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11. Juni 2021
Unberechtigter „Drückeberger“-Vorwurf: Kündigung eines behördlich zur Quarantäne verpflichteten Arbeitnehmers ist sitten- und treuwidrig

Selbst wenn ein Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießt, weil es sich bei dem Arbeitgeber um einen Kleinbetrieb handelt, bleibt ihm gegenüber eine sitten- oder treuwidrige Kündigung untersagt. Für den beklagten Arbeitgeber mag eben jener Umstand, nur eine überschaubare Mitarbeiterzahl zu beschäftigen, eine Rolle gespielt haben – mit dem Arbeitsgericht Köln (ArbG) war aber hier zu Recht nichts zu machen.

Ein Arbeitnehmer befand sich auf telefonische Anordnung des Gesundheitsamts im Oktober 2020 in häuslicher Quarantäne. Über diesen Umstand informierte er auch pflichtgemäß seinen Arbeitgeber, einen kleinen Dachdeckerbetrieb. Doch der Arbeitgeber zweifelte die Quarantäneanordnung an und vermutete, der Arbeitnehmer wolle sich lediglich vor der Arbeitsleistung „drücken“. Er verlangte eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts, die der Arbeitnehmer dort auch direkt telefonisch einforderte. Als diese schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamts auch nach mehreren Tagen noch nicht vorlag, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis. Dagegen klagte der Mitarbeiter – mit Erfolg.

Die Kündigung war in den Augen des ArbG sowohl sitten- als auch treuwidrig. Erschwerend kam hinzu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ausdrücklich aufgefordert hatte, entgegen der Quarantäneanweisung im Betrieb zu erscheinen. Dabei hatte sich der Arbeitnehmer lediglich an die behördliche Quarantäneanordnung gehalten.

Hinweis: Befindet sich ein Arbeitnehmer in Quarantäne, darf der Arbeitgeber ihm nicht ohne weiteres kündigen.

Quelle: ArbG Köln, Urt. v. 15.04.2021 – 8 Ca 7334/20

Thema: Arbeitsrecht