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17. Mai 2019
Testierwille zweifelhaft: Testament auf einem undatierten Notizzettel ist ohne genaue Angabe eines Erben unwirksam

Sie sind ein Klassiker im Erbrecht: handschriftliche Testamente, die immer wieder in ungewöhnlicher Form oder mit ungewöhnlichen Formulierungen verfasst werden. Dabei gibt es häufig Zweifel an dem Testierwillen des Erblassers, also Zweifel darüber, dass der Verstorbene das Schriftstück wirklich als Testament mit einem bestimmten Inhalt gelten lassen wollte, so auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG).

Eine Frau errichtete gemeinsam mit ihrem Mann ein Testament, in dem sie ihren Ehemann und nach dessen Tod die Kinder eines Cousins zu Erben einsetzte. Nach dem Tod des Gatten gab sie noch mehrere Entwürfe eines notariellen Testaments in Auftrag, in dem sie eine Frau zur Alleinerbin einsetzte, der sie auch eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt hatte. Diese Entwürfe waren jedoch nicht abschließend von ihr und einem Notar unterzeichnet. Darüber hinaus wurde noch ein handschriftlicher, undatierter, aber unterschriebener Notizzettel gefunden, auf dem die Frau geschrieben hatte: „Wenn sich für mich […] einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der bekommt mein Haus und alles was ich habe.“ Nach dem Tod der Erblasserin beantragte die Bevollmächtigte einen Erbschein als Alleinerbin und trug vor, dass ein notarielles Testament nicht mehr fertiggestellt werden konnte, da die Erblasserin überraschend verstorben sei, sie selbst aber durch den Notizzettel wirksam als Erbin eingesetzt worden war. Doch hier musste das Gericht abwinken.

Das OLG ging nämlich davon aus, dass weder die Entwürfe noch der handschriftliche Zettel ein rechtsgültiges Testament darstellten. Da der Zettel nicht datiert war, ließ sich nicht feststellen, ob er vor oder nach dem Testament des Ehepaars geschrieben wurde und dieses somit widerrief. Außerdem hatte das OLG Zweifel, ob der Notizzettel mit Testierwillen verfasst wurde. Die Form – also die Verwendung eines Notizzettels – und die Formulierung sprachen nach Auffassung des Gerichts eher dafür, dass der Zettel eine Absichtserklärung oder einen Entwurf darstellten. Darüber hinaus war die letztwillige Verfügung in dem Zettel nicht ausreichend bestimmt und daher nichtig, da darin keine Person klar als Erbe festgelegt wurde. Die Person, die erben soll, muss im Testament zwar nicht unbedingt namentlich genannt werden – es muss aber so bestimmt formuliert sein, dass jede Willkür eines Dritten ausgeschlossen ist. Daher reichte dies nicht aus, um die bevollmächtigte Frau als Alleinerbin zu bestimmen.

Hinweis: Grundsätzlich kann in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Schriftstück – etwa in einem Brief oder einem Notizzettel – der letzte Wille des Erblassers enthalten sein, auch wenn dieses Schriftstück der äußeren Form nach nicht eindeutig als Testament erkennbar ist. Dann müsste jedoch der ernstliche Testierwillen des Erblassers außer Zweifel stehen. Ferner ist zwar die Angabe eines Datums in einem handschriftlichen Testament ebenfalls nicht zwingend erforderlich, jedoch ergeben sich dann automatisch Zweifel über dessen Gültigkeit. Ein Testament ist nur dann als gültig anzusehen, wenn sich die notwendigen Feststellungen über die Zeit der Errichtung anderweitig treffen lassen. Es empfiehlt sich daher, bei handschriftlichen Testamenten die übliche Form einzuhalten und diese zu datieren.

Quelle: OLG Braunschweig, Beschl. v. 20.03.2019 – 1 W 42/17

Thema: Erbrecht