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26. November 2016
Zum Erben gezwungen: Hartz-IV-Empfänger muss seinen Pflichtteil geltend machen

Ist ein Erbe von Sozialleistungen abhängig, stellt sich immer wieder die Frage, wie sich eine Erbschaft auf diese Leistungen auswirkt.

Ein Mann bezog Hartz IV. Nachdem sein Vater gestorben war, bewilligte ihm das Jobcenter die Leistungen nur noch in Form eines Darlehens, da es der Ansicht war, dass der Mann aufgrund seines Pflichtteilsanspruchs über ausreichend Vermögen verfüge. Der Vater des Mannes hatte mit seiner Ehefrau in einem gemeinschaftlichen Testament vereinbart, dass zuerst der überlebende Ehegatte Alleinerbe werden soll und nach dessen Tod die zwei gemeinsamen Kinder. Somit stand dem Mann ein Pflichtteil zu. Er weigerte sich jedoch, diesen geltend zu machen, da er aufgrund der üblichen Pflichtteilsstrafklausel beim Tod seiner Mutter vom Erbe vollständig ausgeschlossen sein würde und er zudem seiner alten und pflegebedürftigen Mutter die Lebensgrundlage nicht nehmen wollte.

Das Sozialgericht war der Auffassung, dass zwar im Fall eines gemeinsamen Testaments von einem Leistungsempfänger grundsätzlich nicht verlangt werden kann, seinen Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, da damit der ausdrückliche Wille der Eltern unterlaufen wird. Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn ausreichend Barvermögen vorhanden ist, um den ausgeschlossenen Erben auszuzahlen, ohne dass zum Beispiel ein Grundstück verkauft oder beliehen werden muss.

Hinweis: Eine Erbschaft wird bei Sozialleistungsbeziehern grundsätzlich als einmalige Einnahme bedarfsmindernd angerechnet, so dass der Bedürftige entsprechend weniger Leistungen erhält. Auch eine Ausschlagung der Erbschaft ist daher nicht ohne weiteres möglich, sofern der Nachlass nicht mit Schulden belastet ist. Zur Erhaltung der Erbmasse kann bei bedürftigen Erben die Vereinbarung einer Vorerbschaft sinnvoll sein. Daher sollte man in solchen Fällen rechtzeitig rechtlichen Rat einholen.

Quelle: SG Mainz, Urt. v. 23.08.2016 – S 4 AS 921/15
Thema: Erbrecht