Skip to main content
19. November 2021
Tod des Ausgleichsberechtigten: Rentenkürzung durch Versorgungsausgleich kann nicht in jedem Fall aufgehoben werden

Der sogenannte Versorgungsausgleich sorgt dafür, dass die in der Ehe erworbenen Anwartschaften auf eine Versorgung im Alter – wie gesetzliche Rente, Beamtenversorgung oder gar Kapitalleistungen – im Scheidungsfall gerecht verteilt werden. Dieser Fall des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG) beantwortet die Frage, was mit dem Versorgungsausgleich nach dem Tod des Ex-Gatten geschieht – die Antwort mag so einige überraschen.

Bei der Scheidung 1985 war zwischen den hier betreffenden Ehegatten der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Nach dem damaligen Recht wurden alle Anrechte insgesamt zu einem Saldo ermittelt. Die Ehefrau war hierbei die Ausgleichsberechtigte gewesen und hatte daraufhin eine Rentenerhöhung von monatlich über 300 EUR erhalten. Ab 2009 bezog sie Rente, 2017 verstarb sie. Der geschiedene Mann wollte nun erreichen, dass der Versorgungsausgleich komplett aufgerollt werde und er in Zukunft keine monatliche Kürzung mehr hinnehmen müsse.

Das geht im Prinzip sogar dann, wenn die Verstorbene wie hier mehrere Jahre Rente bekommen hatte (Bundesgerichtshof, Beschl. v. 16.05.2018 – XII ZB 466/16) – jedoch nicht in allen Fällen. Das Problem hier war, dass zwar auf beiden Seiten durch den recht langen Zeitablauf wesentliche Wertänderungen vorlagen, so dass sich die Änderungen im Saldo derart auswirkten, dass der Mann noch mehr an die Frau hätte abgeben müssen, wenn diese noch leben würde. „Unter Lebenden“ hätte der Mann also sicher keine Abänderung beantragt – und wenn doch, hätte er noch mehr „draufgezahlt“. Daraus schloss das OLG, dass dem Mann diese Abänderung hier auch nicht zusteht, um daraus einen Vorteil zu erlangen, weil die Frau schon verstorben war. Er muss also seine lebenslange Rentenkürzung hinnehmen, obwohl die Frau davon nichts mehr hat.

Hinweis: Bevor man einen Abänderungsantrag einreicht, sollte man von einem Rentensachverständigen prüfen lassen, ob die Voraussetzungen vorliegen und zu welchem Ergebnis eine solche „Totalrevision“ führt. Wenn der andere noch lebt, kann die Änderung für den Antragsteller nämlich auch nachteilig ausfallen. Allerdings ist Eile geboten, weil die Abänderung nur ab Einreichung eines Antrags bei Gericht durchgeführt wird, nicht rückwirkend ab Tod.

Quelle: OLG Stuttgart, Urt. v. 27.07.2021 – 16 UF 55/21