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27. Mai 2016
Unterlagen verschwiegen: Schadensersatzpflicht bei verspäteter Vorlage eines Testaments

In einem Nachlass finden sich üblicherweise zahlreiche Dokumente des Verstorbenen, die unter Umständen auch für die Erbfolge von Bedeutung sein können. Häufig werden solche Unterlagen jedoch nicht genau genug durchgesehen.

Ein Mann hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ein Testament errichtet, das jedoch unwirksam war. Als die Frau verstarb, fand der Mann in ihren Unterlagen ein Ehegattentestament, das sie zuvor mit ihrem damaligen, inzwischen verstorbenen Mann errichtet hatte. Der Mann hielt es für unwichtig, da er davon ausging, dass das neue gemeinsame Testament wirksam war, und verwahrte die Unterlagen im Keller. Die Töchter seiner verstorbenen Lebensgefährtin glaubten jedoch, dass sie die rechtmäßigen Erbinnen seien, und zogen deshalb vor Gericht. In dem Verfahren stellte sich zwar heraus, dass sie nicht zu Erbinnen eingesetzt worden waren, so dass ihnen die Verfahrenskosten auferlegt wurden. Diese Kosten wollten sie jedoch von dem Mann ersetzt bekommen, da der Rechtsstreit nur nötig war, weil er nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt hatte.

Das Gericht entschied, dass der Mann fahrlässig gehandelt hatte, da er die Unterlagen nicht richtig gesichtet hatte – selbst dann nicht, als es zum Rechtsstreit kam – und das in diesen Unterlagen befindliche Testament nicht vorgelegt hatte. Er hat damit seine Ablieferungspflicht verletzt und schuldet daher Schadensersatz für die Kosten des Rechtsstreits.

Hinweis: Jeder ist verpflichtet, ein Testament, das sich in seinem Besitz befindet, unverzüglich nach Kenntnis vom Tod des Erblassers beim zuständigen Nachlassgericht abzuliefern. Tut er das nicht, können strafrechtliche Konsequenzen und der Verlust von Erbansprüchen drohen. Darüber hinaus können hohe Schadensersatzforderungen der Erben auf ihn zukommen. Finden Sie also in einem Nachlass Unterlagen, die ein Testament sein könnten, sollten Sie diese unverzüglich abliefern – unabhängig davon, ob Sie es für wirksam halten oder nicht.

Quelle: OLG Brandenburg, Urt. v. 12.03.2008 – 13 U 123/07
Thema: Erbrecht