am 7. Januar ging dann der Vorschuss bei der Justizkasse ein. Die Klage wurde daraufhin am 18. Januar zugestellt.

Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die einmonatige Klagefrist abgelaufen und die Zustellung auch nicht mehr „demnächst“ erfolgt sei.

Der BGH sah dies jedoch anders.

Zunächst darf der Kläger abwarten, bis ihm die Vorschusskostenrechnung vom Gericht zugeht. Erst wenn sich der Zugang der Rechnung verzögert, trifft den Kläger die Pflicht, bei Gericht nachzufragen. Das war vorliegend nicht das Problem. Maßgeblich war also nur der Zeitraum zwischen dem 18. Dezember (Zugang der Vorschusskostenrechnung) und dem 7. Januar (Einzahlung des Vorschusses). Dazwischen lagen 20 Tage.

Grundsätzlich gilt, dass eine Verzögerung nur 14 Tage oder geringfügig darüber betragen darf.

Im Fall war allerdings zu berücksichtigen, dass der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht beim Kläger persönlich angefordert worden war. Stattdessen war die Vorschussrechnung dem Rechtsanwalt zugestellt worden. Für die hierdurch entstehende Verzögerung war, so der BGH, eine Spanne von drei Werktagen zu veranschlagen unter Ausklammerung des Eingangstages und von Wochenendtagen. Innerhalb einer solchen Zeitspanne könne auch in hochbelasteten Anwaltskanzleien die Kenntnisnahme, Bearbeitung und Weiterleitung sowie bei Zugrundelegung üblicher Postlaufzeiten auch der Eingang bei der Partei selbst erwartet werden. Da die Kostenanforderung dem Rechtsanwalt am 18. Dezember (Dienstag) zugegangen sei, führe dies dazu, dass der Kläger so zu stellen sei, wie er stünde, wenn ihm selbst die Anforderung erst am 21. Dezember (Freitag) zugegangen wäre.

Außerdem war in Rechnung zu stellen, dass von einer Partei nicht verlangt werden könne, an Wochenend- und Feiertagen für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen. Ebenso sei mit dem 24. und 31. Dezember (Heiligabend und Silvester) zu verfahren, weil an diesen Tagen vielfach überhaupt nicht oder doch nur eingeschränkt gearbeitet werde. Da der Kläger danach frühestens am 27. Dezember (Donnerstag) hätte tätig werden müssen und der Kostenvorschuss tatsächlich am 7. Januar bei der Justizkasse eingegangen war, lag keine schuldhafte Verzögerung von mehr als 14 Tagen vor.

Die Klagefrist war demnach eingehalten.

Bei der Beschlussanfechtungsklage ist die Einhaltung der Klagefrist von höchster Bedeutung ist und es reicht nicht aus, die Klage bloß rechtzeitig bei Gericht einzureichen. Die Fristwahrung und den weiteren Ablauf sollten Sie also nur einem spezialisierten Rechtsanwalt anvertrauen. Nach der Eigentümerversammlung sollten sich Betroffene frühzeitig beraten lassen, damit insbesondere auch zeitnah die Kostenübernahme mit dem Rechtsschutzversicherer geklärt werden kann.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Wohnungseigentum: Änderung von Sondernutzungsrechten durch Mehrheitsbeschluss?

In einer Wohnungseigentumsanlage werden häufig Sondernutzungsrechte für Eigentümer begründet, insbesondere an Gartenflächen oder Kfz-Stellplätzen. Diese Rechte sind in der Regel auch im Grundbuch eingetragen. Probleme können sich ergeben, wenn die Gemeinschaft sich dazu entschließt, Sondernutzungsrechte nachträglich zu ändern.

Das Amtsgericht Wuppertal (Urteil vom 15.07.2015 – 91b C 25/15) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem es um die Veränderung von Sondernutzungsrechten an Stellplatzflächen auf dem Hof ging.

Das Problem war, dass, nachdem die Stadt die Auflage erteilt, einen Rettungsweg ständig freizuhalten, ein Stellplatz faktisch nicht mehr nutzbar war. Es wurde daher ein Architekt damit beauftragt, die Stellplätze neu aufzuteilen. Eine der vorgeschlagenen Lösungen wurde in der Eigentümerversammlung besprochen und dann mehrheitlich beschlossen. Hiergegen erhoben die betroffenen Sonderungsnutzungsberechtigten die Beschlussanfechtungsklage, weil sie mit den Änderungen der im Grundbuch verankerten Rechte ohne ihre Zustimmung nicht einverstanden waren.

Das AG Wuppertal gab den Klägern Recht.

Das Gericht stützte die Entscheidung im Wesentlich darauf, dass der Gemeinschaft für die Änderung von Sondernutzungsrechten die erforderliche Beschlusskompetenz gefehlt hatte.

Nach einer grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs – der sog. „Zitterbeschluss“-Entscheidung (BGH, Beschluss vom 20. September 2000 – V ZB 58/99 –) – ist nämlich grundsätzlich zu fragen, ob die Gemeinschaft über die Angelegenheit überhaupt mit Mehrheitsbeschluss entscheiden darf. Der BGH hatte entschieden, dass die Begründung eines Sondernutzungsrechtes, welches andere Eigentümer von der Mitbenutzung ausschließt, nur durch einstimmige Entscheidung aller Wohnungseigentümer erfolgen darf. Ein hierüber ergangener bloßer Mehrheitsbeschluss ist von Anfang an nichtig und muss auch nicht mit der Beschlussanfechtungsklage angefochten werden. Er kann somit auch nicht dadurch wirksam werden, dass die einmonatige Frist für die Anfechtungsklage abläuft. Dies war früher anders gesehen worden, so dass nach derartiger Beschlussfassung die Gemeinschaft solange „zittern“ musste, bis klar war, dass niemand Anfechtungsklage erhoben hatte.

Ähnlich lag der Fall hier. Der Beschluss ging über eine bloße Benutzungsregelung, über die mit Mehrheit hätte entschieden werden können (§ 15 Abs. 2 WEG) hinaus, weil er die Grenzen und Anordnungen der einzelnen Sondernutzungsflächen veränderte. Ebenso wie ein Sondernutzungsrecht nur durch Vereinbarung, d.h. mit Zustimmung aller Eigentümer, begründet werden könne, bedürfe es auch für die beschlossene Änderung ebenfalls einer Vereinbarung. Zwar müssten in dem Fall, so das AG Wuppertal, nicht sämtliche Wohnungseigentümer zustimmen, jedenfalls aber die „verlierenden“ Eigentümer, die durch den Beschluss in ihren Rechten direkt betroffen sind. Daran fehlte es.

In bestimmten Konstellationen, beispielsweise wenn Sondernutzungsteilflächen innerhalb einer Gesamtfläche verschoben werden, brauchen zwar nach der Rechtsprechung nur die jeweils Betroffenen zuzustimmen. Daraus, so stellt das AG Wuppertal aber klar, folgt nicht ein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass Mehrheitsbeschlüsse bei der Veränderung von Sondernutzungsrechten entgegen dem Willen der Betroffenen zulässig seien.

Es ist also dringend darauf zu achten, dass die jeweils betroffenen Eigentümer in die Entscheidung eingebunden werden und eine rechtssichere vertragliche Grundlage geschaffen wird. Um spätere Rechtsnachfolger, insbesondere Käufer, an die Vereinbarungen zu binden, sollten die Ergebnisse dann unbedingt auch in das Grundbuch eingetragen werden!

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Amtsgericht Wuppertal zur zulässigen Nutzung von Wohnungseigentum

Jeder Wohnungseigentümer kann seine Wohnung grundsätzlich so nutzen wie es ihm beliebt. Zu beachten sind allerdings die Grenzen, die sich aus dem Gesetz, den Vereinbarungen und den Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft ergeben. Über einen Fall der Vermietung einer Eigentumswohnung hatte das AG Wuppertal kürzlich zu entscheiden.

Der beklagten Wohnungseigentümerin gehörte eine Wohnung, die aus Räumen im Erdgeschoss und im Kellergeschoss bestand. Die Fläche betrug insgesamt 143 Quadratmeter. In der Teilungserklärung war die Wohnung auszugsweise so beschrieben: „Wohnung, bestehend aus a) im Kellergeschoss: 2 Hobbyräumen, 2 Keller sowie einem Wasch- und Trockenraum und b) im Erdgeschoss: 1 Wohn- und Essraum nebst Küche, einem Kinderzimmer, einem Schlafzimmer, Flur, Bad, WC (…)“.

Die Räume im Kellergeschoss waren von dem vorherigen Eigentümer – dem Kläger – selbst zur Wohnung ausgebaut worden. Es waren dort auch Küche und Badezimmer vorhanden. Diese Räume im Kellergeschoss waren als gesonderte Wohnung von 58 Quadratmetern vom Kläger an eine Mieterin vermietet worden. Als die Beklagte die Wohnung kaufte, bestand der Mietvertrag noch.

Nachdem die Mieterin dann aus den Kellerräumen ausgezogen war, wollte die Beklagte sämtliche Räume im Erd- und Kellergeschoss neu vermieten. Aus humanitären Gründen hatte sie sich dazu entschlossen, die Wohnung einer von der Stadt Wuppertal betreuten Familie aus Afghanistan zu überlassen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er war der Ansicht, dass die Räume im Kellergeschoss zu Wohnzwecken nicht geeignet und die übrigen Räume im Erdgeschoss für acht Personen nicht groß genug seien.

Das AG Wuppertal (Urteil vom 1. Juli 2015 – 91b C 56/15) hat den Antrag des Klägers zurückgewiesen.

Zunächst bestand für die Sache bereits keine Eilbedürftigkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren mehr, weil die Familie aufgrund der heftigen Proteste des Klägers vor Ort die Wohnung gar nicht mehr beziehen wollten.

Das Gericht stellte allerdings fest, dass die beabsichtigte Vermietung ansonsten zulässig gewesen wäre.

Zunächst wies das Gericht auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 09. Februar 1994 – 2Z BR 7/94 –) hin. Dieses hatte entschieden, dass die Belegung einer Eigentumswohnung mit Aussiedlern sich im zulässigen Rahmen hält, wenn in etwa ein Richtwert von zwei Personen je Zimmer eingehalten wird und für jede mindestens 6 Jahre alte Person eine Wohnfläche von mindestens 10 qm vorhanden ist.

Das war auch vorliegend der Fall, da von einer Fläche von 143 Quadratmetern auszugehen war.

Das Gericht bewertete auch die Räume im Erdgeschoss als Teil der Wohnung. In der Teilungserklärung waren diese ausdrücklich als Bestandteil der Wohnung und nicht als bloßes „Teileigentum“, d.h. nicht zu Wohnzwecken geeignete Räume (§ 1 Abs. 3 WEG), ausgewiesen. Zudem war es jedem Eigentümer laut Teilungserklärung ausdrücklich gestattet, seine Räume nach Belieben zu nutzen und auch die innere Aufteilung zu ändern.

Sofern es sich bei den Kellerräumen allerdings um Teileigentum gehandelt hätte, wäre die dauernde Überlassung zu Wohnzwecken tatsächlich unzulässig gewesen. Kürzlich hat der Bundesgerichtshof nochmals klargerstellt, dass eine Nutzung von Nebenräumen („Hobbyräume“ u.ä.) zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken jedenfalls dann nicht gestattet ist, wenn dadurch die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert wird (BGH, Urteil vom 08. Mai 2015 – V ZR 178/14 –). Das war hier aber nicht der Fall.

Im Fall des AG Wuppertal hatte der Kläger zudem auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen, indem er sich – nachdem er die Kellerräume selbst zur Wohnung ausgebaut und vermietet hatte – nun darauf berief, dass diese Räume zu Wohnzwecken angeblich ungeeignet wären.

Es sei hier abschließend jedoch darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Urteil um eine Einzelfallentscheidung handelt, die sich nicht ohne weiteres auf ähnliche Fälle übertragen lässt. Insbesondere kommt es immer darauf an, wie die Räume in den Aufteilungsplänen und in der Teilungserklärung bezeichnet sind und welche Zweckbestimmung vorliegt. Es existiert eine umfangreiche Rechtsprechung zu den verschiedensten Fallkonstellationen. Nicht nur bei Wohnnutzung, sondern vor allem auch bei gewerblichen Räumlichkeiten muss genau geprüft werden, ob die beabsichtigte Nutzung zulässig ist. Beispielsweise darf ein „Laden“ nicht unbedingt auch für Gastronomie (Pizza- und Döner-Laden mit Ausschank) genutzt werden wie im vergangenen Jahr das Amtsgericht München entschieden hat (AG München, Urteil vom 26. Juni 2014 – 483 C 2983/14 WEG). Es kann daher nur dringend empfohlen werden, dass sich Betroffene vor einer beabsichtigten Nutzungsänderung oder auch zur Abwehr störender Nutzungen von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.

Thema: Wohnungseigentumsrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Wuppertal

Wohnungseigentum: Übernahme von Instandhaltungskosten

Im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zählen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung zum Bedarf, der vom zuständigen Leistungsträger übernommen werden muss. Anzuerkennen sind nicht nur die Kosten für eine Mietwohnung, sondern auch die Kosten für selbstbewohntes Eigentum, etwa ein Hausgrundstück oder eine Eigentumswohnung. Auch ein Eigentümer, der vorübergehend arbeitslos wird, muss also nicht etwa sofort sein selbstbewohntes Eigentum veräußern. Der Gesetzgeber erkennt an, dass auch Immobilieneigentum eine Form von Altersvorsorge sein kann und schützt dieses entsprechend.

Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 48/13 R –) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob dem Eigentümer einer Eigentumswohnung auch die Kosten für eine beschlossene Sanierungsmaßnahme zu bezahlen sind.

Folgender Fall lag zugrunde: Der Wohnungseigentümer bezog Leistungen der Grundsicherung. Er bewohnte eine in seinem Eigentum stehende Wohnung mit einer Wohnfläche von etwa 55 m². Die Mehrheit der Wohnungseigentümer der Anlage beschloss einen Neuanstrich eines Teils der Fassade, zu finanzieren aus der Instandhaltungsrücklage, sowie die Sanierung von vier, nicht zur Wohnung des Klägers gehörenden, Balkonen. Die Balkonsanierung sollte laut Beschluss durch eine Sonderumlage finanziert werden. Die Übernahme dieser Kosten lehnte das Jobcenter ab. Der Wohnungseigentümer erhob daher Klage beim zuständigen Sozialgericht.

Der Kläger war in dem entschiedenen Fall zunächst hilfebedürftig im Sinne des Gesetzes, weil er seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus seinem Einkommen oder Vermögen sichern konnte. Die Hilfebedürftigkeit scheiterte auch nicht daran, dass er Eigentümer einer selbst genutzten Eigentumswohnung war. Diese war nicht als Vermögen zu berücksichtigen, da sie mit einer Wohnfläche von etwa 55 m² die angemessene Größe von 80 m² nicht überschritt.

Zu den zu übernehmenden Unterkunftskosten gehören bei Leistungsberechtigten, die in einem Haus oder einer Eigentumswohnung wohnen, das oder die in ihrem Eigentum steht, auch die mit der Nutzung der Immobilie unmittelbar verbundenen Lasten. Diese umfassen auch Zahlungen für eine Instandsetzung oder Instandhaltung, soweit sie nicht zu einer Verbesserung des Standards der selbst genutzten Immobilie führen.

Instandhaltung bedeutet die Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes des Wohnobjekts, also die Beseitigung der durch Abnutzung, Alter und Witterungseinwirkungen entstehenden baulichen und sonstigen Mängel. Bei den Instandsetzungskosten handelt es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung. Instandsetzung und Instandhaltung betreffen deshalb Mängel an der baulichen Substanz der Immobilie oder ihrer Teile. Eine mit diesen Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen verbundene Wertsteigerung der Immobilie ist nur eine Folge der notwendigen Erhaltung und schließt deren Berücksichtigungsfähigkeit nach dem SGB II nicht aus.

Diese Voraussetzungen waren in dem entschiedenen Fall erfüllt. Zwei der Balkone der Wohnungseigentumsanlage wiesen erhebliche Schäden auf, während zwei weitere Balkone als bedenklich einzustufen waren. Die Balkonsanierung war zur Wiederherstellung der Substanz der Balkone und damit ihrer Gebrauchsmöglichkeit erforderlich.

Gegen eine Kostenübernahme sprach auch nicht der Umstand, dass keiner der Balkone zur Wohnung des Klägers gehörte. Die Balkone standen im Gemeinschaftseigentum, so dass insoweit die Besonderheiten einer Wohnungseigentümergemeinschaft zu berücksichtigen waren.

Tragende Gebäudeteile und Teile, die ohne Veränderung der äußeren Gestalt des Gebäudes nicht verändert werden können, sind Gemeinschaftseigentum und standen damit auch im Miteigentum des Klägers. Aufgrund des von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gefassten Beschlusses war der Kläger gegenüber der Gemeinschaft auch zur Kostentragung verpflichtet. Jeder Wohnungseigentümer ist grundsätzlich gemäß § 16 Abs. 2 WEG verpflichtet, sich an den Kosten der Sanierung von Gemeinschaftseigentum anteilig nach seinem Miteigentumsanteil zu beteiligen.

Allerdings sind die Aufwendungen bei Haus- oder Wohnungseigentümern nicht in beliebiger Höhe zu übernehmen, sondern nur soweit sie angemessen sind. Als angemessen sind für eine selbst genutzte Immobilie lediglich die Aufwendungen anzusehen, die im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum für entsprechende Mietwohnungen als angemessen anzusehen sind. Es sind hierfür die im Kalenderjahr anfallenden, berücksichtigungsfähigen Gesamtaufwendungen mit der abstrakt angemessenen Jahresnettokaltmiete zu vergleichen.

Eine demnach mögliche Kostendeckelung setzt allerdings voraus, dass das Jobcenter den Anspruchsberechtigten zuvor zur Kostensenkung auffordert. Eine solche Kostensenkungsaufforderung ist auch bei einmalig fällig werdenden Bedarfen erforderlich, etwa wie hier bei einmaligen Forderungen infolge von Beschlüssen der Eigentümerversammlung nach dem WEG. Auch der Wohnungseigentümer muss vom Grundsicherungsträger in die Lage versetzt werden, seine Rechte gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft wahrzunehmen.

In dem vom BSG entschiedenen Fall hatte mangels einer vorherigen Kostensenkungsaufforderung der Grundsicherungsträger die Sonderumlage in der tatsächlich angefallenen Höhe zu übernehmen. Die Revision des Klägers hatte also Erfolg.

Da in entsprechenden Fällen das Jobcenter nicht die Gelegenheit zu einer solchen vorherigen Kostensenkungsaufforderung haben wird, werden Ansprüche von betroffenen Wohnungseigentümern in der Regel vom Jobcenter nicht abgelehnt werden können. Nach einer Beschlussfassung der Eigentümerversammlung ist eine Kostensenkung für den Leistungsempfänger nicht mehr möglich. Er könnte höchstens den Beschluss anfechten, wobei eine Anfechtungsklage allerdings keinen Erfolg haben kann, wenn die Sanierungsmaßnahme tatsächlich erforderlich ist und damit auch ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Offen gelassen hat das BSG die Frage, ob in Fällen, in denen die Instandsetzung besonders kostspielig ist, etwas anderes gelten kann. Das BSG weist in dem Zusammenhang auf die aktuell geltende Gesetzesfassung hin. Nach § 22 Abs. 2 SGB II gilt nämlich: Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft, kann ein Darlehen erbracht werden.

Die Rechtslage bei Wohnungseigentum und Leistungsbezug nach dem SGB II ist komplex. Sofern die Kosten der Eigentumswohnung wie in obigem Fall ansteigen und keine oder nicht ausreichende Einkünfte bezogen werden, sollte über einen Leistungsantrag nachgedacht werden. Nach einer Ablehnung sollten sich Betroffene dringend anwaltlich beraten lassen. Angesichts der oftmals mit schwierigeren Rechtsfragen überforderten Sachbearbeitung bei den Jobcentern kann ein Rechtsbehelf durchaus erfolgversprechend sein.

Thema: Sozialrecht

Autor: Rechtsanwalt Matthias Juhre, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Wuppertal