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Schlagwort: Weisungsrecht

Lieferdienstfahrer dürfen wählen: Eigenständiger Betriebsrat für räumlich und organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil

Die digitalen Zeiten machen es möglich, dass Arbeitnehmer zunehmend örtlich flexibel eingesetzt werden können. Ob und wie dann noch eine Trennung zu anderen Zuständigkeitsgebieten und betrieblichen Organisationsstrukturen möglich ist, war eine Frage für Lieferdienstfahrer, die per App eingesetzt wurden. Über deren Anliegen, einen eigenen Betriebsrat zu bekommen, hat das Arbeitsgericht Aachen (ArbG) entschieden.

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Keine Eilbedürftigkeit: Prozess muss klären, ob arbeitgeberseitige PCR-Testpflicht gegen Selbstbestimmungsrechte verstößt

Bei der engen Taktung neuer Coronaanordnungen kann einem durchaus schwindelig werden. Doch bei allem Recht auf Widerspruch ist dieser schnelle Wechsel von Vorschriften nicht automatisch Anlass genug, von einer Eilbedürftigkeit auszugehen, wenn Arbeitnehmer mit den Vorgaben der Arbeitgeber zur Pandemieeindämmung nicht einverstanden sind. Das beweist auch dieser Fall des Arbeitsgerichts Offenbach (ArbG).

In einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat stand, dass Arbeitnehmer nur dann Zutritt zum Werksgelände erhalten, wenn sie vorher einen PCR-Test durchführen und dieser negativ verläuft. So sollten keine Coronaviren in den Betrieb gelangen. Das wollte sich ein Arbeitnehmer nicht gefallen lassen und beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Aus seiner Sicht verstieß die Anweisung, den Test durchzuführen, gegen das Recht auf Selbstbestimmung und war weder durch das Weisungsrecht noch die Betriebsvereinbarung gedeckt. Der PCR-Test sei unverhältnismäßig, weil er einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bilden würde.

Das ArbG wies den Eilantrag des Arbeitnehmers jedoch zurück. Denn dieser hatte aus Sicht der Richter die Eilbedürftigkeit einer sofortigen Entscheidung nicht nachgewiesen. Ein besonderes und eiliges Beschäftigungsinteresse war somit nicht erkennbar, so dass sich der Arbeitnehmer nun auf einen langen Gerichtsprozess einstellen muss.

Hinweis: Wenn in etwa einem halben Jahr ein Urteil gefällt wird, weiß der Arbeitnehmer genau, ob er zur Arbeit habe kommen müssen oder eben nicht. Zu bedenken ist hierbei stets: Verliert man einen solchen Prozess, wird es auch kein Geld vom Arbeitgeber geben.

Quelle: ArbG Offenbach, Urt. v. 04.02.2021 – 4 Ga 1/21

Thema: Arbeitsrecht

Klage gegen Betriebsvereinbarung: Ein Feststellungsbegehren setzt ein klares Feststellungsinteresse voraus

Betriebsvereinbarungen sind Verträge zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat.

Der Betriebsrat, der in diesem Fall nur aus einer Person bestand, hatte eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit mit Regelungen zum Arbeitszeitkonto und Überstunden abgeschlossen. Dann schied eben jenes einzige Betriebsratsmitglied aus dem Arbeitsverhältnis aus. Einige verbliebene Arbeitnehmer meinten nun, die Betriebsvereinbarung würde deshalb auf ihre Arbeitsverhältnisse keine Anwendung finden, und wollten das vom Bundesarbeitsgericht festgestellt erhalten. Das war aber so nicht möglich.

Für das Feststellungsbegehren ist ein besonderes Feststellungsinteresse erforderlich. Das liegt aber nicht vor, wenn die begehrte Feststellung zu keiner Klärung des zwischen den Parteien bestehenden Streits führen kann. Und durch eine Feststellung wäre hier eben keine endgültige Streitlösung erzielt worden. Denn die Betriebsvereinbarung war mit Wegfall des „kompletten“ Betriebsrats bereits gegenstandslos geworden. Die Arbeitgeberin konnte daher nun von ihrem Weisungsrecht Gebrauch machen. Daher bliebe bei einer gerichtlichen Entscheidung über das Feststellungsbegehren ungeklärt, in welchem zeitlichen Umfang die Arbeitgeberin Arbeit zuweisen darf oder muss und wann die Mehrarbeitsvergütung fällig ist. Einzelne weitere Klagen von Arbeitnehmern würden mit einer Feststellung daher nicht vermieden.

Hinweis: Eine Klage mit dem Ziel der Feststellung, dass eine bestimmte Betriebsvereinbarung auf ein Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet, ist also unzulässig.

Quelle: BAG, Urt. v. 20.02.2018 – 1 AZR 361/16

Thema: Arbeitsrecht