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18. April 2022
Wahlvorstand gekündigt: Fehlendes Zustimmungsersetzungsverfahren bringt Kurierfahrer Arbeitsplatz zurück

Wer Betriebsratsmitgliedern, Wahlvorständen oder -bewerbern kündigen will, ist gut damit bedient, die hierfür besonderen Bedingungen zu erfüllen. Sonst ergeht es Arbeitgebern wie demjenigen eines Kurierfahrers, der sich seinerseits vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (LAG) erfolgreich gegen seine Kündigung wehren und seine Weiterbeschäftigung durchsetzen konnte.

Der Arbeitnehmer eines Kurierdienstes war für die bevorstehenden Betriebsratswahlen zum Mitglied im Wahlvorstand ernannt worde. Dann kündigte ihm sein Arbeitgeber allerdings auf Grundlage eines seiner Ansicht nach rechtswidrigen Streiks außerordentlich fristlos. Der Kurierfahrer erhob schließlich Kündigungsschutzklage und beantragte gleichzeitig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, dass der Arbeitgeber ihn zumindest bis zum Ablauf der Befristung weiter beschäftigen müsse.

Das LAG hielt die fristlose Kündigung für offensichtlich unwirksam, so dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung hatte. Als Mitglied des Wahlvorstands genieße der Mann nach § 15 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz und § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) schließlich einen besonderen Kündigungsschutz. Das Gericht wies zudem darauf hin, dass – sofern in dem Unternehmen noch kein Betriebsrat bestehe – dem Wahlvorstand nach § 103 Abs. 2a BetrVG nur fristlos gekündigt werden dürfe, wenn durch ein Zustimmungsersetzungsverfahren eine wirksame Zustimmung des Arbeitsgerichts vorliege. Daran fehlte es hier.

Hinweis: Betriebsräte genießen genauso wie Ersatzmitglieder, Wahlvorstände und Wahlbewerber Sonderkündigungsrechte. Der Arbeitgeber kann sich von ihnen nur im Ausnahmefall trennen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass ein Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt. Es muss also ein wichtiger Grund vorliegen, der dazu führt, dass das Festhalten an dem Arbeitsverhältnis unzumutbar ist. Daran stellen die Gerichte zu Recht sehr hohe Anforderungen.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.01.2022 – 23 SaGa 1521/21